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Eins und eins macht vier - caet.ch

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<strong>Eins</strong> <strong>und</strong> <strong>eins</strong> <strong>ma<strong>ch</strong>t</strong> <strong>vier</strong><br />

von Antje Kramer<br />

1 + 1 = 4. Eine Re<strong>ch</strong>nung, die ni<strong>ch</strong>t immer aufgeht, aber häufig dann, wenn zwei<br />

Katzenliebhaber si<strong>ch</strong> so sehr lieb haben, dass sie bes<strong>ch</strong>liessen, zusammenziehen zu wollen.<br />

Während andere Paare diese Ents<strong>ch</strong>eidung im Normalfall ledigli<strong>ch</strong> mit si<strong>ch</strong> selbst<br />

bzw. miteinander bespre<strong>ch</strong>en müssen, kommt auf Zweibeiner mit kätzis<strong>ch</strong>em Anhang im<br />

Fall einer Wohnungsfusion eine regelre<strong>ch</strong>te Heers<strong>ch</strong>ar von Fragen zu: S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> fusionieren<br />

in dem Fall ni<strong>ch</strong>t nur zwei Mens<strong>ch</strong>en, sondern mit ihnen zwei Katzen – die von dieser<br />

Idee im Normalfall weitaus weniger begeistert sind als die Zweibeiner, wel<strong>ch</strong>e die<br />

Idee ausgetüftelt haben.


1 + 1 = 4 also – <strong>und</strong> um es bereits an dieser<br />

Stelle vorwegzunehmen: Es ist keineswegs<br />

auszus<strong>ch</strong>liessen, dass si<strong>ch</strong> zu den <strong>vier</strong><br />

Lebewesen eine stattli<strong>ch</strong>e Anzahl von Problemen,<br />

Problem<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Sorgen gesellen<br />

könnten. Was in einem sol<strong>ch</strong>en Fall alles<br />

überlegt, geplant, berats<strong>ch</strong>lagt, vorbereitet<br />

werden muss <strong>und</strong> ges<strong>ch</strong>ehen kann bzw. auf<br />

keinen Fall ges<strong>ch</strong>ehen sollte, darum soll es<br />

im Folgenden gehen.<br />

Augen zu <strong>und</strong> dur<strong>ch</strong><br />

Es geht los mit der gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong>en Frage:<br />

Sollen wir oder sollen wir ni<strong>ch</strong>t – den beiden<br />

Katzen das zumuten? Eine Frage, die si<strong>ch</strong><br />

insbesondere dann stellt, wenn die Samtpföt<strong>ch</strong>en<br />

s<strong>ch</strong>on seit geraumen Jahren das exklusive<br />

Leben einer Solo-Katze führen (ni<strong>ch</strong>t<br />

selten mit entspre<strong>ch</strong>endem Anspru<strong>ch</strong>sverhalten<br />

verb<strong>und</strong>en), <strong>und</strong> übrigens zudem<br />

eine Frage, in der zwei heikle Unterfragen<br />

mits<strong>ch</strong>wingen: 1. Sollen wir eine der beiden<br />

Katzen abgeben – eine Mögli<strong>ch</strong>keit, die<br />

na<strong>ch</strong> einer langjährigen <strong>und</strong> glückli<strong>ch</strong>en<br />

Katze-Mens<strong>ch</strong>-Ehe im Normalfall ausges<strong>ch</strong>lossen<br />

wird – <strong>und</strong> 2. Sollen wir das Wohnungs-Fusions-Projekt<br />

insgesamt fallen lassen<br />

– eine Mögli<strong>ch</strong>keit, die mit Blick auf<br />

eine langjährige <strong>und</strong> glückli<strong>ch</strong>e Mens<strong>ch</strong>-<br />

Mens<strong>ch</strong>-Ehe freili<strong>ch</strong> ebenfalls fla<strong>ch</strong>fällt. Ergo<br />

bleibt eigentli<strong>ch</strong> nur eine Lösung: Katzen<br />

«zusammenwerfen» – Augen zu <strong>und</strong> dur<strong>ch</strong>.<br />

Verantwortungsvolle Katzenbesitzer/innen<br />

werden si<strong>ch</strong> darum bemühen, dieses «Zusammenwerfen»<br />

für Tier <strong>und</strong> Mens<strong>ch</strong> mögli<strong>ch</strong>st<br />

sanft, friedvoll <strong>und</strong> erfolgverspre<strong>ch</strong>end<br />

zu gestalten – glei<strong>ch</strong>wohl ni<strong>ch</strong>t davon auszugehen<br />

ist, dass die Katzen diesen Ausdruck<br />

der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Loyalität <strong>und</strong> Fürsorge<br />

(«nein, wir geben keine der beiden<br />

Büsis ab») in vollem Umfang zu goutieren<br />

wissen. Also gilt es, einen mögli<strong>ch</strong>st tiergere<strong>ch</strong>ten<br />

S<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>tplan zu entwerfen.<br />

Wohnungsfusion als Risiko<br />

Die Vorbereitungen für eine Katzen-Zusammenführung<br />

können si<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>t umfangrei<strong>ch</strong><br />

gestalten <strong>und</strong> in etwa folgende Punkte beinhalten:<br />

Zunä<strong>ch</strong>st ist zu klären, wel<strong>ch</strong>e<br />

Wohnung als gem<strong>eins</strong>ames Domizil auserkoren<br />

wird. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> befindet si<strong>ch</strong> damit<br />

eine der beiden Katzen klar im Re<strong>vier</strong>-Vorteil,<br />

will heissen, die andere zieht aller Voraussi<strong>ch</strong>t<br />

na<strong>ch</strong> automatis<strong>ch</strong> den Kürzeren,<br />

denn für sie gilt: neue Katze UND neue<br />

Wohnung. Andererseits: Wenn beide Wohnungen<br />

auf einen Ruts<strong>ch</strong> gekündigt werden<br />

– um den einander fremden Büsis in einer<br />

neuen Behausung die Begegnung auf neutralem<br />

Boden zu ermögli<strong>ch</strong>en –, sind mit einem<br />

S<strong>ch</strong>lag beide Wohnungen futs<strong>ch</strong>, verb<strong>und</strong>en<br />

mit entspre<strong>ch</strong>enden Ausgaben <strong>und</strong><br />

einem ni<strong>ch</strong>t unbeträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Risiko, denn:<br />

