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gesundheitswesen und pflege in island

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03/04<br />

ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

16<br />

www.oegkv.at<br />

Marga Thome<br />

F A C H B E I T R A G<br />

<strong>ges<strong>und</strong>heitswesen</strong> <strong>und</strong> <strong>pflege</strong> <strong>in</strong> <strong>island</strong><br />

Land <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen 3,4<br />

Island zeichnet sich durch besondere<br />

geografische, geologische, demografische,<br />

wirtschaftlich-soziale <strong>und</strong> kulturelle<br />

Merkmale aus, die den Alltag der Menschen<br />

bee<strong>in</strong>flussen. Der Staat kann als<br />

Sozialstaat mit skand<strong>in</strong>avischen Versorgungsniveau<br />

angesehen werden. Wie aus<br />

Tafel 1 hervorgeht, ist die Lebenserwartung<br />

der Isländer hoch, ebenso die Fertilitätsrate,<br />

die Rate Totgeborener zählt zu<br />

den ger<strong>in</strong>gsten der Welt. Die Bevölkerung<br />

ist seit Beg<strong>in</strong>n des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

<strong>in</strong> stetigem Wachstum begriffen.<br />

Die Ges<strong>und</strong>heitsfürsorge ist nach dem<br />

Ges<strong>und</strong>heitsgesetz Nr. 97/100 geregelt.<br />

Danach ist die Ges<strong>und</strong>heitsfürsorge aufgeteilt<br />

<strong>in</strong> die primäre Versorgung, welche<br />

Prävention <strong>und</strong> ambulante Dienste an<br />

Ges<strong>und</strong>heitszentren (engl.: Health Center)<br />

umfasst, <strong>und</strong> <strong>in</strong> die sek<strong>und</strong>äre <strong>und</strong> tertiäre<br />

Versorung, die Krankenhäuser <strong>und</strong><br />

Rehabilitationszentren <strong>und</strong> Pflegeheime<br />

betrifft. Krankenhäuser bieten allgeme<strong>in</strong>e<br />

mediz<strong>in</strong>ische <strong>und</strong> <strong>pflege</strong>rische Versorgung<br />

<strong>und</strong> auch spezialisierte Ges<strong>und</strong>heitsdienste<br />

an. Spezielle Krankenäuser<br />

haben außerdem Lehrfunktionen für die<br />

Ges<strong>und</strong>heitsberufe.<br />

Die Ges<strong>und</strong>heits<strong>in</strong>stitutionen s<strong>in</strong>d auf<br />

Landesdistrikte entlang der bewohnbaren<br />

Küste verteilt <strong>und</strong> werden vom jeweiligen<br />

Distrikt verwaltet. Jeder Distrikt unterhält<br />

e<strong>in</strong> oder mehrere Ges<strong>und</strong>heitszentren,<br />

die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen e<strong>in</strong>e Verwaltungse<strong>in</strong>heit<br />

mit e<strong>in</strong>em Krankenhaus bilden.<br />

Die Ges<strong>und</strong>heitszentren sichern die mediz<strong>in</strong>ische<br />

<strong>und</strong> <strong>pflege</strong>rische Allgeme<strong>in</strong>versorgung<br />

von Geme<strong>in</strong>den oder Stadtteilen.<br />

Sie werden nach Größe unterschieden<br />

(H2, H1, H). In den größten Ges<strong>und</strong>heitszentren<br />

(H2) arbeitet e<strong>in</strong> Team<br />

von Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>ern,<br />

Land<br />

Pflegenden,<br />

Hebammen,<br />

Sozialarbeitern<br />

sowie anderen Lebenswartung<br />

Mitarbeitern,<br />

wogegen <strong>in</strong> den<br />

kle<strong>in</strong>sten (H)<br />

meist nur e<strong>in</strong>e<br />

Pflegeperson tätig<br />

ist <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

Arzt regelmäßig<br />

oder auf Anfrage<br />

konsultiert<br />

wird. Die Zentren<br />

bieten <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en 24h-Dienst<br />

sowie Labor- <strong>und</strong> Röntgene<strong>in</strong>richtung<br />

<strong>und</strong> mediz<strong>in</strong>ische Versorgung an.<br />

Pflege an Ges<strong>und</strong>heitszentren<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>den 4<br />

