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Sommer - SGGM

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S O C I É T É S U I S S E D E M É D E C I N E D E M O N T A G N E<br />

SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR GEBIRGSMEDIZIN<br />

Da beklagt sich der Redaktor in der<br />

letzten Ausgabe über fehlende<br />

Publikationen für sein Forum Alpinum -<br />

und schon flattern drei schöne Beiträge auf sein<br />

Pult - und seit mehr als einem Jahr suchte er<br />

vergebens einen Nachfolger - da meldet sich jetzt<br />

ein Kollege und Absolvent aus dem Winterkurs und<br />

bietet spontan seine Dienste an. "Es geschehen<br />

Zeichen und Wunder!" Eckehart Schöll ist Redaktor<br />

in spe und wird mich bald ablösen.<br />

In dieser Ausgabe des FA wird eine grosse Arbeit<br />

über „Bisse durch heimische Giftschlangen" und<br />

deren Behandlung veröffentlicht. Haben wir nicht<br />

schon in der Ausgabe 3/97 im FA darüber gelesen?<br />

Kollege Axel Pregartner hat das Thema aber<br />

ausführlicher und wissenschaftlich aufgearbeitet<br />

und er hat - was besonders zu vermerken ist - sogar<br />

die französische Übersetzung gemacht. Hut ab!<br />

Inhaltsverzeichnis / Table des matières<br />

Editorial<br />

• Editorial 1<br />

• Bisse durch heimische Giftschlangen:<br />

Ein seltener Notfall in den Bergen.<br />

Morsures de serpents venimeux indigènes:<br />

une urgence rare dans les montagnes.<br />

Axel Pregartner 2<br />

• Höhenmedizin im Tiefland:<br />

Atemnot in der Klimakammer<br />

Tommy Dätwyler 14<br />

• Alphornklänge und Pulverschnee:<br />

Ein Bericht über den <strong>SGGM</strong> - SAC<br />

Basis-Winterkurs für Gebirgsmedizin 2002<br />

Eckehart Schöll 16<br />

• Die weisse Wand<br />

Bea Grichting 20<br />

• La montagna<br />

Armida Ryser-Demarta 20<br />

• Vereinsnachrichten 21<br />

• Agenda 21<br />

• „Weggezogen – Nachsendefrist abgelaufen“ 21<br />

Felix Vallotton Lausanne/ Paris 1865 – 1925<br />

Peintre français bien connu aussi pour des gravures sur bois<br />

Vous souvenez-vous, dans la dernière<br />

édition le rédacteur déplore le manque<br />

d’articles dignes d’être publiés dans son<br />

Forum Alpinum - et hop trois travaux intéressants<br />

volent sur son pupitre – et depuis plus d’une année<br />

il cherche en vain un successeur – et voilà que<br />

s’annonce un collègue et participant du cours<br />

d’hiver et offre spontanément ses services.<br />

Vraiment, c’est à croire au miracle ! Eckehart<br />

Schöll est le futur rédacteur et me remplacera<br />

bientôt.<br />

Un grand travail sur les morsures de serpents<br />

venimeux indigènes et leur traitement est publié<br />

dans ce numéro du FA. L’édition 3/97 n’en avaitelle<br />

pas déjà parlé ? Notre collègue Axel<br />

Pregartner a approfondi le sujet et l’a traité<br />

scientifiquement et, ce qui est remarquable, a aussi<br />

livré une traduction française. Chapeau !<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 1


Bisse durch heimische Giftschlangen - Ein<br />

seltener Notfall in den Bergen<br />

Axel S. Pregartner<br />

Zusammenfassung<br />

Schlangenbisse durch die heimischen Giftschlangen,<br />

Kreuzotter, Aspisviper, Wiesenotter und Sand-Viper<br />

sind ein seltener Notfall in den Bergen, dessen<br />

Gefahren meist massiv überschätzt werden, wirklich<br />

schwere Verläufe sind sehr selten und letztlich nur<br />

bei Bissen durch die Sandviper oder bei Kindern<br />

bzw. morbiden Patienten zu erwarten.<br />

Anaphylaktische Reaktionen können vorkommen,<br />

insbesondere bei Patienten, die schon einmal<br />

gebissen wurden. Neben der allgemeinen<br />

Überwachung des Patienten und Ruhigstellung der<br />

gebissenen Extremität, sowie ggf. einer<br />

kreislaufstabilisierenden und antianaphylaktischen<br />

Behandlung, kommt der psychischen Betreuung<br />

besondere Bedeutung zu. Das von den meisten<br />

Rettungsorganisationen noch immer empfohlene<br />

Anlegen einer Staubinde hat bei der Erstversorgung<br />

von Bissen durch heimische Giftschlangen heute<br />

keinen Stellenwert mehr, da Tourniquets hinsichtlich<br />

der nahezu ausschließlich über das Lymphsystem und<br />

diffus im Gewebe verlaufenden Giftresorption<br />

praktisch wirkungslos sind, aber den Lokalbefund<br />

signifikant verschlechtern. Die klinische Therapie<br />

erfolgt meist symptomatisch, die Indikation zur<br />

Antivenintherapie sollte sehr eng gestellt werden, da<br />

deren Nebenwirkungen oft gravierender sind, als der<br />

Schlangenbiss selbst.<br />

Schlüsselwörter: Kreuzotter, Aspisviper,<br />

Wiesenotter, Sandviper, Toxinwirkungen,<br />

Anaphylaxie, Erstversorgung, Tourniquet,<br />

Antivenintherapie<br />

Einleitung<br />

Schlangenbisse durch heimische Giftschlangen sind<br />

ein sehr seltener Notfall. Aufgrund theoretischer<br />

Überlegungen kann man jedoch davon ausgehen,<br />

dass sich dieser Notfall im Gebirge öfter ereignet, als<br />

in der dichtbesiedelten Ebene, da einerseits die<br />

Gebirgsregionen als Rückzugsraum für die<br />

zurückgehende heimische Schlangenpopulation<br />

gelten und andererseits die Tätigkeit des Menschen<br />

im Gebirge, seien es Freizeitaktivitäten oder Arbeit<br />

im Freien, eine höhere Exposition gegenüber<br />

Schlangen bedingen.<br />

Kaum ein Notfall löst jedoch derart heftige<br />

emotionale Reaktionen des Patienten aus, wie ein<br />

Schlangenbiss und es gibt auch über kaum einen<br />

Notfall abstrusere und abenteuerlichere<br />

Vorstellungen. Oft gilt dies auch für<br />

Rettungsdienstpersonal. Ziel dieser kleinen Arbeit ist<br />

es daher, zusammenfassend die Gesamtproblematik<br />

darzustellen und sinnvolle, fundierte und belegbare<br />

Fakten und Lösungsansätze aufzuzeigen.<br />

Morsures de serpents venimeux indigènes -<br />

une urgence rare dans les montagnes<br />

Axel S. Pregartner<br />

Resumée<br />

Les morsures de serpents venimeux indigènes, c.à.d.<br />

vipère péliade, vipère d’aspis, vipère d’Orsini et<br />

vipère des sables, sont une urgence très rare dans les<br />

montagnes et leurs dangers sont généralement<br />

surestimés; les cas vraiment graves sont rares, on ne<br />

les trouve qu’à la la suite de morsures de la vipère<br />

des sables ou chez les enfants ou les personnes<br />

morbides. Des anaphylaxies sont possibles dans les<br />

cas de personnes remordues. En plus de la<br />

surveillance générale, l’immobilisation de l’extrémité<br />

mordue et, en cas de besoin, un traitement pour<br />

stabiliser la tension ou contre une anaphylaxie, le<br />

soin psychologique est très important. Beaucoup<br />

d’associations de sauvetage recommandent encore la<br />

pose d’un tourniquet sur l’extrémité mordue, une<br />

mesure considérée aujourd’hui comme étant obsolète<br />

lorsque les morsures proviennent chez de serpentes<br />

venimeux indigènes, parce qu’elle n’empêche pas, ou<br />

à peine, la pénétration du venin qui se répand<br />

prèsque entièrement par les voies lymphatiques ou se<br />

diffuse dans le tissu Tout au contraire, cette mesure<br />

inefficace aggrave encore l’état local de l’extrémité<br />

mordue. En général le traitement clinique est<br />

symptomatique, l’indication pour l’utilisation d’un<br />

antivenin est très stricte. Les effets secondaires de<br />

l‘antivenin sont souvent plus graves que les<br />

conséquences d‘une morsure de serpent.<br />

Mots-clés: Vipère péliade, vipère aspic, vipère<br />

d’Orsini, vipère des Sables, effets du venin,<br />

anaphylaxie, premier secours, tourniquet, thérapie à<br />

l’antivenin<br />

Introduction<br />

Les morsures de serpents venimeux indigènes sont<br />

une urgence très rare. Toute réflexion faite, on<br />

constate cependant que cette urgence se produit plus<br />

souvent dans les montagnes que dans les terrains<br />

plats très peuplés parce que, d’une part, la population<br />

de serpents indigènes de plus en plus en diminution,<br />

se retire dans les montagnes et que, d’autre part, les<br />

activités de l’homme dans les montagnes, qu’il<br />

s’agisse de travail en plein air, ou d’activités de<br />

loisir, entraînent une probabilité plus grande d’entrer<br />

en contact avec des serpents.<br />

Pratiquement, aucune urgence ne provoque une<br />

réaction aussi émotionnelle chez le patient et rares<br />

sont les urgences où les idées qu’on y associe sont<br />

plus absurdes et plus rocambolesques que dans les<br />

cas d’une morsure de serpent. Malheureusement,<br />

c’est souvent aussi le cas chez les secouristes. Ce petit<br />

mémoire poursuit le but de donner un aperçu général<br />

du problème et de montrer des faits et des solutions<br />

sensés, approfondis et éprouvés en pratique.<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 2


Zoologische Grundlagen<br />

Von den etwa 3000 Schlangenarten der Erde, zählen<br />

etwa 450 zu den Giftschlangen [7]. Man kann die<br />

Giftschlangen zoologisch in vier Familien einteilen,<br />

nämlich die Colubridae (Nattern), die Elapiden<br />

(Giftnattern), die Hydrophiidae (Seeschlangen) und<br />

die Viperinae (Vipern) [7]. Für Europa sind<br />

ausschließlich die Vipern von Bedeutung, sieht man<br />

von einigen giftigen Trugnattern auf der iberischen<br />

Halbinsel und im Mittelmeerraum ab [10]. Im in<br />

dieser Arbeit betrachteten geographischen Raum, der<br />

den Alpenbogen mit der Schweiz, Österreich, Italien,<br />

Deutschland und Frankreich inklusive seiner<br />

außeralpinen Gebirgsregionen, also Zentralmassiv,<br />

Pyrenäen und Korsika umfasst, kommen nur vier<br />

Giftschlangen, allerdings mit einigen Unterarten, vor.<br />

Die in Südfrankreich vorkommende Europäische<br />

Eidechsennatter, eine Trugnatter, wird aufgrund ihrer<br />

sehr geringen Giftwirkung vernachlässigt<br />

Kreuzotter (Vipera berus) [Abb. 1a + b]<br />

Die Kreuzotter ist die häufigste Giftschlange<br />

Europas, sie ist in ganz Europa, ausgenommen das<br />

Rhein-Main-Gebiet, die iberische Halbinsel, Mittelund<br />

Süditalien, Sardinien und Korsika sowie Gebiete<br />

nördlich des 67. Breitengrades heimisch [6,9].<br />

Charakteristisch ist ihr wenig vom Rumpf abgesetzter<br />

Kopf, drei deutlich erkennbare Kopfschilder, ein<br />

großes Nasenloch sowie eine gleichmäßig gerundete<br />

Schnauze [9,10,11]. Die Farbe ist sehr variabel, sie<br />

reicht von grau über verschiedene Brauntöne,<br />

olivgrün, blaugrau, bis zu schwarz und kupferrot<br />

[10,11]. Auf dem Kopf findet sich eine X-förmige<br />

oder mit der Spitze nach vorne weisende V-förmige<br />

Zeichnung, auf dem Schlangenrücken ein im<br />

Vergleich zur Grundfarbe dunkleres Zackenband<br />

[6,10,11]. Diese Zeichnung fehlt bei den rein<br />

schwarzen Exemplaren, der sogenannten Höllenotter,<br />

die insbesondere in Oberbayern, der Nordsteiermark<br />

und in den höheren Gebirgslagen auftritt, völlig,<br />

ebenso bei der im Raum Garmisch vorkommenden<br />

Kupferotter. Die Kreuzotter erreicht Längen von 60<br />

–75 cm, in Einzelfällen auch 85 cm, wobei das<br />

männliche Tier meist kleiner ist. Sie besiedelt einen<br />

sehr unterschiedlichen Lebensraum und steigt im<br />

Gebirge bis 3000 m hinauf [6,10,11].<br />

Aspisviper (Vipera aspis) [Abb. 2a + b]<br />

Die Aspisviper kommt in der Süd-, Zentral- und<br />

Westschweiz, im Jura, in Mittel- und Südfrankreich<br />

(französische Alpen, Zentralmassiv, Pyrenäen und<br />

Gascogne, nicht in Korsika), in Italien, inklusive Elba<br />

und Sizilien nicht jedoch auf Sardinien, sowie als<br />

Restvorkommen im südlichsten Schwarzwald vor<br />

[9,10]. Sie ist gedrungen, besitzt einen deutlich vom<br />

Rumpf abgesetzten Kopf, der an der Schnauze etwas<br />

aufgeworfen ist, jedoch kein Schnauzenhorn [9].<br />

Charakteristisch sind eine von der Kopfoberseite zur<br />

Schnauze führende Kante [Abb. 2b] und eine<br />

Rückenzeichnung die aus zwei Reihen dunkler,<br />

rechteckiger, versetzt angeordneter Flecken besteht,<br />

die auch zu einem Wellen- oder Zackenband<br />

Bases zoologiques<br />

Il y a environ 3000 espèces de serpents au monde<br />

dont 450 environ sont venimeux [7]. On les classifie<br />

en quatre familles: les Colubridae (couleuvres), les<br />

Elapidae (couleuvres venimeuses), les Hydrophiidae<br />

(serpents de mer, hydres) et les Viperinae (vipères)<br />

[7]. En Europe il n’y a que des vipères, si on néglige<br />

quelques couleuvres peu venimeuses (p. ex. Couleuvre<br />

de Montpellier) sur la péninsule ibérique et dans<br />

l’espace méditerranéen. Dans l’espace géographique<br />

regardé dans ce mémoire qui comprend l’arc des<br />

Alpes avec la Suisse, l’Autriche, l’Italie, l’Allemagne<br />

et la France, y compris ses systèmes de montagnes<br />

hors des Alpes, c.à.d. le Massif Central, les Pyrénées<br />

et la Corse, il n’existent que quatre types de serpents<br />

venimeux, toutefois avec certaines sous-espèces. Si on<br />

néglige la Couleuvre de Montpellier qu’on trouve<br />

dans le Midi de la France et qui n’a qu’un effet<br />

venimeux très faible<br />

Vipère péliade (Vipera berus) [Ima. 1a + b]<br />

La vipère péliade est le serpent venimeux le plus<br />

fréquent en Europe; on la trouve partout en Europe<br />

sauf dans une région près du Rhin et du Main en<br />

Allemagne, sur la péninsule ibérique, en Italie<br />

centrale et en Italie du Sud, en Sardaigne et en Corse<br />

et les régions au nord du degré de latitude 67 (~<br />

cercle arctique) [6,9]. Les signes particuliers de la<br />

vipère péliade sont sa tête peu séparée du corps, trois<br />

grandes écailles sur la tête, une grande narine et un<br />

museau régulièrement arrondi [9,10,11]. La couleur<br />

est variable, elle va du gris en passant par plusieurs<br />

tons de brun, vert-olive, gris-bleu jusqu’au noir et<br />

cuivre [10,11]. Sur la tête elle a un dessin en forme<br />

d’un X ou d’un V dont la pointe montre vers l’avant et<br />

le dos du serpent porte un dessin en forme de ruban<br />

en zigzag qui est plus foncé que le fond [6,10,11]. Ce<br />

ruban manque chez les spécimens noirs unicolores,<br />

dit „vipère d’enfer“, qu’on trouve en Haute-Bavière,<br />

en Styrie du Nord et en altitude. Cette particularité<br />

fait aussi défaut chez les spécimens cuivres qu’on<br />

trouve autour de Garmisch en Bavière. En général, la<br />

vipère péliade a une longeur de 60 à 75 cm, certains<br />

rares spécimens atteignent jusqu’à 85 cm. Le mâle est<br />

plus court que la femelle. On trouve la vipère péliade<br />

dans divers habitats, dans les montagnes jusqu’à une<br />

altitude de 3000 m [6,10,11].<br />

Vipère aspic (Vipera aspis) [Ima. 2a + b]<br />

On trouve la vipère aspic en Suisse centrale, Suisse<br />

du sud et de l’ouest, dans le Jura, en France centrale<br />

et dans le Midi (Massif central, Pyrénées, Gascogne,<br />

mais pas en Corse), en Italie, y compris l’île d’Elbe,<br />

et en Sicile, mais pas en Sardaigne, et dans un petit<br />

habitat menacé de disparition en Forêt-Noire du sud<br />

[9,10]. Elle a un corps trapu, la tête est séparée<br />

distinctement du corps, le museau est un peu élevé,<br />

mais pas corné [9]. Les signes particuliers sont la<br />

petite bordure qui va du dessus de la tête au museau<br />

[image 2b] et un ruban sur le dos qui est composé de<br />

taches rectangulaires, foncées et croisées, qui ont<br />

quelquefois aussi la forme d’un ruban en zigzag ou en<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 3


