Dehnschrauben und Starrschrauben für ... - FlangeValid
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Sonderdruck aus ,,Dichtungstechnik . 2. Jahrgang. Heft 2 . Dezember 1999 . Seiten 101 - 103<br />
<strong>Dehnschrauben</strong> oder <strong>Starrschrauben</strong> <strong>für</strong><br />
Flanschverbindungen<br />
Peter Thomsen<br />
VULKAN-VERLAG IM HAUS DER TECHNIK HOLLESTRASSE 1g 45127 ESSEN
<strong>Dehnschrauben</strong> oder <strong>Starrschrauben</strong> <strong>für</strong><br />
Flanschverbindungen<br />
lm folgenden soll ermittelt werden, ob<br />
<strong>Dehnschrauben</strong> oder <strong>Starrschrauben</strong><br />
vorleilhafter sind.<br />
Nach der DIN 2510 sind <strong>Dehnschrauben</strong><br />
besonders zweckmäßig <strong>für</strong> Konstruktionen,<br />
die durch wechselnde Betriebskräfte<br />
<strong>und</strong> wechselnde Temperaturen<br />
beansprucht werden (Apparate,<br />
Rohrleitungen, Turbinen).<br />
,,Das günstige Verhalten der <strong>Dehnschrauben</strong><br />
beruht auf ihrer Elastizität,<br />
insbesondere darauf, daß sie bei gleicher<br />
Vorspannkraft eine größere elastische<br />
Längenänderung aufweisen als<br />
<strong>Starrschrauben</strong>-Verbindungen. Aus diesem<br />
Verhalten ergibt sich eine Reihe von<br />
Vodeilen:<br />
> <strong>Dehnschrauben</strong>verbindungen zeigen<br />
eine gute Dauerhaltbarkeit, denn die<br />
Zusatzbeanspruchungen der Schrauben<br />
selbst durch wechselnde Betriebskräfte<br />
<strong>und</strong> Temperaturdehnungen<br />
sowie Biegemomente sind herabgesetzt.<br />
> Der Vorspannungsabfall während des<br />
Betriebes durch Kriechen des Werkstoffs,<br />
Setzerscheinungen in den<br />
Kräfte übertragenden Flächen der<br />
Schraubenverbindung <strong>und</strong> der verspannten<br />
Teile sowie durch Verbiegen<br />
der Gewindegänge ist geringer.<br />
> Die Höhe der aufgebrachten Vorspannung<br />
ist unter bestimmten Voraussetzungen<br />
in einfacher Weise über die<br />
Längenänderung der Schrauben zu<br />
messen.<br />
Die Mindest-Dehnschaftlänge der<br />
Schrauben soll das Zweifache, möglichst<br />
das VierJache des Gewindedurchmessers<br />
betragen. Bei zu geringer Flanschdicke<br />
ist die Verwendung von Dehnhülsen<br />
vorgesehen, um ausreichende<br />
Elastizität insbesondere bei temperaturbeanspruchten<br />
Schraubenverbindungen<br />
zu erhalten. Das Verhältnis von Gewindekerndurchmesser<br />
zu Dehnschaftdurchmesser<br />
von etwa 1,1 wurde mit<br />
Hinblick auf die Tragfähigkeit <strong>und</strong> Elastizität<br />
der <strong>Dehnschrauben</strong> gewählt. Der<br />
verhältnismäßig kleine Übergangswinkel<br />
zwischen Dehnschaft <strong>und</strong> Gewinde ergibt<br />
einen günstigen Kraftflußverlauf <strong>und</strong><br />
verbessert die Lastverteilung im eingeschraubten<br />
Gewinde."<br />
Die Norm geht davon aus, daß bei<br />
gleicher Schraubengröße sowohl die<br />
Dehnschraube als auch die Starrschrau-<br />
be mit dem gleichen Anzugsmoment angezogen<br />
werden. Dieses Verhalten führt<br />
zwangsläufig zu einer größeren Dehnung<br />
in der Dehnschraube, weil <strong>für</strong> die Berechnung<br />
des Drehmomentes der Spannungsquerschnitt,<br />
in diesem Fall der<br />
Durchmesser des Dehnschaftes, zugr<strong>und</strong>e<br />
gelegt wird. Bei der Starrschraube<br />
errechnet sich der Spannungsquerschnitt<br />
aus der Mitte zwischen Gewindekern-<br />
