Wenn die Einzelkatze reden könnte - caet.ch
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<strong>Wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Einzelkatze</strong> <strong>reden</strong> <strong>könnte</strong><br />
von Rita Marlen Feisel<br />
Ihnen ist si<strong>ch</strong>er <strong>die</strong> Aussage, „eine Katze kann man gut<br />
alleine lassen, einen Hund ni<strong>ch</strong>t“, bekannt. Abgesehen<br />
davon, dass si<strong>ch</strong> der Hund als Rudeltier sehr an seine Familie<br />
bindet und zudem allein aus Gründen der Versäuberung<br />
nur wenige Stunden des Alleinseins verträgt, ist<br />
au<strong>ch</strong> <strong>die</strong> Katze, <strong>die</strong> ebenfalls <strong>die</strong> Zuwendung des Mens<strong>ch</strong>en<br />
brau<strong>ch</strong>t, in stundenlanger häusli<strong>ch</strong>er Vereinsamung<br />
ein äusserst bedauernswertes Ges<strong>ch</strong>öpf.<br />
Der Generationenirrtum<br />
Als i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> mit dem Thema für <strong>die</strong>sen Artikel<br />
bes<strong>ch</strong>äftigte, kam mir spontan meine<br />
Tierärztin in den Sinn, <strong>die</strong> vor langer Zeit einmal<br />
zu mir sagte: „Lieber eine Katze, <strong>die</strong> im<br />
Freilauf nur ein Jahr überlebt, als eine, <strong>die</strong><br />
fünfzehn Jahre hinter S<strong>ch</strong>loss und Riegel dahinvegetiert.“<br />
I<strong>ch</strong> konnte damals <strong>die</strong>ser radikalen<br />
Einstellung ni<strong>ch</strong>ts abgewinnen. Im Laufe<br />
der Jahre habe i<strong>ch</strong> aber nur allzu gut begriffen,<br />
was sie damals meinte (ni<strong>ch</strong>t zuletzt<br />
auf Grund meiner eigenen Erfahrung): Es<br />
ging ihr um <strong>die</strong> Wohnungskatze in Einzelhaltung,<br />
<strong>die</strong> ihr Leben mehrheitli<strong>ch</strong> in Einsamkeit<br />
verbringt.<br />
Foto: J. Giger<br />
Dieser Beitrag ers<strong>ch</strong>ien im Katzen Magazin 5/2005. Er ist urheberre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ützt.<br />
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Brisant<br />
I<strong>ch</strong> weiss ni<strong>ch</strong>t, woher <strong>die</strong> Meinung kommt –<br />
wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> wurde sie von Generation zu<br />
Generation kritiklos weitergerei<strong>ch</strong>t: Viele<br />
Mens<strong>ch</strong>en glauben nämli<strong>ch</strong>, dass <strong>die</strong> Katze<br />
si<strong>ch</strong> selbst genüge, weil sie gerne fäls<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>erweise<br />
als Einzelgängerin dargestellt<br />
wird. Als Einzelgängerin ist <strong>die</strong> Katze aber<br />
nur auf der Jagd anzutreffen. <strong>Wenn</strong> sie mit<br />
anderen Katzen aufgewa<strong>ch</strong>sen ist, was ja in<br />
vielen Fällen so ist, verhält sie si<strong>ch</strong> ansonsten<br />
sehr gruppenfreundli<strong>ch</strong>. In meiner langjährigen<br />
Erfahrung mit Katzen habe i<strong>ch</strong> jedenfalls<br />
den Eindruck gewonnen, dass Katzen im Allgemeinen<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft über alles s<strong>ch</strong>ätzen.<br />
Natürli<strong>ch</strong>, es finden si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> immer wieder<br />
Einzelgänger darunter, denen <strong>die</strong> Artgenossen<br />
ni<strong>ch</strong>t allzu viel bedeuten oder <strong>die</strong> in einer<br />
Gruppe ni<strong>ch</strong>t Fuss fassen können. Allen<br />
gemeinsam aber ist <strong>die</strong> enge Bindung an<br />
den Mens<strong>ch</strong>en – sofern sie in ihrer Prägungszeit<br />
Zugang zum Mens<strong>ch</strong>en finden<br />
konnten. Denn ni<strong>ch</strong>t nur Hunde kennen eine<br />
Prägungsphase, au<strong>ch</strong> Katzen haben ein Zeitfenster,<br />
in dem <strong>die</strong> Wei<strong>ch</strong>en für <strong>die</strong> Zukunft<br />
gestellt werden. Die so genannte sensible<br />
Phase, ni<strong>ch</strong>t nur für den Umgang mit Artgenossen,<br />
sondern au<strong>ch</strong> für <strong>die</strong> Gewöhnung an<br />
den Mens<strong>ch</strong>en gültig, dauert etwa bis zum<br />
zweiten Lebensmonat. Dann ist der Grundstein<br />
fürs Leben gelegt.<br />
Die Sünden vergangener Zeiten<br />
<strong>Wenn</strong> i<strong>ch</strong> hier über das gar ni<strong>ch</strong>t so unbrisante<br />
Thema der Einzelhaltung s<strong>ch</strong>reibe, so<br />
tue i<strong>ch</strong> <strong>die</strong>s keinesfalls, ohne ni<strong>ch</strong>t auf ernü<strong>ch</strong>ternde<br />
