„Local Content“-Regelung im EEG mit dem WTO-Recht
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Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
tovoltaik. Bis 2020 sollen 20 Prozent des japanischen Stroms aus<br />
erneuerbaren Energien kommen. 62<br />
Basis der Reform soll ein Gesetz für erneuerbare Energien nach<br />
deutschem Vorbild werden, wonach es für Unternehmen zur Verpflichtung<br />
wird, einen best<strong>im</strong>mten Stromanteil von erneuerbaren<br />
Energieressourcen zu erwerben. Das Gesetz, welches ab <strong>dem</strong> 1. Juli<br />
in Kraft tritt, nennt zwar einige Kriterien, die zur Preisbildung führen<br />
sollen, aber ein fester Preis wurde bisher noch nicht festgelegt. 63<br />
Die Erwartungen liegen für Solaranlagen bei knapp 40 Euro-Cent/<br />
kWh. Da<strong>mit</strong> wird Forderungen aus der Industrie entsprochen, so<br />
dass <strong>mit</strong> einem Schub für Sonnenenergie gerechnet wird. 64<br />
Ein Grund für die Herauszögerung der Preisfestlegung wird wohl<br />
sein, dass das METI hier die Subvention des Sektors für erneuerbare<br />
Energien <strong>mit</strong> den wirtschaftlichen Einbußen für japanische<br />
Energieunternehmen abwägen muss, denn wie in Deutschland<br />
auch hat der momentane Atomausstieg in Japan seine finanziellen<br />
Spuren gerade bei privaten Energieunternehmen hinterlassen. Den<br />
Extremfall stellt hier sicherlich TEPCO dar, ein Unternehmen,<br />
welches sich auf Grund der Katastrophe und neuerdings auch der<br />
hohen Ölpreise eigentlich schon seit Monaten in der Insolvenz befindet.<br />
Aber die Würfel sind gefallen: Die japanische Regierung erwirbt<br />
50 Prozent von Tepco. Teil des Deals ist darüber hinaus eine<br />
saftige Erhöhung der Strompreise auf <strong>dem</strong> Inselstaat. 65<br />
Derzeit sind alle japanischen AKWs, die grundsätzlich 30 Prozent<br />
der Stromversorgung sicherstellen, abgeschaltet. Stattdessen<br />
sind Gaskraftwerke am Netz, die den Bedarf abdecken. Allerdings<br />
steigt dadurch der LNG-Import, der die Einfuhrbilanz belastet.<br />
Auch das übt Druck auf die politische Willensbildung zur nachhaltigen<br />
Einführung erneuerbarer Energien aus. Japan ist eben schlecht<br />
gerüstet für eine Energiewende und bedarf daher nachhaltigen politischen<br />
Drucks in diese Richtung.<br />
62. FAZ, 09.03.2012, S. 13<br />
63. Miyagawa, Kenji Japan Opens to Investment in Renewable Energy: New<br />
Feed-In Tariff System to be a Major Step for Sector (Januar 2012) www.<br />
cliffordchance.com abgerufen am 15. April 2012<br />
64. Handelsblatt, 25.04.2012<br />
65. FTD 09.05.2012<br />
ZNER 2012, Heft 3<br />
Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong><br />
<strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
<strong>Recht</strong>sanwalt Christian Buchmüller, Maître en droit (Aixen-Provence),<br />
Berlin *<br />
253<br />
Das deutsche <strong>EEG</strong> hat <strong>mit</strong> der Förderung der Stromerzeugung aus<br />
erneuerbaren Energien maßgeblich zum Aufbau einer deutschen<br />
Solarindustrie beigetragen. Durch den zunehmenden internationalen<br />
Wettbewerbsdruck und die wiederholte Absenkung der Vergütungssätze<br />
für Strom aus Photovoltaikanlagen ist die deutsche<br />
Solarindustrie zunehmend weniger wettbewerbsfähig. Vor diesem<br />
Hintergrund wird die Aufnahme einer sogenannten <strong>„Local</strong><br />
<strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> in das <strong>EEG</strong> gefordert. Dieser Beitrag geht der<br />
<strong>WTO</strong>-rechtlichen Zulässigkeit einer solchen <strong>Regelung</strong> nach.<br />
A Einleitung<br />
Das deutsche <strong>EEG</strong> hat durch die Förderung der Stromerzeugung<br />
unter anderem aus solarer Strahlungsenergie 1 maßgeblich dazu beigetragen,<br />
dass in Deutschland eine weltweit führende Solarindustrie<br />
entstanden ist. Auf <strong>dem</strong> Weltmarkt sowie auf <strong>dem</strong> deutschen<br />
Markt erhält die deutsche Solarindustrie jedoch seit Jahren zunehmend<br />
Konkurrenz durch Anbieter aus anderen Staaten. Insbesondere<br />
die chinesische Solarindustrie hat in den vergangenen Jahren<br />
erheblich an Marktanteilen gewonnen. Zum Aufstieg vor allem der<br />
chinesischen Solarindustrie haben dabei unter anderem staatliche<br />
Subventionen beigetragen. 2<br />
In den vergangenen Jahren wurde die <strong>EEG</strong>-Mindestvergütung<br />
für Strom aus solarer Strahlungsenergie mehrfach abgesenkt.<br />
Durch die erneute <strong>EEG</strong>-Novelle sollen die Vergütungssätze voraussichtlich<br />
rückwirkend zum 1. April 2012 erneut erheblich reduziert<br />
werden. Durch die Absenkung, verbunden <strong>mit</strong> der erheblichen<br />
Konkurrenz insbesondere durch chinesische Modulhersteller und<br />
erheblichen Überkapazitäten auf <strong>dem</strong> Weltmarkt, ist die internationale<br />
Wettbewerbsfähigkeit deutscher Solarunternehmen zunehmend<br />
gefährdet. Dies findet seinen Ausdruck in erheblichen Wertverlusten<br />
börsennotierter Solarunternehmen 3 sowie in zahlreichen<br />
Firmeninsolvenzen. 4<br />
* Der Autor ist <strong>Recht</strong>sanwalt der auf Energie-, Kl<strong>im</strong>aschutz und Vergaberecht<br />
spezialisierten Kanzlei Schnutenhaus & Kollegen in Berlin. Mit den <strong>WTO</strong>rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen für die Förderung erneuerbarer Energien hat<br />
er sich in seiner Dissertation <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Titel „Strom aus erneuerbaren Energien<br />
<strong>im</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong> – Zur Vereinbarkeit von Einspeisevergütungssystemen und<br />
Quotenmodellen <strong>mit</strong> Zertifikatehandel <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong>“, <strong>im</strong> Erscheinen,<br />
auseinandergesetzt.<br />
1. §§ 32 und 33 <strong>EEG</strong> 2012.<br />
2. Vgl. die Feststellung einer unzulässigen Subventionierung durch die USamerikanische<br />
International Trade Administration. Um die Subventionen<br />
auszugleichen, haben die USA <strong>im</strong> März 2012 Schutzzölle auf chinesische<br />
Solarmodule und –zellen verhängt, die in die USA <strong>im</strong>portiert werden. Eine<br />
Zusammenfassung ist abrufbar unter trade.gov.<br />
3. Vgl. die „Watchlist der größten Kapitalvernichter 2011“ der Deutschen<br />
Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V., auf der sich zahlreiche Solarwerte<br />
befinden. Die Liste kann unter http://www.dsw-info.de/uploads/media/<br />
DSW-Watchlist_2011_-_Die_Liste_der_Kapitalvernichter.pdf abgerufen<br />
werden.<br />
4. Vgl. allein die Insolvenzen der Unternehmen Solar Millenium, Solon,<br />
Scheuten Solar, Solarhybrid, odersun und Q-Cells sowie die Schließung des<br />
Werks von First Solar in Frankfurt/Oder.
