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„Local Content“-Regelung im EEG mit dem WTO-Recht

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258 ZNER 2012, Heft 3<br />

ASCM keine Belastung öffentlicher Haushalte voraus. 33 Während<br />

das <strong>EEG</strong> nach der <strong>Recht</strong>sprechung des EuGH 34 nicht als Beihilfe<br />

<strong>im</strong> Sinne des Europarechts anzusehen ist, stellt es eine finanzielle<br />

Beihilfe <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 lit. a) Nr. 1 ASCM dar. 35<br />

b) Gewährung eines Vorteils<br />

Eine Subvention <strong>im</strong> Sinne des ASCM liegt nur dann vor, wenn<br />

durch die finanzielle Beihilfe „ein Vorteil gewährt wird“ (Art. 1.1<br />

lit. b) ASCM). Durch das <strong>EEG</strong> wird den förderberechtigten Erzeugern<br />

von Strom aus erneuerbaren Energien ein Vorteil <strong>im</strong> Sinne des<br />

ASCM gewährt. 36<br />

Ein Vorteil <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 lit. b) ASCM liegt vor, wenn der<br />

Empfänger durch eine staatliche Maßnahme besser gestellt wird,<br />

als er auf <strong>dem</strong> freien Markt stünde (sog. private investor-Test). 37<br />

Für Fälle des Ankaufs von Waren durch eine Regierung finden sich<br />

in Art. 14 lit. d) ASCM konkrete Vorgaben dazu, wie die Höhe des<br />

dadurch erwachsenen Vorteils festzustellen ist. 38 Nach Art. 14 lit. d)<br />

S. 1 ASCM gilt der Ankauf von Waren nur dann als Vorteil, wenn<br />

„der Ankauf zu einem höheren als <strong>dem</strong> angemessenen Entgelt erfolgt“.<br />

In Art. 14 lit. d) S. 2 ASCM wird der Begriff des angemessenen<br />

Entgelts wie folgt präzisiert: „Das angemessene Entgelt wird<br />

in Bezug auf die herrschenden Marktbedingungen für die Ware (…)<br />

<strong>im</strong> Land des Ankaufs (…) (einschließlich Preis, Qualität, Verfügbarkeit,<br />

Marktgängigkeit, Beförderung und sonstiger Bedingungen<br />

des Geschäfts) best<strong>im</strong>mt.“. Die Vorgaben des Art. 14 lit. d) geben<br />

wichtige Hinweise dazu, ob ein Vorteil vorliegt. Sie finden auch<br />

dann Anwendung, wenn nicht eine staatliche Stelle, sondern ein<br />

von dieser betrauter bzw. angewiesener Privater Waren erwirbt.<br />

Als angemessenes Entgelt für Strom aus erneuerbaren Energien<br />

ist der allgemeine Großhandelspreis für Strom (ca. 4,0 bis<br />

6,0 ct/kWh) 39 zuzüglich eines geringen Aufschlags für den <strong>mit</strong> der<br />

Grünstromerzeugung verbundenen Umweltnutzen (max<strong>im</strong>al 0,2<br />

bis 0,4 ct/kWh) zugrunde zu legen. Mehr würde ein „privater Investor“<br />

für Strom aus erneuerbaren Energien grundsätzlich nicht<br />

zahlen. Durch das <strong>EEG</strong> haben die Betreiber von Solaranlagen dagegen<br />

einen Anspruch – abhängig vom Anlagenstandort und der<br />

installierten Anlagenleistung – von zwischen 17,94 und 24,43 ct/<br />

kWh 40 gegen den Verteilnetzbetreiber. Die <strong>EEG</strong>-Vergütung liegt<br />

da<strong>mit</strong> deutlich über <strong>dem</strong>, was die Netzbetreiber ohne die Ankaufverpflichtung<br />

nach <strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> für den von ihnen abgenommenen<br />

Strom zu zahlen bereit wären. Die <strong>EEG</strong>-Mindestvergütungssätze<br />

verschaffen <strong>EEG</strong>-Anlagenbetreibern so<strong>mit</strong> einen Vorteil <strong>im</strong> Sinne<br />

des Art. 1.1 lit. b) ASCM. Da sowohl das erste als auch das zweite<br />

Element des Subventionsbegriffs erfüllt ist, stellt das <strong>EEG</strong> eine<br />