Selbsterfahrung zurückblicken zu müssen<br />
– leider. Vor mehr als 30 Jahren besass<br />
au<strong>ch</strong> i<strong>ch</strong> eine <strong>Einzelkatze</strong>, war berufli<strong>ch</strong> sehr<br />
engagiert, und <strong>die</strong> wenigen freien Abendund<br />
Wo<strong>ch</strong>enendstunden musste meine arme<br />
Tigerdame, <strong>die</strong> in einem Nürensdorfer Pferdestall<br />
das Li<strong>ch</strong>t der Welt erblickt hatte, mit<br />
Abendsitzungen, Einkaufsaktivitäten, Fitnessstudio,<br />
Tête-à-Tête-Na<strong>ch</strong>tessen, Theaterbesu<strong>ch</strong>en,<br />
Skiweekends und sonstigen auswärtigen<br />
Hobbys teilen. Da blieb ni<strong>ch</strong>t mehr viel<br />
Zeit für kus<strong>ch</strong>elige S<strong>ch</strong>musytime. Natürli<strong>ch</strong><br />
freute i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong>, wenn sie mi<strong>ch</strong> abends ho<strong>ch</strong>erhobenen<br />
S<strong>ch</strong>wanzes und gurrend, den<br />
Tauben glei<strong>ch</strong>, empfing. Natürli<strong>ch</strong> gab es feine<br />
Häpp<strong>ch</strong>en als Trostpfläster<strong>ch</strong>en für einsame<br />
getigerte Miezestunden. Natürli<strong>ch</strong> liebte<br />
i<strong>ch</strong> <strong>die</strong> knuddeligen Eins<strong>ch</strong>lafminuten mit ihr<br />
und das Aufwa<strong>ch</strong>-Szenario, wenn sie mir<br />
Bau<strong>ch</strong> aufwärts unermüdli<strong>ch</strong> stämpfelnd und<br />
unüberhörbar s<strong>ch</strong>nurrend kundtat, dass <strong>die</strong><br />
dunkle Na<strong>ch</strong>t ein Ende hatte. Diese Stunden<br />
waren zweifelsfrei ein Ho<strong>ch</strong>genuss für beide.<br />
Wie s<strong>ch</strong>limm mag dagegen jener Moment<br />
Foto: C. Kasper<br />
für <strong>die</strong> pelzige Weggefährtin gewesen sein,<br />
wenn <strong>die</strong> Tür für viele Stunden unwiderrufli<strong>ch</strong><br />
ins S<strong>ch</strong>loss fiel.<br />
Dazumal war das Einzäunen eines Balkons<br />
oder das Vergittern der Fenster no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t so<br />
übli<strong>ch</strong> wie heute, wo es fast s<strong>ch</strong>on als selbstverständli<strong>ch</strong><br />
gilt. So blieben aus lauter Angst,<br />
dass meiner kleinen Herzensfreundin während<br />
meiner Abwesenheit etwas passieren<br />
<strong>könnte</strong>, Tür und Fenster für sie ges<strong>ch</strong>lossen.<br />
S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> wollte i<strong>ch</strong> sie, na<strong>ch</strong> deren Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> monatelang gesehnt hatte,<br />
ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> ein Unglück verlieren. Zurück<br />
blieben 50 m 2 Wohlstandsstereotypie – Rolf<br />
Benz 2-Sitzer auf Hirtenteppi<strong>ch</strong>, zwei Fellmäuse<br />
artig darauf drapiert. Die liebevoll<br />
selbst getöpferten Keramiks<strong>ch</strong>alen mit Katzenöhr<strong>ch</strong>en,<br />
randvoll gefüllt, blieben meistens<br />
bis zu meiner abendli<strong>ch</strong>en Rückkehr unangetastet.<br />
Die Mäuse au<strong>ch</strong>. Dem Katzengras<br />
im blauen Übertopf mit lustigem Aufdruck<br />
„happy cat“ ward kein Halm geknickt. Einzig<br />
der Platz vor dem Wassernapf zeigte<br />
S<strong>ch</strong>labberspuren. Kummer lässt <strong>die</strong> Freude<br />
am Essen und Spielen bekanntli<strong>ch</strong> vergehen.<br />
Der Gedanke an <strong>die</strong>ses Szenario ma<strong>ch</strong>t mir<br />
no<strong>ch</strong> heute, viele Jahrzehnte dana<strong>ch</strong>, Bau<strong>ch</strong>weh<br />
sonderglei<strong>ch</strong>en. Parallelen in meinem<br />
Umfeld lassen <strong>die</strong>ses damalige Horrorszenario<br />
immer wieder aufs Neue aufleben.<br />
Die Quittung<br />
Kus<strong>ch</strong>el, <strong>die</strong> kus<strong>ch</strong>elige Vereinsamte, hinterliess<br />
mir eines s<strong>ch</strong>önen Tages einen langen<br />
Brief in Form einer riesengrossen Pfütze. Sie<br />
s<strong>ch</strong>rieb: „Du lässt mi<strong>ch</strong> nun s<strong>ch</strong>on seit Monaten<br />
zwis<strong>ch</strong>en zehn und vierzehn Stunden<br />
allein. I<strong>ch</strong> habe keinen Auslauf, keine fris<strong>ch</strong>e<br />
Luft, kann keinen S<strong>ch</strong>metterling fangen und<br />
kann ni<strong>ch</strong>t in Erde buddeln. I<strong>ch</strong> habe tagsüber<br />
no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t einmal einen Balkon, von<br />