Was tun, wenn die beiden Burs<strong>ch</strong>en/Burs<strong>ch</strong>innen<br />

si<strong>ch</strong> am Ende do<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t verstehen?<br />

Eine Frage, die si<strong>ch</strong> nebenbei erwähnt<br />

ni<strong>ch</strong>t nur auf die Vierbeiner, sondern au<strong>ch</strong><br />

auf die Zweibeiner beziehen kann, weshalb<br />

eine Zusammenführung auf Probe in einer<br />

der beiden angestammten Wohnungen<br />

ni<strong>ch</strong>t die s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>teste Lösung sein muss.<br />

Weiter geht es mit den Vorüberlegungen<br />

<strong>und</strong> Vorbereitungen: Ein Mens<strong>ch</strong> <strong>und</strong> eine<br />

Katze zügeln also – zu einem anderen Mens<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> einer anderen Katze. Der zügelnde<br />

Mens<strong>ch</strong>, so viel kann gesagt werden,<br />

sollte si<strong>ch</strong> mögli<strong>ch</strong>st einige Tage oder<br />

mehr freinehmen, um die Eingewöhnung seines<br />

Vierbeiners am neuen Ort begleiten zu<br />

können, s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> ist für das ankommende<br />

Büsi alles fremd: neue Wohnung, neuer Ort,<br />

neue Katze <strong>und</strong> eine (fast) neue bzw. in jedem<br />

Fall zusätzli<strong>ch</strong>e Bezugsperson. Wohl<br />

dem, der si<strong>ch</strong> mit dem Büsi des Partners bereits<br />

zuvor auf dem Weg zu einer w<strong>und</strong>erbaren<br />

Fre<strong>und</strong>s<strong>ch</strong>aft befand ...<br />

Fressen à la «kreuz <strong>und</strong> quer»<br />

Sodann ist die praktis<strong>ch</strong>e Seite zu behandeln:<br />

ein zweites Futterges<strong>ch</strong>irr, das zweite<br />

Verhalten<br />

Katzenklo, die zweite S<strong>ch</strong>musedecke, etc.<br />

sind natürli<strong>ch</strong>erweise bereits vorhanden,<br />

müssen also ledigli<strong>ch</strong> in die Wohnung ges<strong>ch</strong>leppt<br />

werden. S<strong>ch</strong>wieriger wird es bei<br />

der Frage, wel<strong>ch</strong>es Futter den beiden zukommen<br />

soll <strong>und</strong> in wel<strong>ch</strong>en Mengen. Die<br />

meisten Katzen sind zwar re<strong>ch</strong>t engagiert,<br />

wenn es darum geht, ihren eigenen Futternapf<br />

unerbittli<strong>ch</strong> zu verteidigen – was sie<br />

glei<strong>ch</strong>zeitig aber ni<strong>ch</strong>t davon abhält, vor<br />

dem jeweils anderen Futternapf regelmässig<br />

als «Gast» aufzutau<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> hemmungslos<br />

zuzus<strong>ch</strong>lagen. Na<strong>ch</strong>dem dies voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />

beide Katzen tun werden, ist also Fressen<br />

à la «kreuz <strong>und</strong> quer» angesagt. Ein<br />

Problem für bisherige Single-Katzenhalter/innen,<br />

das kein gröberes werden muss<br />

– allerdings nur dann, wenn beide Katzen<br />

in etwa glei<strong>ch</strong> alt, glei<strong>ch</strong> dick/dünn <strong>und</strong><br />

überdies mögli<strong>ch</strong>st mit denselben Krankheit<strong>ch</strong>en<br />

ges<strong>ch</strong>lagen sind: Ideal passen zum<br />

Beispiel zwei nierenkranke Büsis, die so weiterhin<br />

in den Genuss ihres Diätfutters kommen<br />

– glei<strong>ch</strong>wohl sie si<strong>ch</strong> explizit ni<strong>ch</strong>t um<br />

die «Mein-Napf-dein-Napf-Frage» s<strong>ch</strong>eren.<br />

Während die beiden Büsis no<strong>ch</strong> ihr ahnungsloses<br />

Single-Leben führen, bereitet die<br />

Zusammenführung den Katzenbesitzern also<br />

bereits im Vorfeld einiges Kopfzerbre<strong>ch</strong>en.<br />

S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> hängt viel davon ab, ob<br />

die beiden Katzen einander akzeptieren:<br />

Was tun, wenn es partout ni<strong>ch</strong>t klappen sollte?<br />

Können wir dann niemals zusammenziehen<br />

– jedenfalls ni<strong>ch</strong>t, bevor eine der<br />

beiden Kätz<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong> ins Rei<strong>ch</strong> seiner Urahnen<br />

aufge<strong>ma<strong>ch</strong>t</strong> hat? Oder müssen wir nun<br />

definitiv eines der beiden Tiere abgeben?<br />

Wird ein Single-Katzen- zu einem Mehrkatzenhaushalt, wird plötzli<strong>ch</strong> die Fütterung zum Thema:<br />

Wie sorge i<strong>ch</strong> dafür, dass jedes Büsi das ri<strong>ch</strong>tige Futter <strong>und</strong> die nötige Menge bekommt? Denn die<br />

Katzen werden si<strong>ch</strong> an jedem Napf bedienen (wollen). Foto: C. Kasper<br />