Subvention <strong>im</strong> Sinne des Art. 1.1 ASCM dar.<br />

2. Verbotene Subvention (Teil II ASCM)<br />

Eine Subvention verstößt nur dann gegen das ASCM, wenn es sich<br />

um eine verbotene oder eine anfechtbare Subvention <strong>im</strong> Sinne der<br />

Teile II bzw. III ASCM handelt. 41 Durch eine Local Content-<strong>Regelung</strong><br />

würde das <strong>EEG</strong> zu einer verbotenen Subvention, die gegen das<br />

ASCM verstoßen würde.<br />

Nach Art. 3.1 lit. b) ASCM sind „Subventionen, die entweder<br />

für sich allein oder als eine von mehreren anderen Bedingungen<br />

davon abhängig sind, dass einhe<strong>im</strong>ische Waren Vorrang vor eingeführten<br />

Waren erhalten“, verboten. 42 Das Verbot erfasst sogenannte<br />

Importsubstitutionssubventionen (sogenannte local content subsidies).<br />

Die Abhängigkeit der Gewährung einer Subvention von einer<br />

Importsubstitution kann dabei sowohl gesetzlicher als auch tatsächlicher<br />

Natur sein. 43<br />

Würde der Anspruch auf die <strong>EEG</strong>-Vergütung für solare Strahlungsenergie<br />

an die Voraussetzung geknüpft, dass die Anlagenkomponenten<br />

der förderberechtigten <strong>EEG</strong>-Anlage zumindest teilweise<br />

in der EU gefertigt wurden, wäre die Subventionierung des Anlagenbetreibers<br />

nach <strong>dem</strong> <strong>EEG</strong> davon abhängig, dass „einhe<strong>im</strong>ische<br />

Waren Vorrang vor eingeführten Waren erhalten“. Eine derartige<br />

Buchmüller: Die Vereinbarkeit einer <strong>„Local</strong> <strong>Content“</strong>-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>WTO</strong>-<strong>Recht</strong><br />

Local Content-<strong>Regelung</strong> wäre ebenso eine verbotene Subvention<br />

<strong>im</strong> Sinne des ASCM wie die Gewährung eines Vergütungsaufschlags<br />

ausschließlich für <strong>EEG</strong>-Anlagen, die zumindest zu einem<br />

best<strong>im</strong>mten Teil in der EU gefertigt wurden.<br />

3. Keine <strong>Recht</strong>fertigung<br />

Die Gewährung verbotener Subventionen ist stets unzulässig. Eine<br />

<strong>Recht</strong>fertigung ist nicht möglich. In der juristischen Literatur wird<br />

zwar zunehmend diskutiert, ob <strong>im</strong> Rahmen des ASCM der <strong>Recht</strong>fertigungstatbestand<br />

des Art. XX GATT zumindest analog Anwendung<br />

findet. 44 Selbst wenn man dies annähme, führte dies jedoch<br />

nicht zu einer Zulässigkeit einer Local Content-<strong>Regelung</strong> <strong>im</strong> <strong>EEG</strong>.<br />

Denn wie gesehen, lässt sich eine Local Content-<strong>Regelung</strong> durch<br />

keinen der <strong>Recht</strong>fertigungstatbestände des Art. XX GATT begründen.<br />

4. Abhilfeverfahren<br />

Verbotene Subventionen dürfen nach Art. 3.2 ASCM weder gewährt<br />

noch beibehalten werden. Aufgrund der erheblichen wettbewerbsverzerrenden<br />

Wirkung verbotener Subventionen ist in Art. 4<br />

ASCM ein besonderes und beschleunigtes Streitbeilegungsverfahren<br />

vorgesehen. Das beschwerdeführende <strong>WTO</strong>-Mitglied trägt<br />

eine geringere Beweislast. Es gelten verkürzte Fristen. Die Abhilfe<br />

besteht in der Verpflichtung des Beschwerdegegners zur unverzüglichen<br />

Rücknahme der Subvention. Neben der Einleitung eines<br />

Streitbeilegungsverfahrens können <strong>WTO</strong>-Mitglieder, deren einhe<strong>im</strong>ische<br />