254 ZNER 2012, Heft 3<br />
Vor diesem Hintergrund wird von einigen Unternehmen sowie<br />
in der Politik zunehmend die Forderung erhoben, die deutsche<br />
Solarindustrie durch staatliche Maßnahmen zu schützen. Ein wesentlicher<br />
Vorschlag besteht dabei darin, eine sogenannte <strong>„Local</strong><br />
<strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> in das <strong>EEG</strong> aufzunehmen. Als Local Content-<br />
<strong>Regelung</strong> bezeichnet man eine Vorschrift, nach der die Gewährung<br />
einer staatlichen Subvention an die Bedingung geknüpft ist, dass<br />
inländische Erzeugnisse zum Einsatz kommen. So hat etwa die<br />
SPD-Bundestagsfraktion die Forderung erhoben, dass „nach <strong>dem</strong><br />
<strong>EEG</strong> vergütungsfähige Solaranlagen (…) be<strong>im</strong> Inverkehrbringen<br />
einen Anteil von mindestens 70 Prozent an Wertschöpfung aus<br />
Fertigungsanlagen innerhalb der EU beinhalten“ müssten. 5 Alternativ<br />
könnte für <strong>EEG</strong>-Anlagen, die überwiegend in der EU gefertigt<br />
wurden, ein Aufschlag auf die <strong>EEG</strong>-Vergütung vorgesehen<br />
werden. 6 Auch der Bundesrat hat am 11. Mai 2012 gefordert, die<br />
<strong>EEG</strong>-Vergütung für Solaranlagen an die Herstellung in der EU oder<br />
zumindest an eine anteilige Wertschöpfung in der EU zu knüpfen. 7<br />
Da eine Local Content-<strong>Regelung</strong> ausdrücklich darauf gerichtet<br />
ist, nichteuropäische Hersteller zu benachteiligen, stellt sich die<br />
Frage nach der Vereinbarkeit einer derartigen <strong>Regelung</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>Recht</strong> der Welthandelsorganisation (World Trade Organization –<br />
<strong>WTO</strong>). 8 Denn Deutschland und die EU haben sich als Mitglieder<br />
der <strong>WTO</strong> verpflichtet, Zölle und andere Handelsschranken abzubauen<br />
und auf eine Beseitigung der Diskr<strong>im</strong>inierung in den internationalen<br />
Handelsbeziehungen hinzuarbeiten.<br />
Eine Entscheidung der <strong>WTO</strong>-Streitbeilegungsorgane zur Zulässigkeit<br />
von Local Content-<strong>Regelung</strong>en zur Förderung erneuerbarer<br />
Energien liegt bislang noch nicht vor. Allerdings sind derzeit unter<br />
anderem zwei Streitbeilegungsverfahren zum Einspeisevergütungssystem<br />
der kanadischen Provinz Ontario anhängig. Japan 9<br />
und die EU 10 greifen eine <strong>Regelung</strong> an, nach der die geförderten<br />
Stromerzeugungsanlagen nationale Anlagenkomponenten enthalten<br />
müssen. 11 Eine Entscheidung der 1. Instanz der <strong>WTO</strong>-Streitbeilegungsorgane<br />
(sog. Panel-Entscheidung) wird voraussichtlich<br />
<strong>im</strong> September 2012 ergehen. Zu beachten ist dabei, dass es für die<br />
Vereinbarkeit von Local Content-<strong>Regelung</strong>en <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
entscheidend auf die Ausgestaltung des jeweiligen Einspeisevergütungssystems<br />
<strong>im</strong> Einzelnen ankommt. Unterschiede – z. B. in<br />
der Finanzierung des Fördersystems – zwischen <strong>dem</strong> kanadischen<br />
Einspeisesystem und <strong>dem</strong> deutschen <strong>EEG</strong> können zu einer unterschiedlichen<br />
<strong>WTO</strong>-rechtlichen Bewertung führen.<br />
B Vereinbarkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>mit</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
Die Zulässigkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> richtet<br />
sich nach den allgemeinen <strong>WTO</strong>-rechtlichen Übereinkommen.<br />
Da die Local Content-<strong>Regelung</strong> den Handel <strong>mit</strong> Waren (Anlagenkomponenten)<br />
betrifft, finden die <strong>WTO</strong>-Übereinkommen über den<br />
Warenhandel Anwendung. Dies sind insbesondere das Allgemeine<br />
Zoll- und Handelsabkommen 1994 (General Agreement on Tariffs<br />
and Trade – GATT), das Abkommen über handelsbezogene<br />
Investitionsmaßnahmen (Agreement on Trade-Related Investment<br />
Measures – TRIMs) sowie das Übereinkommen über Subventionen<br />
und Ausgleichsmaßnahmen (Agreement on Subsidies and Countervailing<br />
Measures – ASCM).<br />
I. Vereinbarkeit <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> GATT<br />
In Betracht kommt zunächst ein Verstoß gegen den Grundsatz der<br />
Inländergleichbehandlung 12 , der insbesondere in Art. III:4 und<br />
Art. III:5 GATT seinen Ausdruck findet. 13 Ein etwaiger Verstoß<br />
könnte nach Art. XX oder Art. XXI GATT gerechtfertigt sein.<br />
Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
1. Nicht-fiskalische Maßnahmen (Art. III:4 GATT)<br />
Durch Art. III:4 S. 1 GATT sollen die <strong>WTO</strong>-Mitglieder daran gehindert<br />
werden, durch den Einsatz nicht-fiskalischer Maßnahmen<br />
ausländische Waren schlechter als gleichartige inländische Waren<br />
zu behandeln. Zu diesem Zweck heißt es in Art. III:4 S. 1 GATT:<br />
„Waren, die aus <strong>dem</strong> Gebiet einer Vertragspartei in das Gebiet einer<br />
Vertragspartei eingeführt werden, dürfen hinsichtlich aller Gesetze,<br />
Verordnungen und sonstigen Vorschriften über den Verkauf,<br />
das Angebot, den Einkauf, die Beförderung, Verteilung oder Verwendung<br />
<strong>im</strong> Inland keine weniger günstige Behandlung erfahren<br />
als gleichartige Waren inländischen Ursprungs.“<br />
a) Gesetze, Verordnungen und sonstige Vorschriften<br />
Das <strong>EEG</strong> einschließlich einer Local Content-<strong>Regelung</strong> stellt ein<br />
Gesetz „über den Verkauf, das Angebot, den Einkauf, die Beförderung,<br />
Verteilung oder Verwendung <strong>im</strong> Inland“ <strong>im</strong> Sinne des<br />
Art. III:4 S. 1 GATT dar. Der Anwendungsbereich des Art. III:4<br />
S. 1 GATT umfasst sämtliche innerstaatlichen Maßnahmen, die die<br />
Wettbewerbsbedingungen zwischen inländischen und eingeführten<br />
Produkten nachteilig beeinflussen. 14 Eine Local Content-<strong>Regelung</strong>,<br />
nach der der Anspruch auf eine Grund- oder Zusatzvergütung nach<br />
<strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> eine – zumindest teilweise – in der EU gefertigte Solaranlage<br />
voraussetzt, beeinflusst die Wettbewerbsbedingungen auf<br />
<strong>dem</strong> deutschen Markt für Solaranlagen bzw. deren Komponenten<br />
zugunsten der deutschen und europäischen Solarmodulhersteller<br />
und zu Lasten nichteuropäischer Hersteller, die ihre Anlagenkomponenten<br />
nach Deutschland einführen.<br />
b) Merkmal der Gleichartigkeit<br />
Ein Verstoß gegen Art. III:4 Satz 1 GATT setzt weiterhin voraus,<br />
dass durch die innerstaatliche Maßnahme eingeführte ausländische<br />
Waren weniger günstig behandelt werden als „gleichartige“ Waren<br />
inländischen Ursprungs. Da<strong>mit</strong> überhaupt eine Ungleichbehand-<br />
5. Vgl. den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion der vom 27. März 2012,<br />
BT-Drs. 17/9157, S. 4.<br />
6. Vgl. den entsprechenden Vorschlag der CDU/CSU-Abgeordneten Veronika<br />
Bellmann, Plenarprotokoll 17/172, S. 20420.<br />
7. BR-Drs. 204/12 (Beschluss).<br />
8. Von der Zulässigkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> ist die Frage zu<br />
unterscheiden, ob Einspeisevergütungssysteme wie das <strong>EEG</strong> insgesamt <strong>mit</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong> vereinbar sind. Vgl. dazu ausführlich Buchmüller, Strom<br />
aus erneuerbaren Energien <strong>im</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong> – Zur Vereinbarkeit von Einspeisevergütungssystemen<br />
und Quotenmodellen <strong>mit</strong> Zertifikatehandel <strong>mit</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong>, <strong>im</strong> Erscheinen.<br />
9. WT/DS/412/1 vom 16. September 2010.<br />
10. WT/DS/426/1 vom 16. August 2011.<br />
11. In einem anderen Handelsstreit haben die USA China um Konsultationen<br />
ersucht. Dabei geht es um Subventionen für Windkraftanlagen. Vgl. WT/<br />
DS/419/1 vom 6. Januar 2011.<br />
12. Der Grundsatz der Inländergleichbehandlung nach Art. III GATT ist vom<br />
Verbot mengenmäßiger Import- und Exportbeschränkungen nach Art. XI<br />
GATT abzugrenzen. In Fällen, in denen eine <strong>mit</strong>gliedstaatliche Maßnahme<br />
nicht die Einfuhr einer Ware erschwert oder verhindert, sondern sie lediglich<br />
rechtlich oder faktisch die Vermarktung der Ware <strong>im</strong> Inland beeinträchtigt,<br />
findet ausschließlich Art. III GATT Anwendung. Zur Abgrenzung von Art. III<br />
und Art. XI GATT <strong>im</strong> Kontext von Einspeisevergütungssystemen vgl. ausführlich<br />
Buchmüller (o. Fn. 8) m.w.N.<br />
13. Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> wäre auch nicht durch Art. III:8 lit.<br />
a) oder lit. b) GATT <strong>dem</strong> Anwendungsbereich des Art. III GATT entzogen.<br />
Denn das <strong>EEG</strong> stellt weder eine öffentliche Beschaffung <strong>im</strong> Sinne des lit.<br />
a) noch eine direkte Subvention durch die öffentliche Hand <strong>im</strong> Sinne des<br />
lit. b) dar.<br />
14. Panel India – Autos, WT/DS146/R, WT/DS175/R, Rz. 7.196; Panel<br />
Canada – Autos WT/DS139/R, WT/DS142/R, Rz. 10.80; GATT-Panel Italian<br />
Agricultural Machinery, L/833, vom 15. Juli 1958, Rz. 12.
Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
lung bzw. „weniger günstige Behandlung“ <strong>im</strong> Sinne des Art. III:4<br />
GATT in Betracht kommt, ist so<strong>mit</strong> vorab die Gleichartigkeit inländischer<br />
und eingeführter ausländischer Waren festzustellen.<br />
Gleichartig sind nach der Spruchpraxis der <strong>WTO</strong>-Streitbeilegungsorgane<br />
Waren, die in einem Wettbewerbsverhältnis stehen.<br />
Das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses ist <strong>im</strong> Einzelfall zu<br />
er<strong>mit</strong>teln. Dabei sind <strong>im</strong> Rahmen einer Gesamtabwägung folgende<br />
Kriterien zu berücksichtigen: (1) Eigenschaften, Natur und Qualität<br />
der Produkte, (2) Endverwendungsmöglichkeiten der Produkte, (3)<br />
Verbrauchervorlieben und -gewohnheiten sowie (4) Zolltarifklassifikationen.<br />
15<br />
Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung einer Local Content-<strong>Regelung</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>EEG</strong> dürfte offensichtlich sein, dass von der<br />
<strong>Regelung</strong> gleichartige Komponenten für Solaranlagen betroffen<br />
sind. Denn das Ziel der Local Content-<strong>Regelung</strong> ist gerade, den<br />
Anlagenkomponenten deutscher (und europäischer) Hersteller<br />
einen Wettbewerbsvorteil gegenüber nichteuropäischen Konkurrenzprodukten<br />
zu verschaffen. Die physischen Eigenschaften,<br />
Verwendungsmöglichkeiten und Zolltarifklassifikationen der Anlagenkomponenten<br />
sind identisch. Auch die Verbraucher sind bereit,<br />
deutsche bzw. europäische und nichteuropäische Anlagenkomponenten<br />
tatsächlich alternativ zu gebrauchen, wie der verschärfte<br />
Wettbewerb unter anderem auf <strong>dem</strong> deutschen Markt gerade zeigt.<br />
An einer Gleichartigkeit der Anlagenkomponenten dürfte vor diesem<br />
Hintergrund kein Zweifel bestehen.<br />
c) Weniger günstige Behandlung<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> stellt schließlich auch eine „weniger<br />
günstige Behandlung“ <strong>im</strong> Sinne des Art. III:4 GATT dar.<br />
Das Merkmal der weniger günstigen Behandlung dient dazu,<br />
protektionistische inländische Maßnahmen zu verhindern. Vergleichsweise<br />
leicht lässt sich eine unzulässige weniger günstige<br />
Behandlung dann feststellen, wenn die zu untersuchende Maßnahme<br />
zwischen inländischen und ausländischen Waren ausdrücklich<br />
aufgrund deren nationaler Herkunft unterscheidet (sogenannte De<br />
jure-Diskr<strong>im</strong>inierung). 16 Im Hinblick auf de jure diskr<strong>im</strong>inierende<br />
Maßnahmen ist eine weniger günstige Behandlung ausländischer<br />
gegenüber gleichartigen inländischen Waren dann gegeben, wenn<br />
die Maßnahme ausländische und gleichartige inländische Waren<br />
formal ungleich behandelt und aus dieser formalen Ungleichbehandlung<br />
eine zumindest potentielle Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen<br />
für eine ausländische Ware gegenüber einer<br />
inländischen Ware resultiert. 17<br />
Durch eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> würden sich offensichtlich<br />
die Wettbewerbsbedingungen für nichteuropäische Solarmodule<br />
verschlechtern. Nichts anderes wäre der ausdrückliche<br />
Zweck einer solchen <strong>Regelung</strong>. 18<br />
Die Unvereinbarkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong><br />
Art. III:4 GATT ergibt sich <strong>im</strong> Übrigen auch aus Art. 2.1 TRIMs<br />
i.V.m. Nummer 1 lit. a) des Anhangs zum TRIMs. Danach sind handelsbezogene<br />
Investitionsmaßnahmen <strong>mit</strong> Art. III:4 GATT unvereinbar,<br />
„deren Einhaltung zur Erlangung eines Vorteils notwendig<br />
ist und denen zufolge a) ein Unternehmen Waren inländischen Ursprungs<br />
oder inländischer Herkunft kaufen oder verwenden muss,<br />
wobei best<strong>im</strong>mte Waren, eine Warenmenge oder ein Warenwert<br />
oder ein Anteil an der Menge oder am Wert seiner he<strong>im</strong>ischen Produktion<br />
vorgeschrieben sein können“. Wäre der Anspruch auf eine<br />
Grund- oder Zusatzvergütung nach <strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> davon abhängig, dass<br />
in der EU hergestellte Anlagenkomponenten zum Einsatz kämen,<br />
läge nach <strong>dem</strong> Anhang zum TRIMs ein Verstoß gegen Art. III:4<br />
GATT – und zugleich gegen Art. 2.1 TRIMs – vor.<br />
d) Zwischenergebnis<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> zum Schutz der deutschen<br />
und europäischen Solarindustrie verstößt so<strong>mit</strong> gegen Art. III:4<br />
GATT.<br />
ZNER 2012, Heft 3<br />
2. Verbot inländischer Mengenvorschriften (Art. III:5<br />
GATT)<br />
255<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> verstößt nicht nur gegen Art. III:4<br />
GATT, sondern auch gegen Art. III:5 GATT. 19 Nach Art. III:5<br />
GATT sind best<strong>im</strong>mte mengenmäßige Beschränkungen unzulässig.<br />
Hintergrund ist, dass derartige Beschränkungen stets <strong>im</strong> Verdacht<br />
stehen, aus protektionistischen Gründen und da<strong>mit</strong> zum Schutz der<br />
inländischen Industrie angewendet zu werden.<br />
a) Art. III:5 S. 1 GATT<br />
Nach Art. III:5 S. 1 GATT darf eine Vertragspartei „keine inländische<br />
Mengenvorschrift über die Mischung, Veredelung oder Verwendung<br />
von Waren nach best<strong>im</strong>mten Mengen oder Anteilen erlassen<br />
oder beibehalten, die <strong>mit</strong>telbar oder un<strong>mit</strong>telbar best<strong>im</strong>mt, dass<br />
eine festgesetzte Menge oder ein best<strong>im</strong>mter Anteil der Ware, auf<br />
die sich die Vorschrift bezieht, aus inländischen Produktionsquellen<br />
stammen muss“.<br />
aa) Mengenvorschrift<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> stellt eine Mengenvorschrift<br />
<strong>im</strong> Sinne des Art. III:5 S. 1 GATT dar. Eine Mengenvorschrift liegt<br />