Die Aufgaben der Pflegenden variieren<br />

nach Größe der Ges<strong>und</strong>heitszentren. Im<br />

allgeme<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d sie für die Haus<strong>pflege</strong><br />

von chronisch Kranken, zumeist älteren<br />

Menschen, zuständig. Zudem obliegt<br />

ihnen die Ges<strong>und</strong>heitsfürsorge für<br />

Schwangere, Wöchner<strong>in</strong>nen, Kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong><br />

Schulk<strong>in</strong>der <strong>und</strong> die Teilnahme an der<br />

Familienplanung. An den kle<strong>in</strong>eren Zentren<br />

übernehmen Pflegende <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>kunft<br />

mit Ärzten manchmal auch Notdienste,<br />

z.B. Erste Hilfe, W<strong>und</strong>versorgung<br />

oder Ausgabe von rout<strong>in</strong>emäßig<br />

verordneten Medikamenten. Pflegende<br />

besuchen <strong>in</strong> der nachgeburtlichen Phase<br />

(nach der Entlassung aus der Geburtskl<strong>in</strong>ik<br />

bis zum dritten Monat) regelmäßig<br />

Familien. Im dritten Monat beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong><br />

Impfprogramm, das weitere Kontakte<br />

mit den Pflegenden <strong>und</strong> mit den Ges<strong>und</strong>heitszentren<br />

fördert. Wachstum <strong>und</strong> Entwicklung<br />

der Kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong> Vorschulk<strong>in</strong>der<br />

Island<br />

Grösse 103 000 km 2<br />

E<strong>in</strong>wohner 287 000<br />

Geburtenrate pro 1000 14.86<br />

Gesamtfertilitätsrate 1.93<br />

Todesrate pro 1000 6.3<br />

Todgeborene auf 1000 Lebendgeborene 2.7<br />

Proportion der Bevölkerung >60 Jahre 0.28<br />

82,2 / 78,1 Jahre<br />

Tafel 1: Gr<strong>und</strong>legende Landesdaten <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen 1,2<br />

werden weiterh<strong>in</strong> vom Pflegepersonal der<br />

Ges<strong>und</strong>heitszentren überprüft. Auch <strong>in</strong><br />

den Gr<strong>und</strong>schulen haben Pflegende e<strong>in</strong>e<br />

präventive Rolle.<br />

Das Aufgabenfeld der Pflegenden im<br />

präventiven Bereich erweitert sich dabei<br />

ständig. Beispiele dafür s<strong>in</strong>d die Pflege <strong>in</strong><br />

Gefängnissen <strong>und</strong> Frauenhäusern, die<br />

Pflege von Obdachlosen sowie von E<strong>in</strong>wanderern,<br />

die Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung,<br />

der Ges<strong>und</strong>heitsunterricht oder spezifische<br />

Ges<strong>und</strong>heitsprogramme. E<strong>in</strong>e neue<br />

Entwicklung ist die E<strong>in</strong>richtung von<br />

Kl<strong>in</strong>iken für Jugendliche, die <strong>in</strong>sbesondere<br />

auf die Bedürfnisse der Jugendlichen<br />

nach Beratung <strong>und</strong> Unterweisung im<br />

sexuellen Bereich ausgerichtet s<strong>in</strong>d (engl.:<br />

Drop-<strong>in</strong> cl<strong>in</strong>ics). Diese Initiative soll der<br />

relativ hohen Abtreibungsrate unter isländischen<br />

Jugendlichen, dem mangelhaften<br />

Wissen der Jugendlichen über Sexualität<br />

<strong>und</strong> dem eher sporadischen Gebrauch<br />

von Verhütungsmitteln entgegenwirken.<br />

E<strong>in</strong> erster H<strong>in</strong>weis auf diesbezügliche<br />

Erfolge ist die zum ersten Mal s<strong>in</strong>kende<br />

Abtreibungsrate unter Jugendlichen im<br />

vergangenen Jahr. Der regelmäßige Kon-


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takt mit den Familien <strong>in</strong> der nachgeburtlichen<br />

