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Begrüßungsrede

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Haus & Grund Podiumsdiskussion am 20. Januar 2010 in Berlin<br />

Kostenfalle Klimaschutz: Was können (sich) Hauseigentümer leisten?<br />

Dr. Rolf Kornemann<br />

Präsident<br />

Haus & Grund Deutschland<br />

- Es gilt das gesprochene Wort -<br />

I. Begrüßung und Einleitung<br />

Herr Staatssekretär,<br />

meine Damen und Herren Abgeordnete,<br />

sehr geehrter Herr Sonne, meine Damen und Herren,<br />

- namens Haus & Grund Deutschland darf ich Sie sehr herzlich zu unserem dritten Symposium -<br />

wiederum in den Räumen der Deutschen Bank - begrüßen. - Herr Böhmert, Ihrem Institut sind wir<br />

für Ihre erneute Gastgeberrolle zu großem Dank verpflichtet.<br />

- Sehr geehrter Herr Staatssekretär, nach der Übernahme Ihres verantwortungsvollen Amtes sind<br />

Sie erstmals unser Gast. Wir wollen nicht zurück-, sondern positiv nach vorne blicken. Deshalb<br />

nur einen Satz: Gegenüber den Erfahrungen aus der zurückliegenden Legislaturperiode ist die<br />

Zusammenarbeit zwischen Ihrem Haus und uns sicherlich noch steigerungsfähig! Ihr Kommen<br />

werten wir als gutes Zeichen; besten Dank für Ihre spontane Zusage.<br />

- Unsere Diskutanten wird Herr Sonne gleich begrüßen und vorstellen; von uns demzufolge nur ein<br />

knappes Dankeschön für Ihr Kommen, meine Damen und Herren Abgeordnete.<br />

Haus & Grund Deutschland, Mohrenstraße 33, D-10117 Berlin<br />

Telefon 030 20216-0, Fax 030 20216-555, zv@hausundgrund.de, www.hausundgrund.de


- Lieber Herr Sonne, nach knapp 40 Jahren treffen wir uns wieder. Sie als junger, aufstrebender<br />

Journalist hatten mich in Bonn wiederholt im Westdeutschen Rundfunk interviewt. Es waren Zeitabschnitte<br />

der Baurekorde, der gravierenden städtebaulichen Entwicklungen; der Gewerkschaftskonzern<br />

„Neue Heimat“ dominierte die wohnungspolitische Debatte. Nun treffen wir uns<br />

„Unter den Linden“ in einem wiedervereinigten Land wieder.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />

in unserem ersten Symposium hatten wir uns der Erbschaftsteuer und im zweiten dem Mietrecht zugewandt.<br />

„Kostenfalle Klimaschutz: Was können (sich) Hauseigentümer leisten?“ - so lautet das Thema<br />

unserer diesjährigen Podiumsdiskussion, die wir in der Folge der Klimakonferenz in Kopenhagen<br />

führen wollen. Die Gründe für deren Scheitern brauchen wir heute nicht zu erörtern. Ebenso wenig<br />

wollen wir hier die Endlos-Debatte über die Ursachen des Klimawandels fortsetzen. Nicht wir, sondern<br />

die Naturwissenschaften müssen Antworten geben, ob es sich wirklich um einen menschengemachten<br />

Klimawandel handelt oder ob nicht viel mehr ein ewiger, völlig natürlicher Weltenzyklus vorliegt.<br />

Die gegenwärtigen klimatischen Veränderungen hatten wir bereits mehrfach; beispielsweise wuchs<br />

zur „römischen Warmzeit“ vor ca. 2000 Jahren in Großbritannien ein exzellenter Wein. Es sei auch<br />

dahingestellt, ob nun gerade Deutschland innerhalb Europas und der Welt mit seinem minimalen Anteil<br />

an der gesamten Treibhausgasemission eine so teure Vorreiterrolle spielen soll(te) und ob nun<br />

gerade im Wohnungsbereich am leichtesten und am wirtschaftlichsten gespart werden kann. Was<br />

würde alleine ein verändertes Verbraucherverhalten bewirken? Wären nicht weniger Klimakonferenzen<br />

mit tausenden von Delegierten, die alle fliegen, zielführender? Schaffen wir uns mit einem übermäßigen<br />

