November 2011 - Nossner Rundschau
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Erlebnis Kurort Franzensbad – eine Erholung für Körper und Seele<br />
„Zum Lichte des Verstandes können wir immer gelangen, aber die Fülle des Herzens kann uns niemand geben.“<br />
Lesen und lernen bildet uns bis<br />
ins hohe Alter, aber mehr noch<br />
gewinnen wir durch Reisen.<br />
Reisen bergen Erlebnis auf<br />
Tuchfühlung und schenken uns<br />
bleibende Erinnerungen, die<br />
Kraft in unseren Herzen entfalten<br />
und uns beständige Begleiter<br />
sind. Sie vermögen die Fülle<br />
des Herzens zu vervollkommnen.<br />
So begab ich mich das 7. Mal<br />
in das Kur- und Heilbad Franzensbad,<br />
das unter den drei<br />
großen Bädern im „Böhmischen<br />
Dreieck“: Karlsbad, Marienbad<br />
und Franzensbad das<br />
kleinste, aber weitaus individuellste<br />
ist. Der Aufenthalt dort<br />
wird begleitet von den Schönheiten<br />
der Natur, d.h. aller Teile<br />
des Kurparks, der Akkuratesse<br />
der Anlagen, der schönen<br />
Baumbestände und der beruhigend<br />
wirkenden aufeinander<br />
abgestimmten Architektur der<br />
Häuser und aller sonstigen<br />
Bauten. Es sind stets aufs Neue<br />
erfreuende stilgerechte und –<br />
um nur eine Kleinigkeit zu<br />
nennen – oftmals aus der Tradition<br />
der Erbauung Franzensbades<br />
herrührende Eigenheiten:<br />
die schmiedeeisernen grün gestrichenen<br />
Balkongitter, die<br />
man allüberall wiederfindet. –<br />
Doch nun kurz zur Entstehungsgeschichte.<br />
Schon in<br />
grauer Vorzeit gab es hier ein<br />
Ereignis, auf das ich noch zu<br />
sprechen komme; dann aber<br />
spielte die später sogenannte<br />
„Franzensquelle“ bereits in<br />
prähistorischer Zeit eine Rolle.<br />
Es fanden sich weitere Heilwasser<br />
in dieser Gegend, die<br />
erst einmal durch einen<br />
Großbrand in der Stadt Eger<br />
vernichtet wurden. Die schon<br />
im 10. Jahrhundert erwähnten<br />
Quellen erholten sich, und<br />
nachdem mehrere Legenden<br />
und Tatsachen in Verbindung<br />
mit der Stadt Eger ausgetragen<br />
werden mussten, wurden endlich<br />
die diversen Quellen und<br />
der Ort Franzensbad vereinigt.<br />
Eger gab als „Pseudokurort“<br />
endgültig auf. –<br />
Durch sein tatkräftiges Wirken<br />
zur Persönlichkeit geworden,<br />
18<br />
<strong>Nossner</strong> <strong>Rundschau</strong> I <strong>November</strong> <strong>2011</strong><br />
Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre<br />
Promenade in Franzensbad Foto: Männe/Pixelio<br />
fährt der rührige Dr. Adler<br />
nach Prag, wo die Krönung von<br />
Leopold II. stattfindet und<br />
schreibt von dort aus einen<br />
Brief an den Kaiser mit der Bitte,<br />
die Quellen in seine Obhut<br />
nehmen zu dürfen. Am 27.<br />
April 1793 genehmigt Kaiser<br />
Franz I. Baupläne für ein Dorf,<br />
das den Namen „Kaisers Franzensdorf“<br />
tragen sollte. – Der<br />
Aufbau nimmt schnell zu, in<br />
den Napoleonischen Kriegen<br />
werden die ersten 24 Häuser<br />
gebaut, Kurhäuser und Pavillons<br />
schmücken den Ort, er<br />
birgt bereits auch 6 Mineralquellen.<br />
1865 wird die Gemeinde<br />
