Veranstaltungsprogramm 2. Halbjahr 2013 - Nordrhein-Westfälische ...
Veranstaltungsprogramm 2. Halbjahr 2013 - Nordrhein-Westfälische ...
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<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfälische</strong> Akademie<br />
der Wissenschaften und der Künste<br />
Wissenschaftliche Sitzungen <strong>2.</strong> <strong>Halbjahr</strong> <strong>2013</strong>
Wissenschaftliche Klassensitzungen und<br />
Akademieveranstaltungen für alle Klassen<br />
der <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfälische</strong>n Akademie<br />
der Wissenschaften und der Künste im<br />
<strong>2.</strong> <strong>Halbjahr</strong> <strong>2013</strong><br />
Die Akademie ist eine Vereinigung führender Forscherinnen und Forscher des<br />
Landes und die Heimat von zurzeit 16 wissenschaftlichen Forschungsvorhaben.<br />
In der Akademie pflegen die Mitglieder wie in den weiteren sieben deutschen<br />
Landesakademien den wissenschaftlichen Gedankenaustausch untereinander<br />
sowie mit Vertretern von Politik und Gesellschaft und unterhalten enge Kontakte<br />
zu anderen wissenschaft lichen Einrichtungen im In- und Ausland.<br />
Die <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfälische</strong> Akademie ist in drei wissenschaftliche Klassen,<br />
Geis teswissenschaften, Naturwissenschaften und Medizin sowie Ingenieurund<br />
Wirtschaftswissenschaften, und eine Klasse der Künste gegliedert. In ihnen<br />
findet das eigentliche wissenschaftliche und diskursive Leben der Akademie<br />
statt. Die regelmäßigen nichtöffentlichen Klassensitzungen bieten die Gele gen -<br />
heit zur Diskussion wissenschaftlicher Forschungsergebnisse oder künst lerischer<br />
Fragestellungen, in ihnen werden für die akademieeigenen Schriften rei hen<br />
vorgesehene Publikationen vorgelegt. Die Vielfalt der vertretenen Fach rich tungen<br />
bietet die Gewähr für disziplinenübergreifenden Gedankenaustausch und<br />
interdisziplinäres Arbeiten.<br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfälische</strong> Akademie der Wissenschaften und der Künste<br />
4 5
Übersicht 2|<strong>2013</strong><br />
G<br />
Mittwoch, 03.07.<strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr<br />
NM<br />
Mittwoch, 25.09.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr<br />
Gerichte als Gesetzgeber in der Frühen Neuzeit<br />
Prof. Dr. Peter Oestmann, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
The Impact of the Extracellular Matrix on Inflammation<br />
Prof.’in Dr. Lydia Sorokin, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />
NM<br />
Mittwoch, 17.07.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr<br />
Die Biochemie des Molybdäns: Vom Grundstoffwechsel zur Neurobiologie<br />
Prof. Dr. Günther Schwarz, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
Molekulare „Anstandsdamen“: Rolle bei Proteinfaltung und Neurodegeneration<br />
Prof. Dr. Ulrich Hartl, Martinsried . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
A<br />
Mittwoch, 09.10.<strong>2013</strong>, um 17.00 Uhr (ÖV)<br />
Relativitätstheorie im Alltag<br />
Prof. Dr. Claus Lämmerzahl, Bremen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
IW<br />
Mittwoch, 04.09.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr<br />
Zirkuläre Arbeitsmigration und ihre Folgen<br />
Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
Nanomagnetische Logik – eine mögliche Nachfolgetechnologie der heutigen<br />
CMOS-Elektronik mit geringer Verlustleistung und hoher Packungsdichte<br />
Prof.’in Dr. Doris Schmitt-Landsiedel, München . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
G<br />
Mittwoch, 11.09.<strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr<br />
Das Weltbild des Buddhismus<br />
Prof. Dr. Klaus Sagaster, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Leo Brandt-Vortrag<br />
Wenn das Öl zur Neige geht: Was treibt die Autos von Morgen an?<br />
Prof. Dr. Ferdi Schüth, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung,<br />
Mülheim an der Ruhr<br />
G<br />
Mittwoch, 16.10.<strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr<br />
Kunst – Geschichte. Tiepolo in Würzburg<br />
Prof. Dr. Georg Satzinger, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
JK<br />
Freitag, 25.10.<strong>2013</strong>, um 13.00 Uhr (ÖV)<br />
Vom unendlichen Fortschritt zur Nanosekunde. Wissenschaftliche Betrachtungen<br />
unserer Zeit<br />
Forschungstag des Jungen Kollegs<br />
6 7
IW<br />
Mittwoch, 06.11.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr<br />
A<br />
Freitag, 06.1<strong>2.</strong><strong>2013</strong>, um 16.00 Uhr (ÖV)<br />
Aktionärsverhalten und -präferenzen deutscher Retailaktionäre<br />
Prof. Dr. Bernhard Pellens, Bochum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Moderne Spurenleser – Elefanten am Nordseestrand<br />
Prof. Dr. Tom Schanz, Bochum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
NM<br />
Mittwoch, 13.11.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr<br />
Innovative Technologien für die Personalisierte Medizin<br />
Prof. Dr. Thomas Schmitz-Rode, Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
Psychologische Therapie der Angststörungen: Von der Wirksamkeitsforschung<br />
zur Aufklärung der Mechanismen<br />
Prof. Dr. Jürgen Margraf, Bochum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
Klimavariabilität aus meteorologischen Beobachtungen und Modellen<br />
Abschlusskolloquium der Forschungsstelle „Großräumige Klimaänderungen<br />
und ihre Bedeutung für die Umwelt“<br />
NM<br />
Mittwoch, 18.1<strong>2.</strong><strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr<br />
Spin-verbotene Prozesse in elektronisch angeregten Molekülen<br />
Prof.’in Dr. Christel Marian, Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
Ein ABC biologischer Membranen<br />
Prof. Dr. Lutz Schmitt, Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
Legende / Erläuterungen<br />
JK<br />
Dienstag, 19.11.<strong>2013</strong>, um 13.30 Uhr (ÖV)<br />
A = Akademieveranstaltung für alle Klassen<br />
Verantwortungsfreie Forschung – Dimensionen einer wissenschaftsethischen<br />
Kontroverse<br />
Symposium des Jungen Kollegs, Arbeitsgruppe Verantwortung und Wissenschaft<br />
A<br />
Freitag, 29.11.<strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr (ÖV)<br />
Inhalte und Grenzen der Planbarkeit<br />
5. interdisziplinäres Forum der Akademie<br />
G<br />
Mittwoch, 04.1<strong>2.</strong><strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr<br />
Die Vandalen – Zerstörer oder Erben des Imperium Romanum?<br />
Prof. Dr. Konrad Vössing, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
G = Klasse für Geisteswissenschaften<br />
NM = Klasse für Naturwissenschaften und Medizin<br />
IW = Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften<br />
K = Klasse der Künste<br />
JK = Junges Kolleg<br />
ÖV = Öffentliche Veranstaltung<br />
Weitere Informationen zu den Klassensitzungen sind zeitnah im Internet zu finden.<br />
Bitte beachten Sie bei den genannten öffentlichen Terminen die postalischen Einladungen<br />
und hierbei eventuelle Terminänderungen. Weitere Terminhinweise finden<br />
Sie unter www.awk.nrw.de<br />
8 9
Wissenschaftliche Sitzungen 2|<strong>2013</strong><br />
G<br />
Mittwoch, 03.07.<strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr, 546. Sitzung<br />
Gerichte als Gesetzgeber in der Frühen Neuzeit<br />
Prof. Dr. Peter Oestmann, Münster<br />
Gerichte entscheiden nicht nur Rechtsstreitigkeiten. Sie sind in weitem Maße<br />
zugleich rechtssetzend tätig. Im modernen Recht entstehen auf diese Weise<br />
Spannungen zur bekannten Lehre von der Gewaltenteilung. Beim Blick in die<br />
Geschichte verschiebt sich dagegen das Problem. Über Jahrhunderte hinweg<br />
erließen Gerichte in zahlreichen europäischen Staaten sog. Gemeine Bescheide<br />
(Decreta communia) und entschieden darin wichtige Fragen des Prozessrechts<br />
sowie viele andere Bereiche. Besondere Bedeutung erlangten die Gemeinen<br />
Bescheide der obersten Gerichte des Alten Reiches. Die Gesetzgebung auf<br />
Reichsebene war schwerfällig, und daher regelten das Reichskammergericht<br />
und der Reichshofrat wesentliche Bereiche eigenständig. Im Rahmen eines<br />
weit vorangeschrittenen Editionsprojekts sind sämtliche Handschriften und<br />
zeitgenössischen Drucke inzwischen ausgewertet. Der Vortrag geht auf Schwie -<br />
rigkeiten der Quellenerschließung ein und beleuchtet vor allem die Inhalte<br />
der Bescheide. Insbesondere das unklare Verhältnis zwischen Mündlichkeit<br />
und Schriftlichkeit wirft neues Licht auf die praktischen Schwierigkeiten des<br />
frühneuzeitlichen Gerichtsverfahrens. Unüberbrückbare Interessenkonflikte<br />
zwischen Anwälten und der Richterschaft machten aus den öffentlichen Audi -<br />
enzen einen ständigen Zankapfel. Durch die neu erschlossenen Quellen auf<br />
der Grenzlinie zwischen Gesetz und Urteil ist es möglich, die frühneuzeitliche<br />