© Katzen Magazin 3/07<br />

35


Verhalten<br />

Eine Ents<strong>ch</strong>eidung, die zum einen darauf<br />

gründet, si<strong>ch</strong> das Leben ni<strong>ch</strong>t von seinem<br />

Haustier bestimmen zu lassen, aber zum anderen<br />

ni<strong>ch</strong>t gerade als partners<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />

Spaziergang dur<strong>ch</strong>geht, denn s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong>:<br />

Wel<strong>ch</strong>er der beiden Liebenden sollte denn<br />

dann auf sein geliebtes Büsi verzi<strong>ch</strong>ten? Soll<br />

etwa das Los bestimmen?<br />

Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> dem ultimativen Tipp<br />

S<strong>ch</strong>on vor dem Tag X kann hieraus eine<br />

Drucksituation entstehen, die so man<strong>ch</strong>en<br />

na<strong>ch</strong> jedem Strohhalm greifen lässt: Da werden<br />

Bekannte befragt <strong>und</strong> das Internet konsultiert,<br />

Fa<strong>ch</strong>bü<strong>ch</strong>er gewälzt <strong>und</strong> Magazine<br />

dur<strong>ch</strong>stöbert – alles auf der Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> dem<br />

ultimativen Tipp: Wie kriege i<strong>ch</strong> zwei Katzen<br />

dazu, si<strong>ch</strong> zu mögen – oder einander<br />

wenigstens friedvoll zu ignorieren ... Au<strong>ch</strong><br />

die pharmazeutis<strong>ch</strong>e Abteilung verspri<strong>ch</strong>t<br />

Hilfe: Von Ba<strong>ch</strong>-Blüten (die je na<strong>ch</strong> Charakter<br />

<strong>und</strong> Verhalten der Katze gegen Dominanz,<br />

Eifersu<strong>ch</strong>t, Opferhaltung etc. helfen<br />

sollen) über Pheromon-Präparate, die mittels<br />

eines elektris<strong>ch</strong>en Verdampfers in der Steckdose<br />

die gesamte Wohnung in ein Meer<br />

von (für den Mens<strong>ch</strong>en geru<strong>ch</strong>losen) Wohlfühl-Hormonen<br />

tau<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> den Tieren damit<br />

die Streitlust nehmen sollen bis hin zu regelre<strong>ch</strong>ten<br />

Psy<strong>ch</strong>opharmaka. Obs hilft oder<br />

ni<strong>ch</strong>t, jedenfalls s<strong>ch</strong>eint es ni<strong>ch</strong>ts zu geben,<br />

das es ni<strong>ch</strong>t gibt – nur eines ist offenbar ni<strong>ch</strong>t<br />

zu haben: die eine <strong>und</strong> einzige Vorgehens-<br />

36<br />

© Katzen Magazin 3/07<br />

weise, die immer <strong>und</strong> in jedem Fall mit egal<br />

wel<strong>ch</strong>en Katzen funktioniert. Die Samtpfoten<br />

bleiben eben au<strong>ch</strong> in dieser Hinsi<strong>ch</strong>t hö<strong>ch</strong>st<br />

eigenwillige <strong>und</strong> <strong>ch</strong>arakterli<strong>ch</strong> sehr unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />

Wesen. Wie beim Mens<strong>ch</strong>en<br />

gibt es au<strong>ch</strong> bei den Büsis Kandidaten, die<br />

einander sympathis<strong>ch</strong>, glei<strong>ch</strong>gültig oder<br />

au<strong>ch</strong> spinnefeind sind.<br />

Si<strong>ch</strong>er ist davon auszugehen, dass si<strong>ch</strong> zwei<br />

glei<strong>ch</strong> alte Katzen, die einander im Temperament<br />

ähnli<strong>ch</strong>er sind, besser vertragen<br />

werden, als dies bei einer ruhebedürftigen<br />

Katzen-Greisin der Fall ist, die si<strong>ch</strong> plötzli<strong>ch</strong><br />

mit spielwütigem Junggemüse herumärgern<br />

muss – do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> hier, ebenso wie bei<br />

der These, dass zwei glei<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e<br />

Katzen si<strong>ch</strong> besser verstehen sollen, gibt es<br />

Ausnahmen, wel<strong>ch</strong>e die Regel bestätigen.<br />

Der Mens<strong>ch</strong> also steht bei einer Katzen-<br />

Zusammenführung weitgehend aussen vor<br />

<strong>und</strong> hat eigentli<strong>ch</strong> nur zwei Mögli<strong>ch</strong>keiten:<br />

Wenn es s<strong>ch</strong>on ni<strong>ch</strong>t den einzig ri<strong>ch</strong>tigen<br />

Weg gibt, bleibt ja nur übrig, mögli<strong>ch</strong>st<br />

wenig fals<strong>ch</strong> zu ma<strong>ch</strong>en – <strong>und</strong> zu hoffen,<br />

dass es klappt.<br />

Ruhig Blut!<br />

Wohlan, der grosse Tag ist da: Die beiden<br />

Büsis lernen si<strong>ch</strong> kennen. Bewährt hat si<strong>ch</strong><br />

(dies fällt in die Kategorie «Mögli<strong>ch</strong>st wenig<br />

fals<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>en») vor allem eines: Ruhe bewahren.<br />

Und dann no<strong>ch</strong> dies: Ruhe bewah-<br />

Wie kriege i<strong>ch</strong> zwei Katzen dazu, si<strong>ch</strong> zu mögen? Zahlrei<strong>ch</strong>e Hilfsmittel aus Naturheilk<strong>und</strong>e,<br />

Alternativ- oder S<strong>ch</strong>ulmedizin verspre<strong>ch</strong>en Unterstützung, können allein aber keine Erfolgsgarantie<br />

geben. Foto: M. Sock<br />

Ein Feind in meinem Haus! Für die Halter/innen<br />

gilt: Erst mal abwarten, Ruhe bewahren<br />

<strong>und</strong> bloss ni<strong>ch</strong>t eingreifen, solange die eingesessene<br />