<strong>und</strong> Flankendurchmesser des Gewindes.<br />
Der Spannungsquerschnitt der<br />
Dehnschraube entspricht nur 75 o% des<br />
Spannungsquerschnittes der Starrschraube.<br />
ln der Literatur ist kein rechnerischer<br />
Nachweis da<strong>für</strong> zu finden,<br />
warum der Dehnschaftdurchmesser<br />
gleich Kerndurchmesser mal 0,9 sein<br />
soll.<br />
Bild 1 zeigt die Ermittlung des optimalen<br />
Einsatzbereiches eines Werkstoffes<br />
<strong>und</strong> das daraus resultierende Leistungsvermögen<br />
einer Schraube am Beispiel<br />
von einer Schraube N,420 aus verschiedenen<br />
Werkstoffen. Zu jedem Werkstoff<br />
<strong>und</strong> zu jedem gewünschten Spannungs-<br />
Uso isl tier ilnsicherheitsinktor n der ScllratrbenkratlerzerLsur!<br />
Peter Thomsen<br />
Peter Thomsen-<br />
I ndustrie-Vertretung<br />
Harpstedt<br />
zustand muß das Drehmoment ermittelt<br />
werden. Dieses führt dazu, daß das<br />
Drehmoment bei gleichem Werkstoff<br />
<strong>und</strong> gewünschtem Spannungszustand<br />
bei einer Starrschraube höher ist als bei<br />
einer Dehnschraube.<br />
Da<strong>für</strong> ist aber die Kraft, die mit einer<br />
Starrschraube erreicht wird, erheblich<br />
höher. Bei entsprechender Vorspannkraft<br />
muß deshalb davon ausgegangen<br />
werden, daß bei Beanspruchung durch<br />
Bild 1: Anwendungsbereich einer Schraube am Beispiel einer Schraube M20
Tab. 1: Darstellung der edorderlichen Gewindegröße um eine Kratt<br />
von 70 kN zu erreichen bei ca. 70 o% Steckgrenze <strong>und</strong> Beibzahl<br />
RZ 0,10)<br />
Dehnschraube<br />
Vollschraube<br />
Dehnschraube<br />
Vollschraube<br />
Dehnschraube<br />
Vollschraube<br />
Dehnschraube<br />
Vollschraube<br />
Vollschraube<br />
Vollschraube<br />
1 ..1 181 Ck 35<br />
1 .1 181<br />
1.7258 24CrMo5<br />
1.1758<br />
1.7709 21CrMoY57<br />
1.7709<br />
1.7711 4OCrMoY47<br />
5.6<br />
8.8<br />
109<br />
wechselnde Wärme <strong>und</strong> wechselnde<br />
Betriebskräfte beide Schraubenarten<br />
gleiches Verhalten zeigen.<br />
Tabelle 1 zeigl, daß mit einer Vollschraube<br />
zur Erreichung der gleichen<br />
Kraft kleiner dimensionierl werden kann<br />
als mit einer Dehnschraube. Somit können<br />
auch die benötigten Anzugskräfte<br />
reduziert werden. Gleichzeitig wird auch<br />
veranschaulicht, welchen Einfluß eine<br />
mögliche Werkstoffauswahl auf die Dimensionierung<br />
hat. Höher festere Werkstoffe<br />
haben in der Regel eine geringere<br />
Dehnung. Bei den Schrauben der Güten<br />
5.6, B.B, 10.9 usw. ist die Dehnung auf<br />
eine geringe Mindestgrenze genormt.<br />
Dieses erlaubt ein relatrv hohes Vergüten<br />
der Werkstoffe.<br />
Das Biegeverhalten einer Dehnschraube<br />
ist wegen des dünnen Dehnschaftes<br />
besser als das der Starrschraube. Bei<br />
schief zueinander stehenden Flächen<br />
unter der Mutter wird bei der Starrschraube<br />
im ersten freien Gewindegang<br />
unter der Mutter auf Kerbung beansprucht.<br />
Bei den heute üblicherweise<br />
verwendeten gerollten Gewinden ist<br />
durch die kleinen Radien im Gewindekern<br />
davon auszugehen, daß die Kerbwirkung<br />
durch Biegung erheblich reduziert<br />
ist.<br />
Daß <strong>Dehnschrauben</strong> sich mehr dehnen<br />
sollen als <strong>Starrschrauben</strong> ist eine<br />
falsche Annahme. Die Dehnung ergibt<br />
M27<br />
M22<br />
M22<br />
M20<br />
M20<br />