Gerichtspraxis erheblich besser zu verstehen.<br />
Prof. Dr. Peter Oestmann, geb. 1967, studierte 1987-92 Rechtswissenschaft in<br />
Göttingen. Dort war er nach dem ersten Staatsexamen (Hannover 1992)<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter und arbeitete an seiner Dissertation (Promotion<br />
1995, Friedrich-Spee-Förderpreis). Im Anschluss an das Referendariat in<br />
Lübeck (zweites Staatsexamen in Hamburg 1997) wurde er Stipendiat des<br />
Graduiertenkollegs europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main. Hier<br />
habilitierte er sich 2002 für die Fächer Deutsche Rechtsgeschichte, Bürgerliches<br />
Recht und Zivilprozessrecht. 2003 erhielt er einen Lehrstuhl für Rechtsgeschichte<br />
und Privatrecht in Bern. Bereits 2004 wechselte er an die Universität<br />
Münster auf einen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Deutsche Rechtsgeschichte.<br />
Dort blieb er trotz weiterer Rufe nach Kiel und Frankfurt am Main.<br />
Seit 2007 ist er Hauptantragsteller des Exzellenzclusters Religion und Politik<br />
in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne. Oestmann beschäftigt sich<br />
schwerpunktmäßig mit der Geschichte von Gerichtsbarkeit und Gerichtsverfahren<br />
im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Auch Fragen der Quel -<br />
lenerschließung und Editionsprobleme stehen im Zentrum seines Interesses.<br />
2012 wurde er in die <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfälische</strong> Akademie der Wissenschaften<br />
und der Künste aufgenommen. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift der Savigny-<br />
Stiftung für Rechtsgeschichte, der Zeitschrift für Historische Forschung sowie der<br />
Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich.<br />
NM<br />
Mittwoch, 17.07.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 55<strong>2.</strong> Sitzung<br />
Molekulare „Anstandsdamen“: Rolle bei<br />
Proteinfaltung und Neurodegeneration<br />
Prof. Dr. Ulrich Hartl, Martinsried<br />
Proteine übernehmen lebensnotwendige Aufgaben in allen Zellen. Doch um<br />
ihre biologische Funktion ausüben zu können, müssen sich die kettenartigen<br />
Moleküle nach ihrer Synthese an den Ribosomen erst zu komplexen, dreidi men -<br />
sionalen Strukturen falten. Dieser Prozess wird durch verschiedene Klassen<br />
molekularer Chaperone vermittelt, die in geordneten Reaktionswegen kooperieren.<br />
Ihre zentrale Aufgabe ist die Verhinderung der Proteinaggregation,<br />
denn fehlgefaltete und aggregierte Proteine sind für die Zelle nicht nur nutzlos,<br />
sondern können auch toxisch sein. Die Effizienz der Chaperone nimmt jedoch<br />
im Alter ab und eine Reihe altersbedingter Krankheiten wie die Alzheimerde-<br />
10 11
menz oder der Morbus Parkinson werden durch die Ansammlung von Proteinaggregaten<br />
verursacht. Unsere Forschungsarbeiten der letzten Jahre haben zu<br />
einem besseren Verständnis der Rolle der Chaperone bei Proteinfaltung und<br />
neurodegenerativen Faltungskrankheiten beigetragen.<br />
Prof. Dr. Ulrich Hartl studierte Medizin an der Universität Heidelberg. 1985<br />
wurde er am Institut für Biochemie mit summa cum laude zum Dr. med. pro moviert.<br />
Als Post-Doktorand arbeitete er 1985 und 1986 bei Walter Neupert am<br />
Institut für Physiologische Chemie der Universität München. Dort war er auch<br />
von 1987 bis 1989 Arbeitsgruppenleiter. Ein weiterer Postdoc-Aufenthalt führte<br />
ihn zu William Wickner an die University of California, Los Angeles. 1990<br />
habilitierte er sich – wieder in München – zum Dr. med. habil. und wurde dort<br />
Akademischer Rat. Im darauf folgenden Jahr folgte er einem Ruf als Associate<br />
Professor für Zelluläre Biochemie an das Sloan Kettering Institute und Cornell<br />
Medical College in New York. 1993 wurde er Full Professor. Ab 1994 war er auch<br />
Associate Investigator des Howard Hughes Medical Institute. Als Direktor der<br />
Abteilung Zelluläre Biochemie am Max-Planck-Institut für Biochemie Martinsried<br />
kehrte er 1997 nach Deutschland zurück. Im gleichen Jahr erhielt er eine Hono -<br />
rarprofessur an der Universität München. Von 2001 bis 2003 war er Vizepräsident<br />
und von 2003 bis 2005 Präsident der Gesellschaft für Bio che mie und<br />
Molekularbiologie. Hartl arbeitet auf den Gebieten der physiologischen Chemie,<br />
der Zellbiologie und der Biochemie. Besonders beschäftigt er sich mit der<br />
Proteinfaltung. Er studierte den Prozess der Faltung im Zytosol bei Bakterien,<br />
Archaeen und Eukaryoten und konnte 1989 den Nachweis erbringen, dass<br />
molekulare Cha perone Proteine falten. Er erforscht, warum die Aktivität der<br />
Chaperone mit dem Alter sinkt und wie sie wieder aktiviert werden können.<br />
Außerdem untersucht er neue Therapieansätze für neurodegenerative Krankheiten,<br />
die durch Fehlfaltung oder Verklumpung von Proteinen entstehen, zum Beispiel<br />
Alzheimer, Parkinson oder Chorea Huntington. Für seine Forschungsarbeiten<br />
hat Hartl mehrere nationale und internationale Preise erhalten, u.a. den Leibniz-<br />
Preis der DFG, die Otto-Warburg-Medaille der GBM, den Heineken-Preis für<br />
Biochemie und Biophysik, den Lasker Award for Basic Medical Research und<br />
den Shaw Prize in Life Science and Medicine.<br />
NM<br />
Mittwoch, 17.07.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 55<strong>2.</strong> Sitzung<br />
Relativitätstheorie im Alltag<br />
Prof. Dr. Claus Lämmerzahl, Bremen<br />
Die Einsteinsche Allgemeine Relativitätstheorie wird üblicherweise mit kleinsten<br />
Effekten wie der Lichtablenkung an der Sonne und der Periheldrehung des<br />
Merkurs oder mit der Physik Schwarzer Löcher, mit Zeitreisen, Wurmlöchern,<br />
dem warp drive und mit der Kosmologie in Verbindung gebracht – also insgesamt<br />
entweder mit sehr kleinen Effekten, oder mit Dingen, die sich irgendwo<br />
weit draußen im Universum abspielen.<br />
In diesem Vortrag wird kurz auf diese Dinge eingegangen, dann aber gezeigt,<br />
dass die Allgemeine Relativitätstheorie auch für unser tägliches Leben von<br />
enormer und weiter wachsender Bedeutung ist. Nur mit Hilfe der Allgemeinen<br />
Relativitätstheorie funktioniert z.B. unser Navigationssystem im Auto und im<br />
Flugzeug. Wenn wir diese Theorie nicht berücksichtigen, würden sich innerhalb<br />
eines Tages die Fehler im Navigationssystem auf über 10 km auf addieren.<br />
Auch die Definition der internationalen Atomzeit ist nur unter Berücksichtigung<br />
der Allgemeinen und Speziellen Relativitätstheorie möglich. Des Weiteren wird<br />
gezeigt, dass die Allgemeine Relativitätstheorie auch absolut notwendig ist bei<br />
verbesserten Geodäsiemissionen, die in Kürze gestartet werden und mit deren<br />
Hilfe das Gravitationsfeld der Erde sehr genau ausgemessen wird, womit man<br />
z.B. die Eisabschmelzung und andere geologische Prozesse in entfernten schwer<br />
zugänglichen Gebieten sehr genau verfolgen kann.<br />
Daneben macht es die in letzter Zeit erfolgte enorme Verbesserung der Genauigkeit<br />
von Uhren möglich, das Gravitationsfeld auch mit Uhren hochgenau auszumessen<br />
und damit auch andere Effekte wie die Rotation der Erde oder torsionale<br />
Effekte der Erdoberfläche auszumessen. Auch dies ist nur mit Hilfe der Allge -<br />
meinen Relativitätstheorie möglich. Zum Schluss wird noch ein kurzer Ausblick<br />
auf mögliche zukünftige Entwicklungen gegeben.<br />
12 13
Prof. Dr. rer. nat. Claus Lämmerzahl, geboren am 19.07.1956 in Engen/Hegau,<br />
Baden-Württemberg. 1975-1981 Diplomstudiengang Physik an der Universität<br />
Konstanz mit dem Schwerpunkt Theoretische Physik. 1982 Diplomarbeit<br />
über „Neutroneninterferenz im Gravitationsfeld“ bei Prof. Dr. J. Audretsch.<br />
1989 Promotionsarbeit „Contribution to a constructive axiomatics of spacetime<br />
geometry“ bei Herrn Prof. Dr. J. Audretsch. 1997 Habilitation im Fach<br />
“Theoretische Physik“.<br />
1989 bis 2000 Wissenschaftlicher Angestellter an Universität Konstanz. In den<br />
Jahren 1992, 1995, 1996 und 1997 Forschungsaufenthalte an der Universidad<br />
Autonoma Metropolitana (UAM), in Mexico D.F, Mexico sowie 1994 bis 1995,<br />
1996 bis 1998 Gastaufenthalte als CNRS-Gastwissenschaftler am „Laboratoire<br />
de Gravitation et Cosmologie Relativiste“ in Paris, Frankreich. 2000 bis 2003<br />
Anstellung als Wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Experimentalphysik<br />
der Uni ver sität Düsseldorf. Im Jahre 2003 folgt der Wechsel an das Zentrum<br />
für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation, Universität Bremen,<br />
als Leiter der Arbeitsgruppe „Fundamental Physics“. 2007 Post-Habilitation<br />
„Theorie der Uhren und Maßstäbe in Gravitationsfeldern. Theore tische und<br />
experimentelle Grundlagen der Speziellen und Allgemeinen Rela ti vi tätstheorie“<br />
an der Uni versität in Konstanz. 2010 Ernennung zum Professor an der Carl<br />