<strong>im</strong>mer dann eindeutig vor, wenn die betreffende innerstaatliche<br />
Vorschrift ausdrücklich eine Mengenvorgabe enthält. 20 Eine derartige<br />
ausdrückliche Mengenvorgabe wäre in einer Local Content-<br />
<strong>Regelung</strong> enthalten, die etwa vorsähe, dass nur solche <strong>EEG</strong>-Anlagen<br />
einen Anspruch auf eine Grund- oder Zusatzvergütung nach<br />
<strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> haben, die zu einem best<strong>im</strong>mten Anteil Komponenten<br />
enthalten, die innerhalb der EU gefertigt wurden.<br />
bb) Mischung, Veredelung oder Verwendung von Waren<br />
Es handelt sich auch um eine inländische Mengenvorschrift „über<br />
die Mischung, Veredelung oder Verwendung von Waren nach best<strong>im</strong>mten<br />
Mengen oder Anteilen“. Denn aufgrund einer Local Content-<strong>Regelung</strong><br />
bestünde ein Anspruch auf eine Grund- oder Zusatzvergütung<br />
nach <strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> nur noch dann, wenn eine Solaranlage<br />
be<strong>im</strong> Inverkehrbringen einen best<strong>im</strong>mten Mindestanteil an Anlagenkomponenten<br />
enthält, die innerhalb der EU gefertigt wurden.<br />
Die Local Content-<strong>Regelung</strong> stellt da<strong>mit</strong> eine Mengenvorschrift<br />
über die „Verwendung von Waren“ dar.<br />
cc) Festgesetzte Menge aus inländischen Produktionsquellen<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> ist auch eine inländische Mengenvorschrift,<br />
„die <strong>mit</strong>telbar oder un<strong>mit</strong>telbar best<strong>im</strong>mt, dass eine<br />
15. AB EC – Asbestos, WT/DS135/AB/R, Rz. 101,103, 109.<br />
16. Erheblich schwieriger ist die Feststellung einer weniger günstigen Behandlung<br />
dann, wenn die zu untersuchende Maßnahmen formal unterschiedslos für<br />
gleichartige inländische und ausländische Waren gilt, sie tatsächlich jedoch<br />
das Wettbewerbsverhältnis zu Lasten der ausländischen Waren verschlechtert<br />
(sogenannte De facto-Diskr<strong>im</strong>inierung).<br />
17. GATT-Panel US – Malt Beverages, DS23/R, vom 16. März 1992, Rz.<br />
5.17; Panel US – Gasoline, WT/DS2/R, Rz. 6.14; Panel EC – Asbestos, WT/<br />
DS135/R, Rz. 8.154. Zu weiteren Einzelheiten ausführlich Buchmüller (o.<br />
Fn. 8) m.w.N.<br />
18. Auf den <strong>Regelung</strong>szweck kommt es <strong>im</strong> Rahmen de jure diskr<strong>im</strong>inierender<br />
Maßnahmen – anders als hinsichtlich de facto diskr<strong>im</strong>inierender Maßnahmen<br />
– allerdings nicht gesondert an.<br />
19. Auf Art. III:4 und Art. III:5 GATT stützen auch Japan und die EU ihre<br />
Beschwerden gegen das Einspeisevergütungssystem der kanadischen Provinz<br />
Ontario. Vgl. WT/DS/412/1, S. 2 f. und WT/DS/426/1, S. 3.<br />
20. So etwa bei einer <strong>Regelung</strong>, nach der inländische Zigarettenhersteller <strong>im</strong><br />
Umfang von mindestens 75 Prozent inländischen Tabak verwenden müssen.<br />
Vgl. GATT-Panel US – Tobacco, DS44/R, vom 12. August 1994, Rz. 67.
256 ZNER 2012, Heft 3<br />
festgesetzte Menge oder ein best<strong>im</strong>mter Anteil der Ware, auf die<br />
sich die Vorschrift bezieht, aus inländischen Produktionsquellen<br />
stammen muss“. Zwar würde eine Local Content-<strong>Regelung</strong> voraussichtlich<br />
eine Mengenvorgabe nicht für in Deutschland, sondern für<br />
in der EU gefertigte Anlagenkomponenten enthalten. 21 Aus Sicht<br />
eines Nicht-EU-Staates wäre dies jedoch unerheblich. Der Absatz<br />
seiner Produkte in Deutschland würde durch die Local Content-<br />
<strong>Regelung</strong> beschränkt. 22<br />
b) Art. III:5 S. 2<br />
Neben einem Verstoß gegen Art. III:5 S. 1 GATT liegt auch ein<br />
Verstoß gegen Art. III:5 S. 2 GATT vor. Dieser lautet: „Auch sonst<br />
darf eine Vertragspartei inländische Mengenvorschriften nicht in<br />
einer Weise anwenden, die den Grundsätzen des Absatzes 1 widerspricht.“<br />
aa) Inländische Mengenvorschrift<br />
Wie gesehen, stellt eine Local Content-<strong>Regelung</strong> eine inländische<br />
Mengenvorschrift dar.<br />
bb) Umfang der vorhandenen inländischen Erzeugung<br />
Ein Verstoß gegen Art. III:5 S. 2 GATT ist auch nicht durch S. 1<br />
der Anmerkung zu Art. III:5 GATT ausgeschlossen. Dieser lautet:<br />
„Vorschriften, die <strong>mit</strong> Absatz 5 Satz 1 in Einklang stehen, gelten<br />
nicht als <strong>mit</strong> Satz 2 unvereinbar, wenn alle diesen Vorschriften unterliegenden<br />
Waren <strong>im</strong> Inland in bedeutenden Mengen erzeugt werden.“.<br />
Da eine Local Content-<strong>Regelung</strong> gegen Art. III:5 S. 1 GATT<br />
verstößt, greift die Fiktion der Anmerkung zu Art. III:5 GATT nicht.<br />
Würde man einen Verstoß gegen Art. III:5 S. 1 GATT hingegen<br />
ablehnen, wäre die Frage zu klären, ob die durch die Local Content-<br />
<strong>Regelung</strong> betroffenen Komponenten für Solaranlagen in Deutschland<br />
bereits in bedeutenden Mengen erzeugt werden. Ist dies der<br />
Fall, greift die Fiktion aus S. 1 der Anmerkung zu Art. III:5 GATT:<br />
Die Local Content-<strong>Regelung</strong> gilt als nicht <strong>mit</strong> Art. III:5 S. 2 GATT<br />
unvereinbar. Da die deutsche Solarindustrie (noch) über erhebliche<br />
Marktanteile auf <strong>dem</strong> deutschen Markt für Solarmodule verfügt,<br />
bestünden gute Chancen, dass ein Verstoß gegen Art. III:5 S. 2<br />
GATT in diesem Fall ausscheiden würde.<br />
cc) Schutz der inländischen Erzeugung<br />
Ein Verstoß gegen Art. III:5 S. 2 GATT setzt weiterhin voraus, dass<br />
die Vertragspartei die inländischen Mengenvorschriften in einer<br />
Art und Weise anwendet, die den Grundsätzen des Art. III:1 GATT<br />
widerspricht. Eine ausdrückliche Entscheidung der <strong>WTO</strong>-Streitbeilegungsorgane<br />
gibt es zu dieser Voraussetzung bislang nicht.<br />
Es kann jedoch auf die Streitbeilegungspraxis zum parallel formulierten<br />