verschmelzen können [10]. Die Grundfarben der<br />

Schlange sind ähnlich variabel wie bei der<br />

Kreuzotter, und reichen von hellgrau über braun bis<br />

zu orangerot. Auch bei der Aspisviper kommen rein<br />

schwarze Exemplare ohne Rückenzeichnung vor. Die<br />

gedrungene Schlange erreicht normalerweise Längen<br />

von 60–70 cm und nur in Ausnahmefällen einmal 90<br />

cm [6], sie ist also im Allgemeinen etwas kürzer als<br />

die Kreuzotter. Sie bevorzugt als Lebensraum Hügelund<br />

Gebirgslandschaften, mit trockenem, sonnigem<br />

und felsigem Gelände, wobei sie im Gebirge bis etwa<br />

2500 m Höhe hinaufsteigt [10].<br />

Wiesenotter (Vipera ursinii) [Abb. 3a + b]<br />

Die Wiesenotter (auch als Spitzkopfotter bezeichnet<br />

[9]), ist die kleinste Viper Mitteleuropas, die nur eine<br />

Länge von 35–50 cm erreicht. Sie kommt in Europa<br />

lückenhaft vor, im betrachteten Raum nur in<br />

Südostfrankreich, in Mittelitalien sowie in den<br />

Donauniederungen Österreichs [6,9,10]. Die<br />

österreichische Population ist allerdings am erlöschen<br />

[10]. Die Schlange ist vom Aussehen<br />

kreuzotternähnlich, der Kopf schmal und wenig vom<br />

Kopf abgesetzt, die Körperschuppen sind stark<br />

gekielt und wirken dadurch rau. Auf dem Rücken<br />

findet sich wie bei der Kreuzotter ein Zickzackband,<br />

an der Flanke dunkle Flecken, wobei die Grundfarbe<br />

der Schlange von hellgrau über gelbgrau bis zu hellkastanienbraun<br />

reicht. Auf dem Kopf findet sich eine<br />

nach hinten geöffnete V-Zeichnung, vor der sich<br />

noch dunkle Flecken befinden. Die tagaktive<br />

Wiesenotter lebt in feuchten Wiesen und Senken<br />

entlang von Wasserläufen, wo sie sich in Gängen von<br />

Nagetieren versteckt. Im Gebirge kann sie bis auf<br />

2000 m hinaufsteigen [6,10].<br />

Sandviper (Vipera ammodytes) [Abb. 4 a + b]<br />

Die Sandviper, häufig auch als Sandotter bezeichnet,<br />

hat ihren Verbreitungsraum in den österreichischen<br />

Bundesländern Kärnten, Steiermark (nur im Süden<br />

entlang der slowenischen Grenze sowie den<br />

Grenzgebieten zu Kärnten) und Osttirol (?), Südtirol<br />

und inselartig im nord-italienischen Alpenraum<br />

[6,10,12]. Die Schlange erreicht eine Länge von 60 –<br />

90 cm, Einzelexemplare bis 110 cm, wobei das<br />

männliche Tier signifikant größer ist als das<br />

weibliche [10]. Die Sandviper ist eine kräftige<br />

Schlange mit dreieckigem, vom Körper abgesetztem<br />

Kopf [9,10]. Die Grundfarbe reicht von gelblich über<br />

verschiedenste Brauntöne und grauoliv bis hellgrau.<br />

Wie bei der Kreuzotter und der Aspisviper kommen<br />

rein schwarze Exemplare vor [8,10]. Auf dem<br />

Rücken findet sich ein scharf begrenztes<br />

Zickzackband, an den Flanken kleinere dunkle<br />

Punkte. Der Kopf ist entweder ungezeichnet oder<br />

besitzt ein nach hinten offenes V-Muster.<br />

Deutlichstes Erkennungsmerkmal ist das<br />

charakteristische Schnauzenhorn [10,12]. Die tagund<br />

dämmerungsaktive Sandviper, lebt primär in<br />

Geröllhalden und Steinhaufen, an lichten<br />

Waldrändern sowie auf Wiesen und Ödlandstellen<br />

[8,12]. Normalerweise lebt sie in Höhen unter 600 m,<br />

ondes [10]. La couleur de fond du serpent est aussi<br />

variable que celle de la vipère péliade: elle va du gris<br />

clair en passant par plusieurs tons de brun jusqu’au<br />

rouge-orange. Par analogie avec la vipère péliade,<br />

on connaît des spécimens noirs unicolores, sans<br />

ruban sur le dos. La vipère aspic a en général une<br />

longueur de 60 à 70 cm dans quelques cas<br />

exceptionnels jusqu’à 90 cm [6], cela veut dire<br />

qu’elle est généralement un peu plus courte que la<br />

vipère péliade. Son espace vital préféré sont les<br />

paysages montagneux ou de collines avec des terrains<br />

rocheux, secs et ensoleillés. On la trouve jusqu’à une<br />

altitude de 2500 m [10]<br />

Vipère d’Orsini (Vipera ursinii) [Ima. 3a + b]<br />

La vipère d’Orsini est la vipère la plus petite en<br />

Europe centrale, elle ne mesure que 35 à 50 cm [9].<br />

Elle est rare, on ne la trouve sporadiquement que<br />

dans quelques endroits en Europe qui sont le sud-est<br />

de la France, l’Italie centrale et les régions au bord<br />

du Danube en Autriche [6,9,10]. En Autriche,<br />

l’espèce est en train de disparaître [10]. Ce serpent<br />

ressemble un peu à la vipère péliade: sa tête est<br />

étroite, peu séparée du corps et les écailles du corps<br />

sont d’une forme qui laisse croire qu’elles sont<br />

rugueuses. Sur le dos, on trouve un ruban en zigzag,<br />

aux côtés des taches foncées. La couleur de fond du<br />

serpent va du gris-clair au gris-jaune jusqu’à un<br />

châtain-clair. Sur la tête se trouve un dessin en forme<br />

d’un V ouvert vers le corps et devant ce dessin, vers le<br />

museau, on remarque quelques taches foncées. La<br />

vipère d’Orsini, active pendant la journée, habite des<br />

prés et des dépressions de terrain au bord des cours<br />

d’eau et se cache dans les terriers des rongeurs. Dans<br />

les montagnes on la trouve jusqu’à une altitude de<br />

2000 mètres. [6,10]<br />

Vipère des sables (Vipera ammodytes)<br />

[Ima. 4a + b]<br />

On trouve la Vipère des sables en Carinthie, en Styrie<br />

(seulement dans le sud le long de la frontière avec la<br />

Slovène et la Carinthie), dans le Tyrol de l’est (?), du<br />

sud et par endroit dans les Alpes de l’Italie du nord<br />

[6,10,12]. Ce serpent a une longueur de 60 à 90 cm,<br />

dans certains cas jusqu’à 110 cm, en général le mâle<br />

est distinctement plus grand que la femelle [10]. La<br />

vipère des sables est un serpent trapu, avec une tête<br />

triangulaire séparée du corps [9,10]. La couleur de<br />

fond va du jaune en passant par plusieurs tons de<br />

brun jusqu’à un gris-olive et gris clair. Comme dans<br />

le cas de la vipère péliade et de la vipère d’aspic, il<br />

existe des spécimens noirs unicolores [8,10]. Sur le<br />

dos elle a un ruban en zigzag, sur les côtés des petites<br />

taches foncées. La tête est sans dessin ou marquée<br />

d’un V ouvert vers le corps. Le signe particulier de la<br />

vipère des sables est son museau corné [10,12]. Elle<br />

est active pendant la journée et à la nuit tombante.<br />

Elle habite les éboulis des montagnes, les orées peu<br />

boisées des forêts, les prés et les terrains non cultivés<br />

[8,12]. Généralement, elle vit à une altitude en<br />

dessous de 600 m, mais dans les montagnes on la<br />

trouve jusqu’à une altitude de 2000 m [6,8,10].<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 4


ist aber im Gebirge bis auf Höhen von etwa 2000 m<br />

nachgewiesen [6,8,10].<br />

Schlangengift<br />

Schlangengift dient dem Beutefang, der<br />

enzymatischen (Vor-) Verdauung der Beute sowie<br />

der Verteidigung [6]. Es wird in modifizierten<br />

Speicheldrüsen produziert und durch hinter- oder<br />

vorderständige Furchengiftzähne oder<br />

Röhrengiftzähne in die Beute oder den Feind<br />

injiziert. Schlangengifte sind sehr unterschiedlich<br />

zusammengesetzt, neben Wasser (bis zu 90%) [6,8]<br />

enthalten sie ausnahmslos Polypeptide und Enzyme<br />

[1,3,6]. Bei den Peptiden finden sich sechs<br />

funktionelle Klassen: Blocker cholinerger Rezeptoren<br />

(Nicotintyp), Kaliumkanalblocker,<br />

Acetylcholinesterasehemmer, Cardiotoxine,<br />

Crotamin, Crotapontin. Mit Ausnahme des<br />

letztgenannten sind alle mehr oder weniger basisch<br />

[1]. Die reichlich vorhandenen Enzyme im<br />

Schlangengift sind entwicklungsgeschichtlich aus<br />

Verdauungsenzymen entstanden [3,5]. Man kann vier<br />

Enzymgruppen unterscheiden: Hyaluronidasen,<br />

Phospholipasen vom Typ A2, Proteasen und<br />

Hämorrhagine [3,6]. Bei den Giften der<br />

einheimischen Vipern steht die Enzymwirkung im<br />

Vordergrund, während eine Neurotoxinwirkung<br />

kaum auftritt [3]. Diese ist ausschließlich bei Bissen<br />

durch die Aspisviper beschrieben, so berichten<br />

Antonini et al. von einem 20jährigen Patienten mit<br />

massiven neurotoxischen Wirkungen nach einem<br />

Aspisvipernbiß [16]. Aber auch bei<br />

Aspisvipernbissen scheint eine neurotoxische<br />

Wirkung eher selten zu sein: Pozio konnte bei 205<br />

Aspisvipernbissen in Italien nur zwei Patienten mit<br />

neurotoxischen Symptomen nachweisen [23]. Unter<br />

den Enzymen der Vipern dominieren die<br />

peptidspaltenden Proteasen, wobei weniger deren<br />

unspezifische Eiweissverdauung, als vielmehr ihre<br />

Störung der Gerinnung, der Gefäßpermeabilität und<br />

des Kininsystems von Bedeutung sind [2]. Von<br />

besonderer Bedeutung ist die in nahezu allen<br />

Schlangengiften enthaltenen Hyaluronidase, die dazu<br />

führt, dass das Gewebe sehr schnell vom<br />

Schlangengift durchdrungen wird, weshalb sie häufig<br />

auch als „Durchdringungsfaktor“ bezeichnet wird [6].<br />

Phospholipase A2 greift sowohl freie als auch in<br />

Membranen befindliche Phospholipide an, was<br />

massive Gewebezerstörungen bedingt [3,6,18, 21],<br />

Ferner bewirkt sie als Hämolysin eine Erhöhung der<br />

Erythrozytenpermeabilität sowie als Myolysin eine<br />

Zerstörung von Skelettmuskelzellen [6]. Die in den<br />

Viperngiften enthaltenen Proteasen oder Peptidasen,<br />

die vorwiegend in Form von Endopeptidasen<br />

auftreten, sind in der Lage native Eiweiße<br />

anzugreifen und v.a. Peptidbindungen in großen<br />

Eiweißmolekülen zu spalten [6,21]. Ferner sind sie<br />

im Stande in die Blutgerinnung einzugreifen.<br />

Hämorrhagine, Metalloproteasen, die ein Zinkatom<br />

enthalten, können in kürzester Zeit Gewebeblutungen<br />

durch die hydrolytische Zerstörung der<br />

Basalmembranen der Kapillaren hervorrufen [2,6].<br />

Venin<br />

Le venin sert à la chasse de la proie, à la (pré-)<br />

digestion enzymatique et à la défense [6]. La<br />

biosynthèse du venin a lieu dans les glandes<br />

salivaires modifiées et il est injecté par des dents à<br />

venin (avec une rainure ou en forme d’aiguille) dans<br />

la proie ou l’ennemi. La composition des venins est<br />

très variable : à part l’eau (jusqu’à 90%), [6,8], ils<br />

contiennent tous des polypeptides et des enzymes. On<br />

divise les polypeptides en six catégories<br />

fonctionnelles: inhibiteurs des récepteurs<br />

cholinergiques, inhibiteurs de conduits de potassium,<br />

inhibiteurs d’acétylcholinestérase, cardiotoxines,<br />

crotamine, crotapontine. A l’exception du dernier, ils<br />

sont tous plus ou moins basiques [1]. Les venins<br />

contiennent des enzymes en quantité,<br />

vraisemblablement développées à partir des enzymes<br />

de digestion [3,5]. On les divise en quatre catégories:<br />

hyaluronidase, phospholipase du type A2, protéases et<br />

hémorrhagines [3,6]. Le problème central des venins<br />

des vipères indigènes est l’effet des enzymes, on<br />

trouve peu ou pas d’effets neurotoxiques [3]. On ne<br />

trouve ces effets neurotoxiques que chez les morsures<br />

de la vipère d’aspic ; Antonini présenta le cas d’un<br />

jeune homme de 20 ans qui eut des symptômes<br />

neurotoxiques après la morsure par une vipère<br />

d’aspic [16]. Mais même après une morsure due à la<br />

vipère d’aspic, il semble qu’un effet neurotoxique soit<br />

rare: Pozio ne trouva que deux personnes avec des<br />

symptômes neurotoxiques parmi 205 victimes de<br />

vipères aspic en Italie [23]. Les venins des vipères<br />

contiennent en particulier des protéases séparant des<br />

peptides, mais c’est moins leur possibilité de pouvoir<br />

décomposer des protéines non spécifiques qui est<br />

importante que leur faculté de provoquer des<br />

coagulopathies, de modifier la perméabilité<br />

vasculaire et de déranger le système de kinine [2]. La<br />

hyaluronidase qu’on trouve dans tous les venins est<br />

d’une importance remarquable: elle provoque une<br />

pénétration très rapide du venin à travers les tissus,<br />

c’est pourquoi on l’appelle souvent „facteur de<br />

pénétration“ [6]. La phospholipase A2 attaque non<br />

seulement des protéines libres mais aussi les<br />

protéines des membranes, ce qui provoque une<br />

destruction des tissus [3,6,18,21]. En outre, elle<br />

augmente sous forme d’hémolysine la perméabilité<br />

des érythrocytes et détruit, sous forme de myolysine,<br />

les cellules des muscles striés [6]. Les protéases et<br />

peptidases qui se trouvent dans le venin des vipères<br />

ont principalement la forme des endo-peptidases, qui<br />

peuvent attaquer des protéines natives et sont aptes à<br />

diviser les liaisons peptidiques des grandes molécules<br />

protidiques [6,21]. En outre, elles influencent la<br />

coagulation sanguine. Les hémorrhagines, ce sont des<br />

métallo-protéases qui comportent un atome de zinc,<br />

peuvent causer très vite des hémorragies des tissus<br />

par une destruction hydrolytique de la membrane<br />

basale des capillaires [2,6]. Enfin, c’est la kininogénase<br />

dans tous les venins des vipères qui est<br />

importante: elle libère la bradykinine, ce qui cause<br />

une chute de tension rapide [2,6]. La vipère péliade a<br />

une quantité de 25 à 30 mg de venin dans ses glandes<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 5


