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Sonderausgabe des M V Basel 1891 - Mieterverband

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Jahresbericht 2012<br />

Unsere Vertrauensanwältinnen:<br />

über die Grenzen hinaus blicken!<br />

MV <strong>Basel</strong>-Vertrauensanwältin<br />

Diana Göllrich,<br />

die Anwältin sowohl<br />

nach deutschem wie nach<br />

Schweizer Recht ist, wirft<br />

einen kurzen Blick über<br />

die Lan<strong>des</strong>grenzen.<br />

In <strong>Basel</strong>-Stadt herrscht seit Neuestem<br />

ein regelrechter Boom an Sanierungskündigungen.<br />

Leidtragende<br />

dabei sind im Regelfall die Mieter.<br />

Doch es ginge auch anders, wie anhand<br />

dieses Erfahrungsberichts in<br />

einem Rechtsvergleich mit unserem<br />

Nachbarn Deutschland aufgezeigt<br />

wird.<br />

Höhere Vermieterhürde<br />

unseres Nachbarn<br />

Ein Vergleich mit unserem Nachbarn<br />

zeigt, dass es dem Vermieter in<br />

Deutschland nur unter engen rechtlichen<br />

Voraussetzungen möglich<br />

ist, eine Kündigung wegen Umbauarbeiten<br />

zu begründen, welche<br />

auch prozessual standhält.<br />

Die Gerichte fordern ein berechtigtes<br />

Interesse seitens <strong>des</strong> Vermieters,<br />

welches nur dann vorliegt,<br />

wenn er durch die Fortsetzung der<br />

Mietverhältnisse an einer angemessenen<br />

wirtschaftlichen Verwertung<br />

<strong>des</strong> Grundstückes gehindert wird<br />

oder dadurch einen erheblichen<br />

Nachteil erleidet. Dabei hat er zu begründen,<br />

warum eine Sanierung<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> nur in unbewohntem<br />

Zustand möglich und vertretbar<br />

sein soll. Dabei wiederum kann er<br />

sogar verpflichtet werden, eine detaillierte<br />

Berechnung der Sanierungskosten<br />

mit und ohne Räumung<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> aufzustellen.<br />