von Ossietzky Universität Oldenburg. 2012 Übertragung der Institutsleitung<br />
für das ZARM Institut, Universität Bremen. Leitung der Abteilung Space Science<br />
am ZARM sowie der Forschungs gruppen „Fundamental Physics, Theroetical<br />
Physics, Space Technology and Micro Satel lites“. 2012 Bestellung zum Geschäftsführer<br />
der ZARM Fallturm Betriebsgesellschaft mbH.<br />
IW<br />
Mittwoch, 04.09.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 91. Sitzung<br />
Zirkuläre Arbeitsmigration und ihre Folgen<br />
Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann, Bonn<br />
In der modernen Gesellschaft ist Wanderung Bedrohung, Herausforderung<br />
und Chance. Die globale Wirtschaft mit ihrem technischen Fortschritt macht<br />
Mobilität zu einem zentralen Faktor. In der gesellschaftlichen Diskussion ist<br />
Migration Zuwanderung, also dauerhafte Einwanderung. Das entspricht nicht<br />
Notwendigkeit und Realität, insbesondere für die Arbeitsmigration. Wandernde<br />
Arbeitskräfte folgen den Marktbedingungen und relativen Knappheitsverhältnissen<br />
und tragen so zu einer besseren Allokation wirtschaftlichen Resourcen<br />
und damit zu größerem Wohlstand bei. Der ständige Wandel und aufkommende<br />
Chancen führen dazu, dass Arbeitskräfte sich neu orientieren: Sie können<br />
zurückkehren, weiter wandern und wieder losziehen, vom Ursprungsort oder<br />
von einer temporären, anderen neuen Heimat. Dann spricht man von Rückkehrmigration,<br />
Wiederholungsmigration und zirkulärer Migration.<br />
Die Arbeitsmigration, insbesondere über nationale Grenzen hinweg, erfolgt in<br />
ethnischen Netzwerken. Informationsbedürfnisse und Sprache, aber auch<br />
familiäre Faktoren prägen diese Zusammenhänge. Sie spielen neben den<br />
eigentlich auslösenden ökonomischen Anreizen wie der Verfügbarkeit von<br />
Jobs, der Entlohnung und des Lernpotenzials eine ganz wichtige lenkende<br />
und gestaltende Rolle. Staatliche Regelungen wie Mobilitätsbeschränkungen<br />
und Steuergesetze kontrollieren den Prozess. Zirkuläre Migration ist ein<br />
zentrales Merkmal der Arbeitsmigration.<br />
Schlecht gestaltete Eingriffe können zu erheblichen Fehlreaktionen führen.<br />
Ohne Steuerung wandern Arbeitsmigranten nach wirtschaftlicher Lage ein<br />
und aus. Will man die Zuströme stoppen (Anwerbestopp für Gastarbeiter in<br />
Europa 1973; Grenzzäune zwischen Mexiko und den USA), behindert man also<br />
zirkuläre Migration, dann darf man sich nicht wundern, dass der Bestand an<br />
Migranten zunimmt und ihre durchschnittliche Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt<br />
abnimmt. Da die Wiedereinreise schwierig wird, verlässt man nicht das<br />
Land, sondern holt Angehörige nach.<br />
Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann ist seit 1998 Professor für wirtschaftliche Staats -<br />
wissenschaften der Universität Bonn und Gründungsdirektor des unabhängigen<br />
Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA). Er leitet das mit dem IZA<br />
verbundene, weltweite arbeitsökonomische Forschernetzwerk aus über 1200<br />
Fellows in 45 Ländern. Er ist seit 2001 Honorarprofessor an der Freien Universität<br />
Berlin und seit 2006 Honorarprofessor an der Renmin University of China<br />
in Beijing. Zimmermann studierte und habilitierte an der Universität Mannheim,<br />
war ein Jahrzehnt Professor der Universität München und nahm zahlreiche<br />
14 15
Gastprofessuren im Ausland wahr. Er ist u.a. Mitglied im Verein für Socialpolitik,<br />
der European Economic Association, der Deutschen Akademie der Naturforscher<br />
Leopoldina und der Akademia Europaea.<br />
Zimmermann gründete die European Society of Population Economics, deren<br />
Sekretär (1986-1992) und Präsident (1994) er lange Jahre war, sowie das Journal<br />
of Population Economics, dessen Herausgeber er seit 25 Jahren ist, und das er<br />
zur führenden Fachzeitschrift dieser Disziplin machte. Als Programmdirektor<br />
des Centre for Economic Policy Research (CEPR) für Human Resources und<br />
Labour Economics in London gehörte er ein Jahrzehnt (1991-2001) zum internen<br />
Füh rungszirkel des einflussreichsten europäischen ökonomischen Forschungsnetzwerkes.<br />
Von 2000-2011 leitete er neben seiner Aufgabe in Bonn als Präsident<br />
das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, das größte deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut<br />
in Berlin.<br />
Er war und ist beratend für die Europäische Kommission in Brüssel, die Welt bank<br />
und zahlreichen Regierungen der Welt tätig und schreibt regelmäßig in führenden<br />
internationalen Medien. Er ist Autor oder Herausgeber von 45 Büchern, über<br />
115 Aufsätzen in Fachzeitschriften und über 130 Kapiteln in Sammelbänden.<br />
Seine Forschungsschwerpunkte sind Arbeits- und Migra tionsökonomie. Er<br />
erhielt zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, darunter 1998 den Distinguished<br />
John G. Diefenbaker Award des Canada Council for the Arts.<br />
IW<br />
Mittwoch, 04.09.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 91. Sitzung<br />
Nanomagnetische Logik – eine mögliche<br />
Nachfolgetechnologie der heutigen CMOS-<br />
Elektronik mit geringer Verlustleistung und<br />
hoher Packungsdichte<br />
Prof.’in Dr. Doris Schmitt-Landsiedel, München<br />
Die durch den Markt getriebene stetige Verkleinerung der Strukturgrößen in<br />
der Mikroelektronik wird zunehmend schwieriger: Mit höheren Taktraten und<br />
Funktionsdichten steigt die Verlustleistung, die kleinen Strukturen verursachen<br />
Zuverlässigkeitsprobleme und steigende Fertigungskosten.<br />
Auf der Suche nach alternativen Technologien ist die Magnetik, die in den Anfängen<br />
der Elektronik in der Speichertechnik eine große Rolle spielte, wieder<br />
ins Blickfeld geraten. Nanomagnetische Logik (NML) wird als vielversprechend<br />
angesehen, da sie auf einfachen Wirkungsmechanismen beruht. Logische Zustände<br />
werden durch die Magnetisierung einzelner Nanomagnete repräsentiert. Dies<br />
ist ein nichtflüchtiger Zustand, so dass eine Speicherfunktion mit integriert ist.<br />
Für Signalausbreitung wird magnetische Feldkopplung genutzt, so dass keine<br />
Leitungen für Signale und Versorgungsleitungen nötig sind. Dies spart Energie<br />
und Fläche, vereinfacht die Herstellung und erhöht die Zuverlässigkeit.<br />
NML wurde bisher für Nanomagnete in einer magnetischen Schicht erforscht.<br />
Das Potential der Feldkopplung reicht aber weiter, denn diese erstreckt sich in<br />
alle Raumrichtungen und kann daher auch in der dritten Dimension genutzt<br />
werden. Mit Techniken lokaler Ionenbestrahlung und Anordnung von Nanomagneten<br />
in drei Dimensionen können wir gerichteten Signalfluss und Signalkreuzungen<br />
erzeugen. Deren Fehlen war bislang ein Hindernis für die Verwirklichung<br />
kompletter NML-Systeme.<br />
In CMOS-Bausteinen wird der Systemtakt über Leitungen und Treiberschaltungen<br />
verteilt, woraus sich hohe Verlustleistung und Probleme mit der Synchronisierung<br />
ergeben. Das Umschalten der Magnete bewirkt ein magnetischer<br />
Feldtakt, der zugleich auch die Energieversorgung darstellt. Deshalb entfallen<br />
die Versorgungsleitungen. Das magnetische Feld kann mit integrierten Spulen<br />
homogen über den ganzen Baustein erzeugt werden. Dies nutzen wir auch für<br />
eine spezielle geometrische Anordnung der Magnete, die eine weitere Erhöhung<br />
der Packungsdichte um bis zu einem Faktor 10 ermöglichen wird.<br />
In nanomagnetischer Logik können somit digitale Schaltungen hoher Packungsdichte<br />
und mit nichtflüchtigen Zuständen, dadurch besonders verlustarm und<br />
zuverlässig, und mit einfachen Herstellverfahren integriert werden. Dies<br />
verspricht einen technischen Durchbruch zu einer Nachfolgetechnologie der<br />
klassischen Mikroelektronik.<br />
16 17
Prof.’in Doris Schmitt-Landsiedel ist Diplom-Ingenieurin der Elektrotechnik<br />
(Universität Fridericiana Karlsruhe) und Diplom-Physikerin (Albert-Ludwigs-<br />
Universität Freiburg) und hat an der TU München promoviert. Von 1981 bis<br />
1996 arbeitete sie in der Zentralen Forschung und Entwicklung der Siemens<br />
AG in München im Bereich der Festkörperphysik und Mikroelektronik. 1996<br />
wurde sie als Ordinaria an die Technische Universität München berufen und<br />
leitet dort den Lehrstuhl für Technische Elektronik. Sie hat mehr als 300<br />
wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht und ist Erfinderin oder Miterfinderin<br />
von mehr als 50 Patenten und Patentanmeldungen. Sie ist Koeditorin der<br />
Fachbuch-Reihe Springer Series in Advanced Microelectronics. Prof.’in Schmitt-<br />
Landsiedel ist Mitglied des Senats der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech. Seit 2005<br />
ist sie Mitglied des Aufsichtsrats der Infineon Technologies AG. Von 2004 bis<br />
2010 war sie Mitglied des Wissenschafts rats. Seit 2011 gehört sie dem Hochschulrat<br />