Schließlich sind noch die in allen Viperngiften<br />

enthaltenen Kininogenasen von Bedeutung, die<br />

Bradykinin freisetzen und so einen raschen<br />

Blutdruckabfall bewirken [2,6]. Die Giftmenge die<br />

der Schlange abgabebereit zur Verfügung steht,<br />

beträgt bei der Kreuzotter 25–30 mg, bei der<br />

Aspisviper 30–40 mg und bei der Sandviper etwa 65<br />

mg [11]. Die injizierte Giftmenge pro Biss beträgt bei<br />

der Kreuzotter etwa 10 mg, die für einen Menschen<br />

tödliche Dosis liegt beim Kreuzotterngift bei etwa 70<br />

mg [5]. Das Gift der Wiesenotter ist etwas<br />

schwächer, das der Aspisviper etwas stärker als das<br />

der Kreuzotter, während jenes der Sandviper als das<br />

stärkste gilt, durch ihr Gift sind die stärksten<br />

Vergiftungen zu erwarten [4,5,6].<br />

Vipernbisse - Pathophysiologie<br />

Schlangen sind an sich gegenüber dem Menschen<br />

scheu und fliehen, sie beißen nur zu wenn sie sich<br />

bedroht fühlen. Verschiedene Auswertungen ergaben,<br />

dass einem Schlangenbiss oft eine Manipulation an<br />

der Schlange, wie der Versuch sie aufzuheben [22],<br />

sie zu provozieren oder zu fangen vorausgehen, der<br />

Biss also selbstverschuldet ist. Dies könnte auch eine<br />

möglich Erklärung dafür sein, dass Kinder und<br />

Jugendliche häufig von Schlangenbissen betroffen<br />

sind. Stahel und Mitarbeiter [29] fanden heraus, dass<br />

in etwa einem Drittel der Fälle dem Biss eine<br />

Manipulation an der Schlange vorausgeht. Beim Biss<br />

schnellt der Kopf der Viper mit einer<br />

Geschwindigkeit von 2,5 m/s und schneller [8] vor<br />

und drückt nach dem Zubeißen mittels der<br />

Kaumuskulatur die Giftdrüsen aus [2]. Bei den<br />

heimischen Vipern gelangt das Gift über Röhren-<br />

Giftzähne, welche in Ruhe in den Oberkiefer<br />

geklappt und nur im Angriffsfall aufgestellt werden,<br />

in den Körper. Die Röhrengiftzähne besitzen eine<br />

hohe Durchschlagskraft, wobei besonders die<br />

Giftzähne der Sandviper beachtenswert sind, die<br />

größten unter den heimischen Vipern, die eine Länge<br />

von 8 bis 12 mm erreichen und somit ebenso lang<br />

sind, wie jene der großen Königskobra [8]. Bei<br />

Verteidigungsbissen wird jedoch nicht immer Gift<br />

injiziert, man geht davon aus, dass in etwa einem<br />

Drittel kein Gift appliziert wird, belegt sind an<br />

hospitalisierten Fällen 12% der gebissenen Patienten<br />

ohne Vergiftung [29].<br />

Das in den Körper eingedrungene Gift gelangt durch<br />

seinen Gehalt an Hyaluronidase, welche die als<br />

„Kittsubstanz“ [Mebs] wirkende Hyaluronsäure<br />

zwischen den Zellen polymerisiert, sehr schnell ins<br />

Gewebe eindringt. Möglicherweise können dadurch<br />

auch die anderen Giftkomponenten rasch vordringen<br />

[6]. Jedenfalls erklärte dies, dass die<br />

Gifteinschwemmung in den Körper primär über das<br />

Lymphsystem und diffus im Gewebe erfolgt und<br />

nicht über den venösen Schenkel [4,7]. Die im Gift<br />

enthaltene Phospholipase A2 spaltet Proteine in<br />

Lysolecithin und einen Fettsäurerest, wobei das<br />

Lysolecithin als Detergens wirkt und die<br />

Zellmembranen durchlässig macht [6], während die<br />

Fettsäure zu schmerzvermittelnden Prostaglandinen<br />

à venin, la vipère aspic 30 à 40 mg et la vipère des<br />

sables 65 mg [11]. La quantité de venin injectée par<br />

une morsure de la vipère péliade est de 10 mg, la<br />

dose létale du venin de la vipère péliade 70 mg [5].<br />

Le venin de la vipère d’Orsini est un peu plus faible,<br />

le venin de la vipère aspic un peu plus fort que celui<br />

de la vipère péliade, celui de la vipère des sables est<br />

le venin le plus fort des vipères indigènes et cause les<br />

intoxications les plus fortes [4,5,6].<br />

Morsures de vipères - Pathophysiologie<br />

Les serpents sont farouches envers l’homme et<br />

s’enfuient, ils ne mordent qu’en cas de menace. Une<br />

classification des cas de morsures documentés<br />

démontre que la morsure est souvent due à un faux<br />

comportement de la victime, par exemple la tentative<br />

de ramasser le serpent à terre [22], de provoquer ou<br />

d’attraper le serpent ; bref, la morsure est souvent<br />

causée par la propre faute de la victime. Cela<br />

explique peut-être également le fait que la plupart des<br />

victimes sont des enfants ou des adolescents. Stahel et<br />

ses collaborateurs découvrirent que dans environ un<br />

tiers des cas, la victime avait manipulé le serpent<br />

avant la morsure [29]. En mordant, la vipère s’élance<br />

avec une vitesse de 2,5 m/s, quelquefois encore plus<br />

vite [8], et comprime les glandes à venin après avoir<br />

mordu à l’aide des muscles masticateurs. Les vipères<br />

indigènes injectent leur venin dans le corps de la<br />

victime par des dents à venin en forme d’aiguille qui<br />

sont normalement rabattues dans la mâchoire<br />

supérieure et ne sont dressées qu’au moment de<br />

l’attaque. Les dents à venin en forme d’aiguille ont<br />

une force de pénétration très grande, en particulier<br />

celles de la vipère des sables, qui tient les dents à<br />

venin les plus longues des vipères indigènes, avec une<br />

longueur remarquable de 8 à 12 millimètres, ce qui<br />

est aussi long que les dents du cobra royal [8]. S’il<br />

s’agit d’une morsure de défense, le serpent n’injecte<br />

pas toujours du venin, on estime que cela est le cas<br />

dans un tiers des morsures; on peut prouver que 12%<br />

des victimes hospitalisées étaient sans intoxication<br />

[29].<br />

A cause de son contenu en hyaluronidase qui<br />

polymérise l’acide hyaluronique, le „ciment entre les<br />

cellules“ [Mebs], le venin injecté dans le corps<br />

pénétre rapidement les tissus. Peut-être que cela<br />

favorise aussi la pénétration des autres composants<br />

du venin [6]. En tout cas, cela explique que la<br />

pénétration du venin dans le corps passe en<br />

particulier par le système lymphatique ou par<br />

diffusion dans les tissus et non pas par le système<br />

veineux [4,7]. La phospholipase A2 dans le venin<br />

divise les protéines en lysolécithine et en un reste<br />

d’acide gras, avec la conséquence que la lysolécithine<br />

agit comme détersif et augmente de cette façon la<br />

pérméabilité des membranes cellulaires [6], alors que<br />

le reste de l’acide gras est transformé en<br />

prostaglandine et leucotriène, deux substances<br />

responsables de la douleur [1]. Ce processus<br />

provoque les symptômes locaux de la morsure,<br />

comme les urticaires et les œdèmes qui apparaissent<br />

très rapidement après la morsure. Les œdèmes<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 6


und Leukotrinen umgewandelt werden kann [1].<br />

Diese Mechanismen bewirken die rasch auftretenden<br />

lokalen Biss-Symptome wie Urtikaria und die<br />

Ödembildung, letztere ist insbesondere bei<br />

Sandviperbissen stark ausgeprägt, oft stärker als bei<br />

tropischen Giftschlangen [19]. Die in ihrem<br />

Pathomechanismus noch nicht ganz aufgeklärte<br />

myolytische Wirkung durch Hydrolysierung die<br />

Membranen der Muskelzellen [6,18] und dürfte,<br />

zusammen mit den Proteasen, für auftretende<br />

Nekrosen verantwortlich sein. Von besonderer<br />

Bedeutung sind bei den Viperngiften die Wirkungen<br />

auf das Gerinnungssystem, die in ungünstigen Fällen<br />

auch eine Verbrauchskoagulopathie hervorrufen<br />

können [6]. Auch diese Wirkung ist beim Gift der<br />

Sandviper besonders ausgeprägt [19]. Die mit dem<br />

Gift eingebrachten Hämorrhagine hydrolysieren die<br />

Basalmembranen und können somit primär lokal,<br />

aber auch in den Organen, Nekrosen hervorrufen. Die<br />

wichtigste primäre systemische Wirkung geht von<br />

den im Gift enthaltenen Kininogenasen aus, die<br />

Bradykinin freisetzen und zum raschen<br />

Blutdruckabfall, aber auch zu lokalen Schmerzen<br />

führen [6]. Schließlich darf auch nicht übersehen<br />

werden, dass anaphylaktische Reaktionen nach<br />

Schlangenbissen auftreten können, dies ist aber,<br />

soweit es bisher untersucht ist, primär bei Patienten<br />

zu erwarten, die schon einmal von einer Schlange<br />

gebissen wurden [25].<br />

Präklinische Erstversorgung<br />

Über kaum einen Notfall kursieren abenteuerlichere<br />

Geschichten als über Schlangenbisse und auch zu<br />

kaum einem Notfall gibt es, vor allem in<br />

Laienkreisen, eine größere Bandbreite an<br />

„Ratschlägen“, wie zum Schlangenbiss. Bei näherer<br />

Betrachtung muss man allerdings auch feststellen,<br />

dass es zu kaum einem Notfall unqualifiziertere,<br />

sinnlosere und für den Patienten gefährlichere Erste-<br />

Hilfe-Ratschläge gibt. Wichtigster Grundsatz bei der<br />

Behandlung des Schlangenbisses ist noch immer<br />

selbst Ruhe zu bewahren und Ruhe in die Situation<br />

bringen. Zu-nächst sollte der Patient beruhigt und<br />

nach den allgemeinen Grundsätzen hinsichtlich seiner<br />

Kreislauffunktion und der Vitalfunktionen untersucht<br />

werden. Vorrangiges Ziel muss es dann sein, die<br />

Schlange möglichst zu identifizieren, d.h. abzuklären,<br />

ob es sich überhaupt um den Biss einer Giftschlange<br />

handelt, was sich häufig als schwierig erweist, da<br />

relativ viele Abarten und Unterarten der Schlangen<br />

existieren. Allerdings ist eine genaue Unterscheidung<br />

zwischen den einzelnen Vipern ohnehin nicht<br />

ausschlaggebend, da sich die Gifte allenfalls<br />

hinsichtlich ihrer Wirkungsstärke, aber nicht<br />

hinsichtlich ihrer Wirkungsweise unterscheiden. Es<br />

kommt also darauf an zu klären ob die beißende<br />

Schlange eine Giftschlange war oder nicht, die<br />

genaue Unterscheidung zwischen den einzelnen<br />

Vipern ist nicht nötig da sich unabhängig von der<br />

Vipernart sowohl die präklinische als auch die<br />

klinische Therapie nicht unterscheiden. Die<br />

folgenden vier Punkte können hilfreich sein, die<br />

provenant de la morsure d’une vipère des sables sont<br />

souvent plus prononcés que ceux dus à la morsure<br />

d’un serpent venimeux tropical [19]. La myolyse<br />

causée par le venin, dont la pathogénie n’est pas<br />

encore complètement explorée, détruit les membranes<br />

des cellules musculaires [6,18] et elle cause, en<br />

synergie avec les protéases, les nécroses après la<br />

morsure. Les effets du venin agissant sur la<br />

coagulation sont importants, dans les cas graves ils<br />

peuvent causer une coagulopathie de consommation<br />

[6], un effet qui est aussi très fort chez le venin de la<br />

vipère des sables [19]. Les hémorrhagines injectées<br />

avec le venin hydrolysent les membranes basales et<br />

peuvent ainsi provoquer des nécroses locales mais<br />

aussi dans les organes. L’effet général le plus<br />

important est causé par les kininogénases dans le<br />

venin qui libèrent de la bradykinine, la substance<br />

responsable pour la chute rapide de la tension, mais<br />

aussi responsable pour les douleurs locales [6]. Enfin<br />

il faut tenir compte du fait, qu’il peut y avoir des<br />

anaphylaxies après une morsure de serpent, mais<br />

selon des études actuelles, ces réactions sont surtout<br />

possible dans le cas de personnes remordues par un<br />

serpent venimeux [25].<br />

Les soins d’urgence<br />

Parmi les urgences, les morsures de serpent occupent<br />

une place exceptionnelle. En effet, aucune autre<br />

urgence ne génère tant d’histoires bizarres et une<br />

telle variété de „conseils“ venant en particulier de la<br />

part de profanes. En regardant de près, il faut aussi<br />

constater qu’aucune autre urgence ne donne lieu à<br />

autant de conseils de premiers secours plus<br />

incompétents, plus absurdes et plus dangereux pour le<br />

malade. Le principe le plus important dans le<br />

traitement d’une morsure de serpent c’est encore et<br />

toujours: garder son calme et calmer la situation.<br />

Tout d’abord il faut calmer le malade et contrôler,<br />

conformément aux règles générales, les fonctions<br />

circulatoires et vitales du malade. Ensuite, le but<br />

prioritaire est d’identifier le serpent, c.à.d. découvrir<br />

s’il s’agit après tout vraiment d’une morsure d’un<br />

serpent venimeux, une décision qui est souvent très<br />

difficile parce que les variétés et sous-espèces de<br />

serpents sont nombreuses. En vérité, une distinction<br />

exacte parmi les vipères indigènes n’est pas<br />

nécessaire parce que leurs venins ne se distinguent<br />

que par leur degré d’efficacité mais non pas par leur<br />

mode d’action. Il s’agit donc d’établir clairement si le<br />

serpent qui a mordu le malade est de la famille des<br />

vipères ou non ; initialement, c’est moins important<br />

de savoir quelle vipère a mordu, parce que le<br />

traitement préclinique et clinique est identique pour<br />

toutes les quatre espèces de vipères indigènes. Les<br />

quatre points énumérés ci-après peuvent aider à<br />

trouver une réponse à la question „vipère ou non?“:<br />

1. Toutes les vipères indigènes ont des pupilles à<br />

fente, tous les serpents non venimeux dans la<br />

zone en question des pupilles rondes [6,9,10].<br />

2. Toutes les morsures de vipères sont<br />

caractérisées par deux piqûres côte à côte tandis<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 7