Katze mit normalem Abwehrverhalten<br />

reagiert. Foto: C. Kasper<br />

ren. Das bedeutet im Wesentli<strong>ch</strong>en: So tun,<br />

als sei das neue Kätz<strong>ch</strong>en eigentli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on<br />

immer da gewesen, <strong>und</strong> wirkli<strong>ch</strong>, aber wirkli<strong>ch</strong><br />

nur dann einzugreifen, wenn si<strong>ch</strong> die<br />

beiden Lieblinge ernsthaft an den Kragen<br />

wollen. Murren, Maunzen, Fau<strong>ch</strong>en, misstrauis<strong>ch</strong>es<br />

Beäugen <strong>und</strong> umeinander Herums<strong>ch</strong>lei<strong>ch</strong>en<br />

– all das gehört in den ersten<br />

Wo<strong>ch</strong>en zum normalen Verhaltensrepertoire<br />

<strong>und</strong> wird si<strong>ch</strong> im Normalfall mit der Zeit geben.<br />

Kritis<strong>ch</strong> wird es dann, wenn eine der<br />

beiden Katzen sofort <strong>und</strong> ohne Ankündigung<br />

zum gefährli<strong>ch</strong>en Frontalangriff übergeht.<br />

Hier bestehen keine guten Chancen,<br />

den «Aggressor» – der vermutli<strong>ch</strong> bereits<br />

sehr lange allein gelebt <strong>und</strong>/oder ni<strong>ch</strong>t mit<br />

anderen Katzen aufgewa<strong>ch</strong>sen ist – zu resozialisieren.<br />

Die sofortige räumli<strong>ch</strong>e Trennung<br />

der beiden Katzen ist dann die einzige<br />

Mögli<strong>ch</strong>keit, um Gröberes zu verhindern.<br />

Will man es in einem sol<strong>ch</strong>en Fall trotzdem<br />

versu<strong>ch</strong>en, die Katzen so weit zu bringen,<br />

dass sie eines Tages (viellei<strong>ch</strong>t!) friedli<strong>ch</strong> miteinander<br />

unter demselben Da<strong>ch</strong> leben, muss<br />

eine professionell geführte Verhaltenstherapie<br />

angegangen werden.<br />

Do<strong>ch</strong> weg vom s<strong>ch</strong>limmsten aller Fälle – hin<br />

zu den ersten, spannenden Tagen der Eingewöhnung:<br />

Es empfiehlt si<strong>ch</strong> (meist wird<br />

dies s<strong>ch</strong>on aus reiner Neugierde der Fall<br />

sein), die beiden Katzen tagsüber «unauffällig»<br />

zu beoba<strong>ch</strong>ten <strong>und</strong> na<strong>ch</strong>ts – der gesegneten<br />

Bettruhe aller Beteiligten wegen –<br />

die «neue» Katze in einem separaten Raum<br />

unterzubringen. Hier kann sie si<strong>ch</strong> in aller<br />

Ruhe vom Umzugsstress erholen <strong>und</strong> wenigstens<br />

einen Teil der neuen Behausung


Gönnen Sie den gestressten Katzen (<strong>und</strong> si<strong>ch</strong><br />

selbst) au<strong>ch</strong> eine Vers<strong>ch</strong>naufpause, indem Sie<br />

die beiden anfangs na<strong>ch</strong>ts trennen, damit sie<br />

si<strong>ch</strong> etwas von der ungewohnten Situation<br />

erholen können. Foto: C. Kasper<br />

ausführli<strong>ch</strong> inspizieren bzw. «in Besitz nehmen»,<br />

ohne dabei vom angestammten Hausherrn/der<br />

angestammten Hausdame beäugt<br />

oder gar s<strong>ch</strong>ikaniert zu werden – der/die<br />

wiederum seinerseits/ihrerseits die Gelegenheit<br />

bekommt, mal wieder in Ruhe dur<strong>ch</strong>zus<strong>ch</strong>naufen.<br />

Eifersu<strong>ch</strong>t vermeiden<br />

Wer Glück hat, bei dem halten die Büsis<br />

ganz von alleine respektvollen Abstand zueinander<br />

<strong>und</strong> es passiert – abgesehen von<br />

einigen Fau<strong>ch</strong>ern, Maunzern <strong>und</strong> weiteren<br />

grummeligen Misstönen – ni<strong>ch</strong>ts weiter Aufregendes.<br />

In diesem Fall erledigen die beiden<br />

neuen WG-Partner die Eingewöhnungsphase<br />

weitgehend von selbst, <strong>und</strong> die<br />

Stubentiger sollten (Sti<strong>ch</strong>wort: «Mögli<strong>ch</strong>st<br />

wenig fals<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>en») von ihren Besitzern<br />

ni<strong>ch</strong>t übermässig betüttelt <strong>und</strong> bestaunt werden,<br />

aber au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t weniger Aufmerksamkeit<br />

erhalten, als dies sonst der Fall ist. Um<br />

keine Eifersu<strong>ch</strong>t aufkommen zu lassen, ist es<br />

sinnvoll, dass der jeweilige Besitzer si<strong>ch</strong> vorwiegend<br />

um sein eigenes Tier kümmert –<br />

dem jeweils «fremden» Kätz<strong>ch</strong>en dürfen von<br />

seinem «neuen» Mens<strong>ch</strong>en freili<strong>ch</strong> denno<strong>ch</strong><br />

einige Strei<strong>ch</strong>eleinheiten zukommen, allerdings<br />

sollte dies das eigene Tier zumindest<br />

in der ersten Zeit ni<strong>ch</strong>t unbedingt mitbekommen<br />

...<br />

Kleinere Zwis<strong>ch</strong>enfälle <strong>und</strong> Raufereien<br />

gehören ebenfalls zum normalen Kennenlern-Programm.<br />

Wem es dabei do<strong>ch</strong> etwas<br />

zu wild hergeht, der kann die beiden Streit-<br />

hähne dur<strong>ch</strong> Klats<strong>ch</strong>en in die Hände oder<br />

ein s<strong>ch</strong>wungvoll geworfenes Handtu<strong>ch</strong> ablenken.<br />