an das Eisenbahnnetz<br />
angeschlossen und zur Stadt erhoben.<br />
– Die „Goldene Zeit des<br />
Badewesens“ währt bis zum 1.<br />
Weltkrieg. Nach schwierigen<br />
Zwischenzeiten blüht Franzensbad<br />
nun wieder auf. Ein<br />
völlig neues Kapitel in der Geschichte<br />
der Stadt hat begonnen.<br />
–<br />
In den vielen vergangenen Jahrzehnten<br />
hat Franzensbad be -<br />
rühmte und bedeutende Gäs te<br />
beherbergt, deren Namen<br />
durch Tafeln an all den Einrichtungen,<br />
die sie besuchten,<br />
verewigt sind. Kaiser Franz I.<br />
als Namensgeber und höchste<br />
Persönlichkeit ist in Form eines<br />
Denkmals auf der schönsten<br />
Promenade, genannt Isabella-<br />
Promenade, mit der Gründungsurkunde<br />
Franzensbades<br />
vom 27. April 1793, verewigt<br />
worden. – Unendlich viele Adlige,<br />
Grafen, Fürsten, Könige,<br />
Prinzen und Prinzessinnen aus<br />
aller Welt waren hier, um das<br />
Quellwasser, die Mineralbäder,<br />
Moorpackungen etc. zu ihrer<br />
Besserung oder Heilung zu benutzen.<br />
Aber auch Begegnungen,<br />
Gespräche, das Sich-Kennenlernen,<br />
das Flanieren oder<br />
die Kutschfahrten, nicht zuletzt<br />
das Tanzen im Gesellschaftshaus<br />
(heute Casino) fanden<br />
statt. Goethes Frau Christiane,<br />
die oft am Ort weilte, war bekannt<br />
dafür, dass sie ihre Schuhe<br />
zertanzt hatte! – Ich denke<br />
bei den vielen berühmten Namen<br />
vorzüglich an große Musiker<br />
und Dichter, als da zu nennen<br />
wären: Ludwig van<br />
Beethoven, Johann Strauß,<br />
Spontini, Tiedge, Fichte und<br />
Johann Wolfgang von Goethe. –<br />
Über all die vielen Gäste aus<br />
dem In- und Ausland gäbe es<br />
so viel zu berichten, dass ich einen<br />
ganzen Artikel damit ausfüllen<br />
könnte. Das führt zu<br />
weit. Es waren in den vergangenen<br />
Jahrhunderten vor allem<br />
Vertreter des Hochadels bis hin<br />
zu gekrönten Häuptern hier,<br />
aber auch der niedere Adel sagt<br />
uns viel und ist verwoben mit<br />
bürgerlichen Familien bzw. bekannt<br />
durch Literatur, Architektur,<br />
Erfindungen. So müssen<br />
wir der Vielfalt halber Abstand<br />
nehmen und sie den Büchern<br />
oder Archiven überlassen. –<br />
Drei sehenswerte beeindruckende<br />
Kirchen möchte ich<br />
noch erwähnen, die jedem Besucher<br />
erfüllen können, was er<br />
ersehnt: Die rein klassizistisch<br />
gebaute römisch-katholische<br />
Kirche „Erhebung des Heiligen<br />
Kreuzes“ birgt in ihrer ebenfalls<br />
rein klassizistischen Innenausstattung<br />
zwei Alabaster-Engel,<br />
überlebensgroß, die eine wundervolle<br />
Ruhe und Besinnung<br />
ausströmen. – Die evangelische<br />
Kirche befindet sich in der Angelika-Straße.<br />
Sie ist im Stil des<br />
romanisch-gotischen Historismus<br />
1880 gebaut worden.<br />
Schließlich gibt es noch die orthodoxe<br />
Kirche „Zur Heiligen<br />
Olga“, deren russische Architektur<br />
einem Bau aus den Siebziger<br />
Jahren des 19. Jahrhunderts<br />
vorliegt. Alle 3 Kirchen<br />
bieten einen gepflegten und anziehenden<br />
Anblick in Franzensbad.<br />
–<br />
Orthodoxe Kirche in Franzensbad Foto: Zaubervogel/Pixelio