Frage „Viper oder nicht?“ zu entscheiden:<br />

1. Alle genannten Vipern haben geschlitzte<br />

Pupillen, alle nichtgiftigen Schlangen im<br />

betrachteten Raum runde Pupillen [6,9,10].<br />

2. Alle Giftschlangenbisse sind durch zwei<br />

nebeneinanderliegende Bissmarken (Einstiche)<br />

gekennzeichnet, während nichtgiftige Schlangen<br />

im beschriebenen Gebiet einen halbrunden<br />

Bissabdruck ihrer Zahnreihe hinterlassen.<br />

3. Eine auffällige Rückenzeichnung in Form eines<br />

Bandes weist im beschriebenen Gebiet für<br />

gewöhnlich auf eine Giftschlange hin.<br />

4. Die Sandviper ist die einzige Schlange im<br />

beschriebenen Gebiet die ein Schnauzenhorn<br />

hat.<br />

Darüber hinaus ist eine fundierte Kenntnis über die<br />

Verbreitung der einzelnen Schlangenarten hilfreich,<br />

wobei sie auf seriöser zoologischer Fachliteratur<br />

fußen sollte, da auf Aussagen Einheimischer und<br />

andere Quellen oft nur bedingt Verlass ist. So<br />

berichtet z.B. Jackson in The Lancet (27) 1980<br />

ausführlich von einem Sandvipernbiss im<br />

französischen Hoch-Savoyen [20], obwohl es die<br />

Sandviper dort nachweislich nicht gibt [8,9,10].<br />

Die weiteren Erste-Hilfe-Maßnahmen beschränken<br />

sich auf wenige Punkte: die betroffene Extremität<br />

wird ruhiggestellt, da dies die Giftausbreitung am<br />

effektivsten verhindert [2,4,6,7,13]. Das von vielen<br />

Rettungsorganisationen noch immer propagierte<br />

Anlegen einer venösen Stauung oder gar Abbindung,<br />

wird in der einschlägigen neueren Fachliteratur<br />

abgelehnt [2,4,6,7,15], da es einerseits aufgrund der<br />

oben beschriebenen Giftausbreitung, die eben nicht<br />

über das venöse System erfolgt, ineffektiv ist [2] und<br />

andererseits bei Vipernbissen, bei welchen die<br />

Enzymwirkung des Schlangengiftes im Vordergrund<br />

steht, sogar zu einer signifikanten Verschlechterung<br />

des Lokalbefundes mit einer Verstärkung des Ödems<br />

und der lokalen Gewebsnekrosen führen kann [4, 6].<br />

Gleiches gilt für die in Australien bei Elapidenbissen<br />

überaus erfolgreich angewandte Methode der<br />

kompletten Kompression der gebissenen Extremität,<br />

auch sie hat sich bei Vipernbissen nicht bewährt<br />

[4,6]. Ringe oder Armreife, die infolge des sich rasch<br />

entwickelnden Ödems stark einschnüren können,<br />

sollten abgenommen werden. Die Bisswunde selbst<br />

wird nach den allgemein gültigen Regeln der<br />

chirurgischen Wundversorgung erstversorgt,<br />

Inzisionen sind nach einhelliger Meinung<br />

[2,3,4,6,7,14,15] unbedingt zu unterlassen, da sie<br />

aufgrund der hemmenden Wirkung des<br />

Schlangengiftes auf die Blutgerinnung zu massiven<br />

Blutungen führen können, ggf. lokal auftretende<br />

Nekrosen verschlimmern und überdies die<br />

Giftausbreitung im Körper fördern [6]. Eine nicht<br />

nachzuvollziehende Ausnahme bildet nur Estler, J.:<br />

Pharmakologie und Toxikologie 5 2000, S. 792 f. der<br />

eine Inzision sowie andere heute allgemein als<br />

obsolet angesehene Massnahmen empfiehlt.<br />

Versuche die Wunde mit dem Mund oder<br />

que les morsures de serpents non venimeux<br />

présentent une empreinte dentaire semicirculaire<br />

(c’est seulement valable pour la<br />

région en question).<br />

3. Un dessin en forme de ruban sur le dos du<br />

serpent indique en général un serpent venimeux<br />

dans la région qui nous intéresse.<br />

4. Dans la région spécifique, c’est seulement la<br />

vipère des sables qui a un museau corné.<br />

En outre, il est clair que des connaissances<br />

approfondies sur l’habitat des serpents sont très utiles<br />

et peuvent faciliter l’identification. Ce savoir doit<br />

s’appuyer sur une littérature spécialisée zoologique<br />

sérieuse et non pas sur les dires de natifs ou autres<br />

sources qui ont souvent une valeur douteuse. Un<br />

exemple pour cette valeur douteuse est un rapport de<br />

Jackson dans The Lancet (27) 1980 [20]. Il y parle<br />

d’une morsure due à une vipère des sables en Haute-<br />

Savoie bien que la vipère des sables n’existe pas dans<br />

cette région comme on peut en apporter la preuve<br />

[8,9,10].<br />

Les premiers secours se réduisent à quelques points:<br />

Tout d'abord il faut immobiliser l'extrémité mordue<br />

parce que cette mesure est la plus efficace pour<br />

empêcher la pénétration du venin [2,4,6,7,13]. La<br />

pose d’un tourniquet, une mesure encore<br />

recommandée par beaucoup d’associations de<br />

sauvetage, est bannie par la grande majorité des<br />

auteurs de la littérature spécialisée [2,4,6,7,15] parce<br />

que, d’une part, cela n’empêche pas ou à peine la<br />

pénétration du venin [2], ce qui est compréhensible si<br />

on tient compte du fait déjà mentionné plus haut que<br />

la pénétration du venin ne s’effectue pas par le<br />

système veineux. D’autre part, le tourniquet détériore<br />

l’état local des morsures de vipères par une<br />

aggravation de l’œdème et de la nécrose [4,6]. On<br />

observe le même échec avec la méthode de la<br />

compression complète de l’extrémité mordue qu’on<br />

applique avec succès pour traiter des morsures de<br />

couleuvres venimeuses en Australie; cette méthode a<br />

échoué lorsqu’il s’agit de traiter des morsures de<br />

vipères [4,6]. L’extrémité immobilisée doit être<br />

délivrée d’objets tels que bagues, bracelets, etc.<br />

pouvant serrer et exercer une pression sur l’œdème<br />

qui va se développer très rapidement. La plaie même<br />

est à traiter conformément aux règles régissant les<br />

soins chirurgicaux de plaies. De nos jours, il est<br />

généralement admis que l’incision de la morsure<br />

n’est plus une méthode appropriée [2,3,4,6,7,14,15]<br />

et doit absolument être évitée parce qu’elle peut<br />

causer une forte hémorragie due à la coagulopathie<br />

par le venin et qu’elle aggrave peut-être la nécrose<br />

locale et force la pénétration du venin dans le corps<br />

[6]. Une exception non compréhensible figure dans le<br />

manuel d’ Estler, J.: Pharmakologie und Toxikologie<br />

5 2000, page 792 s. où l’auteur recommande l’incision<br />

de la morsure et d’autres mesures considérées<br />

aujourd’hui comme étant obsolètes.<br />

Sucer la morsure avec la bouche ou à l’aide de petites<br />

pompes qui sont en vente pour les soins d’urgence de<br />

morsures de serpent, ou cautériser la morsure, sont<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 8


kommerziell angebotenen Schlangenbiss-Sets<br />

auszusaugen oder auszubrennen sind sinnlos und<br />

meistens schädlich [2,4,6], ebenso kann<br />

Kälteanwendung, insbesondere durch Eis, die lokale<br />

Nekrose verschlimmern [4,6,7] und ist somit zu<br />

unterlassen. Auch Hausmittel, wie z.B.<br />

Kaliumpermanganat sind wirkungslos<br />

möglicherweise aber schädlich und dürfen nicht<br />

angewandt werden [4, 6,8]. Dem Patienten ist ein<br />

periphervenöser Zugang zu legen, der eine rasche<br />

pharmakologische Intervention bei auftretender<br />

Schocksymptomatik, Anaphylaxie,<br />

Rhythmusstörungen oder starken Schmerzen erlaubt.<br />

Falls nötig kann eine Analgesie, in leichteren Fällen<br />

oral mittels Paracetamol, oder i.v. mit Metaminzol<br />

oder Tramadol erfolgen, zentralwirkende und<br />

atemdepressive Analgetika vom Morphintyp sollten<br />

vermieden werden [7]. Ebenso obsolet sind Kaffee,<br />

Nikotin oder Alkohol [4,6,7], wie dies noch in einer<br />

der am häufigsten zitierten Arbeiten über<br />

Kreuzotternbisse von Reid empfohlen wird [24]. Der<br />

Patient wird, im Gebirge nach Möglichkeit per<br />

Hubschrauber, unter Überwachung der<br />

Vitalfunktionen und nach Voranmeldung in ein<br />

internistisches (!) Krankenhaus transportiert, der<br />

Schlangenbiss ist primär kein chirurgischer Notfall<br />

[5]!<br />

Ausblick – Klinische Therapie<br />

Die klinische Therapie erfolgt im Gros der Fälle<br />

symptomatisch nach den allgemeinen Grundsätzen<br />

der Intensivmedizin [4,6,26,29]. Die Indikation zur<br />

Antivenintherapie wird heute sehr eng gestellt, da<br />

ihre Nebenwirkungen häufig gefährlicher sind als der<br />

Schlangenbiss selbst [4,6,26], es sind auch Todesfälle<br />

als Folge der Antiveningabe bekannt [24]. Als<br />

Kriterien für die Notwendigkeit einer Behandlung<br />

mit Antivenin gelten [nach 4]<br />

1. persistierende und rezidivierende arterielle<br />

Hypotension (Schock), trotz adäquater<br />

symptomatischer Behandlung<br />

2. signifikante Zeichen einer systemischen<br />

Vergiftung, wie Leukozytose (>20000/mm 3 ),<br />

spontane systemische Blutungen, Lungenödem,<br />

Lähmungserscheinungen, progrediente EKG-<br />

Veränderungen<br />

3. starke lokale Vergiftungszeichen wie früh einsetzende<br />

massive und ausgedehnte Ödeme<br />

Subkutane Gaben oder gar lokale Umspritzungen<br />

sollten mit Antivenin unterlassen werden, sie gelten<br />

heute als obsolet [6] (Auch hier vertritt nur das<br />

Lehrbuch von Estler eine andere Meinung) Daher<br />

erfolgt die Anitiveninapplikation heute durchwegs<br />

intravenös, auch die intramuskuläre Gabe führt<br />

nachweislich zu einem Wirkungsverlust [4]. Da es<br />

sich bei Antiveninen um heterologe Seren (meist<br />

Pferd) handelt, sollten ggf. Vorsichtsmaßnahmen,<br />

wie eine intravenöse Prämedikation mit einem H1-<br />

Rezeptorantagonsiten (z.B. Fenistil ® ),<br />

Methylprednisolon (Urbason ® ) und Adrenalin 0,1%<br />

des mesures inutiles et généralement nocives [2,4,6] ;<br />

il faut aussi éviter la cryothérapie, en particulier<br />

l’application de glace qui aggrave souvent la nécrose<br />

locale [4,6,7]. Des remèdes de bonne femme, comme<br />

par exemple le permanganat de potas-sium, sont<br />

sortis de l’usage parce qu’ils sont ineffi-caces, voire<br />

nocifs [4,6,8]. Par contre, la pose d’un abord veineux<br />

périphérique est conseillée, ceci pour avoir la<br />

possibilité d’une intervention pharmacologique<br />

rapide si un choc, une anaphylaxie, une arythmie ou<br />

des douleurs fortes se manifestent. Si besoin est, une<br />

analgésie sera pratiquée, pour un cas moins grave<br />

par voie orale avec du paracétamole. Si les douleurs<br />

sont plus fortes, l’analgésie intraveineuse<br />

(métamizole ou tramadole) est à prévoir ; il faut<br />

éviter, si possible, l’emploi d’analgésiques du type<br />

morphine qui influence le système nerveux central<br />

ou la respiration. [7]. De même, le malade doit<br />

s’abstenir de consommer du café, du tabac (nicotine)<br />

et de l’alcool [4,6,7], bien que ces substances soient<br />

encore recommandées dans un des travaux de Reid<br />

[24] très fréquemment cité et ayant pour sujet les<br />

morsures de la vipère péliade. Dans les montagnes, le<br />

malade devrait, si possible, être transféré par<br />

hélicoptère, avec préavis, au service interne d’un<br />

hôpital – la morsure de serpent n’est pas une urgence<br />

chirurgicale [5]!<br />

Perspective - Le traitement clinique<br />

Dans la plupart des cas, la thérapie clinique sera<br />

symptomatique conformément aux règles générales<br />

sur les soins intensifs [4,6,26,29]. L’opportunité d’un<br />

traitement à l’antivenin, c.à.d. l’indication d’un<br />

antivenin, sera considérée avec beaucoup de<br />

précautions, vu qu’ aujourd’hui on sait que les effets<br />

secondaires de l’antivenin sont souvent pires que<br />

l’effet de la morsure d’un serpent [4,6,27]. Des effets<br />

secondaires mortels sont connus [24]. Les critères<br />

suivants indiquent la nécessité de prévoir une<br />

thérapie à l’antivenin [4]<br />

1. Une hypotension artérielle (choc) persistante ou<br />

récidivante, malgré une thérapie symptomatique<br />

adéquate<br />

2. Des signes significatifs d’une intoxication<br />

générale, comme par exemple une leucocytose<br />

(>20000/mm 3 ), des hémorragies systémiques et<br />

spontanées, un œdème pulmonaire, des<br />

paralysies ou une anomalie de l’ECG<br />

progressive<br />

3. Signes significatifs d’une intoxication locale<br />

comme par exemple des œdèmes qui se déclarent<br />

tôt, rapidement et fortement.<br />

L’application sous-cutanée ou même l’infiltration<br />

locale de la morsure avec de l’antivenin, est une<br />

méthode obsolète (dans ce cas le manuel d’Estler est<br />

aussi d’un autre avis). Aujourd’hui, l’antivenin est<br />

toujours administré par la voie intraveineuse ; il est<br />

prouvé que l’application intramusculaire réduit<br />

l’efficacité [4]. Les antivenins sont des sérums<br />

hétérologues (en général tiré du cheval), c’est<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 9