Lautes S<strong>ch</strong>impfen, Bestrafen oder<br />

gar Liebesentzug werden die Katzen weder<br />

verstehen no<strong>ch</strong> akzeptieren <strong>und</strong> eher mit gegenteiligem<br />

Verhalten quittieren, beispielsweise<br />

mit (no<strong>ch</strong>) stärkeren Aggressionen gegen<br />

die neue Katze <strong>und</strong>/oder den Besitzer<br />

oder au<strong>ch</strong> mit Protestpinkeln <strong>und</strong> regelre<strong>ch</strong>ten<br />

Wohnungs-Demolier-Feldzügen. Immer<br />

gilt zu bedenken: Für beide Katzen bedeutet<br />

die neue Situation enormen Stress – auf<br />

den sie zum Teil massiv reagieren können:<br />

sei es mit einer beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Verhaltensänderung<br />

oder sei es mit Krankheit dur<strong>ch</strong> eine<br />

ges<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>te Immunabwehr.<br />

Sobald die erste Aufregung vorbei ist, können<br />

jedo<strong>ch</strong> zumindest die Mens<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong><br />

halbwegs entspannt zurücklehnen <strong>und</strong> den<br />

Anblick ihrer beiden neuerdings vereinten<br />

Büsis geniessen – s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> haben sie si<strong>ch</strong>,<br />

entgegen so man<strong>ch</strong>er Befür<strong>ch</strong>tung, ni<strong>ch</strong>t<br />

übergangslos umgebra<strong>ch</strong>t oder tierarztreif<br />

ges<strong>ch</strong>lagen.<br />

Von «Quasselstrippen» <strong>und</strong><br />

«Trockenfutter-Krümlern»<br />

Die w<strong>und</strong>ersame «Katzen-Vermehrung» hält<br />

einiges an Veränderungen <strong>und</strong> Überras<strong>ch</strong>ungen<br />

bereit: Na<strong>ch</strong>dem keine Katze<br />

Verhalten<br />

einer anderen glei<strong>ch</strong>t (siehe oben) kann es<br />

passieren, dass die beiden Fris<strong>ch</strong>-Vereinten<br />

völlig gegensätzli<strong>ch</strong>e Macken, Eigenarten,<br />

Vorlieben <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>urkereien aufweisen:<br />

Während der eine in einer Tour maunzt, ist<br />

der andere stumm wie ein Fis<strong>ch</strong>. Dieser<br />

wiederum liebt es mögli<strong>ch</strong>erweise, das fris<strong>ch</strong>e<br />

Brot auf der Kü<strong>ch</strong>enanri<strong>ch</strong>te in seine<br />

Einzelteile zu zerlegen (freili<strong>ch</strong> ohne einen<br />

Bissen davon zu verspeisen), daneben neigt<br />

er unter Umständen dazu, im Rahmen des<br />

Trockenfutter-S<strong>ch</strong>mauses die halbe Wohnung<br />

vollzukrümeln – alles «Unsitten», die<br />

wiederum der «Quasselstrippe» niemals<br />

einfallen würden. Während diese vorwiegend<br />

an ihrem Lieblingssessel festhält, also<br />

einem S<strong>ch</strong>lafplatz in Kniehöhe, liebt sein<br />

neuer Kumpel es viellei<strong>ch</strong>t, seine Mussest<strong>und</strong>en<br />

in luftiger Höhe (auf dem S<strong>ch</strong>rank,<br />

im Regal, auf der Hutablage, etc.) zu verbringen.<br />

Der eine s<strong>ch</strong>ü<strong>ch</strong>tern, der andere<br />

fre<strong>ch</strong>. Der eine frisst alles, der andere verhält<br />

si<strong>ch</strong> eher mäkelig, einer will am Bau<strong>ch</strong><br />

gekrault werden, der andere am Kopf. Und<br />

vor allem: Wenn einer s<strong>ch</strong>läft, ist der andere<br />

garantiert wa<strong>ch</strong>, um irgendetwas anzustellen<br />

– übrigens gilt dies au<strong>ch</strong> für das<br />

gem<strong>eins</strong>ame S<strong>ch</strong>lafgema<strong>ch</strong>, das nun von<br />

<strong>vier</strong> statt zwei Lebewesen genutzt wird, <strong>und</strong><br />

damit unter Umständen re<strong>ch</strong>t nah an seine<br />

Belastungsgrenzen kommt ... Eines steht<br />

fest: Langweilig wird es nie – wenn 1 <strong>und</strong> 1<br />

plötzli<strong>ch</strong> 4 ergibt.<br />

Die erste Aufregung ist vorbei. Das sieht do<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on ganz vielverspre<strong>ch</strong>end aus! Kennen lernen benötigt<br />

Zeit <strong>und</strong> Geduld. Soziale Katzen regeln das in der Regel untereinander. Foto: Tierfotoagentur/R. Ri<strong>ch</strong>ter<br />