dem aus i<strong>ch</strong> wenigstens <strong>die</strong> Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft<br />
grüssen kann. Keinen Artgenossen kriege i<strong>ch</strong><br />
jemals mehr zu Gesi<strong>ch</strong>t. Ges<strong>ch</strong>weige denn<br />
habe i<strong>ch</strong> einen eigenen wei<strong>ch</strong>en Katzenkumpel,<br />
an den i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> reiben kann. Tagaus,<br />
tagein das glei<strong>ch</strong>e gähnende Allerlei<br />
und <strong>die</strong>selbe Leier. <strong>Wenn</strong> du na<strong>ch</strong> Hause<br />
kommst, bist du müde. Trotzdem, du räumst<br />
auf, putzt, giesst <strong>die</strong> Pflanzen, ko<strong>ch</strong>st, ri<strong>ch</strong>test<br />
deine Kleider für den nä<strong>ch</strong>sten Tag. Du<br />
s<strong>ch</strong>aust Fernsehen, liest <strong>die</strong> Zeitung, trinkst<br />
ein Glas Wein, telefonierst mit Gott und der<br />
Welt und fällst dann wie eine gefällte Tanne<br />
ins Bett. Natürli<strong>ch</strong>, du fütterst mi<strong>ch</strong>, reinigst<br />
meine Hinterlassens<strong>ch</strong>aft, säuberst meinen<br />
Kratzbaum, der für mi<strong>ch</strong> alleine sowieso viel<br />
zu gross ist, nimmst mi<strong>ch</strong> auf den Arm, wirfst<br />
mir mal <strong>die</strong> Fellmaus zu, in der Meinung, i<strong>ch</strong><br />
raste dann glei<strong>ch</strong> vor Freude aus, strei<strong>ch</strong>elst<br />
mi<strong>ch</strong> und sagst mir, dass i<strong>ch</strong> dein Ein und Alles<br />
bin. Behandelt man so sein Ein und Alles?<br />
I<strong>ch</strong> bin einsam.“ So s<strong>ch</strong>rieb <strong>die</strong> Katze.<br />
Der Mens<strong>ch</strong> besah si<strong>ch</strong> <strong>die</strong> hässli<strong>ch</strong>e Pfütze<br />
und las: „Du bist eine Bauernkatze. Diese<br />
Sorte bleibt immer ein biss<strong>ch</strong>en unsauber, ihr<br />
Leben lang. Zudem bist du undankbar. Du<br />
hast den Himmel auf Erden: eine s<strong>ch</strong>öne<br />
Wohnung, einen Mammutkratzbaum, Spielzeug<br />
zum Umfallen, ein 5*****-Essen und<br />
ein Frau<strong>ch</strong>en, das nur dein Bestes will. Als<br />
geborene Einzelgängerin döst du sowieso<br />
den ganzen Tag vor di<strong>ch</strong> hin, deshalb<br />
Foto: Maudi
Brisant<br />
merkst du gar ni<strong>ch</strong>t, ob i<strong>ch</strong> zu Hause bin oder<br />
ni<strong>ch</strong>t. Und wenn i<strong>ch</strong> mal eine Na<strong>ch</strong>t wegbleibe<br />
– das geht au<strong>ch</strong> wieder vorbei. Trotzdem<br />
pinkelst du mir in <strong>die</strong> Wohnung. Du bist<br />
wohl ein Fall für den Katzenpsy<strong>ch</strong>iater.“ Diese<br />
„Korrespondenz“ ging über Jahre hin und<br />
her. Die Fellfreundin wollte etwas eindrückli<strong>ch</strong><br />
sagen, das ihre zweibeinige Mitbewohnerin<br />
ni<strong>ch</strong>t verstand. In ihrer Hilflosigkeit erhöhte<br />
<strong>die</strong> Katze ihre Pinkelattacken von Wo<strong>ch</strong>e zu<br />
Wo<strong>ch</strong>e. Die Nerven der Katzenfreundin lagen<br />
blank. Die stereotype Wohlstandseinri<strong>ch</strong>tung<br />
war inzwis<strong>ch</strong>en ramponiert.<br />
I<strong>ch</strong> hielt Kus<strong>ch</strong>el trotz allem <strong>die</strong> Treue und sie<br />
mir notgedrungen ebenfalls. Hätte sie Freilauf<br />
gehabt, sie hätte mir wohl den Rücken für immer<br />
und ewig gekehrt, wer weiss. Na<strong>ch</strong> drei<br />
Jahren „Rosenkrieg“ we<strong>ch</strong>selte i<strong>ch</strong> mit Kus<strong>ch</strong>el<br />
freudig erregt mein Domizil: 5 1 /2 Zimmer,<br />
drei Balkone, alle eingezäunt, mit Kletterund<br />
Kratzgelegenheit, <strong>die</strong> Fenster katzensi<strong>ch</strong>er<br />
vergittert. Katzenherz, was begehrst du mehr?<br />
Meine berufli<strong>ch</strong>en Aktivitäten nahmen no<strong>ch</strong>mals<br />
an Zeitintensität zu, und mein Privatleben<br />
erfuhr eine Wende, sodass i<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> hier mehr<br />
denn je engagiert war. Hinzu kamen tageund<br />
wo<strong>ch</strong>enendweise Abwesenheiten. Zweimal<br />
tägli<strong>ch</strong> eine Fütterung und einige Strei<strong>ch</strong>eleinheiten<br />
von fremder Hand waren<br />
während <strong>die</strong>ser Absenzen meine „grosszügige<br />
Geste“ an meine pelzige Herzensdame,<br />
denn es sollte ihr ja an ni<strong>ch</strong>ts fehlen. Sie ihrerseits<br />
s<strong>ch</strong>rieb mir am neuen Domizil ni<strong>ch</strong>t<br />
nur Briefe, sondern halbe Romane, <strong>die</strong> sie in<br />
der ganzen Wohnung – unter ihren persönli<strong>ch</strong>en<br />