s.c. erfolgen [4]. Die vielfach empfohlene Austestung<br />

des Serums durch konjunctivale Applikation oder<br />

subkutane Injektion kleiner Mengen ist wenig<br />

aussagekräftig, so dass anaphylaktische Reaktionen<br />

auch dann auftreten können, wenn diese Proben<br />

unauffällig verliefen [27]. In jedem Fall muss die<br />

Antivenintherapie unter ständiger Überwachung und<br />

Bereitschaft zur Intervention bei auftretender<br />

Antiveninreaktion erfolgen. Auch sollte vor der<br />

Behandlung eines Schlangenbisses fachspezifischer<br />

Rat bei einem toxikologischen Informationszentrum<br />

oder beim Schweizerischen Tropeninstitut in Basel<br />

eingeholt werden (Telefonnummern siehe Anhang).<br />

Neben der Antivenintherapie sowie der<br />

intensivmedizinischen Therapie, erfolgt die<br />

Behandlung der Bisswunde nach den allgemein<br />

anerkannten Grundsätzen, wobei davon auszugehen<br />

ist, dass die Wunde primär verunreinigt ist. Daher ist<br />

auf ausreichenden Tetanusschutz zu achten, ggf. ist<br />

dieser aufzufrischen. Eine prophylaktische<br />

Antibiotikatherapie wird kontrovers diskutiert, in<br />

jedenfalls müssen bei Nekrosen bakteriologische<br />

Abstriche genommen und eine auftretende Infektion<br />

mit spezifischen Antibiotika gemäß Antibiogramm<br />

behandelt werden [4].<br />

Prognose<br />

Die Prognose des Schlangenbisses ist überaus gut, so<br />

ist in Deutschland in den vergangenen 40 Jahren kein<br />

einziger Todesfall nach einem Kreuzotternbiss<br />

bekannt geworden [6], ähnlich verhält es sich in der<br />

Schweiz, dort wurden zwischen 1931 und 1981 drei<br />

Todesfälle registriert, der letzte im Jahre 1960 [29].<br />

In Frankreich geht man von ein bis zwei Todesfällen<br />

im Jahr aus, Schlangenbisse sind dort, insbesondere<br />

in den südlicheren Landesteilen, nicht selten [17].<br />

Etwas höhere Todeszahlen finden sich in<br />

Skandinavien [22], was aber möglicherweise mit<br />

relativ großen Zeitspannen bis zum Einsetzen<br />

klinischer Behandlung infolge der<br />

naturgeographischen Gegebenheiten zu erklären ist.<br />

Grundsätzlich kann man aber davon ausgehen, das<br />

die Mortalität bei Bissen einheimischer Giftschlangen<br />

unter 1% liegt [1,18].<br />

Giftinformationszentren / Centres antipoison (nach / selon: Rote Liste 2002)<br />

pourquoi des précautions sont à prendre, comme par<br />

exemple une prémédication intraveineuse avec un<br />

inhibiteur des récepteurs H1 (par ex. Fenistil ® ),<br />

méthylprednisolone (par ex. Urbason ® ) et<br />

épinéphrine 0,1% sous-cutané [4]. Le test préalable<br />

de l’antivenin par une application conjonctivale, ou<br />

l’injection sous-cutanée d’une petite quantité, sont<br />

des méthodes souvent recommandées mais donnent<br />

des résultats douteux puisque des cas d’anaphylaxie<br />

ont été observés bien que le test préalable ait été<br />

négatif [27]. De toute façon, il faut surveiller le<br />

malade pendant la perfusion de l’antivenin et être<br />

prêt à intervenir immédiatement en cas<br />

d’anaphylaxie. Généralement, il est recommandable<br />

de prendre avis auprès d’un centre antipoison ou de<br />

l’Institut Tropical Suisse à Bâle (numéros de<br />

téléphone dans l’appendice) avant de commencer le<br />

traitement clinique d’une morsure de serpent. En<br />

dehors de la thérapie avec un antivenin et des soins<br />

intensifs, la morsure elle-même est traitée<br />

conformément aux règles chirurgicales; il faut partir<br />

du principe que la plaie est contaminée et s’assurer<br />

que la protection antitétanique est encore donnée,<br />

sinon faire un rappel. Une thérapie préventive<br />

antibiotique est controversée, mais en cas de<br />

nécroses, le prélèvement de frottis bactériologiques<br />

est indiqué et les infections qui peuvent se déclarer<br />

sont à traiter avec des antibiotiques spécifiques en<br />

accord avec les résultats de l’examen bactériologique<br />

[4].<br />

Le prognostic<br />

Le prognostic pour une morsure de serpent est<br />

excellent. En Allemagne, aucune mort due à la<br />

morsure d’une vipère péliade n’a été enregistrée<br />

depuis 40 ans [6]. La situation est pareille en Suisse<br />

où trois cas mortels ont été notés entre 1931 et 1981,<br />

le dernier en 1960 [29]. En France, on estime qu’il y<br />

a un ou deux cas mortels par an, parce que dans ce<br />

pays les morsures de serpents ne sont pas rares, en<br />

particulier dans le midi [17]. Le taux de mortalité en<br />

Scandinavie est un peu plus élevé, ce qui est peut-être<br />

explicable par le grand laps de temps entre la<br />

morsure et le début d’un traitement en clinique, causé<br />

par les réalités géographiques (longs trajets pour<br />

arriver à un hôpital). En règle générale, on peut<br />

retenir que les morsures des serpents venimeux<br />

indigènes ont une mortalité inférieure à 1 % [1, 18].<br />

• Giftinformationszentrale Zürich (0041) 01/2515151<br />

• Schweizerisches Tropeninstitut Basel / Institut Tropical Suisse Bâle (0041) 061/2848111<br />

• Giftnotruf München (0049) 089/19240<br />

• Vergiftungsinformationszentrale Wien (0043) 01/4064343<br />

• Centre anti-poisons Strasbourg (0033) 388373737<br />

• Centre anti-poisons Grenoble (0033) 476755646<br />

• Centro antiveleni Torino (0039) 011/6637637<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 10


Anhang - Appendice<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 11


Vorschlag für einen Algorithmus beim Biss einheimischer Schlangen<br />

geschlitzte Pupillen<br />

zwei parallele Einstiche<br />

auffälliges Rückenband<br />

Schnauzenhorn<br />

Vipernbiss<br />

Ruhigstellung der gebissenen Extremität<br />

Kreislaufüberwachung, Infusion<br />

ggf. Schock- und Anaphylaxiebehandlung<br />

Ringe und Armreife entfernen<br />

provisorischer Wundverband<br />

(Luft-) Abtransport<br />

Beruhigung des Patienten<br />

Giftschlange ja/nein?<br />

Sandvipernbiss<br />

schwerer Verlauf möglich<br />

Klinikeinweisung (interne Abteilung) mit Voranmeldung<br />

Symptomatische Therapie/Antivenintherapie<br />

in Absprache mit Giftinformationszentrale<br />

Wundversorgung / Tetanusrappel<br />

runde Pupillen<br />

halbrunder Gebissabdruck<br />

ungiftige Natter<br />

Beruhigung<br />

Wundversorgung<br />

Tetanusrappel<br />

Suggestion pour un algorithme pour le traitement d’une morsure de serpents indigènes<br />

Pupille à fente<br />

Deux piqûres côte à côte<br />

Ruban sur le dos<br />

Museau corné<br />

Morsure d’une vipère<br />

Immobilisation de l’extrémité mordue<br />

Contrôle de la circulation, perfusion<br />

En cas de besoin: thérapie du choc et de l’anaphylaxie<br />

Enlèvement des bagues et bracelets<br />

Pansement provisoire de la plaie<br />

Transport à l’hôpital (voie aérienne)<br />

Apaisement de la victime<br />

Vipère oui ou non?<br />

Morsure d’une vipère des sables<br />

Evolution grave possible<br />

Hospitalisation (service interne) avec préavis<br />

Thérapie symptomatique/avec antivenin en accord avec<br />

un centre anti-poison<br />

Traitement de la plaie / en cas de besoin: vaccin antitétanique<br />

Pupilles rondes<br />

Empreinte dentaire semi-circulaire<br />

Couleuvre non venimeuse<br />

Apaisement<br />

Soins de la plaie et en cas de<br />

besoin: vaccin antitétanique<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 12


Literatur - Littérature<br />

Standardwerke - Ouvrages de référence<br />

[1] Dekant, W., S. Vamvakas: Toxikologie für<br />

Che-miker und Biologen, Heidelberg-Berlin-<br />

Oxford 1994, S. 326 – 332<br />

[2] Forth, W., D. Henschler, W. Rummel, et. al.:<br />

Allgemeine und spezielle Pharmakologie und<br />

Toxikologie, München-Jena 8 2001<br />

[3] Habermann, E.: Gifttiere und Tiergifte, in<br />

Wirth, W., C. Gloxhuber, Toxikologie,<br />

Stuttgart-New York 1994, S. 450 - 472<br />

[4] Junghanss, T., M. Bodio, Notfall-Handbuch<br />

Gifttiere, Diagnose-Therapie-Biologie,<br />

Stuttgart -New York, 1996<br />

[5] Marquardt, H., S.G. Schäfer: Lehrbuch der<br />

Toxikologie, Mannheim-Leipzig-Wien-Zürich<br />

1994, S. 659 – 660<br />

[6] Mebs, D.: Gifttiere – Ein Handbuch für<br />

Biologen, Toxikologen, Ärzte und Apotheker,<br />

Stuttgart 2 2000<br />

[7] Werner, G.T.: Giftige Tiere und tierische<br />

Gifte, in Lang, W, T. Löscher, Tropenmedizin<br />

in Klinik und Praxis, Stuttgart-New York<br />

2000, S.556 - 568<br />

Zoologische Grundlagen – Bases zoologiques<br />

[8] Biella, H.-J.: Die Sandotter, Lutherstadt<br />

Wittenberg, 1983<br />

[9] Garms, H.: Fauna Europas - Ein<br />

Bestimmungs-Lexikon der Tiere Europas,<br />

Wiesbaden, 1985<br />

[10] Gruber, U.: Die Schlangen Europas und rund<br />

ums Mittelmeer, Reihe: Kosmos Naturführer,<br />

Stuttgart, 1989<br />

[11] Schiemenz, H.: Die Kreuzotter, Magdeburg<br />

3 1995<br />

[12] Sochurek, E.: Die Hornotter in Österreich, in:<br />

Natur und Land, 44 (1958), S. 29 - 31<br />

Notfallmedizin – Médecine des urgences<br />

[13] Fitzal, S., W. Enenkel, K. Steinbereithner, H.<br />

Weber: Notfallmedizin–Leitfaden für Notärzte,<br />

Wien-München-Bern 2 1993<br />

[14] v. Hintzenstern, U.: Notarztleitfaden, Ulm-<br />

Stuttgart-Jena-Lübeck, 2 1997<br />

[15] Ziegenfuß, T.: Checkliste Notfallmedizin,<br />

Stuttgart-New York 2 2000<br />

Einzelarbeiten - Études<br />

[16] Antonini, G., M. Rasura, G. Conti, C. Mattia:<br />

Neuromuscular paralysis in vipera aspis<br />

enveno-mation: pathogenetic mechanisms,<br />

J.of neurology, neurosurgery and psychiatry,<br />

54 (1991) S. 187<br />

[17] Audebert, F., H. Sorkine, C. Bor.:<br />

Envenoming by viper bites in France: Clinical<br />

graduation and biological quantification by<br />

ELISA, Toxicon 30 (1992), S. 599 - 609<br />

[18] Calderon, L., B. Lomonte, J.M. Gutiérrez, A.<br />

Tarkowski, L. Å. Hanson: Biological and biochemical<br />

activities of vipera berus European<br />

viper venom, Toxicon 31 (1993) S. 743 – 753<br />

[19] Ehrenfeld, M.: Nekrotisierende Effekte von<br />

Schlangengiften an Haut und Muskulatur und<br />

ihre Beziehung zur Serumkreatininkinaseaktivität,<br />

Univ. Diss., Frankfurt/M. 1985<br />

[20] Jackson, O.F.: Effects of a bite by a Sand viper<br />

(Vipera ammodytes), The Lancet, September<br />

27, (1980) 686 – 687<br />

[21] Mebs, D., T. Langelüddecke: European viper<br />

venoms: haemorrhagic and myotoxic<br />

activities, Toxicon 30 (1992) S. 1303 - 1306<br />

[22] Person, H., B.A. Irested: A study of 136 cases<br />

of adder bite treated in Swedish hospitals<br />

during one yaer, Acta Med. Scand. 210 (1981)<br />

S. 433 – 439<br />

[23] Pozio, E.: Venomous snake bites in Italy: epidemiological<br />

an clinical aspects, Trop. Med.<br />

Parasit 39 (1988), S. 62 - 66<br />

[24] Reid, H.A.: Adder bites in Britain, BMJ II<br />

(1976) S. 153 - 156<br />

[25] Schmutz, J., E. Stahel: Anaphylactoid<br />

reactions to snakebite, The Lancet, December<br />

7, 1985, S. 1306<br />

[26] Stahel, E.: Antivenintherapie bei<br />

Schlangenbissen, Schweiz. Apoth. Ztg./J.<br />

siusse de pharmacie 119 Nr. 17 (1981), S. 374<br />

- 377<br />

[27] Stahel, E., T.A.Freyvogel: Schlangenbiss und<br />

Schlangenbissvergiftung, Schweiz.<br />

Ärztezeitung Nr. 63 (1982), S. 1054 - 1056<br />

[28] Stahel, E., G.A. Marbet: Schlangenbisse und<br />

Gerinnungsstörungen, Schweiz. med. Wschr.<br />

113, S. 970 – 976 (1983)<br />

[29] Stahel, E., R. Wellauer, T.A. Freyvogel:<br />

Vergiftungen durch einheimische Vipern<br />

(Vipera berus und Vipera aspis), Schweiz.<br />

med. Wschr., 115, 890 – 896 (1985)<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. Axel Pregartner, Postfach 2851, 91016 Erlangen<br />

Deutschland/Allemagne eMail: A.S.Pregartner@gmx.ch<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 13