© Katzen Magazin 3/07<br />

37


Verhalten<br />

38<br />

Meinung der Expertin<br />

Mit der Tierpsy<strong>ch</strong>ologin Rosemarie S<strong>ch</strong>är<br />

C. Kasper: Wenn zwei Katzenhalter zusammenziehen,<br />

besteht oft die Sorge,<br />

dass die Büsis viellei<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t miteinander<br />

auskommen – gibt es Vorbereitungsmassnahmen,<br />

die man treffen kann?<br />

R. S<strong>ch</strong>är: Am gem<strong>eins</strong>amen Wohnort der<br />

Katzen kann man s<strong>ch</strong>on vor dem Einzug<br />

genügend gute Verstecke s<strong>ch</strong>affen, das<br />

heisst: Verstecke ohne jegli<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>tkontakt,<br />

sodass si<strong>ch</strong> die Katzen zurückziehen<br />

können, was gut für den Stressabbau ist.<br />

Ausserdem können der Halter <strong>und</strong> die<br />

Halterin den Geru<strong>ch</strong> ihrer Katze der anderen<br />

zutragen, indem sie z. B. eine<br />

Decke ihrer Katze in die Wohnung des anderen<br />

mitbringen, sodass si<strong>ch</strong> die Tiere<br />

s<strong>ch</strong>on einmal über den Geru<strong>ch</strong> kennen lernen<br />

können.<br />

Wel<strong>ch</strong>e Katzenkombinationen haben betreffend<br />

Alter <strong>und</strong> Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t eher Chancen,<br />

miteinander gut klarzukommen?<br />

Der wi<strong>ch</strong>tigste Punkt für ein gutes Gelingen<br />

der Zusammenführung ist auf jeden<br />

Fall die innerartli<strong>ch</strong>e Sozialisierung der<br />

beiden Katzen, also ob die Tiere s<strong>ch</strong>on<br />

vorher friedli<strong>ch</strong> mit Artgenossen zusammengelebt<br />

haben, zusammen ges<strong>ch</strong>lafen,<br />

gespielt oder einander abgeleckt haben.<br />

Weniger gut stehen die Chancen, wenn<br />

man z. B. eine 12-jährige Katze mit einem<br />

neuen Partner konfrontiert, die zwar die<br />

ersten drei Monate mit Ges<strong>ch</strong>wistern aufgewa<strong>ch</strong>sen<br />

ist, dana<strong>ch</strong> aber als Einzelkatze<br />

gelebt hat.<br />

Der zweitwi<strong>ch</strong>tigste Punkt ist das Selbstvertrauen<br />

der beiden Katzen: Katzen, die<br />

ein ähnli<strong>ch</strong>es Selbstvertrauen haben, passen<br />

oft besser zusammen, als die, die<br />

diesbezügli<strong>ch</strong> sehr vers<strong>ch</strong>ieden sind. So<br />

sind Kätzinnen tendenziell unsi<strong>ch</strong>erer als<br />

Kater, sie lassen si<strong>ch</strong> von Männ<strong>ch</strong>en oft zu<br />

Opfern ma<strong>ch</strong>en. Haben die beiden Katzen<br />

also früher friedli<strong>ch</strong> mit einem Sozialpartner<br />

zusammengelebt <strong>und</strong> verfügen sie<br />

über ein ähnli<strong>ch</strong>es Selbstvertrauen, sind<br />

dies gute Voraussetzungen für das zukünftige<br />

Zusammenleben.<br />

Der dritte Punkt, der au<strong>ch</strong> eine Rolle spielt,<br />

© Katzen Magazin 3/07<br />

ist, dass die beiden ähnli<strong>ch</strong>e Bes<strong>ch</strong>äftigungsbedürfnisse<br />

haben, was ihre Spielfreude<br />

betrifft. Der Altersunters<strong>ch</strong>ied sollte<br />

hier ni<strong>ch</strong>t riesig sein – ein 1-jähriger Kater<br />

passt nur ausnahmsweise zu einem 12-jährigen.<br />

Obwohl ein neutraler Begegnungsort vermutli<strong>ch</strong><br />

idealer als das Re<strong>vier</strong> der einen<br />

Katze wäre, s<strong>ch</strong>eint es vielen zu riskant,<br />

glei<strong>ch</strong> beide Wohnungen zu kündigen.<br />

Was raten Sie?<br />

Mir ist kein Fall bekannt, wo eine neue<br />

Wohnung der Katzen wegen gesu<strong>ch</strong>t wurde;<br />

das wird wohl eher ni<strong>ch</strong>t praktiziert. Es<br />

liegt meist in der Natur der Sa<strong>ch</strong>e, dass die<br />

Mens<strong>ch</strong>en in die grössere der beiden vorhandenen<br />

Wohnungen ziehen. Das ist au<strong>ch</strong><br />

für die Katzen optimaler, weil sie si<strong>ch</strong> besser<br />

auswei<strong>ch</strong>en, aus dem Weg gehen <strong>und</strong><br />

zurückziehen können.<br />

Wie soll man am Tag X vorgehen?<br />

Wenn man die neue Katze bringt, darf man<br />

den Transportkorb auf keinen Fall der anderen<br />

Katze vor die Nase stellen. I<strong>ch</strong> empfehle,<br />

den Korb unsi<strong>ch</strong>tbar für die eingesessene<br />

Katze abzustellen, die neue Katze<br />

herauszunehmen, mit ihr zum Katzenklo zu<br />

gehen <strong>und</strong> sie reinzusetzen. In dieser Zeit<br />

hat die andere Katze Gelegenheit, den Käfig<br />

ungestört zu bes<strong>ch</strong>nuppern. Dann kann<br />

man beiden Tieren Le Parfait in die Mitte<br />

der Körperseiten strei<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> beoba<strong>ch</strong>ten,<br />

wie sie si<strong>ch</strong> verhalten, wenn sie einander<br />

sehen. Fau<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> knurren ist dabei<br />

ganz normal – damit gehen die Katzen auf<br />

Distanz, <strong>und</strong> aus Distanz wollen sie si<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> kennen lernen. Wenn trotzdem eine<br />

der beiden diese Warnsignale missa<strong>ch</strong>tet<br />

<strong>und</strong> der anderen zu nahe kommt, bekommt<br />

sie eine Ohrfeige. Au<strong>ch</strong> das ist normal, <strong>und</strong><br />

die Mens<strong>ch</strong>en sollten si<strong>ch</strong> keinesfalls einmis<strong>ch</strong>en.<br />