kätzis<strong>ch</strong>en Gesi<strong>ch</strong>tspunkten sorgfältig<br />
ausgewählt – „deponierte“. I<strong>ch</strong> verstand <strong>die</strong><br />
Welt ni<strong>ch</strong>t mehr.<br />
Die Wende<br />
Foto: J. C. Mi<strong>ch</strong>el<br />
Mir dämmerte es erst, wo das Problem lag, als<br />
i<strong>ch</strong> den S<strong>ch</strong>ritt in <strong>die</strong> Selbstständigkeit wagte<br />
und meine berufli<strong>ch</strong>en Aktivitäten ins Haus<br />
verlegte. Kus<strong>ch</strong>el s<strong>ch</strong>rieb fortan keinen einzigen<br />
Brief mehr an mi<strong>ch</strong> – no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mal eine<br />
s<strong>ch</strong>nöde Postkarte. Stattdessen lernte sie den<br />
PC beherrs<strong>ch</strong>en, lös<strong>ch</strong>te Text, den sie für ni<strong>ch</strong>t<br />
gut befand, wärmte meine Knie au<strong>ch</strong> bei<br />
30 Grad im S<strong>ch</strong>atten, ma<strong>ch</strong>te zirkusreife Purzelbäume<br />
unterm S<strong>ch</strong>reibtis<strong>ch</strong>, spickte mir <strong>die</strong><br />
Fellmaus in den Kaffee, frisierte mein Haupthaar,<br />
funktionierte mi<strong>ch</strong> zu ihrem Kratzbaum<br />
um, redete ununterbro<strong>ch</strong>en auf mi<strong>ch</strong> ein, als<br />
wolle sie fünf verpasste Jahre na<strong>ch</strong>holen, und<br />
probierte von Rhabarberku<strong>ch</strong>en bis zu Grünkohl<br />
mit Pinkel (für Ni<strong>ch</strong>tkundige: eine spezielle<br />
Wurst aus Norddeuts<strong>ch</strong>land) <strong>die</strong> ganze<br />
kulinaris<strong>ch</strong>e Palette von meinem Teller. Kus<strong>ch</strong>el<br />
trug fortan ein breites, sattes Lä<strong>ch</strong>eln auf<br />
dem Gesi<strong>ch</strong>t. „Endli<strong>ch</strong> Mens<strong>ch</strong> – du hast verstanden!“<br />
Foto: Maudi<br />
Nur ein Fall von Tausenden<br />
Was i<strong>ch</strong> Ihnen hier so locker erzählt habe, ist<br />
ein todernstes Kapitel: Die Haltung einer einzelnen<br />
Katze bei voller Berufstätigkeit kommt<br />
einer Einzelhaft glei<strong>ch</strong>. Das sehe i<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong><br />
meinen Jugendsünden ganz klar; für mi<strong>ch</strong> käme<br />
niemals mehr <strong>die</strong> Haltung einer einzigen<br />
Katze infrage. Und selbst dann ni<strong>ch</strong>t, wenn<br />
i<strong>ch</strong> in <strong>die</strong> wohlver<strong>die</strong>nte Pension ginge. Die<br />
Mehrkatzenhaltung ist einfa<strong>ch</strong> im Hinblick auf<br />
das Tier artgere<strong>ch</strong>ter (und übrigens au<strong>ch</strong> für<br />
dessen Besitzer/in eine viel spannendere Angelegenheit).<br />
Mir fehlen zwar statistis<strong>ch</strong>e Zahlen,<br />
do<strong>ch</strong> ist davon auszugehen, dass unzählige<br />
<strong>Einzelkatze</strong>n in Haushalten leben und<br />
den ganzen Tag ni<strong>ch</strong>t betreut werden. Das<br />
führt zwangsläufig zu Vereinsamung, Stumpfsinn,<br />
absonderli<strong>ch</strong>em Verhalten, Ersatzhandlungen,<br />
mitunter seelis<strong>ch</strong> ausgelösten Krankheiten<br />
oder vielfa<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> zu Unsauberkeit,<br />
wie Sie aus meinem Beri<strong>ch</strong>t erfahren konnten.<br />
Foto: C. Kasper<br />
Das Wildtier Katze hat eine gewaltige Leistung<br />
vollbra<strong>ch</strong>t, um vom unabhängigen Jäger<br />
zum abhängigen Stubenfreund zu mutieren,<br />
der in vielen Fällen in <strong>die</strong> Rolle als Kinder- oder<br />
Partnerersatz ruts<strong>ch</strong>t und so im weitesten Sinne<br />
zur Lebenshilfe wird. Allein s<strong>ch</strong>on aus <strong>die</strong>sem<br />
Grund hat <strong>die</strong> Katze es ver<strong>die</strong>nt, dass der<br />
Mens<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> ihren tieris<strong>ch</strong>en Bedürfnissen<br />
gere<strong>ch</strong>t wird. Denn trotz ihrer Domestikation<br />
ist sie tief in ihrem Innern ein Wildtier geblieben,<br />
was man ja uns<strong>ch</strong>wer an Katzen mit<br />
Freilauf feststellen kann, wenn es ums Jagdverhalten<br />
geht. Wie will sie ihre vielfältige Körperspra<strong>ch</strong>e<br />
einsetzen, wenn sie für den Rest<br />
ihres Lebens keinen Artgenossen hat? Zugegeben,<br />
sie tut es in gewissem Masse im Zusammenleben<br />
mit dem Mens<strong>ch</strong>en. Do<strong>ch</strong> wie<br />
will sie mit ihm „<strong>reden</strong>“, wenn er nie zu Hause<br />
ist? Wie will der Mens<strong>ch</strong> im Gegenzug <strong>die</strong><br />
