„Local Content“-Regelung im EEG mit dem WTO-Recht
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254 ZNER 2012, Heft 3<br />
Vor diesem Hintergrund wird von einigen Unternehmen sowie<br />
in der Politik zunehmend die Forderung erhoben, die deutsche<br />
Solarindustrie durch staatliche Maßnahmen zu schützen. Ein wesentlicher<br />
Vorschlag besteht dabei darin, eine sogenannte <strong>„Local</strong><br />
<strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> in das <strong>EEG</strong> aufzunehmen. Als Local Content-<br />
<strong>Regelung</strong> bezeichnet man eine Vorschrift, nach der die Gewährung<br />
einer staatlichen Subvention an die Bedingung geknüpft ist, dass<br />
inländische Erzeugnisse zum Einsatz kommen. So hat etwa die<br />
SPD-Bundestagsfraktion die Forderung erhoben, dass „nach <strong>dem</strong><br />
<strong>EEG</strong> vergütungsfähige Solaranlagen (…) be<strong>im</strong> Inverkehrbringen<br />
einen Anteil von mindestens 70 Prozent an Wertschöpfung aus<br />
Fertigungsanlagen innerhalb der EU beinhalten“ müssten. 5 Alternativ<br />
könnte für <strong>EEG</strong>-Anlagen, die überwiegend in der EU gefertigt<br />
wurden, ein Aufschlag auf die <strong>EEG</strong>-Vergütung vorgesehen<br />
werden. 6 Auch der Bundesrat hat am 11. Mai 2012 gefordert, die<br />
<strong>EEG</strong>-Vergütung für Solaranlagen an die Herstellung in der EU oder<br />
zumindest an eine anteilige Wertschöpfung in der EU zu knüpfen. 7<br />
Da eine Local Content-<strong>Regelung</strong> ausdrücklich darauf gerichtet<br />
ist, nichteuropäische Hersteller zu benachteiligen, stellt sich die<br />
Frage nach der Vereinbarkeit einer derartigen <strong>Regelung</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>Recht</strong> der Welthandelsorganisation (World Trade Organization –<br />
<strong>WTO</strong>). 8 Denn Deutschland und die EU haben sich als Mitglieder<br />
der <strong>WTO</strong> verpflichtet, Zölle und andere Handelsschranken abzubauen<br />
und auf eine Beseitigung der Diskr<strong>im</strong>inierung in den internationalen<br />
Handelsbeziehungen hinzuarbeiten.<br />
Eine Entscheidung der <strong>WTO</strong>-Streitbeilegungsorgane zur Zulässigkeit<br />
von Local Content-<strong>Regelung</strong>en zur Förderung erneuerbarer<br />
Energien liegt bislang noch nicht vor. Allerdings sind derzeit unter<br />
anderem zwei Streitbeilegungsverfahren zum Einspeisevergütungssystem<br />
der kanadischen Provinz Ontario anhängig. Japan 9<br />
und die EU 10 greifen eine <strong>Regelung</strong> an, nach der die geförderten<br />
Stromerzeugungsanlagen nationale Anlagenkomponenten enthalten<br />
müssen. 11 Eine Entscheidung der 1. Instanz der <strong>WTO</strong>-Streitbeilegungsorgane<br />
(sog. Panel-Entscheidung) wird voraussichtlich<br />
<strong>im</strong> September 2012 ergehen. Zu beachten ist dabei, dass es für die<br />
Vereinbarkeit von Local Content-<strong>Regelung</strong>en <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
entscheidend auf die Ausgestaltung des jeweiligen Einspeisevergütungssystems<br />
<strong>im</strong> Einzelnen ankommt. Unterschiede – z. B. in<br />
der Finanzierung des Fördersystems – zwischen <strong>dem</strong> kanadischen<br />
Einspeisesystem und <strong>dem</strong> deutschen <strong>EEG</strong> können zu einer unterschiedlichen<br />
<strong>WTO</strong>-rechtlichen Bewertung führen.<br />
B Vereinbarkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>mit</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
Die Zulässigkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> richtet<br />
sich nach den allgemeinen <strong>WTO</strong>-rechtlichen Übereinkommen.<br />
Da die Local Content-<strong>Regelung</strong> den Handel <strong>mit</strong> Waren (Anlagenkomponenten)<br />
betrifft, finden die <strong>WTO</strong>-Übereinkommen über den<br />
Warenhandel Anwendung. Dies sind insbesondere das Allgemeine<br />
Zoll- und Handelsabkommen 1994 (General Agreement on Tariffs<br />
and Trade – GATT), das Abkommen über handelsbezogene<br />
Investitionsmaßnahmen (Agreement on Trade-Related Investment<br />
Measures – TRIMs) sowie das Übereinkommen über Subventionen<br />
und Ausgleichsmaßnahmen (Agreement on Subsidies and Countervailing<br />
Measures – ASCM).<br />
I. Vereinbarkeit <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> GATT<br />
In Betracht kommt zunächst ein Verstoß gegen den Grundsatz der<br />
Inländergleichbehandlung 12 , der insbesondere in Art. III:4 und<br />
Art. III:5 GATT seinen Ausdruck findet. 13 Ein etwaiger Verstoß<br />
könnte nach Art. XX oder Art. XXI GATT gerechtfertigt sein.<br />
Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