der Hochschule für angewandte Wissenschaften Rosenheim an. 2009<br />
wurde sie mit der Heinz-Maier-Leibnitz-Medaille der TU München ausgezeichnet.<br />
Vom Bundespräsidenten wurde ihr 2008 das Bundesverdienstkreuz<br />
für ihren Einsatz zur Erhöhung des Frauenanteils in den ingenieurwissenschaftlichen<br />
Fächern und ihre wissenschaftlichen Verdienste in der Nanoelektronik<br />
verliehen. 2012 wurde ihr der Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft<br />
und Kunst verliehen.<br />
G<br />
Mittwoch, 11.09.<strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr, 547. Sitzung<br />
Das Weltbild des Buddhismus<br />
Prof. Dr. Klaus Sagaster, Bonn<br />
Im Jahre 1278 verfasste der tibetische Mönch ´Phags-pa Blo-gros rgyal-mtshan<br />
(1235-1280), Oberhaupt der tibetisch-buddhistischen Sa-skya-pa-Schulrichtung<br />
und geistlicher Berater des Mongolenkaisers und Činggis-Khan-Enkels<br />
Qubilai, auf Geheiß des Kronprinzen Činggim eine kurzgefaßte Darstellung der<br />
buddhistischen Lehre. „Die Erläuterung des zu Wissenden“, Shes-bya rab-gsal,<br />
basiert auf zwei weitaus umfangreicheren Sanskrit-Werken, in denen das<br />
System des Abhidharma, der buddhistischen Scholastik, dargelegt wird. Der<br />
Autor gibt auf nur 35 Folios einen systematischen Überblick über das buddhistische<br />
Weltbild, beginnend mit den vier Elementen Erde, Wasser, Feuer<br />
und Luft, aus denen die (Schein-)Welt, der unendliche Kosmos, besteht, bis<br />
zur Befreiung vom Leid der Welt, dem alle Lebewesen unterworfen sind.<br />
´Phags-pa beschreibt 1. den Aufbau der unbelebten Welt einschließlich der<br />
Raum- und Zeitmaße, <strong>2.</strong> die sechs Arten von Lebewesen und die Geschichte<br />
der Menschen, 3./4. den Weg und die Frucht des Weges, d.h. die Methoden<br />
und die sukzessiven Resultate der Beseitigung des Leidens im Saṃsāra, dem<br />
Kreislauf der Wiedergeburten, und der Verwirklichung des Nirvāṇa, des Ver -<br />
wehens des Leidens, sowie 5. die unzusammengesetzten Dinge, die keine<br />
Geburt und kein Altern haben, keine Dauer und keine Veränderung, wie z.B.<br />
Raum, Zeit und Nirvāṇa. „Die Erläuterung des zu Wissenden“ ist eine meisterhafte<br />
Darstellung eines komplexen Gebäudes von kosmologischen, psychologischen<br />
und religiösen Vorstellungen, die freilich ihrerseits wegen ihrer Kürze<br />
der Erklärung bedarf. Der Vortrag versucht, den Inhalt des Werkes vorzustellen<br />
und zu erläutern, soweit dies für unser Verständnis des buddhistischen Weltbilds<br />
nötig ist.<br />
Zur Verdeutlichung und Ergänzung des scholastischen Lehrgebäudes sollen<br />
zum Schluß zwei Bilder gezeigt werden, welche die Grundlehren des Buddhismus<br />
vor Augen stellen: das „Rad der Existenzen“ und das „Feld der Ansammlung“<br />
von Verdiensten und Erkenntnis.<br />
Prof. Dr. Klaus Sagaster, geboren am 19. März 1933 in Niemes/Böhmen.<br />
1951-1959 Studium der Sinologie, Mongolistik, Indologie, Tibetologie, alt -<br />
türkischen Philologie und Religionswissenschaft an den Universitäten Leipzig,<br />
Göttingen, Kopenhagen und Bonn. 1959 Promotion an der Universität Bonn.<br />
1969 Habilitation, 1970 Wissenschaftlicher Rat und Professor, 1982 Universitätsprofessor<br />
C4 für Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens an der Universität<br />
Bonn. 1982-1989 1. Sprecher des Sonderforschungsbereichs 12 “Orientalistik<br />
unter besonderer Berücksichtigung Zentralasiens” an der Universität Bonn.<br />
1993-1996 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesinstituts für<br />
ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln. 1994-2003 Geschäftsführender<br />
Präsident der Societas Uralo-Altaica e.V. Göttingen. 1997 Honorarprofessor<br />
der Universität der Inneren Mongolei in Huhhot, China. Ab 2011<br />
Präsident der Internationalen Mongolistenvereinigung (Ulaanbaatar). Seit<br />
18 19
1995 ordentliches Mitglied der <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfälische</strong>n Akademie der<br />
Wissenschaften und der Künste.<br />
Arbeitsschwerpunkte: Literatur, Geschichte, Kultur- und Religionsgeschichte<br />
Tibets und der Mongolei.<br />
NM<br />
Mittwoch, 25.09.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 553. Sitzung<br />
The Impact of the Extracellular Matrix<br />
on Inflammation<br />
Prof.’in Lydia Sorokin, BSc (1st Hons), PhD, Münster<br />
Die experimentellen Möglichkeiten der in situ Immunologie und der Intravital-<br />
Analyse leukocytärer Wanderung in Geweben hat die wissenschaftliche Auf -<br />
merk samkeit auf das bis dahin vernachlässigte Element der extracellulären Matrix<br />
(ECM) gelenkt, und damit verbunden, auf ihre modulierende Funktion für das<br />
Verhalten von Immunzellen in entzündeten Geweben 1 . Die ECM existiert in<br />
unterschiedlichen biochemischen und strukturellen Formen; sowohl ihre indi -<br />
viduellen Bestandteile als auch ihre drei-dimensionale Ultrastruktur vermitteln<br />
Zellen spezifische Signale, die das grundsätzliche Verhalten beeinflussen und<br />
eine wichtige Rolle in der Frühphase von Entzündungsprozessen spielen.<br />
Dazu zählen die Wanderung von Immunzellen an einen Entzündungsherd wie<br />
auch die Differenzierung von unterschiedlichen Immunzellen.<br />
Ich beschränke mich hier auf die Basalmembranen (BM) der Blutgefäße des<br />
Gehirns und die Auswanderung von Leukocyten in das Gehirn. Unter allen<br />
BM Komponenten zeigt die Laminin-Familie die größte Variationsbreite und<br />
ist die biologisch aktive Komponente; sie interagiert mit einem breiten Repertoire<br />
an Integrin- und Non-Integrin-Rezeptoren, die Funktionen wie Gefäßintegrität<br />
und Permeabilität steuern. Im zentralen Nervensystem (CNS) weisen<br />
Mikrogefäße eine einzigartige Schichtung von Zellen und extracellulären<br />
Matrix-Schichten auf, die gemeinsam die Blut-Hirn-Schranke (BBB) bilden.<br />
Darüber hinaus sind die Mikrogefäße des Gehirns neben der Endothelzellschicht<br />
und ihrer Basalmembran von den Füßchen der Astrocyten und von<br />
leptomeningualen Zellen eingekleidet, die ebenfalls eine eigene Basalmembran<br />
bilden. Diese BM wird parenchymale BM genannt, da sie die Grenze zum<br />
Parenchym des Gehirngewebes darstellt. Die zellulären Anteile der Gehirngefäße<br />
und ihre Rolle bei der Errichtung der BBB sind in Anteilen geklärt, während<br />
über die BM-Schichten kaum etwas bekannt ist. Unsere Arbeiten zeigen, dass<br />
die endotheliale und die parenchymale BM strukturell und funktionell verschie -<br />
den sind; wir konnten nachweisen, dass diese beiden BM eine wichtige Rolle<br />
für die Durchlässigkeit der BBB innehaben. Die Laminin-Isoformen sind<br />
ungleich entlang der Mikrogefäße des Gehirns verteilt, und definieren dadurch<br />
die Austrittsstellen für infiltrierende Zellen des Blutstroms, wie z.B. bei der<br />
Auswanderung von Leukocyten in einer Entzündungssituation. Der Vortrag<br />
wird den Weg zur Identifizierung der biochemischen Unterschiede von BM in<br />
den Mikrogefäßen des Gehirns aufzeigen, und erklären, wie vaskuläre Laminine<br />
biochemische und auch biomechanische Signale darstellen, die den Mechanismus<br />
der Leukocyten-Extravasation in den postkapillären Venulen der Gehirngefäße<br />
determinieren 2 .<br />
1<br />
Sorokin, L. (2010). Nature Rev. Immunol. 10, 712-723<br />
2<br />
Wu, C., F. Ivars, P. Anderson, R. Hallmann, D. Vestweber, P. Nilsson,<br />
H. Robenek, K. Tryggvason, J. Song, E. Korpos, K. Loser, S. Beissert,<br />
E. Georges-Labouesse, & L.M. Sorokin. 2009. Nat Med. 15, 519-527<br />
Prof.’in Lydia Sorokin, BSc (1st Hons), PhD obtained her BSc (1st Class Honours)<br />
and PhD at the University of Western Australia. After completing her<br />
PhD on receptor mediated endocytosis, she moved in 1988 to the Friedrich<br />
Miescher Labor of the Max-Planck Society in Tübingen, Germany, where she<br />
commen ced working on the extracellular matrix (ECM), in particular the basement<br />
membrane molecules, the laminins. She led an independent group in the<br />
Max-Planck Connective Tissue Research Group (1990-92) and the Institute of<br />
Experimental Medicine (1992-98), University of Erlangen-Nürnberg, during<br />
which period she identified the endothelial-cell specific laminin isoforms,<br />
laminins 411 and 511.<br />
In 1999, Lydia Sorokin was awarded a Junior Professorship in the IZKF, Uni -<br />
versity of Erlangen-Nürnberg. In 2002, she was awarded Professor of Tissue<br />
20 21
Biology (C4), University of Lund, Sweden, which was funded by the Swedish<br />
Research Council and is equivalent to a Heisenberg Professorship. Since 2005,<br />
she is Professor and Director of Pathobiochemisty (C4), Münster University,<br />
Münster. Since 1999, Lydia Sorokin‘s work has broadened to include immunological<br />
questions, in particular‚ how do leukocytes penetrate the tight protein<br />
network of the endothelial cell basement membrane? Using a neuroinflammatory<br />