Art. III:2 S. 2 GATT zurückgegriffen werden. Der Appellate<br />
Body hat den Verweis auf die Grundsätze des Art. III:1 GATT in<br />
Art. III:2 S. 2 GATT als Verweis darauf ausgelegt, dass innerstaatliche<br />
<strong>Regelung</strong>en „nicht derart angewendet werden sollen, dass die<br />
inländische Erzeugung geschützt wird“. 23 Ob dies der Fall ist, ist<br />
<strong>im</strong> Wege einer umfassenden und objektiven Untersuchung der Gestaltung,<br />
Architektur und Struktur (design, architecture, revealing<br />
structure) der Maßnahme zu untersuchen. 24 Herangezogen werden<br />
können zu<strong>dem</strong> Zwecke, die <strong>im</strong> Gesetz selbst objektiv ihren Ausdruck<br />
gefunden haben. 25<br />
Beurteilt man eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> nach den<br />
genannten Kriterien, ergibt sich folgendes Bild: Ausgestaltung und<br />
Struktur einer solchen <strong>Regelung</strong> sprechen eindeutig für eine protektionistische<br />
Anwendung der Maßnahme. Die <strong>Regelung</strong> führt zwingend<br />
zu einer (teilweisen) Abschottung des deutschen Marktes für<br />
Solarmodule bzw. deren Komponenten, sofern diese aus Nicht-EU-<br />
Staaten stammen. Denn noch ist die Errichtung von Solaranlagen<br />
ohne eine Inanspruchnahme der <strong>EEG</strong>-Vergütung in Deutschland<br />
Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
nur sehr selten wirtschaftlich. Einen relevanten Markt für Solaranlagen<br />
außerhalb des Betriebs von Solaranlagen <strong>im</strong> Rahmen des<br />
<strong>EEG</strong> gibt es daher in Deutschland bislang kaum.<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> ist daher als protektionistisch anzusehen.<br />
Dieses Ergebnis würde noch verstärkt, wenn die – zweifellos<br />
protektionistische – Absicht des Gesetzgebers, die sich in<br />
einer solchen <strong>Regelung</strong> niederschlagen würde, auch <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> ausdrücklich<br />
ihren Ausdruck fände. 26<br />
c) Zwischenergebnis<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> verstößt so<strong>mit</strong> nicht nur gegen<br />
Art. III:4 GATT, sondern auch gegen Art. III:5 S. 1 und S. 2<br />
GATT.<br />
3. <strong>Recht</strong>fertigung nach Art. XX oder Art. XXI GATT<br />
Angesichts der dargestellten Verstöße gegen den Grundsatz der<br />
Inländergleichbehandlung wäre eine Local Content-<strong>Regelung</strong> nur<br />
dann <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> GATT vereinbar, wenn sie durch einen der Ausnahmetatbestände<br />
des GATT gerechtfertigt wäre. Es ist jedoch keiner<br />
der möglichen <strong>Recht</strong>fertigungstatbestände einschlägig.<br />
a) Allgemeine Ausnahmen (Art. XX GATT)<br />
Der zentrale <strong>Recht</strong>fertigungstatbestand des GATT ist die <strong>Regelung</strong><br />
des Art. XX GATT („Allgemeine Ausnahmen“). Nach Art. XX<br />
GATT sind Verstöße gegen GATT-Vorschriften dann gerechtfertigt,<br />
wenn einer der in Art. XX lit. a) bis lit. j) GATT aufgeführten<br />
<strong>Recht</strong>fertigungsgründe einschlägig ist (sog. vorläufige <strong>Recht</strong>fertigung)<br />
und die zu untersuchende Maßnahme auch den Anforderungen<br />
des Einleitungssatzes des Art. XX GATT, des sogenannten<br />
Chapeau genügt (sog. endgültige <strong>Recht</strong>fertigung).<br />
Die Aufnahme einer Local Content-<strong>Regelung</strong> in das <strong>EEG</strong> zum<br />
Schutz der deutschen Solarindustrie ist nicht nach Art. XX GATT<br />
gerechtfertigt. Es ist keiner der unter Art. XX lit. a) bis lit. j) GATT<br />
abschließend aufgeführten <strong>Recht</strong>fertigungsgründe einschlägig. Insbesondere<br />
die „grünen Ausnahmen“ des Art. XX GATT finden keine<br />
Anwendung. So können zwar nach Art. XX lit. b) GATT „Maßnahmen<br />
zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen,<br />
Tieren und Pflanzen“ und nach Art. XX lit. g) „Maßnahmen zur<br />
Erhaltung erschöpflicher Naturschätze, sofern solche Maßnahmen<br />
<strong>im</strong> Zusammenhang <strong>mit</strong> Beschränkungen der inländischen Produktion<br />
oder des inländischen Verbrauches angewendet werden“, ausnahmsweise<br />
zulässig sein. Über diese Tatbestände kann auch die<br />
Einführung des <strong>EEG</strong> als Einspeisevergütungssystem gerechtfertigt<br />
werden. 27 Denn das <strong>EEG</strong> als solches dient der Förderung der Stromerzeugung<br />
aus erneuerbaren Energien und da<strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Kl<strong>im</strong>aschutz.<br />
21. Andernfalls würde die <strong>Regelung</strong> offensichtlich gegen die europäische<br />
Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV) verstoßen. Entsprechend sehen die<br />
bislang vorliegenden Vorschläge für eine Local Content-<strong>Regelung</strong> eine Mengenvorgabe<br />
für in der EU gefertigte Anlagenkomponenten vor.<br />
22. Zu<strong>dem</strong> würde sich die Local Content-<strong>Regelung</strong> auf „Waren aus inländische<br />
Produktsquellen“ des <strong>WTO</strong>-Mitglieds EU beziehen.<br />
23. AB Japan – Alcoholic Beverages, WT/DS8/AB/R, WT/DS10/AB/R, WT/<br />
DS11/AB/R, Abschnitt H., S. 24.<br />
24. AB Japan – Alcoholic Beverages (oben Fn. 22), Abschnitt H., S. 29.<br />
25. AB Chile – Alcoholic Beverages, WT/DS87/AB/R, WT/DS110/AB/R,<br />
Rz. 62, 71.<br />
26. Z. B. durch eine Erwähnung als Gesetzeszweck in § 1 <strong>EEG</strong>.<br />
27. Eine solche <strong>Recht</strong>fertigung ist erforderlich, da durch das <strong>EEG</strong> nur die<br />
nationale Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gefördert wird. Der<br />
Ausschluss der ausländischen Grau- und Grünstromerzeugung von der<br />
Förderung verstößt gegen Art. III:4 GATT. Vgl. zu den Verstößen gegen<br />
Art. III GATT sowie der <strong>Recht</strong>fertigung nach Art. XX GATT ausführlich<br />
Buchmüller, (oben Fn. 8).
Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
Es ist zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen,<br />
Tieren und Pflanzen erforderlich (Art. XX lit. b) GATT). Zugleich<br />
dient das <strong>EEG</strong> der Erhaltung erschöpflicher Naturschätze (Art. XX<br />
lit. g) GATT), nämlich der fossilen Energieressourcen, der Erdatmosphäre<br />
sowie der Biodiversität.<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> zum Schutz der deutschen Solarindustrie<br />
dient hingegen weder <strong>dem</strong> Schutz des Lebens und der Gesundheit<br />
von Menschen, Tieren und Pflanzen, noch der Erhaltung<br />
erschöpflicher Naturschätze. Zwar führt der Schutz der deutschen<br />
Solarindustrie zur Produktion von Solarmodulen in Deutschland<br />
und da<strong>mit</strong> voraussichtlich auch zur Nutzung der hergestellten Solaranlagen.<br />
Dies führt zu einem Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren<br />
Energien aus in Deutschland hergestellten Solaranlagen.<br />
Die Förderung allein der deutschen bzw. europäischen Solarindustrie<br />
steht zum Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien<br />
(in Deutschland und weltweit) jedoch in keinem Zusammenhang.<br />
Im Gegenteil: Durch den zunehmenden Wettbewerb auf <strong>dem</strong><br />
Markt für Solaranlagen sind die Kosten für den Erwerb derartiger<br />
Anlagen in den letzten Jahren stark gesunken. Diese Entwicklung<br />
wird sich fortsetzen. Ohne eine Local Content-<strong>Regelung</strong> könnte es<br />
so<strong>mit</strong> sogar zu einem schnelleren Ausbau der Stromerzeugung aus<br />
erneuerbaren Energien – jedenfalls in Deutschland – kommen als<br />
<strong>mit</strong> einer solchen <strong>Regelung</strong>. Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> dient<br />
so<strong>mit</strong> nicht umweltpolitischen, sondern allein einer industriepolitischen<br />
und protektionistischen Zwecken. Protektionistische Maßnahmen<br />
sollen durch das GATT jedoch gerade verhindert und nicht<br />
durch Art. XX GATT gerechtfertigt werden. Eine <strong>Recht</strong>fertigung<br />
einer Local Content-<strong>Regelung</strong> durch Art. XX GATT scheidet daher<br />
aus.<br />
b) Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit (Art. XXI GATT)<br />
Verstöße gegen das GATT können auch durch Art. XXI GATT<br />
(„Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit“) gerechtfertigt sein.<br />
Dies gilt unter best<strong>im</strong>mten Umständen auch für Maßnahmen zur<br />
Erhöhung der nationalen Energieversorgungssicherheit, in Ausnahmefällen<br />
auch für Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien.<br />
28<br />
Die Einführung einer Local Content-<strong>Regelung</strong> kann durch<br />
Art. XXI GATT jedoch nicht gerechtfertigt werden. Das Bestehen<br />
einer nationalen Solarindustrie leistet keinen Beitrag zur nationalen<br />
Energieversorgungssicherheit. Zum einen leistet die Stromerzeugung<br />
aus solarer Strahlungsenergie nur einen vergleichsweise geringen<br />
Beitrag zur Stromerzeugung in Deutschland. 29 Zum anderen<br />
sind auf <strong>dem</strong> Weltmarkt sämtliche Komponenten für Solarmodule<br />
erhältlich. Eine eigene deutsche Solarmodulproduktion ist für die<br />
deutsche Energieversorgungssicherheit nicht erforderlich.<br />
4. Ergebnis zum GATT<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> verstößt gegen den Inländergleichbehandlungsgrundsatz<br />
des GATT (Art. III:4, Art. III:5 S. 1<br />
und 2 GATT). 30 Sie wäre auch nicht durch einen der Ausnahmetatbestände<br />
des GATT gerechtfertigt. Andere Mitglieder der <strong>WTO</strong><br />
(z. B. China, USA) könnten die <strong>Regelung</strong> in einem Streitbeilegungsverfahren<br />
vor der <strong>WTO</strong> angreifen.<br />
II. Vereinbarkeit <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> ASCM<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> verstößt nicht nur gegen das GATT<br />
und das TRIMs, sondern auch gegen das <strong>WTO</strong>-Subventionsübereinkommen<br />
(ASCM). Denn es handelt sich um eine verbotene Subvention<br />
<strong>im</strong> Sinne des ASCM.<br />
ZNER 2012, Heft 3<br />
1. Subvention <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 ASCM<br />
257<br />
Das <strong>EEG</strong> stellt eine Subvention <strong>im</strong> Sinne des ASCM dar. Nach der<br />
Legaldefinition des Art. 1.1 ASCM ist eine Subvention durch zwei<br />
Elemente gekennzeichnet: Zunächst muss eine finanzielle Beihilfe<br />
einer Regierung oder irgendeine Form der Einkommens- oder<br />
Preisstützung <strong>im</strong> Sinne des Art. XVI GATT vorliegen. Daneben<br />
muss durch die finanzielle Beihilfe bzw. die Einkommens- oder<br />
Preisstützung ein Vorteil gewährt werden. Die Elemente müssen<br />
kumulativ vorliegen, da<strong>mit</strong> eine Subvention <strong>im</strong> Sinne des ASCM<br />
gegeben ist.<br />
a) Finanzielle Beihilfe<br />
Das <strong>EEG</strong> ist eine finanzielle Beihilfe <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 lit. a)<br />
Nr. 1 ASCM. 31 Die Formen staatlichen Handelns, die eine Subvention<br />
<strong>im</strong> Sinne des ASCM darstellen können, sind in Art. 1.1<br />
lit. a) ASCM abschließend aufgeführt. Nach Art. 1.1 lit. a) Nr. 1<br />
iv) ASCM können dabei auch Fälle eines indirekten staatlichen<br />
Handelns als finanzielle Beihilfe qualifiziert werden. Danach leistet<br />
eine Regierung auch dann eine finanzielle Beihilfe, wenn sie „(…)<br />
eine private Einrichtung <strong>mit</strong> der Wahrnehmung einer oder mehrerer<br />
der in i) bis iii) genannten Aufgaben, die normalerweise der Regierung<br />
obliegen, betraut oder dazu anweist und sich die Praktiken<br />
in keiner Weise von den Praktiken unterscheidet, die normalerweise<br />
von den Regierungen ausgeübt werden“. Eine der in Art. 1.1 lit. a)<br />
Nr. 1 i) bis iii) ASCM genannten Aufgaben ist dabei, dass eine Regierung<br />
„Waren oder Dienstleistungen, die nicht zur allgemeinen<br />
Infrastruktur gehören, zur Verfügung stellt oder ankauft“.<br />
Durch das <strong>EEG</strong> werden private Einrichtungen, nämlich die<br />
Verteilnetzbetreiber, verpflichtet, Waren (Strom aus erneuerbaren<br />
Energien) zu Preisen über <strong>dem</strong> Marktwert (Großhandelspreis für<br />
Strom) aufzukaufen. Hierzu werden sie „durch die Regierung“,<br />
nämlich durch das <strong>EEG</strong> gesetzlich konkret verpflichtet und da<strong>mit</strong><br />
angewiesen <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 lit. a) Nr. 1 iv) ASCM. Zwar ist<br />
der Ankauf des <strong>EEG</strong>-Stroms nicht <strong>mit</strong> einer Belastung öffentlicher<br />
Haushalte verbunden, da die durch das <strong>EEG</strong> verursachten Kosten<br />
<strong>im</strong> Rahmen des sogenannten <strong>EEG</strong>-Ausgleichsmechanismus durch<br />
die Stromlieferanten und letztlich durch die Endverbraucher getragen<br />
werden. 32 Einer Einordnung des <strong>EEG</strong> als finanzielle Beihilfe<br />
steht dies jedoch nicht entgegen. Denn anders als der Beihilfebegriff<br />
des europäischen <strong>Recht</strong>s setzt der Subventionsbegriff des<br />
28. Sollten eines Tages die weltweiten Uranvorräte zur Neige gehen, könnte<br />
etwa ein Mitgliedsstaat, der in einem derart hohen Maße von der Stromerzeugung<br />
aus Atomkraft abhängig ist, dass ohne einen staatlich geförderten<br />
Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien die nationale Energieversorgungssicherheit<br />
in Gefahr wäre, sich zur <strong>Recht</strong>fertigung einer<br />
Förderung des nationalen Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren<br />
Energien auf Art. XXI lit. b) Nr. i) GATT berufen. Eine <strong>Recht</strong>fertigung nach<br />
Art. XXI lit. b) Nr. ii) GATT kommt zu<strong>dem</strong> ausnahmsweise dann in Betracht,<br />
wenn es einem Staat, der in erheblichem Maße von Energie<strong>im</strong>porten abhängig<br />
ist, bei der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien darum<br />
geht, durch den Ausbau der nationalen Grünstromerzeugung zumindest seine<br />
Streitkräfte autark <strong>mit</strong> Strom zu versorgen. Zu Einzelheiten vgl. ausführlich<br />
Buchmüller, (oben Fn. 8).<br />
29. Im Jahr 2010 betrug der Anteil der Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen<br />
am Bruttostromverbrauch in Deutschland ca. 2 %. Vgl. BMU, Erneuerbare<br />
Energien in Zahlen, 2011, S. 6.<br />
30. Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> verstößt auch gegen Art. 2.1 TRIMs, da<br />
sie nicht <strong>mit</strong> Art. III GATT vereinbar ist.<br />
31. Das <strong>EEG</strong> stellt darüber hinaus auch eine Einkommens- oder Preisstützung<br />
<strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 lit. a) Nr. 1 ASCM dar. Vgl. dazu ausführlich Buchmüller,<br />
(oben Fn. 8). A.A. Altrock/Oschmann, in: Altrock/Oschmann/Theobald, <strong>EEG</strong>,<br />
3. Aufl. 2011, Einf. Rn. 131.<br />
32. Zum <strong>EEG</strong>-Ausgleichsmechanismus vgl. Buchmüller/Schnutenhaus, ET<br />
2009, Heft 11, S. 75 (75 ff.).