M1B<br />
M18<br />
M24<br />
M16<br />
M12<br />
Tab.2: Umfang der Berechnungsnormen <strong>und</strong> Literatur<br />
AD-Merkblatt 87 (1986)<br />
DrN V 2505 (1 986)<br />
vDr 2230 (1986)<br />
DIN 2505 Entwurf, T1+2 (1990)<br />
DIN EN .159.1 Entwurf (1994)<br />
ASME Sec. 3, Div. 2<br />
Taylor-Forge<br />
Optimierung von Flanschverb.<br />
275Nm<br />
225Nm<br />
205Nm<br />
1 90Nm<br />
1 95Nm<br />
1 75Nm<br />
1 B0Nm<br />
220Nm<br />
1 55Nm<br />
1 25Nm<br />
9 Seiten<br />
10 Seiten<br />
86 Seiten<br />
39 Seiten<br />
35 Seiten<br />
18 Seiten<br />
46 Seiten<br />
96 Seiten<br />
sich nur aus der Materiallänge <strong>und</strong> nicht<br />
aus dem Materialdurchmesser.<br />
Bei temperaturbeanspruchten Verbindungen<br />
kann die Starrschraube auch<br />
Vorteile haben, denn die erheblich<br />
größere Materialoberfläche läßt eine<br />
stärkere Kühlung zu, weil über die Oberfläche<br />
die Wärme abgeleitet wird.<br />
Fur die Auslegung einer Schraube ist<br />
das ganze zu verspannende System zu<br />
beachten. Für die Berechnung von kraftschlüssigen<br />
Verbindungen kann die VDI<br />
2230 herangezogen werden. lm Anlagenbau<br />
haben wir es bei den Flanschen<br />
im wesentlichen mit Krafthebelsystemen<br />
zu tun. Die Berechnung ist komplex <strong>und</strong><br />
wird durch die VDI 2230 nicht geleistet.<br />
Das Hauptproblem f ur die richtige<br />
Tab. 3: Vor- <strong>und</strong> Nachteile von Dehn- <strong>und</strong> <strong>Starrschrauben</strong><br />
Schraubendimensionierung ist hier das<br />
Nichtvorhandensein einer gültigen Berechnung.<br />
Die Berechnung erfolgt nach<br />
AD-Merkblatt B7 oder DIN V 2505. Beide<br />
werden den Ansprüchen an eine richtige<br />
Berechnung nicht gerecht, schon<br />
deshalb, weil mit falschen Dichtungskennwerten<br />
berechnet wird.<br />
Der Entwurf der DIN 2505 zeigt schon<br />
eine erheblich komplexere, auf verschiedene<br />
Verspannungssysteme eingehende<br />
Methode, hat aber Fehler in den Annahmen<br />
der Berechnung. Der europäische<br />
EntwurJ DIN EN 1591 ist noch komplexer,<br />
aber noch nicht abgeschlossen. Bei<br />
der Berechnung der auf die Schraube<br />
maximal auftretenden Kraft wird nur davon<br />
ausgegangen, daß die Schraube<br />
nicht überdehnt werden darf. Die Anforderung<br />
an die Schraube, die eine gewisse<br />
Mindestdehnung zur guten Funktion<br />
der Verbindung verlangt, wird nicht<br />
berücksichtigt.<br />
Tabelle 2 zeigt den unterschiedlichen<br />
Umfang der Berechnungen. Der Umfang<br />
läßt einen Bückschluß über die Komplexität<br />
des Ansatzes zu. Einer der umfangreichsten<br />
Ansätze, die VDI 2230 schließt<br />
aber die Berechnung hebelnder Systeme<br />
aus.<br />
Die <strong>Dehnschrauben</strong> haben insbesondere<br />
in der Form K, mit kurzem Gewinde<br />
den Nachteil, daß sie genau ausgelegt<br />
werden müssen. Sollte die Verbindung<br />
stärker zusammengezogen werden, besteht<br />
die Gefahr, daß die Mutter in den<br />
Dehnschaftbereich gedreht wird <strong>und</strong> damit<br />
ihre Gewinde nicht mehr voll tragen<br />
können. Die Überwacher fl-ÜV) haben<br />
früher deshalb häufig moniert, wenn die<br />
Gewinde mehr als zwei Gänge aus der<br />
Mutter schauen. Bei <strong>Starrschrauben</strong> besteht<br />
die Gefahr eines solchen Montagefehlers<br />
nicht.<br />
Bei der Demontage, insbesondere im<br />
explosionsgeschützten Bereich, hat der<br />