1. Nicht-fiskalische Maßnahmen (Art. III:4 GATT)<br />
Durch Art. III:4 S. 1 GATT sollen die <strong>WTO</strong>-Mitglieder daran gehindert<br />
werden, durch den Einsatz nicht-fiskalischer Maßnahmen<br />
ausländische Waren schlechter als gleichartige inländische Waren<br />
zu behandeln. Zu diesem Zweck heißt es in Art. III:4 S. 1 GATT:<br />
„Waren, die aus <strong>dem</strong> Gebiet einer Vertragspartei in das Gebiet einer<br />
Vertragspartei eingeführt werden, dürfen hinsichtlich aller Gesetze,<br />
Verordnungen und sonstigen Vorschriften über den Verkauf,<br />
das Angebot, den Einkauf, die Beförderung, Verteilung oder Verwendung<br />
<strong>im</strong> Inland keine weniger günstige Behandlung erfahren<br />
als gleichartige Waren inländischen Ursprungs.“<br />
a) Gesetze, Verordnungen und sonstige Vorschriften<br />
Das <strong>EEG</strong> einschließlich einer Local Content-<strong>Regelung</strong> stellt ein<br />
Gesetz „über den Verkauf, das Angebot, den Einkauf, die Beförderung,<br />
Verteilung oder Verwendung <strong>im</strong> Inland“ <strong>im</strong> Sinne des<br />
Art. III:4 S. 1 GATT dar. Der Anwendungsbereich des Art. III:4<br />
S. 1 GATT umfasst sämtliche innerstaatlichen Maßnahmen, die die<br />
Wettbewerbsbedingungen zwischen inländischen und eingeführten<br />
Produkten nachteilig beeinflussen. 14 Eine Local Content-<strong>Regelung</strong>,<br />
nach der der Anspruch auf eine Grund- oder Zusatzvergütung nach<br />
<strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> eine – zumindest teilweise – in der EU gefertigte Solaranlage<br />
voraussetzt, beeinflusst die Wettbewerbsbedingungen auf<br />
<strong>dem</strong> deutschen Markt für Solaranlagen bzw. deren Komponenten<br />
zugunsten der deutschen und europäischen Solarmodulhersteller<br />
und zu Lasten nichteuropäischer Hersteller, die ihre Anlagenkomponenten<br />
nach Deutschland einführen.<br />
b) Merkmal der Gleichartigkeit<br />
Ein Verstoß gegen Art. III:4 Satz 1 GATT setzt weiterhin voraus,<br />
dass durch die innerstaatliche Maßnahme eingeführte ausländische<br />
Waren weniger günstig behandelt werden als „gleichartige“ Waren<br />
inländischen Ursprungs. Da<strong>mit</strong> überhaupt eine Ungleichbehand-<br />
5. Vgl. den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion der vom 27. März 2012,<br />
BT-Drs. 17/9157, S. 4.<br />
6. Vgl. den entsprechenden Vorschlag der CDU/CSU-Abgeordneten Veronika<br />
Bellmann, Plenarprotokoll 17/172, S. 20420.<br />
7. BR-Drs. 204/12 (Beschluss).<br />
8. Von der Zulässigkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> ist die Frage zu<br />
unterscheiden, ob Einspeisevergütungssysteme wie das <strong>EEG</strong> insgesamt <strong>mit</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong> vereinbar sind. Vgl. dazu ausführlich Buchmüller, Strom<br />
aus erneuerbaren Energien <strong>im</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong> – Zur Vereinbarkeit von Einspeisevergütungssystemen<br />
und Quotenmodellen <strong>mit</strong> Zertifikatehandel <strong>mit</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong>, <strong>im</strong> Erscheinen.<br />
9. WT/DS/412/1 vom 16. September 2010.<br />
10. WT/DS/426/1 vom 16. August 2011.<br />
11. In einem anderen Handelsstreit haben die USA China um Konsultationen<br />
ersucht. Dabei geht es um Subventionen für Windkraftanlagen. Vgl. WT/<br />
DS/419/1 vom 6. Januar 2011.<br />
12. Der Grundsatz der Inländergleichbehandlung nach Art. III GATT ist vom<br />
Verbot mengenmäßiger Import- und Exportbeschränkungen nach Art. XI<br />
GATT abzugrenzen. In Fällen, in denen eine <strong>mit</strong>gliedstaatliche Maßnahme<br />
nicht die Einfuhr einer Ware erschwert oder verhindert, sondern sie lediglich<br />
rechtlich oder faktisch die Vermarktung der Ware <strong>im</strong> Inland beeinträchtigt,<br />
findet ausschließlich Art. III GATT Anwendung. Zur Abgrenzung von Art. III<br />
und Art. XI GATT <strong>im</strong> Kontext von Einspeisevergütungssystemen vgl. ausführlich<br />
Buchmüller (o. Fn. 8) m.w.N.<br />
13. Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> wäre auch nicht durch Art. III:8 lit.<br />
a) oder lit. b) GATT <strong>dem</strong> Anwendungsbereich des Art. III GATT entzogen.<br />
Denn das <strong>EEG</strong> stellt weder eine öffentliche Beschaffung <strong>im</strong> Sinne des lit.<br />
a) noch eine direkte Subvention durch die öffentliche Hand <strong>im</strong> Sinne des<br />
lit. b) dar.<br />
14. Panel India – Autos, WT/DS146/R, WT/DS175/R, Rz. 7.196; Panel<br />
Canada – Autos WT/DS139/R, WT/DS142/R, Rz. 10.80; GATT-Panel Italian<br />
Agricultural Machinery, L/833, vom 15. Juli 1958, Rz. 12.