258 ZNER 2012, Heft 3<br />
ASCM keine Belastung öffentlicher Haushalte voraus. 33 Während<br />
das <strong>EEG</strong> nach der <strong>Recht</strong>sprechung des EuGH 34 nicht als Beihilfe<br />
<strong>im</strong> Sinne des Europarechts anzusehen ist, stellt es eine finanzielle<br />
Beihilfe <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 lit. a) Nr. 1 ASCM dar. 35<br />
b) Gewährung eines Vorteils<br />
Eine Subvention <strong>im</strong> Sinne des ASCM liegt nur dann vor, wenn<br />
durch die finanzielle Beihilfe „ein Vorteil gewährt wird“ (Art. 1.1<br />
lit. b) ASCM). Durch das <strong>EEG</strong> wird den förderberechtigten Erzeugern<br />
von Strom aus erneuerbaren Energien ein Vorteil <strong>im</strong> Sinne des<br />
ASCM gewährt. 36<br />
Ein Vorteil <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 lit. b) ASCM liegt vor, wenn der<br />
Empfänger durch eine staatliche Maßnahme besser gestellt wird,<br />
als er auf <strong>dem</strong> freien Markt stünde (sog. private investor-Test). 37<br />
Für Fälle des Ankaufs von Waren durch eine Regierung finden sich<br />
in Art. 14 lit. d) ASCM konkrete Vorgaben dazu, wie die Höhe des<br />
dadurch erwachsenen Vorteils festzustellen ist. 38 Nach Art. 14 lit. d)<br />
S. 1 ASCM gilt der Ankauf von Waren nur dann als Vorteil, wenn<br />
„der Ankauf zu einem höheren als <strong>dem</strong> angemessenen Entgelt erfolgt“.<br />
In Art. 14 lit. d) S. 2 ASCM wird der Begriff des angemessenen<br />
Entgelts wie folgt präzisiert: „Das angemessene Entgelt wird<br />
in Bezug auf die herrschenden Marktbedingungen für die Ware (…)<br />
<strong>im</strong> Land des Ankaufs (…) (einschließlich Preis, Qualität, Verfügbarkeit,<br />
Marktgängigkeit, Beförderung und sonstiger Bedingungen<br />
des Geschäfts) best<strong>im</strong>mt.“. Die Vorgaben des Art. 14 lit. d) geben<br />
wichtige Hinweise dazu, ob ein Vorteil vorliegt. Sie finden auch<br />
dann Anwendung, wenn nicht eine staatliche Stelle, sondern ein<br />
von dieser betrauter bzw. angewiesener Privater Waren erwirbt.<br />
Als angemessenes Entgelt für Strom aus erneuerbaren Energien<br />
ist der allgemeine Großhandelspreis für Strom (ca. 4,0 bis<br />
6,0 ct/kWh) 39 zuzüglich eines geringen Aufschlags für den <strong>mit</strong> der<br />
Grünstromerzeugung verbundenen Umweltnutzen (max<strong>im</strong>al 0,2<br />
bis 0,4 ct/kWh) zugrunde zu legen. Mehr würde ein „privater Investor“<br />
für Strom aus erneuerbaren Energien grundsätzlich nicht<br />
zahlen. Durch das <strong>EEG</strong> haben die Betreiber von Solaranlagen dagegen<br />
einen Anspruch – abhängig vom Anlagenstandort und der<br />
installierten Anlagenleistung – von zwischen 17,94 und 24,43 ct/<br />
kWh 40 gegen den Verteilnetzbetreiber. Die <strong>EEG</strong>-Vergütung liegt<br />
da<strong>mit</strong> deutlich über <strong>dem</strong>, was die Netzbetreiber ohne die Ankaufverpflichtung<br />
nach <strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> für den von ihnen abgenommenen<br />
Strom zu zahlen bereit wären. Die <strong>EEG</strong>-Mindestvergütungssätze<br />
verschaffen <strong>EEG</strong>-Anlagenbetreibern so<strong>mit</strong> einen Vorteil <strong>im</strong> Sinne<br />
des Art. 1.1 lit. b) ASCM. Da sowohl das erste als auch das zweite<br />
Element des Subventionsbegriffs erfüllt ist, stellt das <strong>EEG</strong> eine<br />
Subvention <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 ASCM dar.<br />
2. Verbotene Subvention (Teil II ASCM)<br />
Eine Subvention verstößt nur dann gegen das ASCM, wenn es sich<br />
um eine verbotene oder eine anfechtbare Subvention <strong>im</strong> Sinne der<br />
Teile II bzw. III ASCM handelt. 41 Durch eine Local Content-<strong>Regelung</strong><br />
würde das <strong>EEG</strong> zu einer verbotenen Subvention, die gegen das<br />
ASCM verstoßen würde.<br />
Nach Art. 3.1 lit. b) ASCM sind „Subventionen, die entweder<br />
für sich allein oder als eine von mehreren anderen Bedingungen<br />
davon abhängig sind, dass einhe<strong>im</strong>ische Waren Vorrang vor eingeführten<br />
Waren erhalten“, verboten. 42 Das Verbot erfasst sogenannte<br />
Importsubstitutionssubventionen (sogenannte local content subsidies).<br />
Die Abhängigkeit der Gewährung einer Subvention von einer<br />
Importsubstitution kann dabei sowohl gesetzlicher als auch tatsächlicher<br />
Natur sein. 43<br />
Würde der Anspruch auf die <strong>EEG</strong>-Vergütung für solare Strahlungsenergie<br />
an die Voraussetzung geknüpft, dass die Anlagenkomponenten<br />
der förderberechtigten <strong>EEG</strong>-Anlage zumindest teilweise<br />
in der EU gefertigt wurden, wäre die Subventionierung des Anlagenbetreibers<br />
nach <strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> davon abhängig, dass „einhe<strong>im</strong>ische<br />
Waren Vorrang vor eingeführten Waren erhalten“. Eine derartige<br />
Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
Local Content-<strong>Regelung</strong> wäre ebenso eine verbotene Subvention<br />
<strong>im</strong> Sinne des ASCM wie die Gewährung eines Vergütungsaufschlags<br />
ausschließlich für <strong>EEG</strong>-Anlagen, die zumindest zu einem<br />
best<strong>im</strong>mten Teil in der EU gefertigt wurden.<br />
3. Keine <strong>Recht</strong>fertigung<br />
Die Gewährung verbotener Subventionen ist stets unzulässig. Eine<br />
<strong>Recht</strong>fertigung ist nicht möglich. In der juristischen Literatur wird<br />
zwar zunehmend diskutiert, ob <strong>im</strong> Rahmen des ASCM der <strong>Recht</strong>fertigungstatbestand<br />
des Art. XX GATT zumindest analog Anwendung<br />
findet. 44 Selbst wenn man dies annähme, führte dies jedoch<br />
nicht zu einer Zulässigkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong>.<br />
Denn wie gesehen, lässt sich eine Local Content-<strong>Regelung</strong> durch<br />
keinen der <strong>Recht</strong>fertigungstatbestände des Art. XX GATT begründen.<br />
4. Abhilfeverfahren<br />
Verbotene Subventionen dürfen nach Art. 3.2 ASCM weder gewährt<br />
noch beibehalten werden. Aufgrund der erheblichen wettbewerbsverzerrenden<br />
Wirkung verbotener Subventionen ist in Art. 4<br />
ASCM ein besonderes und beschleunigtes Streitbeilegungsverfahren<br />
vorgesehen. Das beschwerdeführende <strong>WTO</strong>-Mitglied trägt<br />
eine geringere Beweislast. Es gelten verkürzte Fristen. Die Abhilfe<br />
besteht in der Verpflichtung des Beschwerdegegners zur unverzüglichen<br />
Rücknahme der Subvention. Neben der Einleitung eines<br />
Streitbeilegungsverfahrens können <strong>WTO</strong>-Mitglieder, deren einhe<strong>im</strong>ische<br />
Industrie durch eine Local Content-<strong>Regelung</strong> benachteiligt<br />
wird, auch unilaterale Ausgleichszölle nach Teil V ASCM erheben.<br />