Höhenmedizin im Tiefland:<br />

Atemnot in der Klima-Kammer<br />

Tommy Dätwyler<br />

Ein Schweizer Arzt arbeitet in Heidelberg (D) an<br />

einer internationalen Lungenödem-Datenbank<br />

Der Schweizer Höhenmediziner, Arzt und<br />

Alpinist Peter Bärtsch will herausfinden, ob das<br />

bei Bergsteigern gefürchtete Höhenlungenödem<br />

auf eine nachweisbare Überempfindlichkeit der<br />

Lungengefässe zurückzuführen ist und sogar<br />

vererbt werden kann. Dazu dreht der Forscher<br />

in der Klimakammer regelmässig Alpinisten den<br />

Sauerstoffhahn zu und simuliert so rasche<br />

Aufstiege in grosse Höhen.<br />

Gipfelerlebnisse in extremen Höhen stellen für<br />

immer mehr Alpinisten eine grosse<br />

Herausforderung dar. Eine grosse Gefahr ist –<br />

neben anderen Risikofaktoren – auch bei gut<br />

trainierten Bergsteigern das Höhen-Lungenödem,<br />

bei dem sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Vor<br />

Jahresfrist haben die beiden Schweizer Ärzte, Prof.<br />

Peter Bärtsch (Universitätsklinik Heidelberg, D)<br />

und PD Marco Maggiorini (Universitätsklinik<br />

Zürich) nach jahrelanger Forschungsarbeit<br />

überraschend den Mechanismus des<br />

Höhenlungenödems durchschaut. Sie konnten<br />

beweisen, dass das Lungenödem nicht auf eine<br />

Entzündungsreaktion, sondern auf einen überhöhten<br />

Druck in den Lungengefässen zurückzuführen ist.<br />

Die Hintergründe, die zu einem Lungenödem<br />

führen, sind aber bis heute unbekannt. Mit einer<br />

neuen, gross angelegten Studie will nun der<br />

hartnäckige und bergerfahrene Peter Bärtsch auch<br />

die Ursache der gefährlichen Bergsteigerkrankheit<br />

lüften. Bärtsch will als Forscher verstehen und als<br />

Arzt eine neue Dienstleistung begründen.<br />

Die einen trifft’s – die anderen nicht<br />

Der Grat beim Höhenbergsteigen ist schmal:<br />

Während die einen trotz schnellem Aufstieg<br />

Höhenexpositionen über 3000 Meter über Meer<br />

ohne Beschwerden meistern, leiden andere<br />

Alpinisten schon ab 2500 Metern überraschend am<br />

lebensbedrohenden Höhen-Lungenödem. Als<br />

Chefarzt der Abeilung Sportmedizin an der<br />

Universitätsklinik Heidelberg (D) arbeitet Peter<br />

Bärtsch seit Jahren an der Entschlüsselung des<br />

Krankheitsbildes. Als wichtigstes Hilfsmittel steht<br />

seinem Forscherteam in Heidelberg eine<br />

Klimakammer (Hypoxie-Raum) zur Verfügung.<br />

Mit Hilfe eines Stickstoff-Generators kann darin<br />

der Sauerstoffgehalt der Atemluft von normal 21 %<br />

auf 12 % reduziert und so ein Aufenthalt in 4600<br />

Metern Höhe simuliert werden, ohne die<br />

Versuchspersonen zu gefährden.<br />

Klimakammer als Ausgangspunkt<br />

Bei seinem jüngsten Forschungsprojekt kann sich<br />

Bärtsch, der seine Ausbildung zum Internisten an<br />

den Universitätsspitälern Zürich, Basel und Bern<br />

absolviert hat, auf freiwillige Versuchspersonen aus<br />

Deutschland und der Schweiz abstützen. Gegen 100<br />

Bergsteigerinnen und Bergsteiger, die sich bereits<br />

früher für höhenmedizinische Feldversuche im<br />

Monte-Rosa-Massiv zur Verfügung gestellt haben,<br />

waren in den letzten Monaten wieder bereit, sich als<br />

Testperson an der Forschungsarbeit der<br />

Heidelberger Uni-Klinik zu beteiligen. Sie haben<br />

freiwillig ein zweitägiges Testprogramm in Kauf<br />

genommen und so dem Forscherteam ermöglicht,<br />

die Auswirkungen des Sauerstoffmangels auf die<br />

Lungengefässe zu studieren und die<br />

dazugehörenden Daten langfristig zu sichern.<br />

Um die Mechanismen zu klären, die bei einem<br />

Aufstieg in grosse Höhen schliesslich zum<br />

Lungenhochdruck führen, haben Bärtsch und sein<br />

Team bei allen Probanden mittels Ultraschall<br />

(Doppler-Echokardiographie) den Druck in den<br />

Lungenarterien gemessen. Die Daten wurden<br />

einmal unter Belastung auf dem Ergometer (mit<br />

normaler Umgebungsluft) und ein zweites Mal nach<br />

einem zweistündigen Aufenthalt in der<br />

Klimakammer, in welcher der Sauerstoffgehalt auf<br />

12 % reduziert wurde, erhoben.<br />

Der Anstieg des Lungenarteriendruckes nach<br />

Belastung mit und ohne Sauerstoffmangel soll, so<br />

hoffen die Forscher, schliesslich Hinweise auf die<br />

Lungenödem-Anfälligkeit der Alpinisten geben.<br />

Weitere Messreihen zur Atmungssteigerung bei<br />

einer raschen Reduktion des Sauerstoffgehaltes, zur<br />

Dehnbarkeit der Lunge sowie über das individuelle<br />

Lungenvolumen ergänzen das umfassende<br />

Untersuchungsprogramm.<br />

Ziel der jüngsten Studie von Peter Bärtsch ist es, all<br />

diese Merkmale bei einer möglichst grossen Zahl<br />

von Probanden zu kontrollieren und so die<br />

Erkennung von Höhenlungenödem-anfälligen<br />

Probanden entscheidend zu verbessern. Um<br />

Vergleichsmöglichkeiten zu haben, wurden sowohl<br />

Bergsteiger mit Ödem-Erfahrung als auch solche<br />

ohne bekannte Ödemanfälligkeit in die Studie<br />

miteinbezogen. Die neu erhobenen Messreihen<br />

sollen aber auch den Grundstein für eine<br />

krankheitsspezifische Datenbank setzen. Später<br />

sollen Forscher aus der ganzen Welt ihre Daten<br />

zum Problemkreis Höhenlungenödem im<br />

Heidelberger Register ablegen und gegenseitig<br />

profitieren können.<br />

Gefährdete Alpinisten frühzeitig erkennen?<br />

Mit der gross angelegten Heidelberger<br />

Datensammlung will der leidenschaftliche<br />

Bergsteiger Peter Bärtsch die Voraussetzungen<br />

dafür schaffen, dass Lungenödem-anfällige<br />

Personen in Zukunft sicher charakterisiert und<br />

gezielt prophylaktisch behandelt oder mindestens<br />

vorgewarnt werden können. Rund fünf Prozent aller<br />

Alpinistinnen und Alpinisten reagieren gemäss<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 14


neuesten Erkenntnissen bei Höhenexpositionen mit<br />

einem erhöhten Druck in den Lungenarterien und<br />

neigen deshalb zu einem Lungenödem. Wer dazu<br />

gehört und wer nicht, kann bis heute aber nicht<br />

zuverlässig festgestellt werden. Ungeklärt ist auch<br />

die Frage, ob allenfalls eine entsprechende<br />

Veranlagung vererbbar ist.<br />

Gibt es eine besondere Gen-Kombination?<br />

Um herauszufinden, ob die Anfälligkeit zum<br />

Höhenlungenödem tatsächlich zu einem grossen<br />

Teil genetisch bestimmt ist, untersucht Bärtsch<br />

auch das Erbmaterial der Probanden. Mit ihrem<br />

Einverständnis wurde den freiwilligen<br />

Versuchspersonen zur Isolierung von Erbmaterial<br />

auch Blut entnommen. Anhand der aus weissen<br />

Blutzellen gewonnenen Erbsubstanz (DNA) hoffen<br />

die Forscher, allenfalls eine Kombination von<br />

hauptverantwortlichen Genen erkennen zu können.<br />

Nach dem Aufbau seines in dieser Form weltweit<br />

einzigartigen Krankheits-Registers, will Bärtsch<br />

seine Daten auch anderen Forschern zugänglich<br />

machen. „Die Ergänzung unserer Forschungsdaten<br />

mit Messwerten und Erkenntnissen von anderen<br />

Forschungsprojekten aus der ganzen Welt wird uns<br />

mittelfristig noch weiterbringen“, ist Bärtsch<br />

überzeugt. Die Dokumentation von möglichst<br />

vielen Lungenödemfällen in der ganzen Welt soll<br />

mittelfristig auch zeigen, ob bei Lungenödemanfälligen<br />

Personen im Alter gewisse Krankheiten<br />

häufiger auftreten und ob sich mehrere<br />

Lungenödem-Erkrankungen in einem Leben<br />

insgesamt negativ auf die Gesundheit auswirken.<br />

Erst die definitiven Forschungsresultate werden in<br />

zwei bis drei Jahren zeigen, ob und wie zuverlässig<br />

Höhenlungenödemanfälligkeit durch diese<br />

Untersuchungen erkannt werden kann und welche<br />

Mechanismen dahinter stehen.<br />

Prof. Peter Bärtsch:<br />

„Guru“ der internationalen Höhenmedizin<br />

Der Schweizer Forscher und Arzt Peter Bärtsch hat sich<br />

in der internationalen Sportmedizin einen besonderen<br />

Namen gemacht. Der 55-jährige Bärtsch gilt nicht erst<br />

seit seiner Berufung zum ordentlichen Professor für<br />

Sportmedizin an der Medizinischen Klinik und Poliklinik<br />

Heidelberg (D) als "Guru" der Höhenmedizin. Der<br />

begeisterte Alpinist hat bereits 1980 am Jungfraujoch<br />

seine erste medizinische Studie über die Auswirkungen<br />

von körperlicher Belastung in der Höhe durchgeführt.<br />

Nach 1984 organisierte Bärtsch zusammen mit Oswald<br />

Oelz und Marco Maggiorini zahlreiche<br />

Forschungsprojekte auf der Margherita-Hütte (4560 M. ü.<br />

M.). Bärtsch hat im Rahmen seiner Forschungstätigkeit<br />

insgesamt knapp ein Jahr in der höchstgelegenen<br />

Berghütte Europas im Monte-Rosa-Massiv verbracht. Er<br />

zählt heute unbestritten zu den führenden<br />

höhenmedizinischen Wissenschaftlern der Welt. Prof.<br />

Peter Bärtsch hat als Höhenbergsteiger mehreren<br />

Sechstausendern in den Anden bestiegen und als<br />

Expeditionsarzt auch zwei Himalaja-Expeditionen<br />

begleitet (Shisha Pangma/ Nanga Parbat).<br />

Résumée:<br />

Médecine de montagne en plaine:<br />

Dyspnée dans la chambre de dépression<br />

Médecin suisse travaille à Heidelberg à<br />

l’organisation d’une banque de données<br />

internationale pour l’œdème pulmonaire.<br />

Professeur Peter Bärtsch, médecin de montagne et<br />

alpiniste fait des recherches sur l’œdème<br />

pulmonaire en haute montagne. La cause peut-elle<br />

être une réaction hypersensible des vaisseaux<br />

pulmonaires? D’origine héréditaire? Pour ses<br />

recherches le savant met des alpinistes dans la<br />

chambre de dépression et simule en changeant le<br />

taux de l’oxygène l’ascension rapide en haute<br />

altitude.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Tommy Dätwyler<br />

Redaktor Radio DRS<br />

CH - 5742 Kölliken<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 15


Alphornklänge und Pulverschnee<br />

Ein Bericht über den <strong>SGGM</strong>-SAC Basis-<br />

Winterkurs für Gebirgsmedizin 2002<br />

Eckehart Schöll<br />

Die Krokusse im Tiefland waren bereits verblüht<br />

und wir hatten einige sonnige Vorfrühlingstage<br />

hinter uns, als die 69 Teilnehmer des Basis-<br />

Winterkurses für Gebirgsmedizin am 23. März 02<br />

aus Richtung Sedrun oder Andermatt mit der<br />

Oberalpbahn zur Oberalppasshöhe fuhren. Bepackt<br />

mit Doppelrucksäcken, Skiern oder Snowboard,<br />

Schlafsäcken und allen möglichen anderen<br />

Utensilien, hatten die meisten von uns ein eher<br />

mitleidiges Lächeln von den Daheimgebliebenen<br />

geerntet, war doch dieser Winter mit Schnee<br />

bislang eher spärlich gesegnet gewesen. Pünktlich<br />

zu Kursbeginn jedoch setzten Niederschläge ein,<br />

die das Unterland in ein trübes Regengrau und die<br />

Oberalpregion in 50-70 cm Neuschnee tauchten.<br />

Bruno Durrer, Präsident der medizinischen<br />

Kommission der UIAA, begrüsste uns demnach im<br />

dichten Schneetreiben auf dem Pass auch mit den<br />

Worten „Es ist Winter hier...“. Nach einigen<br />

organisatorischen Bemerkungen und dem Bezug<br />

unserer Massenlager, welche sich in mehreren<br />

halbseitig zugeschneiten Hang-Baracken befanden,<br />

suchten wir unseren Weg zum freigeschaufelten<br />

Schulungsgebäude, in welchem uns die gesamte<br />

Ausbilder-Crew in Empfang nahm.<br />

Im Anschluss an die Vorstellung und Einteilung der<br />

Teilnehmer in 10 verschiedene Gruppen je nach<br />

Qualifikation, erlebten wir die erste Fortbildung in<br />

Schnee- und Lawinenkunde. Referent war der<br />

schweizerische Lawinen-Guru Werner Munter,<br />

welcher in seinem zweistündigen Vortrag wort- und<br />

bildgewaltig die Zuhörer fesselte. Neben der<br />

Beschreibung und Einteilung der klassischen<br />

Lawinenarten, bestand seine Kernbotschaft in der<br />

Darstellung eines professionellen riskmanagements<br />

im gefährdeten Gelände. Jedem von<br />

uns wurde klar, was ein „Wuuumm-Geräusch“ als<br />

Ankündigung der Auslösung eines gespannten<br />

Schneebrettes bedeutet, nachdem Werner Munter<br />

selbiges so nachahmte, dass dabei die Scheiben des<br />

Schulungsraumes erzitterten. Im Laufe des<br />

Vortrages verdeutlichte er, dass die herkömmlichen<br />

punktgenauen lokalen Messmethoden als<br />

Lebensversicherung bei Lawinengefahr denkbar<br />

ungeeignet sind. Er verwies auf die ganzheitliche<br />

Betrachtungsweise der „pattern recognition“ und<br />

ein Risikobewusstsein bei erkennbaren Situationen.<br />

Solchen Situationen teilte er harte Kriterien zu<br />

(Gefahrenpotential der Gegend, Hangneigung,<br />

Häufigkeit der Befahrung, Exposition und<br />

Gruppengrösse). Überspitzt bezeichnete er die<br />

Situation „felsdurchsetzter >40°-Nordhang bei<br />

erheblicher Lawinengefahr nach Bulletin“ als<br />

„totgeilen Dreier“. Retrospektiv betrachtet würde<br />

die Vermeidung solcher Klumpenrisiken bis zu<br />

70% der Lawinen-Opfer vermeiden helfen.<br />

An diesem Abend – wie auch an allen folgenden –<br />

verlas Manuel Genswein während des Abendessens<br />

das aktuelle Lawinenbulletin. Es prophezeite für<br />

unsere Region erhebliche Lawinengefahr in allen<br />

Expositionen mit mächtigen<br />

Triebschneeansammlungen und besonderer Gefahr<br />

an Rändern, Mulden und Rinnen sowie spontanem<br />

Lawinenabgang bei Sonnenexposition...<br />

Folgerichtig war für den nächsten Morgen ein<br />

Workshop zur Ausbildung am LVS (Lawinen-<br />

Verschütteten-Suchgerät) mit Manuel Genswein<br />

angesetzt.<br />

Zum Abendessen, welches wir wie das Frühstück<br />

im Gasthaus Piz Calmot einnahmen, ist zu<br />

bemerken, dass es, gemessen an der Anzahl der<br />

Teilnehmer, exzellent war, hatten doch viele von<br />

uns militärische Feldküche vermutet.<br />

Die Übernachtung bedarf für Kenner von SAC-<br />

Hütten-Massenlagern keiner eingehenderen<br />

Beschreibung. Am nächsten Morgen gegen 06:45<br />

bot sich für die Wachgebliebenen oder bereits<br />

Erwachten, welche durch die halbgeöffneten<br />

Fensterläden in das morgendliche Schneegrau<br />

blinzelten, kurzzeitig ein sonderbares Bild. Einem<br />

urzeitlichen Diplodocus gleich, schob sich in<br />

ruhigem auf-und-ab gleichmässiger Schritte ein<br />

langer hölzerner Hals, gefolgt von einem<br />

zweibeinigem Körper und einem dicker werdenden<br />

hölzernen Schwanz am Fenster vorbei. Wenig<br />

später ertönten die beruhigenden Dreiklänge eines<br />

Alphornes als Weckruf für die Kursteilnehmer. Der<br />

bärtige Virtuose war unser Bergführer, Skilehrer<br />

und SAC-Rettungsspezialist Fritz Loretan, als<br />

Hüttenwart der Fründenhütte im Berner Oberland<br />

nur „Fründenfritz“ genannt. An allen<br />

darauffolgenden Tagen erleichterte er uns auf diese<br />

Weise das Aufstehen, auch wenn die Melodien<br />

auch zum Einschlafen schön gewesen wären...<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 16