Psy<strong>ch</strong>e der Katze sowie ihre rei<strong>ch</strong>haltige Gebärdenspra<strong>ch</strong>e<br />
und Lautäusserungen interpretieren<br />
lernen, wenn er sie nur zwis<strong>ch</strong>en „Tag<br />
und Traum“ zu Hause antrifft, wo allabendli<strong>ch</strong><br />
unzählige Aktivitäten seine s<strong>ch</strong>male Freizeit in<br />
Anspru<strong>ch</strong> nehmen? Wie will <strong>die</strong> Katze ihr Defizit<br />
an Erkundungsdrang wettma<strong>ch</strong>en, wenn<br />
Dieser Beitrag ers<strong>ch</strong>ien im Katzen Magazin 5/2005. Er ist urheberre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ützt.<br />
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Brisant<br />
Foto: C. Kasper<br />
sie ihr Leben lang ein begrenztes häusli<strong>ch</strong>es<br />
Umfeld vorfindet, in dem si<strong>ch</strong> über Jahre<br />
ni<strong>ch</strong>ts verändert? Viele Katzenbesitzer/innen<br />
kaufen nun vor allem ihren Einzeltieren in bester<br />
Absi<strong>ch</strong>t jede Menge Spielzeug, das a<strong>ch</strong>tlos<br />
in der Ecke liegt. Was si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t bewegt,<br />
erweckt kaum Interesse. Allabendli<strong>ch</strong>es aktives<br />
Spielen – und das, so lange <strong>die</strong> Katze es<br />
mö<strong>ch</strong>te – ist angesagt, um <strong>die</strong> Jagdmotivation<br />
lebendig und Körper und Geist bewegli<strong>ch</strong> zu<br />
halten. Die Katze als dämmerungsaktiver Jäger<br />
nimmt eine sol<strong>ch</strong>e Animation mit grosser<br />
Freude an und wird Ihnen das mit geistiger<br />
und körperli<strong>ch</strong>er Vitalität danken. So hätte sie<br />
zumindest ein Highlight in ihrem tristen Leben.<br />
Do<strong>ch</strong> viele Berufstätige setzen ihre Prioritäten<br />
anders, und <strong>die</strong> Katze kommt selbst in den wenigen<br />
gemeinsamen Stunden einfa<strong>ch</strong> zu kurz.<br />
Sie degra<strong>die</strong>rt zum fünften Rad am Wagen<br />
und wird ein Teil des Inventars.<br />
Ganz fatal ist es, wenn ihr dann au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />
der Sprung ins warme Bett verwehrt wird, wo<br />
<strong>die</strong> vereinsamte Katzenseele für einige Stunden<br />
Wärme und Geborgenheit beim Ersatzartgenossen<br />
auftanken <strong>könnte</strong>. Selbstverständli<strong>ch</strong><br />
ist es eine Frage der persönli<strong>ch</strong>en<br />
Foto: Ch. Villiger<br />
Einstellung, ob <strong>die</strong> Katze mit ins Bett darf oder<br />
ni<strong>ch</strong>t. Ein Anspru<strong>ch</strong> darauf ist ni<strong>ch</strong>t tiers<strong>ch</strong>ützeris<strong>ch</strong><br />
verankert. I<strong>ch</strong> meine nur, dass <strong>die</strong> <strong>Einzelkatze</strong><br />
– so sie denn unbedingt bei voller Berufstätigkeit<br />
sein muss – ein enormes Manko<br />
an Zuwendung hat. Der Zutritt zum S<strong>ch</strong>lafgema<strong>ch</strong><br />
brä<strong>ch</strong>te hier ein Stück Wiedergutma<strong>ch</strong>ung.<br />
Es mag viele berufstätige Katzenfreunde<br />
geben, <strong>die</strong> si<strong>ch</strong> vorbildli<strong>ch</strong> mit ihrem<br />
Tier in ihrer s<strong>ch</strong>malen Freizeit bes<strong>ch</strong>äftigen<br />
und es in ihren Lebensalltag optimal einbinden.<br />
I<strong>ch</strong> spre<strong>ch</strong>e jedo<strong>ch</strong> jene an, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s aus<br />
Gedankenlosigkeit oder Unwissenheit heraus<br />
unterlassen. Denn eine unterbes<strong>ch</strong>äftigte und<br />
unausgelastete Katze wird si<strong>ch</strong> irgendwann<br />
in eine Ecke verkrümeln und resignieren. Resignation<br />
lässt am Sinn des Lebens zweifeln.<br />
Das wissen wir Mens<strong>ch</strong>en do<strong>ch</strong> nur allzu gut.<br />
<strong>Wenn</strong> Mieze vor der Tür steht<br />
Foto: C. Kasper<br />
Na<strong>ch</strong> einem sol<strong>ch</strong>en traurigen Hausszenario<br />
ist man versu<strong>ch</strong>t, den Freigänger um seine Position<br />
zu beneiden. Zugegeben, eine Katze<br />
mit freiem Auslauf bleibt vom eintönigen<br />
Wohnungseinerlei vers<strong>ch</strong>ont. Sie trifft auf Artgenossen,<br />
kann <strong>die</strong> Umgebung erkunden,<br />
ihrem Jagdtrieb na<strong>ch</strong>kommen, hat genügend<br />
Bewegung und physis<strong>ch</strong>e wie psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Reize.<br />
So weit, so gut. Do<strong>ch</strong> kann man leider immer<br />
wieder beoba<strong>ch</strong>ten, dass <strong>die</strong> Katze<br />
