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Wenn die Einzelkatze reden könnte - caet.ch

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Brisant<br />

Foto: C. Kasper<br />

sie ihr Leben lang ein begrenztes häusli<strong>ch</strong>es<br />

Umfeld vorfindet, in dem si<strong>ch</strong> über Jahre<br />

ni<strong>ch</strong>ts verändert? Viele Katzenbesitzer/innen<br />

kaufen nun vor allem ihren Einzeltieren in bester<br />

Absi<strong>ch</strong>t jede Menge Spielzeug, das a<strong>ch</strong>tlos<br />

in der Ecke liegt. Was si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t bewegt,<br />

erweckt kaum Interesse. Allabendli<strong>ch</strong>es aktives<br />

Spielen – und das, so lange <strong>die</strong> Katze es<br />

mö<strong>ch</strong>te – ist angesagt, um <strong>die</strong> Jagdmotivation<br />

lebendig und Körper und Geist bewegli<strong>ch</strong> zu<br />

halten. Die Katze als dämmerungsaktiver Jäger<br />

nimmt eine sol<strong>ch</strong>e Animation mit grosser<br />

Freude an und wird Ihnen das mit geistiger<br />

und körperli<strong>ch</strong>er Vitalität danken. So hätte sie<br />

zumindest ein Highlight in ihrem tristen Leben.<br />

Do<strong>ch</strong> viele Berufstätige setzen ihre Prioritäten<br />

anders, und <strong>die</strong> Katze kommt selbst in den wenigen<br />

gemeinsamen Stunden einfa<strong>ch</strong> zu kurz.<br />

Sie degra<strong>die</strong>rt zum fünften Rad am Wagen<br />

und wird ein Teil des Inventars.<br />

Ganz fatal ist es, wenn ihr dann au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />

der Sprung ins warme Bett verwehrt wird, wo<br />

<strong>die</strong> vereinsamte Katzenseele für einige Stunden<br />

Wärme und Geborgenheit beim Ersatzartgenossen<br />

auftanken <strong>könnte</strong>. Selbstverständli<strong>ch</strong><br />

ist es eine Frage der persönli<strong>ch</strong>en<br />

Foto: Ch. Villiger<br />

Einstellung, ob <strong>die</strong> Katze mit ins Bett darf oder<br />

ni<strong>ch</strong>t. Ein Anspru<strong>ch</strong> darauf ist ni<strong>ch</strong>t tiers<strong>ch</strong>ützeris<strong>ch</strong><br />

verankert. I<strong>ch</strong> meine nur, dass <strong>die</strong> <strong>Einzelkatze</strong><br />

– so sie denn unbedingt bei voller Berufstätigkeit<br />

sein muss – ein enormes Manko<br />

an Zuwendung hat. Der Zutritt zum S<strong>ch</strong>lafgema<strong>ch</strong><br />

brä<strong>ch</strong>te hier ein Stück Wiedergutma<strong>ch</strong>ung.<br />

Es mag viele berufstätige Katzenfreunde<br />

geben, <strong>die</strong> si<strong>ch</strong> vorbildli<strong>ch</strong> mit ihrem<br />

Tier in ihrer s<strong>ch</strong>malen Freizeit bes<strong>ch</strong>äftigen<br />

und es in ihren Lebensalltag optimal einbinden.<br />

I<strong>ch</strong> spre<strong>ch</strong>e jedo<strong>ch</strong> jene an, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s aus<br />

Gedankenlosigkeit oder Unwissenheit heraus<br />

unterlassen. Denn eine unterbes<strong>ch</strong>äftigte und<br />

unausgelastete Katze wird si<strong>ch</strong> irgendwann<br />

in eine Ecke verkrümeln und resignieren. Resignation<br />

lässt am Sinn des Lebens zweifeln.<br />

Das wissen wir Mens<strong>ch</strong>en do<strong>ch</strong> nur allzu gut.<br />

<strong>Wenn</strong> Mieze vor der Tür steht<br />

Foto: C. Kasper<br />

Na<strong>ch</strong> einem sol<strong>ch</strong>en traurigen Hausszenario<br />

ist man versu<strong>ch</strong>t, den Freigänger um seine Position<br />

zu beneiden. Zugegeben, eine Katze<br />

mit freiem Auslauf bleibt vom eintönigen<br />

Wohnungseinerlei vers<strong>ch</strong>ont. Sie trifft auf Artgenossen,<br />

kann <strong>die</strong> Umgebung erkunden,<br />

ihrem Jagdtrieb na<strong>ch</strong>kommen, hat genügend<br />

Bewegung und physis<strong>ch</strong>e wie psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Reize.<br />