model, perfectly suited to study of basement membranes because of the<br />
unique structure of cerebral vessels, in 2009 she reported in Nature Medicine<br />
how the endothelial specific laminins control T lymphocyte migration across<br />
cerebral vessels. This work is particularly relevant to the human disease Multiple<br />
Sclerosis (MS), and has resulted in the identification of novel marker molecules<br />
that are currently being developed for molecular imaging of acute inflammation<br />
in patients.<br />
Her more recent work combines the biochemisty and signal transduction of<br />
endothelial laminins and other ECM molecules, with optical imaging techniques<br />
to visualize extravasating T lymphocytes, together with biophysical techniques<br />
to quantify adhesion strengths - strongly interdisciplinary work involving in tra -<br />
vital microscopy, molecular imaging and biophysics. Lydia Sorokin is currently<br />
spokesperson of the Cells-in-Motion Cluster of Excellence at the University of<br />
Munster; she is on the External Advisory Board of the Center for Molecular<br />
Medicine, University of Cologne; the Scientific Steering Committee of the CRC<br />
Transregio 128 - Multiple Sclerosis; the Medical & Scientific Advisory Board of<br />
‚DEBRA‘ for Epidermolysis bullosa research, and in 2011/2012 she was member<br />
of the NINDS (National Institutes of Neurological Disorders and Stroke), NIH,<br />
USA, Stroke Research Priorities Meeting. She has been an Executive Board<br />
Member of the German Society of Matrix Biology since 2008.<br />
Lydia Sorokin is best known for bridging basic biochemical/cell biology<br />
research on the extracellular matrix to immunology and the clinic, and<br />
development of novel clinical imaging strategies.<br />
NM<br />
Mittwoch, 25.09.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 553. Sitzung<br />
Die Biochemie des Molybdäns:<br />
Vom Grundstoffwechsel zur Neurobiologie<br />
Prof. Dr. Günther Schwarz, Köln<br />
Molybdän ist das einzige biologisch relevante Spurenelement der fünften Reihe<br />
des Periodensystems der Elemente. Für seine biologische Aktivität wird Molybdän<br />
in Form eines Cofaktors über mehrstufige Biosyntheseprozesse aktiviert<br />
und nachfolgend in eine Vielzahl von verschiedenen Enzymen eingebaut, die<br />
an der Katalyse fundamentaler Reaktionen in den globalen Stoffkreisläufe von<br />
Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel beteiligt sind. Mit Ausnahme der bakteriellen<br />
Nitrogenase, enthalten alle anderen Molybdän-haltigen Enzyme einen<br />
Pterindin-basierten Molybdäncofaktor (Moco), der in Bakterien, Pflanzen, Pilzen<br />
und Tieren durch einen hochgradig konservierten Biosyntheseweg hergestellt<br />
wird. Die Biosynthese des Moco illustriert in einzigartiger Weise, dass evolutionär<br />
alte Funktionen des Grundstoffwechsels die Wurzeln für neue zelluläre<br />
Mechanismen darstellen, wie den Ubiquitin-abhängigen Proteinabbau oder<br />
die Organisation und Bildung von spezialisierten Zell-Zell-Kontakten, wie den<br />
Synapsen. Ein Verlust des Moco, ausgelöst durch einen Defekt in seiner Biosynthese,<br />
hat meist lethale Folgen für den Organismus. Im Menschen zählt die Moly b-<br />
däncofaktor-Defizienz zu den besonders schwer und schnell verlaufenden<br />
pädiatrischen Stoffwechselstörungen mit schweren Neuropathien, die ohne<br />
kausale Behandlung zum Tod in früher Kindheit führen. Durch die Aufklärung<br />
der biochemischen Grundlagen der Biosynthese des Moco ist es uns gelungen,<br />
eine Substitutions-Therapie zur Behandlung von Moco-Defizienz zunächst im<br />
Tiermodell zu entwickeln und später erfolgreich in die klinische Anwendung<br />
zu überführen. Neben der Biosynthese haben wir mit der Aufklärung des Kata -<br />
bolismus des Moco begonnen, der eng mit der klinischen Wirksamkeit von<br />
cytostatischen Krebsmedikamenten assoziiert ist. Eine große Herausforderung<br />
für die Zukunft wird das molekulare Verständnis der Neurodegeneration der<br />
Moco-Defizienz sein, um verbesserte bzw. neuartige Therapieansätze für diese<br />
und assoziierte Krankheiten zu entwickeln.<br />
22 23
Professor Dr. Günther Schwarz wurde am 24.07.1970 in Suhl (Thüringen)<br />
geboren. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Von 1990-1992 studierte er<br />
Biologie an der Jozsef-Attila-Universität zu Szeged in Ungarn. Er setzte seine<br />
Studien an der Technischen Universität Braunschweig fort, wo er nach 9 Semes tern<br />
den Diplomabschluss in Biologie erwarb. Im Anschluss begann er eine Doktor -<br />
arbeit am Botanischen Institut der TU Braunschweig unter Anleitung von Prof.<br />
Dr. Ralf-Reiner Mendel und promovierte 1998 mit „summa cum laude“. Während<br />
dieser Zeit forschte er für einige Monate auch an der Universität Dundee (Schottland)<br />
und dem John Innes Center in Norwich (England). Mit einem DAAD<br />
Stipendium ging Herr Schwarz von 2000-2001 an die State University New York<br />
in Stony Brook (USA), wo er im Labor von Prof. Hermann Schindelin die Methodik<br />
der Proteinkristallographie und Strukturanalyse erlernte. In Deutschland<br />
zurückgekehrt, setzte er seine Forschungen auf dem Gebiet der Biochemie des<br />
Molybdäns als Gruppenleiter in der Abteilung für molekulare Pflanzenbiologie<br />
der TU Braunschweig fort, wo er 2003 in Biochemie und Molekularbiologie<br />
habilitierte. 2005 wurde Herr Schwarz zunächst als W2 Professor an das Institut<br />
für Biochemie der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität<br />
zu Köln berufen. Nach zwei Rufen auf Biochemie-Lehrstühle an die Universitäten<br />
Bayreuth und Marburg, ist er seit 2009 W3 Professor für Biochemie an<br />
der Universität zu Köln. Seine Arbeiten zur Therapie der Molybdäncofaktor-<br />
Defizienz im Menschen wurde auf verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung durch<br />
den „Novartis-Preis“ für Therapie-relevante Forschung der Deutschen Gesellschaft<br />
für Pharmakologie und Toxikologie, den „Horst-Bickel-Preis“ für die Behandlung<br />
von Pediatrische Stoffwechselstörungen und den Innovationspreis des<br />
Landes <strong>Nordrhein</strong>-Westfalen geehrt. Mit dem Max-von-Laue Preis der Deutschen<br />
Gesellschaft für Kristallographie wurde sein Beitrag zur Aufklärung der Molybdäncofaktor-Biosynthese<br />
gewürdigt.<br />
G<br />
Mittwoch, 16.10.<strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr, 548. Sitzung<br />
Kunst – Geschichte. Tiepolo in Würzburg<br />
Der Venezianer Giovanni Battista Tiepolo hat bei seiner Ausmalung des Kai -<br />
sersaals und des Treppenhauses der Würzburger Residenz (1749-53) die differenzierten<br />
programmatischen Vorgaben der Auftraggeberseite mit den Mitteln<br />
seiner Kunst im gegebenen Rahmen der Architektur, Ausstattung und Raumfunktion<br />
äußerst selbständig und ingeniös verarbeitet. Der historisch gewachsene<br />
Status des Würzburger Fürstbistums und Herzogtums Ostfranken, seine Rolle und<br />
sein Rang im Reich einerseits, die Bedeutung von mehreren Generationen der<br />
Familie Schönborn andererseits und die Sublimierung dessen in einer überwältigend<br />
anschaulichen, zugleich ernsthaften und ironischen Bildkunst, die<br />
die Möglichkeiten der Gattungen Historienbild und Allegorie geistreich ausschöpft,<br />
provozieren die Reflektion über das Verhältnis von Geschichte und<br />
Kunst – für die damalige Gegenwart und darüber hinaus.<br />
Prof. Dr. Georg Satzinger ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität<br />
Bonn. Geboren 1956 in Dinkelsbühl, 1977-84 Studium der Kunstgeschichte,<br />
Klassischen Archäologie und Germanistik in Tübingen. Ab 1984 Wissenschaftlicher<br />
Angestellter, ab 1989 Wissenschaftlicher Assistent am Kunsthistorischen<br />
Institut ebd., 1988 Promotion über „Antonio da Sangallo d. Ä. und die Madonna<br />
di San Biagio bei Montepulciano“. 1991 Wechsel an die Bibliotheca Hertziana<br />
(Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte) in Rom; dort als Wissenschaftlicher<br />
Assistent bis 1997. Im gleichen Jahr Habilitation an der Universität Münster und<br />
Ruf an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 2011 Ablehnung<br />
eines Rufes an die Universität Münster. Stipendien der Studienstiftung des<br />
Deutschen Volkes und der Max-Planck-Gesellschaft; 1992 Hans-Janssen-Preis<br />
der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. 2012/13 Rudolf-Wittkower-<br />
Forschungsprofessor an der Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut für<br />
Kunstgeschichte), Rom. Seit 2005 Erster Vorsitzender des Verbandes Deutscher<br />
Kunsthistoriker e.V. Seit 2011 ist er ordentliches Mitglied der <strong>Nordrhein</strong>-<br />
<strong>Westfälische</strong>n Akademie der Wissenschaften und der Künste.<br />
Forschungsschwerpunkte: Architektur und Bildkünste der Frühen Neuzeit in<br />
Italien; Architektur und Ausstattungskunst des 18. Jahrhunderts in Deutschland.<br />