morgens mit ihrem Mens<strong>ch</strong>en das Haus verlässt<br />
und ni<strong>ch</strong>t mehr frei wählen kann, ob sie<br />
ins Haus zurückwill oder ni<strong>ch</strong>t. I<strong>ch</strong> hatte einen<br />
sol<strong>ch</strong>en Fall in meiner unmittelbaren Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft,<br />
den i<strong>ch</strong> Ihnen gerne kurz s<strong>ch</strong>ildern<br />
mö<strong>ch</strong>te: Das Paar ging morgens zu früher<br />
Stunde aus dem Haus und entliess <strong>die</strong> Katze<br />
in <strong>die</strong> Freiheit. In <strong>die</strong> Wohnung zurück konnte<br />
sie erst, wenn ihre Mens<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong> Hause<br />
kamen. Der Tagesrhythmus des jungen Paares<br />
war sehr unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>. So kam es, dass<br />
<strong>die</strong> Katze vom frühstmögli<strong>ch</strong>en Zeitpunkt an<br />
abends artig vor der Haustür wartete, denn<br />
Katzen und Hunde haben eine innere Uhr.<br />
Man<strong>ch</strong>mal wartete sie eine Stunde, man<strong>ch</strong>mal<br />
zwei, man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> vier und mehr. Die<br />
temporär Ausgesetzte zeigte ab <strong>die</strong>sem Zeitpunkt<br />
keinerlei Interesse mehr an ihrer freiheitli<strong>ch</strong>en<br />
Umwelt. Sie kreiste sozusagen in<br />
der Wartes<strong>ch</strong>laufe. Der Freilauf wurde für sie<br />
von Stunde zu Stunde mehr zur Qual, denn<br />
sie hatte nur no<strong>ch</strong> eines im Sinn: „Wann kommen<br />
meine Mens<strong>ch</strong>en zurück?“ Dies zeigt<br />
sehr deutli<strong>ch</strong>, dass au<strong>ch</strong> Tiere mit dem viel<br />
gepriesenen Freilauf je na<strong>ch</strong> Veranlagung eine<br />
enge Beziehung zum Mens<strong>ch</strong>en eingehen<br />
können, <strong>die</strong> ihr offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> mehr als <strong>die</strong><br />
Freiheit bedeutet.<br />
Alle meine Bemühungen, <strong>die</strong> Katze in den<br />
späten Abendstunden zumindest mit einem<br />
Häpp<strong>ch</strong>en zu versorgen oder sie bei ungünstigen<br />
Wetterverhältnissen an einem geeigneten<br />
Ort warm zu „parkieren“, s<strong>ch</strong>lugen<br />
fehl. Sie wollte ihre Mens<strong>ch</strong>en sehen oder<br />
au<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong> nur zurück in ihr Heim und<br />
ni<strong>ch</strong>ts anderes, basta. Fatal wurde <strong>die</strong>se Situation<br />
an Wo<strong>ch</strong>enenden, wo <strong>die</strong> Katze oft<br />
bis zu 48 Stunden ohne häusli<strong>ch</strong>e Rückzugsmögli<strong>ch</strong>keit<br />
bzw. Betreuung blieb. Diskussionen<br />
über <strong>die</strong>se Situation fru<strong>ch</strong>teten ni<strong>ch</strong>ts.<br />
Man konnte meine Meinung über <strong>die</strong>se ni<strong>ch</strong>t<br />
artgere<strong>ch</strong>te Haltung leider ni<strong>ch</strong>t teilen. Für eine<br />
tierquäleris<strong>ch</strong>e Haltung fehlten direkte Beweise.<br />
Sol<strong>ch</strong>e Situationen zeigen, dass für<br />
man<strong>ch</strong>e Mens<strong>ch</strong>en der Freilauf einer Katze<br />
ein Freibrief ist, si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t um sie kümmern zu<br />
müssen, da man <strong>die</strong> Auffassung vertritt, <strong>die</strong>
Brisant<br />
Foto: C. Kasper<br />
Freiheit regle <strong>die</strong> Bedürfnisse des Tieres<br />
s<strong>ch</strong>on. Dies ist jedo<strong>ch</strong> bei an den Mens<strong>ch</strong>en<br />
gewöhnten Katzen ein fataler Irrtum, wie wir<br />
aus <strong>die</strong>sem Beispiel ersehen können. Tierbesitzer/innen<br />
sind si<strong>ch</strong> oft gar ni<strong>ch</strong>t bewusst,<br />
wel<strong>ch</strong>e starken Gefühle und Abhängigkeiten<br />
sie bei einem Tier auslösen, wenn sie einen<br />
Vierbeiner ins Haus nehmen. I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te ausdrückli<strong>ch</strong><br />
betonen, dass <strong>die</strong>s ni<strong>ch</strong>t nur für Katzen<br />
gilt.<br />
Das Glück na<strong>ch</strong> Mass<br />
Als Zü<strong>ch</strong>terin bin i<strong>ch</strong> sehr oft Mens<strong>ch</strong>en begegnet,<br />
<strong>die</strong> mit dem Wuns<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> einer <strong>Einzelkatze</strong><br />
an mi<strong>ch</strong> herantraten. Bei Jungtieren<br />
bin i<strong>ch</strong> darauf au<strong>ch</strong> bei Ni<strong>ch</strong>tberufstätigen<br />
niemals eingegangen. Anders verhielt es<br />