Phase ermöglicht neben rout<strong>in</strong>emäßig<br />

verrichteten Pflegemaßnahmen<br />

auch <strong>in</strong>novative Präventivmaßnahmen.<br />

Beispiel e<strong>in</strong>er Innovation ist e<strong>in</strong> Forschungs-Projekt<br />

bei der Versorung nachgeburtlich<br />

psychisch belasteter Frauen 5 .<br />

Mit dem Suchverfahren der „Ed<strong>in</strong>burgh<br />

Postnatal Depressions Skala“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em<br />

anschließenden Interview werden entsprechend<br />

belastete Frauen gef<strong>und</strong>en.<br />

Pflege<strong>in</strong>terventionen für diese Klient<strong>in</strong>nen<br />

werden an e<strong>in</strong>er wissenschaftlich<br />

f<strong>und</strong>ierten Wissensbasis <strong>und</strong> den <strong>in</strong>dividuellen<br />

Bedürfnissen dieser Frauen <strong>und</strong><br />

deren Familien ausgerichtet. Dieses Basiswissen<br />

erwerben Pflegende anhand<br />

e<strong>in</strong>es Internetkurses, der von der Pflegewissenschaftlichen<br />

Fakultät der Universität<br />

Islands entwickelt <strong>und</strong> betreut wird.<br />

Sie vertiefen ihr Wissen über psychische,<br />

nachgeburtliche Belastungen sowie über<br />

effektive, kommunikative Intervention.<br />

Erste Ergebnisse zeigen, dass Frauen, die<br />

von Pflegenden, welche an diesem Programm<br />

teilnehmen betreut werden, bereits<br />

<strong>in</strong> der 15. nachgeburtlichen Woche<br />

e<strong>in</strong>e signifikante Verbesserung des Bef<strong>in</strong>dens<br />

erleben im Vergleich zu Frauen an<br />

Kontrollzentren, an denen dieses Verfahren<br />

nicht durchgeführt wird. Das Projekt<br />

wird derzeit landesweit <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit<br />

mit den Pflegeleitungen durchgeführt<br />

<strong>und</strong> auf se<strong>in</strong>e Ergebnisse h<strong>in</strong><br />

(engl.: patient-outcomes) getestet. Die<br />

E<strong>in</strong>führung <strong>und</strong> die Überprüfung von<br />

Innovationen ist ohne die Pflegewissenschaft<br />

<strong>und</strong> ohne e<strong>in</strong>e engagierte Pflegeleitung<br />

nicht durchführbar, wie das angeführte<br />

Beispiel zeigt. Die Beteiligung<br />

e<strong>in</strong>er großen Anzahl von Pflegenden an<br />

e<strong>in</strong>em <strong>pflege</strong>wissenschaftlichen Projekt<br />

zeigt hier beispielhaft e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />

des Bef<strong>in</strong>dens von Klient<strong>in</strong>nen sowie deren<br />

Familien. Außerdem<br />

wertet es die<br />

Pflegetätigkeit auf,<br />

fördert den fachlichen<br />

Diskurs unter<br />

Pflegenden <strong>und</strong> verbessert<br />

die Arbeitsmoral.<br />

Der Berufsverband<br />

6<br />

Der Isländische Berufsverband<br />

für Pflegeberufe<br />

spielt seit<br />

Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es Bestehens<br />

im Jahre 1919<br />

e<strong>in</strong>e entscheidende<br />

Rolle bei der Weichenstellung<br />

aller<br />

Entwicklungen des<br />

Pflegeberufes. Ihm<br />

gehören 99% der<br />

Pflegenden an, wodurch<br />

er als e<strong>in</strong>flussreiche<br />

Interessenvertretung<br />

<strong>in</strong> der<br />

Gesellschaft wahrgenommen<br />

wird. Dank<br />

weitsichtiger <strong>und</strong> weltoffener Führungskräfte<br />

forderte er bereits 1970 e<strong>in</strong>e<br />

Ausbildungsreform, um den damaligen<br />

Problemen des Berufes, den Forderungen<br />

der Gesellschaft nach e<strong>in</strong>em verstärkten<br />

sozialen Engagement <strong>und</strong> nach Berücksichtigung<br />

der <strong>in</strong>ternationalen Entwicklung<br />

zu entsprechen. Die Schlüsselfunktion<br />

des Pflegeberufes bei der Förderung<br />

der Volksges<strong>und</strong>heit wurde vom<br />

Berufsverband <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er öffentlichen Stellungnahme<br />