Der Sonntag, 24.03.02, brachte uns am Morgen den<br />

erwähnten LVS-Workshop mit Manuel Genswein.<br />

Nach einer Einführung über Feldlinien, Vektoren<br />

und Überlebenswahrscheinlichkeiten bei einer<br />

Lawinenverschüttung wurden diverse Auffindmittel<br />

(LVS, Recco, Avalanche ball) und<br />

Überlebensmittel (Avalung) vorgestellt. Auch<br />

ABS-Systeme und Rettungswesten, welche nach<br />

dem Prinzip der inversen Segregation funktionieren<br />

riss Manuel kurz an. Der Grundtenor war jedoch<br />

klar: das LVS ist zwingend, alle anderen Systeme<br />

sind allenfalls komplementär. Auf die LVS Suche<br />

wurde daher speziell eingegangen, insbesondere auf<br />

den Unterschied traditionell orthogonaler<br />

Suchsysteme zu digitalen oder analog-digitalen<br />

Geräten sowie Ein-, Zwei- und<br />

Dreiantennensystemen. Manuel demonstrierte die<br />

Primär-, Sekundär- und Feinsuche mit<br />

Orthogonalgeräten und veranschaulichte die<br />

parallele Achse bei der Kopplungslage. Wie das bei<br />

physikalischen Versuchen häufig ist, bestand<br />

diesbezüglich eine leichte Diskrepanz zwischen<br />

Theorie und Praxis, daher misslang das verdeckte<br />

Auffinden der Achse eines Zweitgerätes: leider<br />

hatte der Architekt dieses Schulungsraumes beim<br />

Verlegen diverser Wasser- und Stromleitungen<br />

nicht an die Möglichkeit der LVS-Suche innerhalb<br />

dieses Gebäudes gedacht und störte damit die<br />

Feldlinien orthogonaler Geräte...<br />

Bruno Jelk, Bergführer und Rettungschef in<br />

Zermatt gab danach eine Einführung in die<br />

administrativen Massnahmen und die<br />

Kommandostruktur bei Lawinenunglücken, welche<br />

nicht nur zufällig militärisch anmuten.<br />

Am Nachmittag nach diesen Workshops war dann<br />

die entsprechende Praxis im freien Gelände<br />

angesagt. Wir rückten gruppenweise aus, um uns –<br />

falls noch nicht geschehen – mit LVS,<br />

Sondierstange und Schaufel vertraut zu machen. Im<br />

dichten Schneetreiben suchten wir mit unseren<br />

Gerätschaften etwaig vergrabene andere LVS-<br />

Geräte und stocherten mit den Sondierstangen auf<br />

Rucksäcken und halbvergrabenen Kursteilnehmern<br />

herum, um das Hier-ist-was-drunter-Gefühl zu<br />

kriegen.<br />

Die abendliche Fortbildung wurde von Marco<br />

Maggiorini, Leiter der Cap.-Regina-Margharita-<br />

Projekte und Leiter der Intensivstation im USZ<br />

durchgeführt. Er referierte über die praktischen<br />

Aspekte der Höhenmedizin. Hierbei trennte er<br />

sowohl inhaltlich als auch pathophysiologisch klar<br />

die AMD (acute mountain disease) vom HAPE<br />

(high altitude pulmonary edema). Während er die<br />

AMD und als deren Endstadium das HACE (high<br />

altitude cerebral edema) auf eine Störung des<br />

Autoregulationsmechanismus des Gehirns mit<br />

Zytokinfreisetzung und konsekutiver Vasodilatation<br />

zurückführte, beschrieb er als pathologisches<br />

Korrelat des HAPE eine pulmonal-venöse<br />

Konstriktion und damit eine Wiederstandserhöhung<br />

distal des Kapillarbettes. Als medizinische<br />

Prophylaxe und Therapie gelten folglich auch<br />

andere Richtlinien. Während die AMD mit<br />

Acetazolamid (250-500 mg/d) und Dexamethason<br />

(8-16 mg/d) angegangen wird, gilt für das HAPE<br />

als Prävention Nifedipin (20 mg/8h). Wie aus<br />

neueren Expeditionen bekannt wurde, ist ein<br />

Anstieg von nicht mehr als 300 Höhenmetern pro<br />

Tag aber auch für gefährdete Leute eine<br />

Möglichkeit einer Vorbeugung. Wem das zu<br />

langsam geht, dem steht die Dreier-Kombination<br />

der genannten Medikamente als Margharita-<br />

Cocktail zur Verfügung. Die anschliessende<br />

Diskussion machte klar, dass sich diese Medizin<br />

ausschliesslich einem Klientel widmet, welches<br />

sich aus Faszination oder Fanatismus wissentlich<br />

einer lebensfeindlichen Umwelt aussetzt.<br />

Entsprechend fühlte sich fast jeder unseres Kurses<br />

von der Message angesprochen und nahm<br />

zumindest die Rezeptur für den Margharita-<br />

Cocktail peinlichst genau auf, um sie der<br />

persönlichen Rucksack-Apotheke künftig<br />

zuzufügen...<br />

Am Montag, dem 25.03.02, blinzelte die Sonne<br />

noch vor den ersten Alphornklängen über die<br />

Bergketten im Osten und tauchte den Himmel vor<br />

unseren Barackenfenstern in ein zartes Blau. Zum<br />

ersten Mal sahen wir die Gipfel, die sich um die<br />

Passebene gruppierten und der stetige Wind blies<br />

glitzernde Flocken feinen Pulverschnees von den<br />

unberührten Hängen Kurzum: es versprach ein<br />

herrlicher Tag zu werden. Die Vorhersage gab für<br />

die kommende Woche klare Nächte und sonnige<br />

Tage mit leicht steigenden Temperaturen an.<br />

Wegen der momentanen erheblichen<br />

Lawinengefahr in den Expositionen Nordwest über<br />

Nord bis Süd war heute kein Tourenprogramm<br />

angesagt. Statt dessen wurden drei aus unserer<br />

Truppe herausgepickt, um sich für eine<br />

grossangelegte Suchübung unter eine zwei Meter<br />

dicke Schneedecke verlochen zu lassen (freiwillig –<br />

versteht sich). Vorher hatten wir jedoch noch zwei<br />

Theoriestunden über Lawinenrettung. Eine wurde<br />

von Bruno Durrer gehalten, welcher uns die Phasen<br />

eines möglichen Überlebens in einer Lawine<br />

anhand von Diagrammen, Statistiken und vielen<br />

eindrücklichen Bildern veranschaulichte. Bei der<br />

Triage von Asystolien wurde auf die Wichtigkeit<br />

der vorhandenen Atemhöhle, der Kerntemperatur<br />

sowie der Verschüttungszeit hingewiesen. Eine<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 17


