Thema: Arbeit - HeidelbergCement

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context 1/2009 Arbeit „Angenehm sind die kurzen Arbeiten.“ Cicero, 106 – 43 v. Chr., römischer Politiker, Anwalt und Philosph 2 1 3 4 „Arbeit um der Arbeit willen ist gegen die menschliche Natur.“ John Locke, 1632 – 1704, englischer Philosoph 5 7 6 „Ein Mensch, der um anderer willen, ohne dass es seine eigene Leidenschaft, sein eigenes Bedürfnis ist, sich um Geld oder Ehre oder sonst etwas abarbeitet, ist immer ein Tor.“ Johann Wolfgang von Goethe, deutscher Dichter in „Die Leiden des jungen Werther“, 1774 8 9 1 Telefonistinnen, um 1904, 2 Mechaniker an einer Pumpe, fotografiert von Lewis Hine, 1920, 3 Spinnende dänische Mönche, 1953, 4 Platon im Gespräch mit einem Studenten, gemalt von Puvis de Chavannes, 19. Jhdt., 5 Detail des Gemäldes „Atelier de Tourneur“ von E. Renard, 19. Jhdt., 6 Bauern bei der Heuernte, 7 Bauarbeiter auf der Baustelle des Bundesarchiv in Berlin, 2008/2009, 8 Frauen bei der Buchhaltung in einer großen Bank, ca. 1970, 9 Coster‘s Druckladen in Harlem, gemalt von Jan Van der Velde, 1616 8
context 1/2009 Arbeit Arbeit Von der Mühsal zur Berufung War den Griechen der Antike noch Müßiggang hehres Ziel und Zeichen des Wohlstands, hat das Nichtstun heute den schalen Beigeschmack von Faulheit oder Unfähigkeit. Vorangetrieben haben diesen Gesinnungswandel zuerst Mönche und später die Industrielle Revolution. Eigentlich arbeiten die Menschen erst seit dem Mittelalter – zumindest im heutigen Sinn. Nicht, dass sie vorher nicht geschuftet hätten, schließlich plagten sich schon die von Ackerbau und Jagd lebenden Menschen der Frühgeschichte den ganzen Tag, um ausreichend Nahrung herbeizuschaffen. Doch all die dafür notwendigen Handlungen und Gedanken fielen nicht unter den Begriff „Arbeit“, denn dieses Wort – wahrscheinlich abgeleitet aus dem germanischen „arbaiþis“ – stand bis ins frühe Mittelalter für „Mühsal“ und „Leiden“. Mühevoll waren die einzelnen Tätigkeiten in der Landwirtschaft oder dem Handwerk der damaligen Zeit ohne erleichternde technische Hilfsmittel ohne Frage. Es ist daher nicht verwunderlich, dass in der Antike insbesondere körperliche Arbeit als Zeichen der Unfreiheit galt – Sklaven und Handwerker mussten sie verrichten. Dagegen war geistige Arbeit so etwas wie schöpferische Muße, auch „scholé“ genannt, wovon sich das heutige Wort „Schule“ ableitet. Diese Form der Arbeit war beliebt, jedoch den Gelehrten vorbehalten. Die ersten, die sich freiwillig körperlichen Tätigkeiten hingaben, waren Mönche. Unter dem Leitspruch „Ora et labora (et lege), Deus adest sine mora“ („Bete und arbeite (und lese), Gott ist da ohne Verzug“) wandten sich die Benediktiner der Arbeit in der Küche und auf dem Feld zu. Sie begründeten diese Haltung mit ihrem Glauben, dass der Weg zu Gott nur über Gebet und mühselige Arbeit zu finden sei. Arbeit war Fluch und Segen, Strafe und göttlicher Auftrag zugleich, ganz nach dem Bibelzitat der Genesis: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden; von ihm bist du ja genommen. Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück.“ Interessanter- und auch verständlicherweise entstand jedoch um diese Zeit auch die Ansicht, dass geistige Tätigkeiten wie Gebet und Bibellektüre ebenfalls Arbeit sind. In den Städten des Mittelalters gewann Arbeit eine zunehmend zentrale und auch positive Bedeutung, denn sie war mit Freiheit und Stadtbürgerrecht verknüpft. Doch die Zweiteilung der Arbeit in körperliche und geistige und damit in unterschiedlich hohes Ansehen blieb noch lange erhalten, selbst unter Gläubigen. So liest man beispielsweise bei Thomas von Aquin: „Die vita contemplativa ist einfach besser als die vita activa“. Erst die Reformation stellte jede Arbeit und damit alle Menschen gleich. Martin Luther sah menschliche Arbeit als Gottesdienst, als Dienst am Nächsten. Er verdeutlichte dies in seiner Kirchenpostille von 1522, in der er den Begriff des „Berufs“ einführte. Jegliche weltliche Tätigkeit könne so ausgeübt werden, dass sie der Berufung durch Gott zum guten Werk am Nächsten entspricht. Jeder Christenmensch hat Luthers Ansicht nach einen doppelten Beruf, den Beruf zum Glauben und den Beruf zum Dienst am Nächsten. Weil sich beides in jeder christlichen Existenz verbinde, könne es keinen Rang unterschied zwischen den Berufen geben: „Wenn du eine geringe Hausmagd fragst, warum sie das Haus kehre, die Schüsseln wasche, die Kühe melke, so kann sie sagen: Ich weiß, dass meine Arbeit Gott gefällt, sintemal ich sein Wort und Befehl für mich habe“, schreibt er etwa 1532 in einer Predigt. Luther befreit die Arbeit somit von der Mühsal und vom Standesdünkel und macht sie zur Berufung. Mit der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert erfuhr die Arbeit dann eine geradezu euphorische Aufwertung als Quelle von Eigentum, Reichtum und als Kern menschlicher Selbstverwirklichung. Der Philosoph Immanuel Kant ging sogar soweit, Muße als leere Zeit abzutun: „Je mehr wir beschäftigt sind, je 9
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