herausgestellt. Dieser betonte<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gr<strong>und</strong>satzerklärung zur Entwicklung<br />

des Pflegeberufes die Notwendigkeit<br />

e<strong>in</strong>er verstärkten Förderung der<br />

Volksges<strong>und</strong>heit (engl.: public health)<br />

<strong>in</strong>nerhalb wie außerhalb der bestehenden<br />

Ges<strong>und</strong>heits<strong>in</strong>stitutionen.<br />

Von der Pflege-Fachausbildung<br />

zum Regelstudium der Pflegewissenschaft<br />

7,8<br />

Die Isländische Kranken<strong>pflege</strong>schule bot<br />

55 Jahre lang ( von 1931-86) e<strong>in</strong>e 3-jährige<br />

Fachausbildung <strong>in</strong> der Kranken<strong>pflege</strong><br />

an. Ausbildungen <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de<strong>pflege</strong><br />

sowie <strong>in</strong> Spezialbereichen mussten jedoch<br />

im Ausland erworben werden, was bei<br />

steigendem Bedarf <strong>in</strong> den siebziger Jahren<br />

zu e<strong>in</strong>em zunehmenden Mangel an<br />

spezialisierter Pflegekräften führte. Berater<br />

der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation


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<strong>island</strong><br />

waren schon damals davon überzeugt,<br />

dass derartige Probleme nur durch den<br />

Zugang zu universitären Studiengängen<br />

gelöst werden könnten <strong>und</strong> rieten isländischen<br />

Behörden zu diesem Schritt.<br />

Studiengänge Voraussetzung Studiendauer<br />

Bachelor of<br />

Science (BS)<br />

Diplom (Spezialisierung)<br />

Master of<br />

Science (MS)<br />

Matura oder<br />

abgeschlosse<br />

3-jährige Ausbildung<br />

<strong>in</strong> der<br />

allgeme<strong>in</strong>en<br />

Pflege<br />

BS oder vergleichbare<br />

Qualifikation<br />

BS, Diplom<br />

mit Abschlussnote<br />

>7.5 oder vergleichbarer<br />

Abschluss<br />

4 Jahre,<br />

8 Semester,<br />

240 ECTS<br />

1 Jahr,<br />

2 Semester,<br />

40-60 ECTS<br />

2 Jahre,<br />

4 Semester,<br />

120 ECTS<br />

Bemühungen des Berufsverbandes um<br />

e<strong>in</strong>e Ausbildungsrefom führten im Jahre<br />

1973 zur E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Regelstudiums<br />

der Pflegewissenschaft an der Universität<br />

Islands. Island kam somit der<br />

Empfehlung der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />

von 1971 nach, <strong>pflege</strong>wissenschaftliche<br />

Studiengänge <strong>in</strong> den europäischen<br />

Ländern e<strong>in</strong>zurichten. Der Berufsverband<br />

forderte gleichzeitig e<strong>in</strong> Angebot<br />

solcher Studiengänge für alle Berufsanfänger<br />

sowie für Pflegende, die e<strong>in</strong>en<br />

akademischen Abschluss nachzuholen<br />

wünschten. Diese Forderungen konnten<br />

verwirklicht werden, da seit 1986 die<br />

gesamte Pflegeausbildung an den zwei<br />

Universitäten des Landes ( <strong>in</strong> Reykjavik<br />

<strong>und</strong> Akureyri) angesiedelt ist <strong>und</strong> seit<br />

1990 e<strong>in</strong> verkürzter Studiengang diplomierten<br />

Pflegenden den Zugang zum<br />

Bachelor of Science degree ermöglichte.<br />

Island wurde somit das erste europäische<br />

Land, das die gesamte Pflegeausbildung<br />

zum Gegenstand e<strong>in</strong>es akademischen<br />

Studiums machte. Es unterscheidet sich<br />

bis heute dadurch von Ländern, welche<br />

die Ausbildung bzw. das Studium sowohl<br />

<strong>in</strong> Fachschulen als auch <strong>in</strong> akademischen<br />

Institutionen anbieten. Die Position des<br />

Berufsverbandes zu dieser Entwicklung<br />

war von Anfang an klar: Das Studium als<br />

Voraussetzung für den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das<br />