klare Priorität für eine kardiopulmonale<br />

Reanimation (CPR) und Zentrumstransport legte<br />

Bruno bei einer Kerntemperatur unter 32°C und<br />

vorhandener Atemhöhle der Verschütteten. Das<br />

Kriterium für den Abbruch der CPR bilde dann das<br />

im Zentrumsspital bestimmte Serumkalium von<br />

über 12 Mmol.<br />

Die folgende Fortbildung durch Manuel Genswein<br />

behandelte die Mehrfachverschüttungen bei<br />

Lawinenunglücken, Suchstreifen und<br />

Sondierungswinkel bei Hangneigung.<br />

Danach wurde durch den SAC-<br />

Lawinenhundeführer Sepp Walker die Psychologie<br />

und das Training der Lawinenhunde erklärt und<br />

demonstriert - zum vollsten Verständnis unserer<br />

deutschen Kollegen in bester urner Mundart... Es<br />

wurden Physiognomie und Verhalten von ruhigen,<br />

aggressiven und ängstlichen Hunden<br />

gegenübergestellt und die Tauglichkeit als<br />

Lawinenhund herausgearbeitet.<br />

Nun war es soweit. Während die anderen<br />

Kursteilnehmer die Sonne genossen und ihren<br />

Lunch verdrückten, wurden die drei Delinquenten<br />

auf dem Hang nördlich des Lagers in ca. zwei<br />

Meter tiefe Schneeschächte verteilt und<br />

eingebuddelt. Ausgerüstet mit einer Avalung,<br />

einem Funkgerät und einer Stirnlampe sowie einer<br />

Gummimatte gegen die Kälte von unten, hoffte<br />

jeder der drei, dass die Übungen der Kollegen am<br />

Vortag nun Früchte tragen würden. Im Übrigen<br />

bekam jeder von ihnen noch eine halbe<br />

Cervelatwurst in die Tasche, nicht etwa zum selber<br />

essen, sondern für etwaig fündig gewordene<br />

Lawinenhunde.<br />

Sonderlich kalt ist es nicht in so einem Schneeloch,<br />

zumindest nicht so kalt wie vermutet, aber<br />

besonders angenehm ist die kühle Dunkelheit eben<br />

auch nicht, besonders dann, wenn man darauf<br />

wartet, freigeschaufelt zu werden. Hin und wieder<br />

knirschte der Schnee unter imaginären Schritten<br />

zwei Meter weiter oben, ansonsten war im Loch<br />

Stille. Allenfalls der Helikopter war kurzzeitig zu<br />

hören, als er im Tiefflug vorbeirauschte und mit<br />

seinem 3-Antennen-LVS das Feld absuchte. Ab und<br />

zu fragte der Fründenfritz über Funk nach dem<br />

Befinden. Und irgendwann nach 1-2 Stunden kam -<br />

tock-tock-tock – eine Sonde durch die<br />

Höhlendecke, je nach dem, wo sie gerade traf, mehr<br />

oder weniger schmerzhaft. Die Zeit bis zur<br />

Freilegung war dann gleichwohl noch relativ lang,<br />

man hörte eifriges Schaufeln und nahm zunehmend<br />

diffuses Licht wahr, dass durch die allmählich<br />

dünner werdende Schneedecke drang. Und das<br />

erste, was man sah, waren die Vorderpfoten und<br />

dann das Gesicht eines Golden Retrievers der sich<br />

freudestrahlend mit in die enge Schneehöhle<br />

hineinzwängte, einige Drehungen auf dem Opfer<br />

vollführte und sich seine Cervelat abholte. Danach<br />

wurden die Verschütteten je nach Beipackzettel<br />

(jeder hatte eine Status-Beschreibung dabei)<br />

weiterversorgt. Die Manöverkritik folgte am<br />

Abend, war jedoch mehrheitlich positiv.<br />

Die abendliche theoretische Fortbildung dieses<br />

Tages durch Bruno Durrer repetierte nochmals die<br />

medizinischen Aspekte des Lawinenunfalls sowie<br />

die Hypothermie im Gebirge.<br />

Dienstag, der 26.03.02, war unser erster Tourentag.<br />

Das Wetter war weiterhin genial und die Wirkung<br />

der gestrigen Sonneneinstrahlung hatte bereits die<br />

ersten roten Köpfe produziert. Die Lawinengefahr<br />

nach Bulletin war immer noch erheblich jedoch<br />

vorrangig an den Steilhängen der nördlichen<br />

Expositionen und an Rändern von Mulden und<br />

Rinnen.<br />

Nach dem gemeinsamen Frühstück rückten wir<br />

gruppenweise zum Pazolastock aus, welcher<br />

anfänglich über den leicht ansteigendenden<br />

Nordostgrat bestiegen wurde.<br />

Der relativ steile und leicht wechtenüberhangene<br />

Übertritt in den Südhang auf ca. 2500 m wurde<br />

freundlicherweise durch die vorangehende Gruppe<br />

angehender J+S-Leiter mit Schaufeln gespurt, so<br />

dass die nachfolgenden Gruppen problemlos<br />

traversieren konnten. Am späten Vormittag standen<br />

knapp 70 Personen auf dem Gipfel des<br />

Pazolastockes und erfreuten sich einer göttlichen<br />

Aussicht... Die ebenso freudbetonte Abfahrt über<br />

den Südhang führte einige Gruppen zur<br />

Oberrheinquelle bei Tschamut und gleichnamigen<br />

Restaurant...<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 18


Am Nachmittag sassen wir mit aufgeheizten<br />

Gesichtern und Gemütern im Schulungsraum, um<br />

von Kathrin Blunschi, Rega-Notärztin und<br />

anästhesiologische Oberärztin im KS Luzern, die<br />

Aspekte der Polytraumaversorgung im Gebirge zu<br />

hören. Die Richtlinien waren klar nach ATLS<br />

gegliedert und auf die besonderen Gegebenheiten<br />

unter Höhenbedingungen abgestimmt.<br />

In einem farbigen und mit vielen Beispielen<br />

ausgeschmückten Vortrag führte uns danach Hans<br />

Jacomet, Oberarzt der Rega und Präsident der<br />

medizinischen Kommission des SAC, in die<br />

Luftrettung im Winter ein. Ausserdem verschaffte<br />

er einen Überblick über die Organisationsstruktur<br />

der Luftrettungsorganisationen in der Schweiz und<br />

die Voraussetzung, um dort als Arzt arbeiten zu<br />

können.<br />

Am Mittwoch, dem 27.03.02, war bei gleichen<br />

idealen Wetterbedingungen wieder Skitour<br />

angesagt. Ausgehend vom Maighels-Hochtal<br />

gingen einige Gruppen auf den Badus, andere<br />

wiederum auf den Piz Cavradi, auf den uns Ramón<br />

Meier, Editor des Forum Alpinum begleitete.<br />

Ganz im Gegensatz zum sonnigen Wetter erzählte<br />

uns Urs Wiget, Notarzt der Air Glaciers und Rega<br />

sowie Präsident der medizinischen Kommission des<br />

IKAR, etwas über lokale Erfrierungen. Anhand<br />

jüngster Beispiele lernten wir, dass die<br />

Stadieneinteilung, so wie die meisten sie bislang<br />

kannten, wenig Praxisbezug aufweist und es<br />

allenfalls auf die Sensibilität nach<br />

Wiedererwärmung als prognostisches Kriterium<br />

ankommt. Auf die pathophysiologischen<br />

Grundlagen der Erfrierungen wurde explizit<br />

eingegangen. Im Anschluss daran folgten noch<br />

Richtlinien und Hinweise zur allgemeinen<br />

Traumatologie im Gelände. Hierbei wurde auf alle<br />

denkbaren Kategorien, von der Seildurchlaufblase<br />

bis zum schweren Schädel-Hirn-Trauma,<br />

eingegangen.<br />

Der Donnerstag, 28.03.02, war natürlich Tourentag.<br />

Viele von uns hatten sich den Aufstieg – und vor<br />

allem die Abfahrt – des Oberalpstocks gewünscht,<br />

was aus organisatorischen Gründen der<br />

Gruppengrösse jedoch nicht klappte. So gingen die<br />

Gruppen also wieder einzeln ins Gelände, um<br />

diesen letzten vollen herrlichen Tag zu geniessen.<br />

Jede Gruppe nahm sich wahrscheinlich den ihrer<br />

Meinung nach pulvrigsten Berg vor, um nochmals<br />

einen guten Abklang zu bekommen.<br />

Nachmittags erzählte uns Peider Frey, Anästhesist<br />

und Rega-Notarzt, etwas über die neu<br />

eingerichteten SAC-Zonen und -Stationen mit dort<br />

stationierten eigenen Ärzten. Urs Wiget übernahm<br />

die Demonstration der Rettungsorganisation im<br />

Kanton Wallis, welche dort kantonal geregelt ist.<br />

An diesem Abend entführte uns Erhard Loretan mit<br />

seinem Diavortrag noch in die Extremregionen<br />

menschlicher Existenz. Atemberaubende Bilder von<br />

Bergmassiven, Nordwänden und bergsteigerischen<br />

Ausnahmesituationen sprachen für sich und wurden<br />

nur knapp von Erhard kommentiert. Eindrücke zum<br />

Träumen und Frieren...<br />

Beim Abendessen wurde 29 Teilnehmern, die den<br />

<strong>Sommer</strong>kurs bereits absolviert hatten und welche<br />

die Anforderungen des Winterkurses ebenfalls<br />

erfüllt hatten, das begehrte Internationale Diplom<br />

für Gebirgsmedizin überreicht.<br />

Auf mehrfachen Wunsch verschiedener<br />

Kursteilnehmer hin erklärten sich unsere Bergführer<br />

Bruno Honegger, Toni Brunner und Tom Zwahlen<br />

bereit, eine Nachtwanderung auf den Pazolastock<br />

zu organisieren, um den Sonnenaufgang dort oben<br />

erleben zu können. Wir hatten die vorherigen<br />

Nächte bereits fantastisches Mondlicht und Urs<br />

Wiget taufte das Unternehmen daher liebevoll „Die<br />

Mondscheinsonate“. Nicht alle von uns verspürten<br />

Lust, um 2:45 Uhr aus dem warmen Schlafsack zu<br />

kriechen, noch dazu ohne die liebgewonnenen<br />

Alphornmelodien vom Fründenfritz. Es meldeten<br />

sich daher initial nur 16 Leute spontan. Scheinbar<br />

hatte das muffige Massenlager oder der Vollmond<br />

dann dennoch einige Wankelmütige überzeugt,<br />

denn um 3:00 Uhr morgens kämpften 28<br />

Teilnehmer um den nun viel zu knapp bemessenen<br />

Kaffee. Der Abmarsch war 10 Minuten später und<br />

die Truppe ging in ruhigem Tempo über den sanft<br />

geschwungenen Nordosthang ohne anzuhalten bis<br />

zum Nordgrat. Weiches Mondlicht tauchte die<br />

Gegend in einen wunderbaren fahlgelben<br />

Schimmer, unsere Schatten wurden mal lang und<br />

mal kurz in den grossen Schwüngen des<br />

regelmässigen Aufstiegs. Einige von uns hatten<br />

nicht nur zufällig den Ohrwurm von Beethovens<br />

Mondscheinsonate im Ohr... Von der Nordschulter<br />

aus stiegen wir wegen der Steilheit des Grates die<br />

letzten 100 Höhenmeter ohne Ski weiter, kurz vor<br />

6:00 Uhr standen wir auf dem Gipfel. Im Westen<br />

stand der Mond hoch über den Bergen und der<br />

Horizont kippte langsam ins matte Violett, im<br />

Osten zeigte sich ein matter roter Schimmer hinter<br />

den schwarzen Silhouetten. Die meisten von uns<br />

hatten fröstelnd ihren heissen Tee getrunken und<br />

einige machten nun Laurentia-Spiele, um sich warm<br />

zu halten. Nach etwa 20 Minuten wurde der hellrote<br />

Streifen im Osten zur grellen Gewissheit und<br />

manche hatten wahrscheinlich „Also sprach<br />

Zarathustra“ im Ohr...<br />

Viel zu schnell verging die Abfahrt und als wir<br />

unten waren, hörten wir von den Baracken her das<br />

Alphorn.<br />

Der Freitagvormittag wurde mit Workshops<br />

ausgefüllt: Überleben im Gelände mit Iglubau,<br />

Notfallsituationen am Phantom, Behelfslösungen<br />

beim Schlittenbau und Schienungen und für die, die<br />

noch nicht genug hatten: Skitour zur Fellilücke.<br />

Eine Woche der Superlative war zu Ende, eine<br />

Woche mit fantastischen Vorträgen, Workshops<br />

und genialen Skitouren. Ich spreche im Namen aller<br />

Teilnehmer, wenn ich mich bei allen auch<br />

namentlich nicht erwähnten beteiligten<br />

Organisatoren und Ausbildern ganz herzlich<br />

bedanke.<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 19


Die weiße Wand<br />

Bea Grichting<br />

Er stand zwischen Himmel und Erde; auf einem<br />

Berg, der das unendliche Blau zu berühren<br />

schien. Von der Erdanziehungskraft entzogen zu<br />

sein, guckte er hinunter in die Tiefe, beschwingt<br />

von einem unendlichen Glücksgefühl. Eine<br />

unberührte weiße Schneewand blendete seine<br />

Augen, welche bei ihrem Anblick zu strahlen<br />

anfingen. Das war sie! Sie, für welche er all die<br />

Mühsal der vergangenen Stunden auf sich<br />

genommen hatte. Die Schmerzen an den Füßen<br />

ließen ihn Schritt für Schritt das Leid der<br />

Gepeinigten spüren, doch von einer<br />

unerklärlichen Sehnsucht nach ihr, wurde er<br />

vorangetrieben. Pausenlos, dem Atemgeräusch<br />

horchend, bis zu den Hüften einsinkend kämpfte<br />

er sich durch den Schnee hoch und er sah wie<br />

der große Gipfel vor seinen Augen immer<br />

kleiner wurde. Kleiner und erreichbarer bis er<br />

schlussendlich oben war. Er gönnte sich keine<br />

Minute Pause, sondern trat mit klopfendem<br />

Herzen ehrfurchtsvoll auf sie zu, wie vor eine<br />

Gottheit, welche er mit seinem Blick zu<br />

bezwingen versuchte, bis sie zu seinen Füßen<br />

lag. In seinen Augen brannte das Feuer bei<br />

ihrem Anblick, er horchte. Unberührt und<br />

umhüllt von einer Stille zog sie sich ins Tal. In<br />

Gedanken zeichnete er ihr, wie auf einer<br />

Leinwand seine Handschrift auf. Schwung für<br />

Schwung, das unbeschreibliche Hochgefühl in<br />

seinem Körper verspürend. Wird sie ihn halten?<br />

Oder wird er mit ihr über den felsendurchsetzten<br />

Hang in die Tiefe gerissen, wo sie ihn mit ihren<br />

Schneemassen begräbt? Der Unvernunft frönend<br />

verwarf er jegliche Gedanken, welche die Anzeichen der Gefahr für sein Abenteuer darzustellen schienen. Sein<br />

Wunsch, der Schwerkraft zu entfliehen und sich in das tiefe kostbare Weiss hineinzuwerfen, war größer als die<br />

Warnmeldungen der Lawinenbulletins der letzten Tagen. War er nicht doch im Stress des grauen Alltags bis zur<br />

Leblosigkeit eingemauert? Nun endlich spürte er wieder sein Herz schlagen und sein Blut zirkulieren. Warum<br />

sollte er den Tod, welcher die weiße Schneewand zu einem schwarzen Sarg zu verwandeln vermochte, fürchten?<br />

Er guckte zum Horizont, wo Himmel und Erde sich berührten und wo die unendliche Grenzenlosigkeit beginnt.<br />

Eine Spur schlängelte sich zum Berggipfel hoch, zog in den unbefahrenen weißen Hang hinein und begann wie<br />

ein Schriftzug eine Geschichte eines Unbekannten auf einer unbeschriebenen weißen Wand zu erzählen. –<br />

La montagna<br />

Armida Ryser-Demarta<br />

Quando<br />

Sul monte<br />

Il sole<br />

Sorrideva al mondo,<br />

l’uomo solitario,<br />

passo, passo<br />

saliva alla vetta<br />

accarezzando con gli occhi,<br />

l’Universo!<br />

Fiori azzurri,<br />

tra le rocce<br />

che parlano nell’aria;<br />

immobili<br />

ma vivi !<br />

Il masso, si stacca rotolando<br />

a valle,<br />

con la ribellione<br />

suggerita della libertà !<br />

Si, perché in montagna<br />

La Libertà … vive !!<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 20


Vereinsnachrichten<br />

Der Vorstand hat an seiner Sitzung vom 19.06.2002 folgendes<br />

behandelt und beschlossen:<br />

1. Den sonst ehrenamtlich arbeitenden Vorstandsmitgliedern sollen<br />

besondere Spesen ( z.B. Tagungsgebühren bei Besuch von<br />

Kongressen und beim Halten von Referaten ) auf Gesuch hin<br />

zurückerstattet werden. Ein Beitrag von Fr. 2000.- wird pro Jahr<br />

reserviert.<br />

2. Eine Mitgliedschaft bei der SRC wird nicht gewünscht. Wir<br />

wollen unsere Gesellschaft mit Mitgliedschaften in andern<br />

Vereinigungen nicht zu sehr vernetzen.<br />

3. Aus Spargründen hat der SAC Kurse für 2003 sistiert, wir sind<br />

der Meinung, dass die <strong>SGGM</strong> das Kursangebot trotzdem<br />

erweitern soll und sprechen eine Defizitgarantie von Fr. 500.-<br />

4. Wegen den Rückreisemöglichkeiten möchten wir die GV (im<br />

Anschluss an die Gebirgsärztetagung in Interlaken) auf 16.45<br />

ansetzen Die Traktandenliste folgt in der nächsten Ausgabe des<br />

FA<br />

5. Der Redaktionsposten wird auf Ende dieses Vereinsjahres von<br />

Eckehart Schöll übernommen. Statutengemäss muss an der GV<br />

darüber abgestimmt werden. Der Posten des Redaktors ist mit der<br />

Funktion eines Vorstandsmitgliedes gekoppelt.<br />

6. Der Aktuar möchte entlastet werden. Der Posten des Aktuars wird<br />

zur Neubesetzung ausgeschrieben. Wir hoffen, dass sich<br />

Kolleginnen oder Kollegen melden.<br />

Agenda<br />

Datum Was Wo<br />

Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin <strong>SGGM</strong> / Société suisse de médecin de montagne SSMM<br />

siehe auch http://www.mountainmedicine.ch<br />

Sa, 31.08.02 – Fr / Ven, 06.09.02 <strong>Sommer</strong> – Refresherkurs / Cours d’été type refresher im Bergell / Val Bregaglia<br />

Sa, 09.11.02 2. Bergrettungsärztetagung<br />

Interlaken Aula Sekundarschulhaus<br />

2. Réunion des médecins de secours en montagne Interlaken Aula école secondaire<br />

Sa, 09.11.02 um 16.45 Uhr 8. Generalversammlung <strong>SGGM</strong> im Anschluss an die<br />

Bergrettungsärztetagung<br />

8 ème Assemblée générale de la SSMM à la suite de la<br />

réunion des médecins de secours en montagne<br />

Interlaken Aula Sekundarschulhaus<br />

Interlaken Aula école secondaire<br />

Österreichische Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin<br />

siehe auch http://www.alpinmedizin.org<br />

Do/Jeu, 05.09.02 – So / Dim, 08.09.02 Refresherkurs / Cours refresher Oberst Klinke Hütte Gesäuse (A)<br />

Andere Organisationen<br />

Sa, 17.08.02 – Fr / Ven, 23.08.02 Höhenmedizinischer Intensivkurs II (<strong>Sommer</strong>)<br />

Veranstalter: Sportmedizin Uniklinikum Heidelberg<br />

siehe auch http://www. sportmedizin-baden.de<br />

oder Prof. Bärtsch Tel.062 211568101<br />

Sa, 10.08.02 – Sa, 17.08.02 BExMed Expeditionskurs: Hochtouren und<br />

Ausbildungswoche (Info@bexmed.de)<br />

Do/Jeu, 05.09.02 – So / Dim, 08.09.02 Int. Alpinmedizinische Lehrgänge: Refresherkurs<br />

Info@bexmed.de<br />

17 / 28 et 29 novembre 2002 Rencontre internationale sur la santé et le secours en<br />

montagne<br />

http://www.Montanea.org, marchal@mairie-chambery.fr<br />

„Weggezogen – Nachsendefrist abgelaufen“<br />

Hotel Steingletscher, Sustenpass<br />

Schweiz<br />

Wallis<br />

Oberst Klinke Hütte Gesäuse (A)<br />

centre de congrès le Manège Chambéry<br />

France<br />

Liebe Vereinsmitglieder<br />

Nach jedem Versand des Forum Alpinum treffen ein paar Couverts mit oben erwähntem Vermerk bei mir ein.<br />

Ich versuche dann, mit Hilfe des elektronischen Telephonverzeichnisses und mit anderen Hilfsmitteln, die neue<br />

Adresse zu finden. Wenn das nicht gelingt, so melde ich den/die Betroffene im Forum Alpinum als vermisst, so<br />

zum Beispiel: Thomas Huber, einst Melligerstrasse 99, 5400 Baden. Wer kennt seine neue Adresse?<br />

Und wenn auch das nicht hilft – so bleibt mir nichts mehr anderes übrig, als die Adresse von der Mitgliederliste<br />

zu streichen. Vielen Dank für Euer Verständnis!<br />

Euer Kassier<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber / Coéditeur<br />

Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin<br />

Société suisse de médecin de montagne<br />

Società Svizzera di Medicina di Montagna<br />

Präsidium / Présidence<br />

Urs Hefti, Westallée 6, CH-5000 Aarau<br />

Tel: 062 838 41 41 (KSpA), urshefti@bluewin.ch<br />

Kassierer / Caissier<br />

Beitritts-Anmeldung / Inscription d’entrée<br />

Kaspar Meier, Kleelistr. 2, CH-8596 Scherzingen<br />

Tel: 071 688 65 80, Fax: 071 68865 70<br />

Redaktion / Direction éditorial<br />

Ramón Meier, Hohrainstr. 4, CH-9403 Goldach<br />

Tel: 071 841 94 15, ramon.meier@radioschefer.ch<br />

Eckehart Schöll, M.-Wocher-Str. 51, CH-3600 Thun<br />

Tel: 033 336 69 36, schoell@dplanet.ch<br />

Mise en page: Eckehart Schöll<br />

Erscheinen / Parution<br />

4 x jährlich / par an<br />

Redaktionsschluss / Clôture rédactionnelle<br />

30. Sept. 2002<br />

Druck / Impression<br />

Copy und Druck CSC, Wil<br />

Jahrgang / Année 8 Nr. 2, 07/2002<br />

FORUM ALPINUM Nr. 2/02 21

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