Gewindebolzen mit seinen zwei Muttern<br />
den Vorteil, daß es mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
gelingt, eine der beiden<br />
Aussage Dehnschraube Starrschraube<br />
Gewindebolzen<br />
besser bei Kalt- <strong>und</strong> Warmwechsel<br />
Verschraubung <strong>für</strong> hohe Temperatur<br />
Verringerung der Kerbwirkung bei Biegung<br />
kontrolliede Dehnung<br />
große Krafi bei minimalem Querschnitt<br />
Austauschbarkeit wenn Länge nicht vorhanden<br />
Herstel lungskosten<br />
Lösen der Verbindung<br />
Zentrieren der Dichtung bei Rohrleitungen<br />
+<br />
+/-<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+
5.6 8.8<br />
193Gr.87<br />
Schritt 3 (möglich wlrd meistens nicht mehr vo zogen)<br />
Muttern zu lösen <strong>und</strong> somit den Bolzen<br />
zu entfernen, ohne ihn durchflexen oder<br />
durchbrennen zu müssen (besonders<br />
vofteilhaft bei Demontage in explosionsgefährdeten<br />
Bereichen).<br />
Tabelle 3 stellt die Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />
der Schraubentypen dar. Die einzelnen<br />
Punkte sind zum Teil subjektiv bewertet.<br />
Vor- <strong>und</strong> Nachteil ergeben sich zum Teil<br />
auch aus lnteressenlagen. So haben Anlagenbetreiber<br />
die Schrauben standardisiert<br />
<strong>und</strong> wo es nur geht auf Gewinde-<br />
21CrMoV57<br />
*)<br />
bei Schrauben <strong>für</strong> Druckbehäter ist darauf zu achten. dass die Schraube I B mrt TÜV Abiahme d e 5.6 aber nur mit<br />
Herste erze chen bezogen werden muß<br />
Bild 2: Beispiel eines Entwicklungsablaufes zur Reduzierung der Schraubenvielfalt<br />
bolzen umgestellt. Hier kann man ganz<br />
klar das lnieresse an hoher Veffügbarkeit<br />
zu günstigem Preis erkennen. Sollte einmal<br />
<strong>für</strong> eine Reparatur eine bestimmte<br />
Schraubenlänge im Lager fehlen, nimmt<br />
man einfach einen längeren Bolzen oder<br />
schneidet sich einen Bolzen von einer<br />
Gewindestange ab. Hierzu ist die Genehmigung<br />
zur Umstempelung vorausgesetzt.<br />
Des weiteren erlaubt diese Umsteliung<br />
ein Erstellen übersichtlicher<br />
Montageanzugsmomenttabellen. Bei<br />
gleichzeitiger Standardisierung der<br />
Werkstoffe kann die Verwechslungsgefahr<br />
reduzied werden. Kraftwerke sind<br />
hier erheblich benachteiligt (Bild 2).<br />
Es ist festzustellen, daß die Dehnschraube<br />
Vorteile hat, die von der Starrschraube<br />
nicht geleistet werden können.<br />
Die Vorteile der Starrschraube gegenüber<br />
der Dehnschraube sprechen aber<br />
auch <strong>für</strong> sich. Man kann sich des Eindruckes<br />
nicht erwehren, daß es sich um<br />
eine Schutznorm vor ausländischem<br />
Wettbewerb handelt, denn <strong>Dehnschrauben</strong><br />
kommen aus dem deutschen Anlagenbau<br />
<strong>und</strong> wurden weltweit so nicht<br />
eingesetzt.<br />
Literatur<br />
[1] DIN 2510 Teil 3<br />
l2l vDt 2na<br />
l3l AD-Merkblatt 87<br />
[4] DrN V 2505<br />
[5] DIN 2505 EntwurJ<br />
[6] DIN EN 1591 Entwurf<br />
[7] ASME Section 3, Division 2<br />
[B] Schraubenvademecum, Bauer &<br />
Schaurte Karcher, Neuss<br />
[9] Wissenswertes über Edelstahlschrauben,<br />
Gebr. Grohmann, Löhne<br />
l10l Dichtungspraxis, div. Autoren, Vulkan-<br />
Verlag, Essen<br />
[.1 1] Modern Flange Design, Bulletin 502,<br />
Taylor Forge<br />
[12] Die Optimierung verschraubter Flanschverbindungen,<br />
Tückmantel