si<strong>ch</strong> bei erwa<strong>ch</strong>senen Tieren, <strong>die</strong> mir im Laufe<br />
der Jahre signalisierten, dass sie beim<br />
besten Willen und allen Anstrengungen meinerseits<br />
in einer Gruppe ni<strong>ch</strong>t Fuss fassen<br />
konnten. Sofern es si<strong>ch</strong> um Mens<strong>ch</strong>en fortges<strong>ch</strong>rittenen<br />
Alters mit genügend Freizeit<br />
handelte, habe i<strong>ch</strong> hier eine Ausnahme gema<strong>ch</strong>t<br />
und eine sol<strong>ch</strong>e Katze au<strong>ch</strong> mal alleine<br />
platziert. Interessant ist jedo<strong>ch</strong>, dass<br />
genau <strong>die</strong>se Besitzer/innen, <strong>die</strong> genügend<br />
Zeit für ihr Tier hatten, na<strong>ch</strong> einer Weile <strong>die</strong><br />
Ri<strong>ch</strong>tigkeit der Einzelhaltung ernsthaft hinterfragten.<br />
Oft standen dann aber der Platzierung<br />
einer weiteren Katze Verträgli<strong>ch</strong>keitsgründe<br />
im Wege, und man musste den<br />
Gedanken leider Gottes fallen lassen. Zudem<br />
werden Einzeltiere, <strong>die</strong> von ihren Besitzern<br />
sehr viel Zuwendung erhalten, mit der<br />
Zeit egoistis<strong>ch</strong> und wollen ungern teilen.<br />
Foto: C. Kasper<br />
I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te zum S<strong>ch</strong>luss do<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> ein Wort<br />
zur Zweikatzenhaltung verlieren: Die Tendenz,<br />
zwei Katzen zu halten, ist sehr verbreitet.<br />
Eben aus jenem Grund, weil viele<br />
Mens<strong>ch</strong>en inzwis<strong>ch</strong>en aufgeklärter sind und<br />
realisiert haben, dass <strong>die</strong> <strong>Einzelkatze</strong> eine<br />
„arme Socke“ ist. Mir ist jedo<strong>ch</strong> <strong>die</strong> Zweikatzenhaltung<br />
ohne Freilauf au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ganz<br />
geheuer. I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te Ihnen au<strong>ch</strong> sagen, weshalb:<br />
Na<strong>ch</strong> meiner Erfahrung wählen zukünftige<br />
Besitzer/innen <strong>die</strong> Katzen gerne<br />
na<strong>ch</strong> ihrem Aussehen, ungea<strong>ch</strong>tet dessen,<br />
ob sie au<strong>ch</strong> <strong>ch</strong>arakterli<strong>ch</strong> gut zueinander<br />
passen. Es ma<strong>ch</strong>t aber einen gewaltigen Unters<strong>ch</strong>ied,<br />
ob Tiere einander innig zugetan<br />
sind oder si<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong> nur tolerieren. Die<br />
Haustierhaltung zwingt also ni<strong>ch</strong>t selten Katzen<br />
ein Zusammenleben auf, das sie freiwillig<br />
niemals in <strong>die</strong>ser Form wählen würden.<br />
Ein zweiter Aspekt: Tiere ma<strong>ch</strong>en glei<strong>ch</strong> dem<br />
Mens<strong>ch</strong>en eine persönli<strong>ch</strong>e Entwicklung<br />
dur<strong>ch</strong>. Hat man nur zwei Katzen, so zeigen<br />
sie viellei<strong>ch</strong>t im Laufe ihres Lebens sehr unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />
Bedürfnisse. Das, was anfangs<br />
sehr gut zusammenpasste, will auf einmal<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr funktionieren. Hat man mehr<br />
als zwei Katzen, wird der Verlust eines Artgenossen<br />
von den Tieren besser verkraftet,<br />
da sie ni<strong>ch</strong>t plötzli<strong>ch</strong> alleine zurückbleiben.<br />
Man gerät dann au<strong>ch</strong> als Besitzer/in ni<strong>ch</strong>t<br />
sofort in Zugzwang, ein neues Tier anzus<strong>ch</strong>affen.<br />
Aus <strong>die</strong>sen Gründen neige i<strong>ch</strong><br />
mehr denn je zur Dreikatzenhaltung, wo immer<br />
es von den Platzverhältnissen und natürli<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> von der finanziellen Lage her geht.<br />
Foto: P. Ler<strong>ch</strong><br />
Geben Sie Ihrer Katze Anreize<br />
Ob nun eine, zwei oder mehr Katzen, i<strong>ch</strong><br />
kann Ihnen versi<strong>ch</strong>ern, dass es unwesentli<strong>ch</strong><br />
ist, ob Sie über eine 3-Zimmerwohnung oder<br />
ein ganzes Haus verfügen. Wi<strong>ch</strong>tig ist, wel<strong>ch</strong>e<br />
Rückzugs- und Bes<strong>ch</strong>äftigungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
Sie Ihren Tieren bieten, und wie artgere<strong>ch</strong>t<br />
Sie Ihre Wohnung für <strong>die</strong> Katze(n)<br />
einri<strong>ch</strong>ten. Bitte bedenken Sie, dass eine Katze,<br />
<strong>die</strong> dur<strong>ch</strong> <strong>die</strong> Wohnungshaltung ihrer<br />