Überdies, und darin finden wir neben<br />

dem Unterschied zur hiesigen<br />

Praxis auch den Knackpunkt der<br />

Thematik, muss er seine Umbauabsichten<br />

bereits im Kündigungsschreiben<br />

nachvollziehbar sowie<br />

überzeugend darlegen und kann<br />

diese nicht, wie bei uns üblich,<br />

nachreichen.<br />

Dies schützt den Mieter auch davor,<br />

dass die Umbauarbeiten trotz<br />

anderweitiger Ankündigung letztlich<br />

nur aus kleineren Renovationen<br />

bestehen. Umfassende Sanierungs-<br />

und Modernisierungsarbeiten<br />

können schliesslich insbesondere<br />

dann nicht als Kündigungsgrund<br />

herhalten, wenn der Vermieter den<br />

Rechtsanwältin Diana Göllrich,<br />

Vertrauensanwältin MV <strong>Basel</strong><br />

schlechten Zustand <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />

selber zu vertreten hat, weil er in<br />

der Vergangenheit seiner Verpflichtung<br />

zum Erhalt der Liegenschaft<br />

gar nicht oder nur durch minimale<br />

Verbesserungs- oder Erhaltungsarbeiten<br />

nachgekommen ist.<br />

Wohntreue: in Deutschland<br />

belohnt, in der Schweiz bestraft<br />

Es wird daher zweifellos ersichtlich,<br />

dass der Mieter in seinem berechtigten<br />

Wunsch nach Belohnung seiner<br />

langjährigen Wohntreue in<br />

Deutschland durch die Gerichte einen<br />

hohen Schutz geniesst. Davon<br />

sind wir in <strong>Basel</strong> leider weit entfernt<br />

sind.<br />

Mittlerweile hat es sich eingebürgert,<br />

dass Vermieter, wollen sie<br />

eine umfassende Sanierung Ihrer<br />

Liegenschaft durchführen, die Mieter<br />

vor die Türe stellen. Letztere sehen<br />

sich dieser Handhabe oftmals<br />

sogar dann machtlos ausgesetzt,<br />

wenn sie bereit sind, die Umbaustrapazen<br />

über sich ergehen zu lassen,<br />

oder temporär die eigene Wohnung<br />

gar zu verlassen.<br />

Es ist ein offenes Geheimnis,<br />

dass der vorherrschende tiefe Hypothekarzinssatz<br />

Investitionskredite<br />

zu günstigen Konditionen ermöglicht<br />

und dadurch Sanierungskündigungen<br />

begünstigt. Hinzu kommt<br />

eben die hiesige Rechtslage bezüglich<br />

umfassender Sanierung. Die<br />

Gerichte gewichten die Eigentumsfreiheit<br />

<strong>des</strong> Vermieters in den überwiegenden<br />

Fällen stärker als die<br />

Mieterinteressen an der Erhaltung<br />

<strong>des</strong> gewohnten sozialen Umfelds.<br />

Auch wenn die hiesige Rechtslage<br />

zum Teil also sehr vermieterfreundlich<br />

ist, sind Sie keinesfalls<br />

machtlos. In jedem Fall haben Sie<br />

als Mieter die Möglichkeit, die ausgesprochene<br />

Kündigung innerhalb<br />

von dreissig Tagen bei der zuständigen<br />

Schlichtungsstelle anzufechten.<br />

Darüber hinaus können Sie in begründeten<br />

Fällen eine Erstreckung<br />

Ihres Mietverhältnisses um bis zu<br />

vier Jahre erreichen. Eine Anfechtung<br />

der Kündigung lohnt sich immer,<br />

da nicht von vornherein ausgeschlossen<br />

werden kann, dass die<br />

geplante Sanierung mangels ausreichender<br />

Eingriffstiefe eine Kündigung<br />

nicht rechtfertigt. Lassen Sie<br />

sich, liebe Mieterinnen, liebe Mieter,<br />

keinesfalls entmutigen, wenn<br />

Sie eine derartige Kündigung erhalten.<br />

Schöpfen Sie die rechtlichen<br />

Möglichkeiten aus und kämpfen<br />

Sie – am Ende können Sie nur<br />

gewinnen!<br />

Unsere Wohnfachberatung:<br />

immer beliebter!<br />

Die Bedrängnis einer zunehmenden<br />

Zahl an Mietparteien zeigt<br />

sich auch in unserer zweiten schwergewichtigen<br />

Dienstleistung: der<br />

Wohnfachberatung. Dutzende Male<br />

wurden wir zu einem unserer Mitglieder<br />

nach Hause gerufen. Meist<br />

geschieht dies zur Vorbereitung und<br />

Absicherung allfälliger späterer juristischer<br />

Händel, in die einem Vermieter<br />

hineinziehen könnten.<br />

So verlangen unsere Rat suchenden<br />

Mitglieder meist, bei der anstehenden<br />

Wohnungsabgabe beim Auszug<br />

von uns begleitet zu werden.<br />

Die Beweggründe dazu sind unterschiedlicher<br />

Natur. Häufig ist das zu<br />

Ende gehende Mietverhältnis vorbelastet,<br />

oder dann geht von Nachbarseite<br />

die Kunde, der Vermieter neige<br />

zu ungerechtfertigten hohen Nachzahlungen.<br />

Es gibt aber auch die besonders<br />

Pflichtbewussten unter unseren<br />

Mitgliedern, die sich vorberaten<br />

lassen, um sicherzustellen, dass<br />

bei der Abgabe alles wie am Schnürchen<br />

laufen wird. Selten von Belang<br />

scheint in<strong>des</strong> der Zustand der Mietwohnung<br />

beim Einzug, wie aus der<br />

zu spärlich in Anspruch genommenen<br />

Dienstleistung «Einzugsberatung»<br />

geschlossen werden muss.<br />

Dies steht in gewissem Gegensatz<br />

dazu, dass die juristisch nicht unwichtigen<br />

Antrittsprotokolle (auch<br />

Mängellisten genannt) leider meist<br />

sehr lückenhaft sind.<br />

Gut nachgefragt wird in<strong>des</strong> unsere<br />

Dienstleistung «Mängelberatung»,<br />

wo es nicht nur um Schimmel-, Geruchs-<br />

und Lärmbelästigungen geht,<br />

sondern oftmals auch um die Frage,<br />

wann ein Gerät oder ein Farbanstrich<br />

ersetzt werden muss.<br />

Und ähnlich wie in der Vorjahresperiode<br />

gilt es auch hier wieder<br />

festzustellen: Die Zufriedenheitsquote<br />

bei unserer Wohnfachberatung<br />

ist – nicht zuletzt dank unserer<br />

engagierten Administratorin<br />

Susanna Seroussi – erneut rekordmässig<br />

hoch.<br />

(leu)<br />

Susanna Seroussi (Wohnfachliches) und Peter Steiner (Rechtliches) im<br />

«Baslerstab»-Interview<br />

6<br />

MV <strong>Basel</strong> <strong>1891</strong>

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