Es ist sinnvoll, dass die Halter/innen<br />

während dieser ganzen Begegnungszeit<br />

die Katzen ni<strong>ch</strong>t strei<strong>ch</strong>eln, sondern sie nur<br />

beoba<strong>ch</strong>ten <strong>und</strong> beruhigend auf sie <strong>eins</strong>äuseln.<br />

Man<strong>ch</strong>e Halter/innen sind übrigens irritiert,<br />

wenn die Tiere si<strong>ch</strong> ihnen gegenüber<br />

gereizt verhalten – au<strong>ch</strong> das ist in einer sol<strong>ch</strong>en<br />

Stresssituation ganz normal. Falls also<br />

alles im übli<strong>ch</strong>en, normalen Rahmen abläuft,<br />

kann man na<strong>ch</strong> einer Weile versu<strong>ch</strong>en,<br />

die Katzen zu füttern, was friedensstiftend<br />

wirkt. Die Häufigkeit des Fau<strong>ch</strong>ens<br />

<strong>und</strong> Knurrens sollte si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> etwa zwei<br />

Wo<strong>ch</strong>en gelegt haben. Hat es si<strong>ch</strong> hingegen<br />

sogar no<strong>ch</strong> verstärkt oder zieht si<strong>ch</strong> eine<br />

der beiden Katzen immer mehr zurück,<br />

ist es auf jeden Fall ratsam, professionelle<br />

Hilfe zu holen.<br />

Vorsi<strong>ch</strong>t ist angebra<strong>ch</strong>t, wenn die Katzen in<br />

der Integrationssituation das Fell sträuben.<br />

Sofort eingreifen muss man, wenn eine der<br />

beiden wie eine Rakete auf die andere losgeht,<br />

<strong>und</strong> au<strong>ch</strong>, wenn sie zu singen beginnt.<br />

In sol<strong>ch</strong>en Situationen muss man ohne<br />

abzuwarten dazwis<strong>ch</strong>engehen! Es darf<br />

also auf gar keinen Fall zu einem Angriff<br />

kommen, <strong>und</strong> man muss die beiden Katzen<br />

in separaten Zimmern unterbringen. Ein sol<strong>ch</strong>er<br />

Auftakt ist denkbar ungünstig <strong>und</strong> hat<br />

s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te Prognosen; selbst mit einer aufwändigen<br />

Verhaltenstherapie s<strong>ch</strong>ätze i<strong>ch</strong><br />

die Erfolgsquote auf weniger als 10 %.<br />

Au<strong>ch</strong> heikel ist es, wenn eine Katze die andere<br />

bewa<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> die geringste Bewegung<br />

von ihr eine mehr oder weniger heftige Reaktion<br />

auslöst. Man sieht also sehr gut, dass<br />

hier etwas ganz <strong>und</strong> gar ni<strong>ch</strong>t stimmt. Au<strong>ch</strong><br />

hier muss man die Tiere sofort trennen, <strong>und</strong><br />

die Erfolgsquote einer Therapie liegt meiner<br />

Meinung na<strong>ch</strong> einiges unter 50 %.<br />

Was empfehlen Sie, wenn zwei Freilaufkatzen<br />

am Wohnort der einen Katze zusammenkommen?<br />

Die eingesessene Katze sollte man mehrere<br />

Tage bis Wo<strong>ch</strong>en im Haus behalten, je<br />

na<strong>ch</strong>dem, wie gut si<strong>ch</strong> die beiden miteinander<br />

arrangieren. Lässt man die eingesessene<br />

Katze zu früh heraus, besteht die Gefahr,<br />

dass sie s<strong>ch</strong>mollt <strong>und</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr na<strong>ch</strong><br />

Hause kommt. Es ist deshalb sehr wi<strong>ch</strong>tig,<br />

dass sie si<strong>ch</strong> mit der neuen Situation auseinander<br />

setzen muss. Dass sie wegen des<br />

verweigerten Freilaufs am Anfang reklamiert,<br />

ist ganz normal <strong>und</strong> legt si<strong>ch</strong> meist


Verhalten<br />

Interview<br />

spra<strong>ch</strong> Claudia Kasper<br />

na<strong>ch</strong> einigen Tagen. Die Halter/innen dürfen<br />

si<strong>ch</strong> dadur<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t beirren lassen <strong>und</strong><br />

müssen das einfa<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong>ziehen. Die neue<br />

Katze sollte sowieso zwei Monate drinnen<br />

behalten werden.<br />

Wie kann man den Druck etwas von den<br />

Katzen nehmen, wenn beide drinnen bleiben<br />

müssen?<br />

Die Situation wird ents<strong>ch</strong>ärft, wenn die Haltungsbedingungen<br />

denjenigen einer optimal<br />

gehaltenen Wohnungskatze entspre<strong>ch</strong>en.<br />

Man bietet also gute Infrastrukturen<br />

an: eine reizvolle Umgebung wie Unordnung,<br />

erhöhte Ruhe- <strong>und</strong> Aussi<strong>ch</strong>tsplätze,<br />

viele Verstecke <strong>und</strong> Rückzugsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

in Höhlenform, Kartons<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>teln sowie multifunktionale<br />