Prof. Dr. Georg Satzinger, Bonn<br />
24 25
IW<br />
Mittwoch, 06.11.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 9<strong>2.</strong> Sitzung<br />
Aktionärsverhalten und -präferenzen<br />
deutscher Retailaktionäre<br />
Prof. Dr. Bernhard Pellens, Bochum<br />
Die Corporate Governance sowie speziell auch die Unternehmensberichterstattung<br />
sind seit mehreren Jahren einem ständigen Wandel unterworfen.<br />
Angestrebt werden eine entsprechende – nicht zuletzt Krisen getriebene –<br />
Verbesserung sowie internationale Harmonisierung, um so unter anderem das<br />
Vertrauen der Anleger in die Aktienanlage zu stärken. Ausgehend hiervon hat<br />
der Lehrstuhl für Internationale Unternehmensrechnung von Prof. Dr. Bernhard<br />
Pellens in Kooperation mit der Deutschen Post AG bereits zum dritten Mal<br />
eine Befragungsstudie zum Verhalten sowie zu den Präferenzen deutscher<br />
Privatanleger durchgeführt. Befragt wurden in diesem Zusammenhang alle<br />
424.699 Privat- bzw. Retailaktionäre der Deutsche Post AG, von denen insgesamt<br />
46.548 Personen (knapp 11 % der Befragungsgesamtheit) an der Studie<br />
teilgenommen haben.<br />
Im Fokus der Untersuchung stehen Fragen zur Beurteilung und Nutzung<br />
unterschiedlicher Informationsquellen zum Treffen von Aktienanlageentscheidungen,<br />
zur Dividendenpräferenz sowie zur Nutzung und Bewertung<br />
des Stimmrechts seitens deutscher Privatanleger. Im Detail wird hierbei u.a.<br />
untersucht, welche Bedeutung Privatanleger einzelnen Teilen des Geschäftsberichts<br />
beimessen und wie Dividenden im Vergleich zu Aktienkurssteigerungen<br />
sowie Aktienrückkäufen beurteilt werden. Darüber hinaus wird vor<br />
dem Hintergrund der regelmäßig zu beobachtenden geringen Hauptversammlungspräsenzen<br />
deutscher Unternehmen erneut der Frage nachgegangen,<br />
inwieweit Privataktionäre ihr Stimmrecht bereits persönlich auf der Hauptversammlung<br />
eines Unternehmens genutzt, auf einen Intermediär übertragen<br />
oder ggf. eine erst künftige Ausübung/Übertragung ihres Stimmrechts geplant<br />
haben. Angesichts der Tatsache, dass zwei weitgehend identische Aktionärsbefragungen<br />
bereits in 2004 und 2008 durchgeführt wurden, wird schließlich<br />
auch die Entwicklung von Aktionärsinteressen im Zeitablauf sowie der Einfluss<br />
von Krisen auf das Verhalten sowie die Präferenzen deutscher Privatanleger<br />
untersucht.<br />
Prof. Dr. Bernhard Pellens, geb. 17.11.1955, ist Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Internationale Unternehmensrechnung an der Ruhr-Universität Bochum und<br />
Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Unternehmensführung.<br />
Nach dem Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten<br />
Köln und Bochum, Praxiserfahrung im Controlling eines mittelständischen<br />
Unternehmens, Promotion (1988) und Habilitation (1993) in Bochum, war<br />
Pellens Ordinarius für Controlling und Internationales Rechnungswesen an<br />
den Universitäten Kaiserslautern (1993-1994) und Münster (1994-1997) und<br />
erhielt Rufe an die Universität Duisburg-Essen, an die Wissenschaftliche Hoch -<br />
schule für Unternehmensführung (WHU) in Vallendar und an die Uni ver si tät<br />
Bern (Schweiz).<br />
Er ist Mitglied der <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfälische</strong>n Akademie der Wissenschaften<br />
und der Künste und Mitherausgeber der DBW „Die Betriebswirtschaft“. Seine<br />
Arbeitsschwerpunkte liegen auf den Gebieten der Bilanzierung nach HGB,<br />
IFRS und US-GAAP, der Unternehmensbewertung und -steuerung sowie der<br />
empirischen Bilanzforschung. Er ist u.a. seit 2012 Vizepräsident der Schmalenbach-Gesellschaft<br />
für Betriebswirtschaft, Mitglied im Nominierungsausschuss<br />
des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC)<br />
und Wissenschaftlicher Leiter des Arbeitskreises „Externe Unternehmensrechnung“<br />
der Schmalenbach-Gesellschaft. Er verbrachte Lehr- und Forschungssemester<br />
in der VR China und der Virginia-Tech University, Blacksburg, USA<br />
und ist seit 2006 Honorarprofessor an der Tongji-Universität-Shanghai, VR<br />
China.<br />
26 27
IW<br />
Mittwoch, 06.11.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 9<strong>2.</strong> Sitzung<br />
Moderne Spurenleser – Elefanten am<br />
Nordseestrand<br />
Prof. Dr. Tom Schanz, Bochum<br />
Im Rahmen der Grundlagenforschung in der Paläontologie stellt sich u.a. die<br />
Frage, ob man aus der Analyse von fossilen Trittspuren Aussagen über die Ver -<br />
ursacher dieser Spuren, ihre Lebensweise und ihren Lebensraum ableiten kann.<br />
Als Anwendungsobjekt beschäftigen wir uns hier mit Sauropoden, die vor ca.<br />
150 Mio. Jahren weltweit und speziell auch im heutigen Niedersachsen lebten.<br />
Diese Tiere waren bis zu mehr als 50 t schwer und haben bezüglich ihrer Motorik<br />
und der Ausbildung der Extremitäten viele Ähnlichkeiten mit unseren heutigen<br />
Elefanten. Durch die bodenmechanische und mikrostrukturelle Be schreibung<br />
der historischen Substrate (in Form von Sand- und Tonsteinen), in denen die<br />
Spuren erhalten sind, schließen wir auf die ursprünglichen Materialeigenschaften<br />
zum Moment, als die Spuren entstanden. Eine wichtige Unter stützung dazu<br />
ist die Untersuchung von heutigen Naturräumen wie Stränden, Lagunen und<br />
Wattflächen, die den historischen Lebensräumen der Sauropoden ähnlich sind.<br />
Durch die Auswertung von typischen Mustern von Wellenrippeln, Trocknungsrissen<br />
und der mikrostrukturellen Beschreibung der Substrate wird auf ihre<br />
bodenmechanischen Eigenschaften rückgeschlossen. Durch die Ähnlichkeit der<br />
heutigen und historischen Substrate kann letztendlich auf die mechanischen<br />
Eigenschaften beim Hinterlassen der Spuren geschlossen werden. Bei bekannten<br />
Eigenschaften des Untergrunds und vorliegender Spurengeometrie wird<br />
die Intensität der Belastung und damit das Gewicht der Sauropoden mit bisher<br />
nicht zu realisierender Genauigkeit abgeleitet. Dazu werden von uns vorgeschlagene<br />
Konstitutivbeschreibungen des Bodens im Rahmen der kontinuumsmechanischen<br />
Modellierung (FEA) verwendet. Zur Validierung des von uns<br />
vorgeschlagenen Konzeptes wurden Elefanten über ein im Vorfeld präpariertes<br />
Substrat geführt und deren Bewegungsablauf mit modernen Methoden der<br />
Sportmedizin erfasst und ausgewertet. Durch zusätz liches Wiegen der Tiere für<br />
unterschiedliche Belastungsszenarien waren sowohl die Belastung als auch die<br />
Bodeneigenschaften und die Tierspuren verfügbar, und konnten mit den Ergebnissen<br />
der numerischen Simulationen auf Grundlage der FEA erfolgreich nach vollzogen<br />
werden. Die im Vortrag detaillierte Forschung wurde durch eine Kooperation<br />
zwischen Bauingenieuren, Geologen, Medizinern und Biomechanikern ermöglicht.<br />
Prof. Dr. Tom Schanz, Lehrstuhl für Grundbau, Boden- und Felsmechanik,<br />
Fakultät für Bauingenieur- und Umweltwissenschaften, Ruhr-Universität Bochum<br />
Studium des Bauingenieurwesens, Universität Stuttgart 10/1982-10/1988<br />
Studium der Geologie, Universität Stuttgart 5/1986-10/1988<br />
Diplom im Bauingenieurwesen, Universität Stuttgart 10/1988<br />
Promotion zum Dr. sc. techn., ETH Zürich 5/1994<br />
Habilitation und „Venia legendi“ für Geotechnik, Universität Stuttgart 6/1998<br />
Berufung zum Universitätsprofessor, BAUHAUS-Universität Weimar 6/1999<br />
Berufung zum Universitätsprofessor, Ruhr-Universität Bochum 3/2009<br />
NM<br />
Mittwoch, 13.11.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 554. Sitzung<br />
Innovative Technologien für die Personalisierte<br />
Medizin<br />
Prof. Dr. Thomas Schmitz-Rode, Aachen<br />
Die Personalisierte Medizin wird als Paradigmenwechsel gesehen. Durch Verbesserung<br />
der Effektivität medizinischer Maßnahmen und durch Vermeidung<br />
unerwünschter Nebenwirkungen soll die Effizienz gesteigert werden.<br />
Auch wenn zu den bisher erforschten und zum Teil schon in der klinischen<br />
Implementierung befindlichen Personalisierungsstrategien in der Medizin<br />
überwiegend genetische, molekularbiologische, biochemische und pharmakologische<br />
Methoden und Ansätze zählen, sind hier bereits medizintechnische<br />
Komponenten, Geräte und Systeme involviert. So benötigt die Molekulare<br />
Bildgebung hochsensitive, dedizierte Bildgebungssysteme zur Visualisierung<br />
von zellulären Prozessen und Stoffwechselvorgängen. Auch in der Analytik<br />
werden komplexe technische Systeme zur Identifizierung z.B. des individuellen<br />
28 29
Genmusters oder der Proteinexpression (Microarrays) eingesetzt. Miniaturisierte<br />
Analysesysteme (Lab-on-Chip) werden für den dezentralen, individualisierten<br />
Einsatz (Point-of-Care) entwickelt.<br />
Technologien werden also unterstützend eingesetzt, um patientenbezogene<br />
biologische Vorgänge auf zellulärer oder molekularer Ebene zu analysieren,<br />