Dämmen und Dichten und einer dadurch ausgelösten Schimmelpilzbildung nicht die Probleme<br />

von morgen? Jenseits dieser so kontroversen Debatten gibt es aber mindestens drei handfeste<br />

Gründe, die für die Energieeinsparung sowie den Abschied von fossilen Energieträgern sprechen:<br />

Zum einen werden die Staaten, die über fossile Brennstoffe verfügen, immer wieder in Versuchung<br />

geraten, diese Machtposition zur Durchsetzung ihrer Interessen auszunutzen. Deutschland muss sich<br />

weiter darum bemühen, die Abhängigkeit von diesen Ländern zu reduzieren. Zum anderen wird der<br />

Energiehunger, vor allem in den sog. Schwellenländern wie Indien und China, gewaltig wachsen; das<br />

treibt die Preise nach oben. Ein Drittes: Fossile Brennstoffe stehen nicht mehr unendlich lange zur<br />

Verfügung. Auch wenn bisher immer wieder neue Quellen entdeckt werden, ist doch eines gewiss:<br />

Irgendwann werden sie vollständig ausgebeutet sein. Daher muss es unser gemeinsames Ziel sein,<br />

den Energieverbrauch weiter zu senken und den Ausbau erneuerbarer Energien zu forcieren. Konkret<br />

ist unsere Aufgabe, effizient, effizienter mit der Ressource „Energie“ umzugehen.<br />

- 2 -


II.<br />

Ist-Situation<br />

Die Umsetzung dieses Ziels kostet Geld; wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, Klimaschutz sei<br />

zum Nulltarif zu haben. Gigantische finanzielle Lasten sind zu schultern, und zwar zusätzliche Lasten!!<br />

Die privaten Immobilieneigentümer investieren heute bereits jährlich über 70 Milliarden Euro in den<br />

Wohnungsbestand, wobei ein Teil dieser Mittel in die energetische Modernisierung fließt. Mit Mitteln<br />

des CO 2 -Gebäudesanierungsprogramms wurden bisher knapp 1,4 Mio. - gleich 4 Prozent der Wohneinheiten<br />

- energetisch saniert. Bei diesem Sanierungstempo wird es aber weit mehr noch als 100<br />

Jahre dauern, bis der gesamte Wohnungsbestand angepasst ist. Der Politik ist dies alles zu langsam.<br />

Sie erhöht den Druck. Für den Wohnungsneubau setzt die Energieeinsparverordnung 2009 (EnEV<br />

2009) hohe Maßstäbe; mit der Öffnungsklausel im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz steht den<br />

Ländern die Möglichkeit offen, auch im Wohnungsbestand, auf den wir uns im Folgenden konzentrieren<br />

wollen, die Nutzung erneuerbarer Energie zu erzwingen und schärfere Anforderungen an die<br />

energetische Qualität zu formulieren. Nach Baden-Württemberg, das mit seinem Wärmegesetz hier<br />

Vorreiter ist, planen weitere Länder im Bestand den Umstieg auf erneuerbare Energien zu dekretieren,<br />

ohne allerdings die wirtschaftliche Ist-Situation der Betroffenen zu beachten; ein gefährlicher Virus, ein<br />

Trojaner hat sich hier im politischen Denken ausgebreitet: Der Umweltpolitik in Deutschland ist das<br />

Gespür dafür abhanden gekommen, welche Belastungen zur Durchsetzung dieser hehren Ziele überhaupt<br />

tragbar und zumutbar sind. Die Politik will sich mit Erfolgen schmücken; die Rechnungen selber<br />

reicht sie aber zur Begleichung an die Eigentümer weiter.<br />

Wer sind die Eigentümer? Nicht nur die Crème de la Crème, nicht nur die Superreichen, sondern<br />

ziemlich exakt die Hälfte sowohl der Arbeiter- als auch der Rentnerhaushalte in Deutschland verfügen<br />

über Haus- und Grundeigentum. Wir wissen darüber hinaus, dass selbstgenutzte Wohnimmobilien in<br />