Berufsleben wurde gefordert, um e<strong>in</strong>e<br />

Spaltung des Berufes durch unterschiedliche<br />

Gr<strong>und</strong>ausbildungen zu vermeiden.<br />

Auch sollte der Pflegeberuf auf e<strong>in</strong> Ausbildungsniveau<br />

gehoben werden, das mit<br />

dem der meisten anderen Ges<strong>und</strong>heitsberufe<br />

vergleichbar sei. Außerdem sollte die<br />

Pflegeausbildung der <strong>in</strong>ternationalen<br />

Entwicklung <strong>und</strong> der Wissensexplosion<br />

angepasst werden. Obwohl der Akademisierung<br />

der Ausbildung anfänglich mit<br />

großer Skepsis sowohl von Seiten der Berufsangehörigen<br />

wie von Teilen der Ärzteschaft<br />

begegnet wurde, vergrößerte sich<br />

von Jahr zu Jahr die Anzahl derer, die<br />

diese Entwicklung positiv beurteilten.<br />

Heute steht die Verwissenschaftlichung<br />

der Pflegeausbildung aufgr<strong>und</strong> ihrer lan-<br />

Ziel /<br />

Spezialisierung<br />

Allgeme<strong>in</strong>e<br />

Pflege, be<strong>in</strong>haltet<br />

u.a.<br />

Pflege von<br />

K<strong>in</strong>dern,Alten<br />

<strong>und</strong> psychisch<br />

Kranken<br />

z.B. <strong>in</strong> Intensiv-,Anästhesie-,Akut-,<br />

Operations<strong>pflege</strong>,Alten<strong>und</strong><br />

Geme<strong>in</strong>de<strong>pflege</strong>,<br />

onkologische,<br />

psychiatrische<br />

Pflege<br />

Pflegeforschung<br />

(Freyja) oder<br />

Fach<strong>pflege</strong> <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Spezialbereich<br />

(Eir).<br />

Spezialisierung<br />

<strong>in</strong> kl<strong>in</strong>ischen<br />

Bereichen wie<br />

Alten- K<strong>in</strong>der-<br />

Erwachsenen<strong>pflege</strong><br />

mit<br />

Vertiefung <strong>in</strong><br />

Teilbereichen<br />

oder im<br />

Management<br />

Registrierung<br />

M<strong>in</strong>isterium für<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales.Voraussetzung<br />

s<strong>in</strong>d BSdegree<br />

oder Ausbildung<br />

nach Richtl<strong>in</strong>ien<br />

der EU<br />

Zertifikat der<br />

Universität<br />

Zertifikat der Fach<strong>pflege</strong><br />

durch M<strong>in</strong>isterium<br />

für Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Soziales.<br />

Voraussetzung s<strong>in</strong>d<br />

Doktorat oder MSdegree<br />

<strong>und</strong> zweijährige<br />

Berufserfahrung<br />

im Spezialbereich<br />

der Fach<strong>pflege</strong>.<br />

Beispiele: Fachbereich<br />

Erwachsenen-<br />

oder K<strong>in</strong>der<strong>pflege</strong><br />

mit Schwerpunkt<br />

auf Schmerzbehandlung,<br />

Schlafstörungen,W<strong>und</strong>behandlung,<br />

Rehabilitation<br />

etc.<br />

Tafel 2: Übersicht der Studiengänge <strong>in</strong> der Pflegewissenschaft an<br />

der Pflegewissenschaftlichen Fakultät, Universität Islands


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<strong>island</strong><br />

gen Bewährung nicht mehr zur Debatte.<br />

Über zwei Drittel der aktiven Berufsangehörigen<br />

haben derzeit e<strong>in</strong>en akademischen<br />

Abschluss. Die Bewerbungen um<br />

Studienplätze liegen weit über dem Angebot<br />

an Studienplätzen. Im akademischen<br />

Jahr 2003/04 bewarben sich z.B. 250<br />

Studienanfänger an der Universität Islands.<br />

Es stehen jedoch nur 75 Ausbildungsplätze<br />

zur Verfügung. Deshalb<br />

musste <strong>in</strong> den vergangenen 10 Jahren e<strong>in</strong><br />

Auswahlverfahren durchgeführt werden.<br />

Pflegehelfer(<strong>in</strong>nen)<br />

In den sechziger Jahren wurde der Beruf<br />

der Pflegehelfer e<strong>in</strong>geführt. Dieser hat<br />

se<strong>in</strong>en eigenen Berufsverband, der dessen<br />

Entwicklung zwar eigenständig, aber<br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem Isländischen<br />