bildgebend darzustellen und therapeutisch zu beeinflussen. Darüber hinaus<br />
lässt sich jedoch der Leitgedanke der „Personalisierung“ auch auf die Konzeptionierung<br />
medizintechnischer Komponenten, Geräte und Systeme im Sinne<br />
eines „Zuschnitts“ auf eine individuelle pathologische Bedarfslage eines spezifischen<br />
Patienten übertragen. Hier gibt es ein enormes, noch zu erschließendes<br />
Optimierungspotential in der Verbesserung der Interaktion zwischen dem<br />
adaptierten bzw. adaptiven technischen System einerseits und dem betroffenen<br />
Organsystem andererseits.<br />
Diese als „Personalisierte Medizintechnik“ bezeichnete Strategie wird anhand<br />
aktueller Forschungsprojekte zu theranostischen und biohybriden Implantaten,<br />
zum Tissue Engineering mit autologem Material und zur bildgeführten<br />
Intervention dargestellt.<br />
Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Thomas Schmitz-Rode ist Direktor des Instituts für<br />
Angewandte Medizintechnik der RWTH Aachen. Er studierte 1976-1988<br />
Maschinenbau und Humanmedizin an der RWTH Aachen. 1989-2003 war er<br />
an der Klinik für Radiologische Diagnostik des Universitätsklinikums Aachen<br />
tätig, wo er 1996 im Fach Radiologische Diagnostik habilitierte. Nachdem er<br />
dort eine Professur für Experimentelle Diagnostische und Interventionelle<br />
Radiologie inne hatte, folgte 2004 seine Ernennung zum Professor für Angewandte<br />
Medizintechnik.<br />
Thomas Schmitz-Rode ist Träger verschiedener Auszeichnungen, unter welchen<br />
der Wilhelm Conrad Röntgen-Preis der Deutschen Röntgengesellschaft, der<br />
Heinz Meise-Preis der Deutschen Herzstiftung und der Förderpreis Intensivmedizin<br />
der Fresenius-Stiftung zu nennen sind.<br />
Thomas Schmitz-Rode ist Autor bzw. Co-Autor von mehr als 190 NIH-gelisteten<br />
Publikationen und von mehr als 100 Patenten und Patentanmeldungen. Er war<br />
von 2010-<strong>2013</strong> Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische<br />
Technik (DGBMT), jetzt stellvertretender Vorsitzender. Er ist Mitglied<br />
des Lenkungskreises des Nationalen Strategieprozesses Medizintechnik von<br />
BMBF, BMWi und BMG, und war von 2008-2010 Sprecher des Themennetzwerks<br />
Gesundheitstechnologie der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften<br />
(acatech), dessen Steuerkreis er weiterhin angehört.<br />
Forschungsschwerpunkte von Thomas Schmitz-Rode sind die bildgeführte<br />
interventionelle Therapie mit der Entwicklung dedizierter Katheter- und<br />
Monitoring-Systeme, die Erprobung neuer minimal-invasiver, bildgeführter<br />
Implantationsprozeduren, und die Erforschung und Entwicklung von Bioimplantaten,<br />
insbesondere Stents, Herzklappen und Unterstützungssysteme für<br />
Herz und Lunge.<br />
NM<br />
Mittwoch, 13.11.<strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 554. Sitzung<br />
Psychologische Therapie der Angststörungen:<br />
Von der Wirksamkeitsforschung zur Aufklärung<br />
der Mechanismen<br />
Prof. Dr. Jürgen Margraf, Bochum<br />
Was haben Goethe, Freud und Brecht gemeinsam? Sie alle litten unter einer<br />
Angststörung. Übermäßige Ängste von Krankheitswert betreffen aber nicht<br />
nur berühmte Künstler und Wissenschaftler, sondern stellen weltweit die häufigste<br />
Form psychischer Störungen dar. Ohne professionelle Hilfe führen sie<br />
für die Betroffenen wie ihre Angehörigen i.d.R. zu massiven Beeinträchtigungen<br />
der Lebensqualität. Derartige Folgeprobleme stellen wiederum selbst eine<br />
Belastung dar. So kommt es oft zu einer „Abwärtsspirale“, an deren Ende<br />
Depressionen, Alkoholabhängigkeit, Medikamentenmissbrauch und eine um<br />
bis zu 20mal erhöhte Suizidgefahr stehen können.<br />
30 31
Die Klinische Psychologie hat mittlerweile zuverlässige Diagnosemethoden<br />
und erfolgreiche Behandlungsansätze für alle Angststörungen zur Verfügung<br />
gestellt. Das effektivste und wissenschaftlich am besten belegte Therapieverfahren<br />
ist die Konfrontationstherapie. Dabei konfrontieren sich die Patienten<br />
mit Angst auslösenden, aber objektiv sicheren Situationen, bis eine Angstreduktion<br />
eintritt. Die Erfolge dieser Therapie bleiben über lange Zeiträume stabil,<br />
Rückfälle sind selten und sog. Symptomverschiebungen bleiben aus. Die Konfrontationstherapie<br />
ist daher als eine der „biggest success stories in mental health“<br />
bezeichnet worden. Umso überraschender ist es, dass ihre Wirkmechanismen<br />
noch immer nicht ausreichend verstanden werden.<br />
In jüngster Zeit sind verstärkt basale Gedächtnis- und Lernprozesse in das<br />
Zentrum der Forschung gerückt. Augmentierungsexperimente (u.a. mit Cortisol,<br />
D-Cycloserin, Schlaf, Sport) deuten auf eine besondere Rolle von Extinktionslernen<br />
und Gedächtniskonsolidierung hin. Diese Befunde werden zusammen<br />
mit den ersten Ergebnissen einer Langzeit-Katamnese (23 Jahre) im Hinblick<br />
auf ihre Bedeutung für die erfolgreiche Gestaltung der Angstbehandlung<br />
diskutiert.<br />
Prof. Dr. Jürgen Margraf ist Alexander von Humboldt-Professor für Klinische<br />
Psychologie und Psychotherapie an der Ruhr-Universität Bochum. In seinem<br />
Arbeitsschwerpunkt „Psychische Gesundheit“ interessieren ihn besonders die<br />
Verbindung von Ursachen- und Therapieforschung sowie das Zusammenspiel<br />
psychologischer, biologischer und sozialer Faktoren. Prof. Margraf war Vorsitzender<br />
des Wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie der Bundesrepublik<br />
Deutschland, Direktor des schweizerischen Nationalen For schungs schwerpunktes<br />
sesam (swiss etiological study of adjustment and mental health) und<br />
Präsident des europäischen Dachverbandes für Verhaltenstherapie (European<br />
Association for Behavioural and Cognitive Therapies). Er ist Präsident der<br />
Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Mitglied der Akademie der Naturforscher<br />
Leopoldina (Nationale Akademie der Wissenschaften) und Fellow der<br />
American Psychological Society. Als erster Psychologe erhielt er mit der Humboldt-Professur<br />
den höchstdotierten deutschen Forschungspreis.<br />
G<br />
Mittwoch, 04.1<strong>2.</strong><strong>2013</strong>, um 15.00 Uhr, 549. Sitzung<br />
Die Vandalen – Zerstörer oder Erben des<br />
Imperium Romanum?<br />
Prof. Dr. Konrad Vössing, Bonn<br />
In früheren Zeiten hätte man mit der Antwort auf diese Frage nicht lange<br />
gezögert: natürlich waren die Vandalen, die dem Römischen Reich im Jahre<br />
429 n.Chr. sein lebenswichtiges afrikanisches Provinzialgebiet entrissen,<br />
Zerstörer der antiken Welt und seiner Kultur. In der aktuellen Forschung wird<br />
diese Wertung jedoch infrage gestellt, da sie nur auf verzerrten Darstellungen<br />
der unmittelbar Betroffenen und der Verlierer basiere. Tatsächlich habe die<br />
byzantinische Wiedereroberung ein sich durchaus noch als ‚römisch’ verstehendes<br />
Königreich zerstört; die Vandalen seien nicht nur machtpolitisch<br />
genau den Spuren des spätantiken Vorgängers gefolgt, sondern auch kulturell,<br />
ja sie seien der einheimischen Stammesbevölkerung Nordafrikas (den ‚Mauren’)<br />
gegenüber geradezu eine Bastion der Romanitas gewesen.<br />
Diese neueren Ansätze kritisch zu prüfen und wichtige Charakteristika des<br />
regnum Vandalorum vor diesem Hintergrund neu zu betrachten, lohnt sich in<br />
mehrfacher Hinsicht. Tatsächlich können die wichtigen Themen der Vandalengeschichte<br />
nur verstanden werden, wenn man die jeweilige Mischung von<br />
Momenten der Kontinuität und des Bruches ins Auge fasst. Dies gilt für die<br />
Landnahme und die Religionspolitik ebenso wie für die militärische Situation.<br />
Ganz entscheidend ist diese Frage für die Suche nach der ‚Identität’ der neuen<br />
Herren Afrikas: wie vandalisch oder germanisch waren die Vandalen überhaupt?<br />
Auch für das Problem ihrer Legitimität liegt hier der Schlüssel, wobei genau<br />
zwischen den Perspektiven des Westens (Ravenna) und des Ostens (Konstantinopel)<br />
unterschieden werden muss. Schließlich hängt auch die Beurteilung<br />
des Untergangs der Vandalen (533/534 n.Chr.) eng damit zusammen, wie wir<br />
ihre einhundertjährige Herrschaft verstehen. Auffällig ist jedenfalls, wie stark<br />
am Ende militärisches Renommee und tatsächliches Vermögen auseinanderklafften.<br />
32 33
Prof. Dr. Konrad Vössing wurde 1959 in Berlin geboren. Nach einem Studium<br />
in Berlin (FU) und Bordeaux in den Fächern Geschichte, Latein und Griechisch<br />
legte er in Berlin die Magisterprüfung und das 1. Staatsexamen ab. 1984 wurde<br />
er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich ‚Alte Geschichte’ am Berliner<br />
Friedrich-Meinecke-Institut und wechselte ein Jahr darauf an das Historische<br />
Institut der RWTH Aachen, wo er 1991 bei Prof. Dr. Hartmut Galsterer mit<br />
einer Arbeit über ‚Schule und Bildung im Nordafrika der römischen Kaiserzeit’<br />