Deutschland, die einen durchschnittlichen Wert von 242.000 Euro haben, mit Restschulden von<br />

durchschnittlich 101.000 Euro belastet sind. Für die vollständige energetische Sanierung eines Einfamilienhauses<br />

müssen über 70.000 Euro investiert werden. Geld, das viele Eigentümer nicht haben<br />

und auch nicht von Banken und Sparkassen geliehen bekommen, denn das Durchschnittsalter der<br />

Investoren ist über 50 Jahre, bei den Haus & Grund-Mitgliedern sogar 63 Jahre. Viele von ihnen sind<br />

deshalb aus Sicht der Banken schlichtweg „kreditunwürdig“. Vom Beleihungswert mag eine Neuvalutierung<br />

noch möglich sein. Spätestens nach Eintritt ins Rentenalter kann der Schuldner aber die Zinsund<br />

Tilgungsbelastung nicht mehr aufbringen. Eine erneute Geldaufnahme widerspricht aber auch<br />

seiner Lebensplanung, die vorsieht, in einem entschuldeten Haus den Lebensabend zu verbringen.<br />

Erschwerend kommen des Weiteren die niedrigen Renditen im Mietwohnungsbereich hinzu: 40 Prozent<br />

der privaten Bestände weisen Verluste und 20 Prozent lediglich eine Kostendeckung aus.<br />

- 3 -


Diese „Wahrheiten“ will aber keiner so genau wissen; wer recherchiert sich schon gerne seine Meinung<br />

kaputt? Stattdessen wird den Hauseigentümern gerne vorgerechnet, vorgegaukelt, dass sich<br />

ihre Investitionen in die energetische Modernisierung rasch amortisieren. Bei diesen Berechnungen<br />

wird grundsätzlich angenommen, dass ein unsaniertes Einfamilienhaus im Jahr ungefähr 350 kWh pro<br />

Quadratmeter, ein energetisch gut modernisiertes hingegen nur 150 kWh verbraucht. Diese beiden<br />

Werte tauchen beispielsweise in dem Muster-Energieausweis im Anhang zur Energieeinsparverordnung<br />

auf. Die Differenz zwischen diesen beiden Werten wird als gemeinhin erreichbares Einsparpotenzial<br />

angenommen. Aber diese Annahme ist grundfalsch. Eine repräsentative Studie aus Schleswig-<br />

Holstein, auf die unser dortiger Landesverband immer wieder hinweist, belegt für Bestandsgebäude<br />

lediglich einen jährlichen durchschnittlichen Energieverbrauch in Höhe von 170 kWh pro Quadratmeter.<br />

Das Energieeinsparpotenzial ist also viel geringer als allgemein angenommen. Das bedeutet aber<br />

zugleich, dass sich die Investitionen für energetische Sanierungen eben nicht sofort, sondern zumeist<br />

erst nach mehreren Jahrzenten rechnen; viele private Eigentümer werden die Amortisation ihrer Investition<br />

infolgedessen nicht mehr erleben. Die meisten der Aufwendungen sind für private Eigentümer<br />

also nicht wirtschaftlich. Die Wirtschaftlichkeit muss aber das Kriterium sämtlicher energetischer<br />

Anforderungen sein. Der Zwang zu unwirtschaftlichen Investitionen ist ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie<br />

des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes. Meine Damen und Herren, Haus & Grund<br />

Deutschland geht es um nichts weniger als um das Recht auf Eigenverantwortung!<br />

III.<br />

Appell<br />

1) Der Bundestag sollte folglich die Öffnungsklausel im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz umgehend<br />

kassieren, um auf Landesebene den Wettbewerb um das gnadenloseste CO 2 -<br />

Reduzierungsprogramm sofort zu stoppen. Wir appellieren an die Politik, das Sanierungstempo<br />

nur über Anreize zu freiwilligen Maßnahmen zu erhöhen. Dass dies gerade bei den privaten Eigentümern<br />

im selbstgenutzten Wohneigentum funktioniert, beweist die Statistik der „Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau“: In Westdeutschland werden jedes Jahr ca. 80 Prozent der KfW-Mittel zur<br />

energetischen Modernisierung von privaten Eigentümern abgerufen; in Ostdeutschland sind es<br />

immerhin um die 60 Prozent.<br />

2) Ein wirklich wesentlicher Sprung bei der energetischen Modernisierung wird nach unserer Auffassung<br />

allerdings erst erreicht, wenn erhöhte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für klima- und<br />

umweltfreundliche Modernisierungsmaßnahmen und ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz für<br />