So weit, so gut. Do<strong>ch</strong> kann man leider immer<br />

wieder beoba<strong>ch</strong>ten, dass <strong>die</strong> Katze<br />

morgens mit ihrem Mens<strong>ch</strong>en das Haus verlässt<br />

und ni<strong>ch</strong>t mehr frei wählen kann, ob sie<br />

ins Haus zurückwill oder ni<strong>ch</strong>t. I<strong>ch</strong> hatte einen<br />

sol<strong>ch</strong>en Fall in meiner unmittelbaren Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft,<br />

den i<strong>ch</strong> Ihnen gerne kurz s<strong>ch</strong>ildern<br />

mö<strong>ch</strong>te: Das Paar ging morgens zu früher<br />

Stunde aus dem Haus und entliess <strong>die</strong> Katze<br />

in <strong>die</strong> Freiheit. In <strong>die</strong> Wohnung zurück konnte<br />

sie erst, wenn ihre Mens<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong> Hause<br />

kamen. Der Tagesrhythmus des jungen Paares<br />

war sehr unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>. So kam es, dass<br />

<strong>die</strong> Katze vom frühstmögli<strong>ch</strong>en Zeitpunkt an<br />

abends artig vor der Haustür wartete, denn<br />

Katzen und Hunde haben eine innere Uhr.<br />

Man<strong>ch</strong>mal wartete sie eine Stunde, man<strong>ch</strong>mal<br />

zwei, man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> vier und mehr. Die<br />

temporär Ausgesetzte zeigte ab <strong>die</strong>sem Zeitpunkt<br />

keinerlei Interesse mehr an ihrer freiheitli<strong>ch</strong>en<br />

Umwelt. Sie kreiste sozusagen in<br />

der Wartes<strong>ch</strong>laufe. Der Freilauf wurde für sie<br />

von Stunde zu Stunde mehr zur Qual, denn<br />

sie hatte nur no<strong>ch</strong> eines im Sinn: „Wann kommen<br />

meine Mens<strong>ch</strong>en zurück?“ Dies zeigt<br />

sehr deutli<strong>ch</strong>, dass au<strong>ch</strong> Tiere mit dem viel<br />

gepriesenen Freilauf je na<strong>ch</strong> Veranlagung eine<br />

enge Beziehung zum Mens<strong>ch</strong>en eingehen<br />

können, <strong>die</strong> ihr offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> mehr als <strong>die</strong><br />

Freiheit bedeutet.<br />

Alle meine Bemühungen, <strong>die</strong> Katze in den<br />

späten Abendstunden zumindest mit einem<br />

Häpp<strong>ch</strong>en zu versorgen oder sie bei ungünstigen<br />

Wetterverhältnissen an einem geeigneten<br />

Ort warm zu „parkieren“, s<strong>ch</strong>lugen<br />

fehl. Sie wollte ihre Mens<strong>ch</strong>en sehen oder<br />

au<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong> nur zurück in ihr Heim und<br />

ni<strong>ch</strong>ts anderes, basta. Fatal wurde <strong>die</strong>se Situation<br />

an Wo<strong>ch</strong>enenden, wo <strong>die</strong> Katze oft<br />

bis zu 48 Stunden ohne häusli<strong>ch</strong>e Rückzugsmögli<strong>ch</strong>keit<br />

bzw. Betreuung blieb. Diskussionen<br />

über <strong>die</strong>se Situation fru<strong>ch</strong>teten ni<strong>ch</strong>ts.<br />

Man konnte meine Meinung über <strong>die</strong>se ni<strong>ch</strong>t<br />

artgere<strong>ch</strong>te Haltung leider ni<strong>ch</strong>t teilen. Für eine<br />

tierquäleris<strong>ch</strong>e Haltung fehlten direkte Beweise.<br />

Sol<strong>ch</strong>e Situationen zeigen, dass für<br />

man<strong>ch</strong>e Mens<strong>ch</strong>en der Freilauf einer Katze<br />

ein Freibrief ist, si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t um sie kümmern zu<br />

müssen, da man <strong>die</strong> Auffassung vertritt, <strong>die</strong>

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