Berufsverband für Pflegeberufe steuert<br />

9 . Die Berufsgruppe wird an weiterführenden<br />

Schulen (nach e<strong>in</strong>em Gr<strong>und</strong>schulabschluss)<br />

theoretisch ausgebildet<br />

<strong>und</strong> absolviert 120 Studien-E<strong>in</strong>heiten.<br />

Die praktische Ausbildung erfolgt <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em 16-wöchigen Praktikumse<strong>in</strong>satz <strong>in</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heits<strong>in</strong>stitutionen. Nach Abschluss<br />

der Ausbildung besteht die Möglichkeit<br />

zu e<strong>in</strong>em weiterführenden Studium<br />

bis zur Fachmatura, das die Tür<br />

zum Pflegestudium öffnen kann.<br />

Fach<strong>pflege</strong>-Kompetenzen 10,11,12<br />

Die Fach<strong>pflege</strong> (engl.: Expert nurse) wird<br />

<strong>in</strong> Europa weith<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>e neuere Entwicklung<br />

angesehen. Die kl<strong>in</strong>ischen Kompetenzen<br />

der Pflegenden werden allgeme<strong>in</strong><br />

nach dem Modell von P. Benner <strong>in</strong><br />

6 Stufen unterteilt, – vom Anfänger zum<br />

Experten. Am Universitätskrankenhaus<br />

Islands – dem Landsspital, dient dieses<br />

Modell als Gr<strong>und</strong>lage für die kl<strong>in</strong>ische<br />

Karriere der Pflegenden <strong>und</strong> die Evaluation<br />

der Kompetenzen. Die höchste<br />

Kompetenzstufe entspricht der Fach<strong>pflege</strong><br />

oder dem Pflegeexperten. Die Rollen<br />

der Fach<strong>pflege</strong> s<strong>in</strong>d Pflegedienst, Lehre,<br />

Beratung <strong>und</strong> Patientenunterweisung,<br />

Pflegeforschung sowie E<strong>in</strong>flussnahme<br />

<strong>und</strong> Mitverantwortung für die fachliche<br />

Entwicklung der Pflege. Die Rollen s<strong>in</strong>d<br />

je nach Fachbereich von <strong>und</strong>erschiedlichem<br />

Umfang <strong>und</strong> <strong>in</strong> folgende Bereiche<br />

gegliedert (Lyon, 1996):<br />

1. Pflege von Patienten, Familien oder<br />

Gruppen.<br />

2. Professionelle Kontrolle der Ergebnisse<br />

(engl.: cl<strong>in</strong>ical outcomes management).<br />

3. Institutionelle Entwicklung (Pflegeorganisation<br />

<strong>und</strong> fachliche Entwicklung).<br />

Fach<strong>pflege</strong> erfordert <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Zusammenarbeit<br />

sowohl <strong>in</strong> der Dienstleistungs-<br />

als auch <strong>in</strong> der akademischen<br />

Institution <strong>und</strong> mit den akademischen<br />

Kolleg(<strong>in</strong>n)en an der Universität zwecks<br />

Lehre <strong>und</strong> Forschung.<br />

Pflegeakademiker(<strong>in</strong>nern) mit<br />

kl<strong>in</strong>ischen Funktionen 13,14<br />

Die E<strong>in</strong>richtung von neuen Stellen für<br />

Pflegeakademiker(<strong>in</strong>nern) <strong>in</strong> kl<strong>in</strong>ischen<br />

Bereichen dient der Integration von Lehre<br />

<strong>und</strong> Pflegeforschung <strong>in</strong> der Pflegepraxis.<br />

Diese s<strong>in</strong>d durch Verträge zwischen<br />

der Universität Islands <strong>und</strong> dem<br />

Universitätskrankenhaus – Landsspital,<br />

dem Bezirkskrankenhaus Akureyri <strong>und</strong><br />

den Ges<strong>und</strong>heitszentren <strong>in</strong> Reykjavík geregelt.<br />