Handwerkerleistungen eingeführt werden. Das Steuerrecht ist zur Stunde eine maßgebliche<br />

- 4 -


Bremse. Neue Heizungen, Fenster und Dämmmaterial müssen auf 50 Jahre verteilt abgeschrieben<br />

werden, obwohl sie nicht so lange halten. Wir besteuern schlichtweg Scheingewinne!<br />

3) Entsprechendes gilt für das Mietrecht und die Betriebskostenverordnung. Die deutsche Klimapolitik<br />

hat in den vergangenen Jahren nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass klima- und umweltfreundliche<br />

Modernisierungen im vermieteten Wohnungsbestand an nahezu unüberwindlichen<br />

mietrechtlichen Hürden scheitern. Vorschriften, die in den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts<br />

zum Schutz der Mieter vor Luxussanierungen eingeführt wurden, verhindern heute Investitionen<br />

in die energetische Sanierung von Mietwohnungen. Indem es den Mietern das Recht auf<br />

Mietminderung in der Umbauphase einräumt, bestraft es gleichsam den gutwilligen Vermieter. Betriebskosten<br />

regenerativer Energieträger dürfen nicht umgelegt werden, wenn der Mietvertrag<br />

nicht entsprechende Klauseln enthält.<br />

4) Schließlich war in der Vergangenheit die permanente „Reformitis“ zu beklagen; eine Reform jagte<br />

die andere, immer neue Vorgaben wurden gemacht. Das Gegenteil des Erwünschten trat ein: Völlig<br />

verunsichert verfielen die Investoren in eine Art „Schockstarre“. Man wird automatisch an das<br />

Märchen vom Hasen und Igel erinnert. Wer wird modernisieren, wenn der Standard von heute<br />

morgen schon völlig überholt ist?<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />

wir haben zustimmend zur Kenntnis genommen, dass sich der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und<br />

FDP eindeutig zum Abbau dieser Hürden bekennt und zunächst auch keine neuen Vorgaben machen<br />

will; es soll eben nicht alle zwei Jahre eine neue Energieeinsparverordnung in Kraft treten. Nicht die<br />

Technik zum energiesparenden und damit weniger Kohlendioxid ausstoßenden Wohnen ist das Problem.<br />

Viel schwieriger ist es, die Bestandswohnungen wirtschaftlich zu sanieren; Miet-, Steuerrecht,<br />

Betriebskostenverordnung sowie die Eigenkapitalerfordernisse der Banken stehen dem ebenso entgegen<br />

wie der politische Aktionismus. Nicht illusionäre Ziele, sondern die schlichte Wirklichkeit sollte<br />

die Richtschnur des politischen Handelns sein. Sicherlich geht es auch ums Geld, um viel Geld. Es<br />

geht aber ebenso auch um die Gewinnung verständnisvoller Partner im Bund und in den Ländern.<br />

Konkret fordern wir:<br />

- Die EnEV 2009 muss auf den Prüfstand, mit dem Ziel, auf Zwangsmaßnahmen für den Bestand<br />

zu verzichten. Die Wirtschaftlichkeit ist zu beachten, d. h. die Eigentümer dürfen nicht überfordert<br />

werden.<br />

- 5 -


- Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz muss durch Streichung der Länder-Öffnungsklausel<br />

novelliert werden.<br />

- Das Mietrecht muss geändert werden; so sind Maßnahmen zur CO 2 -Reduzierung von allen Mietern<br />

zu dulden. Modernisierungsmieterhöhungen müssen entbürokratisiert werden. Betriebskosten<br />

erneuerbarer Energiequellen müssen durch einseitige Erklärungen des Vermieters umgelegt<br />

werden dürfen.<br />

- Im Steuerrecht muss es kürzere Abschreibungsfristen geben; als weiteres alternatives Förderinstrument<br />

muss es Bürgschaften geben, um älteren Eigentümern die Kreditaufnahme zu ermöglichen.<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich mit Ihnen auf das Referat von Herrn Staatssekretär<br />

Mücke. Vielen Dank.<br />

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.<br />

- 6 -

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