Industrie durch eine Local Content-<strong>Regelung</strong> benachteiligt<br />

wird, auch unilaterale Ausgleichszölle nach Teil V ASCM erheben.<br />

33. Vgl. Luengo, Regulation of Subsidies and State Aids in <strong>WTO</strong> and EC<br />

Law, 2007, S. 448; Howse, JEEPL 2006, S. 500, 512; Slotboom, JWT 2002,<br />

S. 517, 539; Pitschas, in: Prieß/Berrisch (Hrsg.), <strong>WTO</strong>-Handbuch, 2003,<br />

Teil B.I.12, Rn. 66; Tietje/Wolf, in: Schneider, Beihilfe- und Vergaberecht<br />

als Rahmenbedingungen der Umweltpolitik, 2005, S. 85, 104. A.A. Altrock/<br />

Oschmann, in: Altrock/Oschmann/Theobald (oben Fn. 31), Einf. Rn. 133.<br />

Zum Streitstand vgl. ausführlich Buchmüller, (oben Fn. 8).<br />

34. Vgl. EuGH, Rs. C-379/98 („PreussenElektra“), Slg. I-2001, 2099, Rz. 57 ff.<br />

35. Vgl. dazu ausführlich und m.w.N. Buchmüller, (oben Fn. 7).<br />

36. Auf die Frage, ob die Auszahlung der <strong>EEG</strong>-Vergütung zugleich eine – vom<br />

ASCM erfasste – indirekte Subventionierung auch der Solarunternehmen<br />

darstellt, kommt es nicht entscheidend an. Denn eine Local Content-<strong>Regelung</strong><br />

stellt in je<strong>dem</strong> Fall eine (verbotene) Subventionierung der <strong>EEG</strong>-Anlagenbetreiber<br />

dar. Vgl. dazu unten Abschnitt B II. 2.<br />

37. Panel Canada – Aircraft, WT/DS70/R, Rz. 9.112; AB Canada – Aircraft,<br />

WT/DS70/AB/R, Rz. 157; AB US – Lead Bars, WT/DS138/AB/R, Rz. 68.<br />

38. Die Vorgaben beziehen sich streng genommen nur auf die Erhebung von<br />

Ausgleichszöllen. Sie sind jedoch übertragbar auf die Er<strong>mit</strong>tlung des Vorteils.<br />

39. Größenordnung des MW-EPEX-SOLAR in den Monaten Januar – April<br />

2012. Abrufbar unter http://www.eeg-kwk.net/de/Referenzmarktwerte.htm.<br />

40. Vergütung solare Strahlungsenergie bei Inbetriebnahme ab 1. Januar 2012<br />

(§§ 32, 33, 20a <strong>EEG</strong> 2012).<br />

41. Das <strong>EEG</strong> als solches in seiner gegenwärtig geltenden Fassung stellt<br />

eine anfechtbare Subvention <strong>im</strong> Sinne des Teil III ASCM dar, die aufgrund<br />

der Benachteiligung ausländischer Grau- und Grünstromerzeuger ebenfalls<br />

vor der <strong>WTO</strong> angegriffen werden könnte. Das beschwerdeführende <strong>WTO</strong>-<br />

Mitglied müsste jedoch darlegen, dass das <strong>EEG</strong> nachteilige Auswirkungen<br />

auf seine Interessen verursacht. Dieser Nachweis wird ihm kaum gelingen. Zu<br />

Einzelheiten vgl. ausführlich Buchmüller, (oben Fn. 8). Gegen die Einordnung<br />

des <strong>EEG</strong> als anfechtbare Subvention dagegen Altrock/Oschmann, in: Altrock/<br />

Oschmann/Theobald (oben Fn. 31), Einf. Rn. 123 ff.<br />

42. Während für anfechtbare Subventionen <strong>im</strong> Sinne des Teil III ASCM die<br />

Spezifität der Subvention <strong>im</strong> Sinne des Art. 2 ASCM gezeigt werden muss,<br />

wird die Spezifität für verbotene Subventionen <strong>im</strong> Sinne des Art. 3 ASCM<br />

nach Art. 1.2 ASCM unwiderleglich vermutet.<br />

43. AB Canada – Autos, WT/DS139/AB/R, WT/DS142/AB/R, Rz. 138 ff.<br />

44. Zu dieser Diskussion ausführlich Buchmüller, (oben Fn. 8) m.w.N.

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