Die Verträge erkennen das Recht<br />

der Pflege auf deren Entwicklung als<br />

Praxisdiszipl<strong>in</strong> an. Träger der Stellen s<strong>in</strong>d<br />

Professor(<strong>in</strong>n)en, Dozent(<strong>in</strong>n)en <strong>und</strong><br />

Lektor(<strong>in</strong>n)en die e<strong>in</strong>e Teil- oder Vollstelle<br />

an der Universität <strong>in</strong>nehaben. In enger<br />

Zusammenarbeit mit der Pflegedienstleitung<br />

s<strong>in</strong>d sie verantwortlich für Pflegewissenschaft<br />

<strong>und</strong> Lehre <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>heit der Dienstleistungs<strong>in</strong>stitution<br />

<strong>und</strong> mitverantwortlich für die fachliche<br />

Entwicklung der Pflege. Zusammenarbeit<br />

mit Fach<strong>pflege</strong>r(<strong>in</strong>nen)n <strong>und</strong> Kolleg(<strong>in</strong>n)-<br />

en anderer Fachbereiche wird vorausgesetzt.<br />

•<br />

Quellennachweise:<br />

1. Statistics Iceland: http://www.hagstofa.is<br />

2. WERN country report 2001 Iceland: http://www.wenr.org<br />

3. Directorat of Health: http://www.landlaeknir.is<br />

4. Vogel E, Thome M. Island: Pflege unter dem Polarkreis. In:<br />

Kollak I, Pillen A. (1998). Pflege-Ausbildung im Gespräch. E<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>ternationaler Vergleich. Mabuse Verlag, Frankfurt am Ma<strong>in</strong>.<br />

5. Ingadóttir E. (2002). Andleg vanlíðan eftir barnsburð: Hefur<br />

stuðn<strong>in</strong>gsmeðferð hjúkrunarfræð<strong>in</strong>ga áhrif? (Seelische Ges<strong>und</strong>heit <strong>in</strong><br />

der Nachgeburtsperiode: Können Pflege<strong>in</strong>terventionen zur Förderung<br />

beitragen?). Masters- These, Universität Island, Pflegewissenschaftliche<br />

Fakultät<br />

6. Policy Statement of the Icelandic Nurses Association:<br />

http://www.hjukrun.is.<br />

7.Universität Island, Pflegewissenschaftliche Fakultät:<br />

http://www.hi.is/nam/hjukrun/english.html<br />

8. Universität Akureyri: http://www.unak.is<br />

9. Pfegehelfer Berufsverband: http://www.slfi.is<br />

10. Benner P. (1984). From Novice to Expert. Adison-Wesley<br />

11. Lyon BL (1996). Meet<strong>in</strong>g societal needs for CNS competencies:<br />

Why the CNS and NP roles should not be blended <strong>in</strong> masters degree<br />

programs. Onl<strong>in</strong>e Journal of Issues <strong>in</strong> Nurs<strong>in</strong>g. http://www.nurs<strong>in</strong>gworld.org<br />

12. Beschreibung der Fach<strong>pflege</strong> am Universitätskrankenhaus,<br />

Landsspitali, HÓS, AGG, EBF, HLH, GG:23.07.02<br />

13. Beschreibung akademischer Pflegepositionen <strong>in</strong> kl<strong>in</strong>ischen<br />

Fachbereichen. Pflegewissenschaftliche Fakultät, Universität Islands,<br />

12.10.2003<br />

14. Verträge zwischen<br />

1) Universität Islands <strong>und</strong> Landsspital-Universitätskrankenhaus<br />

2) Universität Islands <strong>und</strong> Bezirkskrankenhaus Akureyri<br />

3) Universität Islands <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitszentren <strong>in</strong> Reykjavík - Draft.<br />

Marga Thome, RN, RM, Diploma of<br />

advanced nurs<strong>in</strong>g studies, MS, PhD,<br />

Associate Professor<br />

Inhaber<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Lehrstuhls der<br />

Pflegewissenschaft an der<br />

Universität Island seit 1977.<br />

Dekan<strong>in</strong> der Pflegewissenschaftlichen<br />

Fakultät von 2000-2003.

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