natürli<strong>ch</strong>en Freiheit beraubt wird, ein Umfeld<br />
brau<strong>ch</strong>t, das ihren Bedürfnissen gere<strong>ch</strong>t wird<br />
und immer wieder neue Anreize bietet. Ma<strong>ch</strong>en<br />
Sie au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t den fatalen Fehler zu<br />
glauben, wenn <strong>die</strong> Katze vor si<strong>ch</strong> hindöse,<br />
Dieser Beitrag ers<strong>ch</strong>ien im Katzen Magazin 5/2005. Er ist urheberre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ützt.<br />
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Brisant<br />
sei sie ni<strong>ch</strong>t für ein Spiel<strong>ch</strong>en zu haben. Bringen<br />
Sie also ruhig immer wieder Veränderungen<br />
und Action ins Haus. Nehmen Sie<br />
zum Beispiel eine Kartons<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>tel (au<strong>ch</strong><br />
wenn sie ni<strong>ch</strong>t zur Einri<strong>ch</strong>tung passt!), ma<strong>ch</strong>en<br />
Sie eine kleine Öffnung, sodass <strong>die</strong> Katze<br />
bequem rein- und rausgehen kann. Legen<br />
Sie je na<strong>ch</strong> Jahreszeit etwas Stroh, Laub oder<br />
trockenen Grass<strong>ch</strong>nitt hinein. Sie wird <strong>die</strong>se<br />
Grube heiss lieben, denn sie weckt Urgefühle<br />
an Mutter Natur. Nutzen Sie Kartons<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>teln<br />
au<strong>ch</strong> als Spiel- und Erkundungsmögli<strong>ch</strong>keiten.<br />
Werfen Sie a<strong>ch</strong>tlos eine Papiereinkaufstas<strong>ch</strong>e<br />
ohne Henkel (darin kann si<strong>ch</strong> <strong>die</strong><br />
Katze verfangen und – in Panik geratend –<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr herausfinden), ein paar Bogen<br />
zerknülltes Seidenpapier oder Zellophanfolie<br />
hin. Lassen Sie ein paar Tis<strong>ch</strong>tennisbälle<br />
dur<strong>ch</strong> <strong>die</strong> Wohnung hüpfen – auf Steinboden<br />
oder in der Badewanne der wahre Hit!<br />
S<strong>ch</strong>neiden Sie ein Stück strapazierfähigen<br />
Stoff, meinetwegen in Herzform, doppelt zu,<br />
lassen Sie beim Zunähen ein kleines Stück für<br />
<strong>die</strong> Füllung offen. Nehmen Sie ein grosses<br />
Stück Watte, das den Stoff prall ausfüllt, geben<br />
Sie einige Fingerspitzen Baldrianwurzel<br />
hinein (in der Apotheke erhältli<strong>ch</strong>). Geben<br />
Sie Watte mitsamt Baldrianfüllung in den<br />
Stoffbeutel, zunähen, und ab <strong>die</strong> Post. Ihre<br />
Katze wird dur<strong>ch</strong> <strong>die</strong> Räume tanzen, da wird<br />
Shakira vor Neid erblassen. Verstecken Sie<br />
ihre Lieblingstabs immer wieder an anderen<br />
Stellen, oder werfen Sie sie im hohen Bogen<br />
dur<strong>ch</strong> <strong>die</strong> Wohnung, damit sie den S<strong>ch</strong>maus<br />
erhas<strong>ch</strong>en muss. Der Fantasie sind keine<br />
Grenzen gesetzt. Es rei<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t, einen Kratzbaum<br />
aufzustellen, an dem leblose Mäuslein<br />
baumeln. Die Lust an sol<strong>ch</strong>en Animationen<br />
ers<strong>ch</strong>öpft si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>nell. Sie müssen si<strong>ch</strong> einbringen<br />
ins Spiel. Das ma<strong>ch</strong>t Ihrem Tiger<br />
Freude.<br />
Übrigens, wie relativ <strong>die</strong> Anzahl Katzen<br />
sein kann, erfuhr i<strong>ch</strong> kürzli<strong>ch</strong> wieder einmal<br />
dur<strong>ch</strong> meine Freundin aus S<strong>ch</strong>weden, <strong>die</strong><br />
mi<strong>ch</strong> für eine Wo<strong>ch</strong>e besu<strong>ch</strong>te. Als ehemalige<br />
Zü<strong>ch</strong>terin besass sie, als sie mit dem<br />
Zü<strong>ch</strong>ten aufhörte, siebzehn Katzen, allesamt<br />
im Alter zwis<strong>ch</strong>en 21 und 8 Jahren. Innert<br />
drei Jahren hat sie nun dreizehn Tiere<br />
verloren – ein absolutes Horrorszenario. Bei<br />
ihrem Besu<strong>ch</strong> sagte sie mir traurig: „Es<br />
kommt mir so vor, als hätte i<strong>ch</strong> keine Katzen<br />
mehr. Meine Wohnung ist trotz der vier Katzen<br />
eine einzige gähnende Leere.“ Und i<strong>ch</strong><br />
versu<strong>ch</strong>e hier, Sie mit viel Überzeugungskraft<br />
zur Ans<strong>ch</strong>affung einer zweiten Katze<br />
zu über<strong>reden</strong> … Geben Sie also Ihrem Herzen<br />
einen Ruck und Ihrer Katze einen Artgenossen.<br />
Foto: H. S<strong>ch</strong>errer<br />
Foto: S. Grunder<br />
Foto: D. Dinkel<br />
Foto: C. Kasper<br />
Foto: H. S<strong>ch</strong>errer