promoviert wurde. Nach einer Assistentenzeit in Aachen und Düsseldorf (Lehrstuhl<br />
Prof. Dr. Anthony R. Birley) wurde er dort 2001 im Fach Alte Geschichte<br />
habilitiert: ‚Mensa Regia – das Bankett beim hellenistischen König und beim<br />
römischen Kaiser’. 2005 erfolgten Rufe an die Universität Gießen und an die<br />
Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität Bonn, an der er seit dieser Zeit<br />
einen Lehrstuhl für Alte Geschichte innehat.<br />
Seit 2010 leitet er von deutscher Seite aus das deutsch-französische Graduiertenkolleg<br />
‚Masse und Integration in antiken Gesellschaften‘. 2011 wurde er mit<br />
dem Prix scientifique franco-allemand Gay-Lussac-Humboldt ausgezeichnet,<br />
2012 mit dem Lehrpreis der Universität Bonn. Seit 2012 ist er Mitglied der<br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfälische</strong>n Akademie der Wissenschaften und der Künste in<br />
Düssel dorf. Im Sommer <strong>2013</strong> ist er professeur invité sur chair d’Etat am College<br />
de France. Seine Forschungsschwerpunkte sind die antike Kulturgeschichte<br />
(insbesondere das Bildungs- und Erziehungswesen, die Bankett- und Esskultur<br />
sowie Tracht und Habitus), die römische Herrscherrepräsentation, das antike<br />
Nordafrika und die Geschichte der Germanen im römischen Reich.<br />
NM<br />
Mittwoch, 18.1<strong>2.</strong><strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 555. Sitzung<br />
Spin-verbotene Prozesse in elektronisch<br />
angeregten Molekülen<br />
Prof.’in Dr. Christel Marian, Düsseldorf<br />
Die Raten, mit denen strahlungslose und strahlende Prozesse in elektronisch<br />
angeregten Zuständen ablaufen, sind für die funktionalen Eigenschaften vieler<br />
Chromophore entscheidend. An Hand einiger Beispiele wird in diesem Vortrag<br />
die Bedeutung spin-verbotener Übergänge für die Photophysik, Photochemie,<br />
Photobiologie und sogar für die Medizin diskutiert.<br />
(i) Moleküle mit einer hohen Triplettquantenausbeute und hoher<br />
Triplettlebens dauer können als Initiatoren photochemischer Transformationen<br />
dienen. Bei der Modellierung dieser Prozesse müssen Umgebungseinflüsse<br />
berücksichtigt werden, da sie nicht nur die Raten, sondern auch die Mechanismen<br />
ändern können. Ein prominentes Beispiel ist die Interkombination<br />
von Flavin im Vacuum, wässriger Lösung und in LOV-Domänen von Blaulichtrezeptoren.<br />
(ii) Moleküle mit effektiv deaktivierten Triplettzuständen können als Triplettlöscher<br />
dienen und somit andere Substanzen vor Strahlenschäden schützen.<br />
In der Natur nehmen beispielsweise Carotinoide ausgezeichnete Schutzfunktionen<br />
wahr, während kurzkettige lineare Polyene die Zählrate von Fluoreszenzfarbstoffen<br />
in der Einzelmolekülspektroskopie steigern können.<br />
(iii) In organischen Leuchtdioden (OLEDs) wird elektrischer Strom durch<br />
elek trisch phosphoreszente Emitterer in sichtbares Licht umgewandelt. Die<br />
Her ausforderung für eine theoretische Beschreibung besteht darin, Emissionswellen<br />
längen und Phosphoreszenzlebensdauern sowie die Quantenausbeute<br />
realistisch abzuschätzen.<br />
Prof.’in Dr. Christel Marian (geb. 1954, Bad Münstereifel) studierte Chemie<br />
mit Schwerpunkt Theoretische Chemie an den Universitäten Köln und Bonn.<br />
Nach ihrer Dissertation am Lehrstuhl für Theoretische Chemie der Universität<br />
Bonn (1980, Prof.’in S. D. Peyerimhoff ) führte sie ihr Weg nach Schweden, wo<br />
sie im Institut für Theoretische Physik der Universität Stockholm bei Prof. P. E.<br />
M. Siegbahn ein Postdoktorat absolvierte. Nach ihrer Rückkehr wurde sie Teilprojektleiterin<br />
im SFB 334 „Wechselwirkung in Molekülen“ in Bonn, wo ihr 1991<br />
die venia legendi im Fach Theoretische Chemie verliehen wurde. Für ihre<br />
Leis tungen wurde sie mit dem Nernst-Haber-Bodenstein-Preis der Deutschen<br />
Bunsengesellschaft ausgezeichnet. Weitere Stationen ihres Lebensweges waren<br />
eine Vertretungsprofessur an der Universität Mainz sowie die Projektleitung<br />
der Arbeitsgruppe Computational Chemistry am Institut für Algorithmen und<br />
Wissenschaftliches Rechnen (Prof. T. Lengauer) des GMD Forschungszentrums<br />
für Informationstechnologie in St. Augustin. Dort leitete sie Teilprojekte im<br />
SFB 408 „Anorganische Festkörper ohne Translationssymmetrie“. Seit 2001 hat<br />
34 35
sie den Lehrstuhl (C4) für Theoretische Chemie an der Universität Düsseldorf<br />
inne, wo sie noch heute wirkt. Von 2005 bis 2010 war sie Sprecherin des SFB<br />
663 „Molekulare Antwort auf elektronische Anregung“. Seit 2011 ist sie Dekanin<br />
der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-<br />
Universität Düsseldorf. Sie engagierte sich lange Jahre im Auswahlkomitee des<br />
Feodor-Lynen-Programms der Alexander von Humboldt Stiftung. Heute ist sie<br />
Mitglied der DFG-Kommission für IT-Infrastruktur (KfR). Frau Prof.’in Marian<br />
hat zwei Kinder.<br />
Der Fokus ihrer wissenschaftlichen Interessen liegt auf der Entwicklung und<br />
Anwendung relativistischer quantenchemischer Methoden für spinabhängige<br />
molekulare Eigenschaften sowie auf der theoretischen Untersuchung photophysikalischer,<br />
photochemischer und photobiologischer Prozesse in Molekülen.<br />
NM<br />
Mittwoch, 18.1<strong>2.</strong><strong>2013</strong>, um 15.30 Uhr, 555. Sitzung<br />
Ein ABC biologischer Membranen<br />
Prof. Dr. Lutz Schmitt, Düsseldorf<br />
Eine biologische Membran ist eine der Grundvoraussetzungen jeglicher Form<br />
von Leben, denn sie bietet Zellen Abgrenzung und Schutz vor der Umgebung.<br />
Die Lipiddoppelschicht einer Membran bildet eine nicht permeable Grenzschicht<br />
gegenüber polaren und geladenen Substanzen. Daher wären Zellen<br />
gegenüber ihrer Umgebung „blind“, denn Ionen, Nährstoffe oder zelluläre<br />
Abbauprodukte können nicht über Membranen transportiert werden. Erst<br />
durch den Einbau von Membranproteinen werden biologische Membranen<br />
erzeugt, die selektive Barrieren darstellen, die eine Kommunikation mit der<br />
Umgebung erlauben, den Import von Nährstoffen und den Export toxischer<br />
Substanzen sicherstellen und die Kompartimentierung eukaryontischer Zellen<br />
erlauben. Nur so ist Leben in den uns bekannten Formen möglich.<br />
Membranproteine können entsprechend ihrer Funktion in Rezeptoren, Kanäle<br />
oder Transporter unterteilt werden. Eine der größten Familien von Membrantransportproteinen<br />
sind die ABC (ATP binding cassette) Transporter. Diese primär<br />
aktiven Transporter werden in allen Bereichen des Lebens gefunden und<br />
katalysieren den vektoriellen Transport der unterschiedlichsten Substanzen<br />
über biologische Membranen. Das Spektrum der Substrate reicht von kleinen<br />
anorganischen Ionen bis hin zu ganzen Proteinen aus Hunderten von Aminosäuren.<br />
Ihre pathophysiologische Bedeutung manifestiert sich unter anderem<br />
im Menschen. Mutationen in CFTR, einem Mitglied der ABC Transporter<br />
Familie, führt zu Mukoviszidose, die Expression eines anderen humanen ABC<br />
Transporters, MDR1 oder P-gp, ist die Grundlage eines der vielen Mechanismen,<br />
die eine Resistenz von Krebszellen gegenüber Chemotherapeutika hervorruft.<br />
In diesem Vortrag werde ich exemplarisch ABC Transporter, die den Transport<br />
von Gallensalzen in der menschlichen Leber, die Drogenresistenz in der<br />
Bäckerhefe und die Proteinsekretion in E. coli ermöglichen, vorstellen und<br />
unsere zellulären, biochemischen und biophysikalischen Forschungsansätze<br />
beschreiben, um diese Nanomaschinen auf molekularer Ebene zu verstehen<br />
und zu manipulieren.<br />
Prof. Dr. Lutz Schmitt wurde 1967 in Rheinfelden geboren. Von 1986 bis<br />
1992 studierte er Chemie an der Universität Freiburg. 1996 promovierte er an<br />
der Technischen Universität in München. Daran schloss sich ein Forschungsaufenthalt<br />
an der Stanford University an. Es folgten Jahre als Emmy-Noether-<br />
Nachwuchsgruppenleiter an den Universitäten in Marburg und Frankfurt.<br />
2004 erhielt er ein Heisenberg-Stipendium der DFG. Von 2005 bis 2007 war er<br />
als Professor für Biochemie an der Heinrich-Heine-Universität tätig, seit 2008<br />
hat er einen Lehrstuhl für Biochemie inne. 2008 erhielt er zudem den ersten<br />
Lehrpreis der Universität und ist ebenfalls seit 2008 Sprecher der NRW<br />
Forschungsschule BioStruct.<br />
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Impressum<br />
Herausgeber<br />
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der Wissenschaften und der Künste<br />
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Redaktionsschluss: 30 April <strong>2013</strong>. Aktuelle Informationen zu<br />
nachträglichen Programmänderungen finden Sie im Internet unter<br />
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Redaktion<br />
Esther Polito, Birgit Haneklaus, Ursula Steinbach<br />
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