Flickenteppi<strong>ch</strong>e, die si<strong>ch</strong> eignen,<br />

um si<strong>ch</strong> darunter zu verstecken, sie zu<br />

packen <strong>und</strong> mit den Hinterbeinen darauf<br />

auszukratzen, in sie reinzubeissen oder<br />

darauf herumzuruts<strong>ch</strong>en. Im Sommer wissen<br />

die Katzen au<strong>ch</strong> einen vergitterten, absolut<br />

gesi<strong>ch</strong>erten Fensterplatz oder Balkon<br />

sehr zu s<strong>ch</strong>ätzen. Ausserdem kann man die<br />

Zeit des Aneinandergewöhnens mit Spielaktivitäten<br />

<strong>und</strong> individuell auf jedes Tier angepassten<br />

Naturheilmitteln unterstützen, um<br />

Spannungen abzubauen.<br />

Sollen die Leute zur Überwa<strong>ch</strong>ung einige<br />

Tage zu Hause bleiben?<br />

Wenn alles im normalen Rahmen abläuft,<br />

rei<strong>ch</strong>t ein Wo<strong>ch</strong>enende; na<strong>ch</strong> drei Tagen<br />

kann man also wieder arbeiten gehen.<br />

Wel<strong>ch</strong>es sind die häufigsten Fehler, die Halter/innen<br />

bei der Katzenzusammenführung<br />

ma<strong>ch</strong>en?<br />

Dass sie eine Katze der anderen im Käfig<br />

präsentieren bzw. sogar beide im Käfig nebeneinander<br />

stellen. Oder dass sie die Tiere<br />

auf dem Arm zueinander hintragen. Das<br />

geht alles ins glei<strong>ch</strong>e Kapitel: Sie zwingen<br />

den Tieren die Nähe zueinander auf, was<br />

ni<strong>ch</strong>t dem normalen Verhalten von Katzen<br />

entspri<strong>ch</strong>t, die si<strong>ch</strong> zuerst vorsi<strong>ch</strong>tig auf Distanz<br />

begegnen <strong>und</strong> über Gerü<strong>ch</strong>e kennen<br />

lernen wollen. Ein weiterer Fehler, der häu-<br />

fig ge<strong>ma<strong>ch</strong>t</strong> wird, ist, dass die Mens<strong>ch</strong>en<br />

s<strong>ch</strong>impfen, wenn die Katzen einander anfau<strong>ch</strong>en<br />

oder anknurren. Diese Einmis<strong>ch</strong>ung<br />

ist unnötig <strong>und</strong> kontraproduktiv. Andererseits<br />

existiert die weit verbreitete<br />

fals<strong>ch</strong>e Meinung, Katzen müssten ihre Konflikte<br />

generell selbst untereinander ausma<strong>ch</strong>en.<br />

Bei den oben ges<strong>ch</strong>ilderten brutalen<br />

Aggressionen wie au<strong>ch</strong> bei subtileren Aggressionen,<br />

dur<strong>ch</strong> die si<strong>ch</strong> gewisse unsi<strong>ch</strong>ere<br />

Individuen terrorisieren lassen, muss<br />

man zwingend eingreifen! Einerseits wird<br />

also oft im fals<strong>ch</strong>en Moment, andererseits<br />

wiederum ni<strong>ch</strong>t eingegriffen, wo man wirkli<strong>ch</strong><br />

müsste.<br />

Was kann au<strong>ch</strong> längerfristig zu einem Problem<br />

führen?<br />

Dazu zählt aggressives Ans<strong>ch</strong>auen oder<br />

Köpf<strong>ch</strong>en geben als drohendes Imponiergehabe<br />

gegenüber unsi<strong>ch</strong>eren Partnern.<br />

Dass es si<strong>ch</strong> um ein aggressives<br />

Verhalten<br />

handelt, ist auf<br />

Gr<strong>und</strong> der Reaktion<br />

des Opfers ersi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>,<br />

das defensiv<br />

fau<strong>ch</strong>t. Oft wird<br />

dies von den Halterinnen<br />

<strong>und</strong> Haltern<br />

sogar fals<strong>ch</strong><br />

interpretiert, <strong>und</strong><br />

zwar wird fatalerweise<br />

das Opfer<br />

als Aggressor betra<strong>ch</strong>tet<br />

<strong>und</strong> unter Umständen<br />

sogar no<strong>ch</strong> ausges<strong>ch</strong>impft.<br />

Ein weiteres Problem kann<br />

dadur<strong>ch</strong> entstehen, dass die<br />

eine Katze der anderen wi<strong>ch</strong>tige<br />

Dur<strong>ch</strong>gänge verwehrt – z. B. zum<br />

Katzenklo oder Futterplatz – oder dass<br />

eine Katze neben der Katzentür im Hinterhalt<br />

liegt. Ausserdem verwehren man<strong>ch</strong>e<br />

Individuen ihren Partnern na<strong>ch</strong>ts den beliebten<br />

Platz auf dem Bett des Mens<strong>ch</strong>en.<br />

All diese Probleme zeigen si<strong>ch</strong> in der Regel<br />

aber ni<strong>ch</strong>t von Anfang an, sondern viel-<br />

lei<strong>ch</strong>t erst ab einer Wo<strong>ch</strong>e des gem<strong>eins</strong>amen<br />

Zusammenlebens. Deshalb sollte<br />

man die Tiere also gut beoba<strong>ch</strong>ten <strong>und</strong><br />

längerfristig im Auge behalten, denn sol<strong>ch</strong>e<br />

S<strong>ch</strong>ikanen können si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> über<br />

einen Zeitraum von Monaten langsam <strong>eins</strong><strong>ch</strong>lei<strong>ch</strong>en.<br />

Wie kann man die Katzen gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong><br />

dabei unterstützen, si<strong>ch</strong> aneinander zu gewöhnen?<br />

Indem man viel mit ihnen spielt. Ausserdem<br />

kann man ihnen immer wieder mal<br />

Le Parfait ins Fell strei<strong>ch</strong>en. Das s<strong>ch</strong>afft<br />

einerseits einen «Familiengeru<strong>ch</strong>», andererseits<br />

ist Lecken in Si<strong>ch</strong>tkontakt der anderen<br />

Katze eine Aktivität, die friedli<strong>ch</strong>e<br />

Signale aussendet, <strong>und</strong> auf beide Tiere<br />

somit entspannend wirkt. Zusätzli<strong>ch</strong> kann<br />

man innere Blockaden mit individuell angepassten<br />

Naturheilmitteln abbauen.<br />

Foto: Tierfotoagentur/R. Ri<strong>ch</strong>ter<br />

© Katzen Magazin 3/07<br />

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