33. Vgl. Luengo, Regulation of Subsidies and State Aids in <strong>WTO</strong> and EC<br />
Law, 2007, S. 448; Howse, JEEPL 2006, S. 500, 512; Slotboom, JWT 2002,<br />
S. 517, 539; Pitschas, in: Prieß/Berrisch (Hrsg.), <strong>WTO</strong>-Handbuch, 2003,<br />
Teil B.I.12, Rn. 66; Tietje/Wolf, in: Schneider, Beihilfe- und Vergaberecht<br />
als Rahmenbedingungen der Umweltpolitik, 2005, S. 85, 104. A.A. Altrock/<br />
Oschmann, in: Altrock/Oschmann/Theobald (oben Fn. 31), Einf. Rn. 133.<br />
Zum Streitstand vgl. ausführlich Buchmüller, (oben Fn. 8).<br />
34. Vgl. EuGH, Rs. C-379/98 („PreussenElektra“), Slg. I-2001, 2099, Rz. 57 ff.<br />
35. Vgl. dazu ausführlich und m.w.N. Buchmüller, (oben Fn. 7).<br />
36. Auf die Frage, ob die Auszahlung der <strong>EEG</strong>-Vergütung zugleich eine – vom<br />
ASCM erfasste – indirekte Subventionierung auch der Solarunternehmen<br />
darstellt, kommt es nicht entscheidend an. Denn eine Local Content-<strong>Regelung</strong><br />
stellt in je<strong>dem</strong> Fall eine (verbotene) Subventionierung der <strong>EEG</strong>-Anlagenbetreiber<br />
dar. Vgl. dazu unten Abschnitt B II. 2.<br />
37. Panel Canada – Aircraft, WT/DS70/R, Rz. 9.112; AB Canada – Aircraft,<br />
WT/DS70/AB/R, Rz. 157; AB US – Lead Bars, WT/DS138/AB/R, Rz. 68.<br />
38. Die Vorgaben beziehen sich streng genommen nur auf die Erhebung von<br />
Ausgleichszöllen. Sie sind jedoch übertragbar auf die Er<strong>mit</strong>tlung des Vorteils.<br />
39. Größenordnung des MW-EPEX-SOLAR in den Monaten Januar – April<br />
2012. Abrufbar unter http://www.eeg-kwk.net/de/Referenzmarktwerte.htm.<br />
40. Vergütung solare Strahlungsenergie bei Inbetriebnahme ab 1. Januar 2012<br />
(§§ 32, 33, 20a <strong>EEG</strong> 2012).<br />
41. Das <strong>EEG</strong> als solches in seiner gegenwärtig geltenden Fassung stellt<br />
eine anfechtbare Subvention <strong>im</strong> Sinne des Teil III ASCM dar, die aufgrund<br />
der Benachteiligung ausländischer Grau- und Grünstromerzeuger ebenfalls<br />
vor der <strong>WTO</strong> angegriffen werden könnte. Das beschwerdeführende <strong>WTO</strong>-<br />
Mitglied müsste jedoch darlegen, dass das <strong>EEG</strong> nachteilige Auswirkungen<br />
auf seine Interessen verursacht. Dieser Nachweis wird ihm kaum gelingen. Zu<br />
Einzelheiten vgl. ausführlich Buchmüller, (oben Fn. 8). Gegen die Einordnung<br />
des <strong>EEG</strong> als anfechtbare Subvention dagegen Altrock/Oschmann, in: Altrock/<br />
Oschmann/Theobald (oben Fn. 31), Einf. Rn. 123 ff.<br />
42. Während für anfechtbare Subventionen <strong>im</strong> Sinne des Teil III ASCM die<br />
Spezifität der Subvention <strong>im</strong> Sinne des Art. 2 ASCM gezeigt werden muss,<br />
wird die Spezifität für verbotene Subventionen <strong>im</strong> Sinne des Art. 3 ASCM<br />
nach Art. 1.2 ASCM unwiderleglich vermutet.<br />
43. AB Canada – Autos, WT/DS139/AB/R, WT/DS142/AB/R, Rz. 138 ff.<br />
44. Zu dieser Diskussion ausführlich Buchmüller, (oben Fn. 8) m.w.N.
Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />
So könnte z. B. China auf in Deutschland gefertigte Solarmodule,<br />
die nach China eingeführt werden, Ausgleichszölle erheben. 45<br />
C Fazit und Ausblick<br />
Eine Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> verstößt gegen das GATT,<br />
gegen das TRIMs und gegen das ASCM. Die Einführung einer<br />
Local Content-<strong>Regelung</strong> kann auch nicht unter Verweis darauf<br />
gerechtfertigt werden, dass sie der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen<br />
durch andere Staaten diene. Gegen derartige Wettbewerbsverzerrungen<br />
können sich die betroffenen Staaten allein <strong>im</strong><br />
Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens oder in besonderen Fällen<br />
(Subventionen, Dumping) durch die Einführung von Schutzzöllen<br />
wehren.<br />
Angesichts ihrer Unvereinbarkeit <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong> ist eine<br />
Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> keine rechtlich zulässige Option,<br />
um die deutsche Solarindustrie vor <strong>dem</strong> zunehmenden internationalen<br />
Wettbewerb zu schützen. Zulässig wäre es nach <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<br />
<strong>Recht</strong> unter best<strong>im</strong>mten Umständen dagegen, deutsche Unternehmen<br />
finanziell zu unterstützen (z.B. durch Mittel für Forschung und<br />
Entwicklung oder durch Kredite oder Bürgschaften).<br />
Zulässig wäre es zu<strong>dem</strong>, auf die Beseitigung unzulässiger Handelsmaßnahmen<br />
anderer Staaten hinzuwirken. Möglichkeiten hierzu<br />
bietet das <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong>. Unzulässige Subventionen oder Dumpingmaßnahmen<br />
anderer Staaten können durch die Erhebung von<br />
Schutzzöllen bei der Einfuhr ausländischer Anlagenkomponenten<br />
ausgeglichen werden. Für diesen Weg haben sich die USA entschieden,<br />
die seit März 2012 Ausgleichszölle auf subventionierte und<br />
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ZNER 2012, Heft 3<br />
259<br />
seit Mai 2012 zusätzlich Antidumpingzölle auf gedumpte chinesische<br />
Solarmodule und Solarzellen erheben.<br />
Die SolarWorld AG hat bereits angekündigt, noch vor der Sommerpause<br />
2012 bei der EU-Kommission die Verhängung von Antisubventions-<br />
und Antidumpingzöllen auf chinesische Solarmodule<br />
und Solarzellen zu beantragen, die in die EU eingeführt werden.<br />
Die Einführung derartiger (gegenebenfalls vorläufiger) Zölle wäre<br />
frühestens ca. sechs bis neun Monate nach Einleitung des Verfahrens<br />
zu erwarten.<br />
45. Die Voraussetzung für die Erhebung von Ausgleichszöllen sind <strong>im</strong> Einzelnen<br />
in Teil V ASCM geregelt.<br />
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(<strong>EEG</strong>, KWKG, EEWärmeG, EnWG, Energie- und StromStG).<br />
Für diese verantwortungsvolle Tätigkeit erwarten wir ein überdurchschnittlich<br />
abgeschlossenes Studium der <strong>Recht</strong>swissenschaften. Darüber<br />
hinaus haben Sie bereits einschlägige Berufserfahrung in den genannten<br />
Bereichen gesammelt und dabei hohe Einsatzbereitschaft,<br />
Motivation, unternehmerisches Denken und Interesse an betriebswirtschaftlichen<br />
Fragen bewiesen. Ein sicheres Auftreten sowie Kommunikations-<br />
und Teamfähigkeit runden Ihr Profil ab. Es erwarten Sie hervorragende<br />
Entwicklungsmöglichkeiten in einem dynamischen Umfeld.<br />
Sehen Sie Ihre Chance? Dann bewerben Sie sich gerne online für die<br />
Stelle <strong>mit</strong> der Referenz 1380-172.<br />
> Rödl & Partner<br />
Kranhaus 1<br />
Im Zollhafen 18<br />
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Tel. +49 (221) 94 99 09-302<br />
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