das helfende gespräch
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www.oegkv.at<br />
17 ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />
02/08<br />
F A C H B E I T R A G<br />
Elke Schmidl<br />
Vorraussetzungen und notwendige<br />
Fähigkeiten für ein <strong>helfende</strong>s<br />
Gespräch<br />
Im Unterschied zu einem „normalen“<br />
Gespräch braucht es in einem <strong>helfende</strong>n<br />
Gespräch spezifische Fähigkeiten.<br />
Grundlegend für die kommunikative<br />
Kompetenz Pflegender ist deren Einstellung<br />
im Sinne eines auf Ganzheitlichkeit<br />
basierenden Pflegeverständnisses.<br />
Die Einschätzung von Bedürfnissen,<br />
Ressourcen und Problemen ist<br />
eine Grundlage gezielter Pflegehandlungen<br />
und damit zum angestrebten<br />
Wohlbefinden des Patienten. Dieses ist<br />
wesentlich davon abhängig, ob Pflegekräfte<br />
in der Lage sind, individuelle Bedürfnisse<br />
wahrzunehmen und ihr Handeln<br />
darauf auszurichten. Es ist entscheidend,<br />
<strong>das</strong>s eine offene Kommunikation<br />
über Gefühle, Gedanken und<br />
Wahrnehmungen möglich wird. Dabei<br />
ist aktives Zuhören eine wichtige Tech<strong>das</strong><br />
<strong>helfende</strong> <strong>gespräch</strong><br />
Pflegerisches Handeln in Institutionen<br />
der ambulanten, teilstationären<br />
und stationären Gesundheits- und<br />
Krankenpflege ist immer ein Beziehungsprozess<br />
zwischen Pflegenden<br />
und Pflegebedürftigen. Dabei stellt die<br />
Durchführung <strong>helfende</strong>r und beratender<br />
Gespräche eine wichtige Aufgabe<br />
der Pflege dar. Pflegende müssen in der<br />
Lage sein, Kontakte aufzubauen und<br />
aufrechtzuerhalten um damit in einen<br />
konstruktiven Kommunikationsprozess<br />
eintreten zu können.<br />
Die Bedeutung <strong>helfende</strong>r<br />
Gespräche<br />
Krankheiten und damit verbundener<br />
Pflegebedarf sind eine Ausnahmesituation<br />
im Leben eines Menschen. Diese<br />
ist in der Regel gekennzeichnet durch<br />
eine körperliche, oft auch psychische<br />
Notlage. Es ist zu berücksichtigen, <strong>das</strong>s<br />
sich ein Patient in einer existentiellen<br />
Auseinandersetzung z.B. mit einer<br />
Behinderung oder chronischen Erkrankung<br />
befindet, oder sich in großer<br />
Angst bzw. in einer lebensbedrohlichen<br />
Situation befinden kann. Durch ihre<br />
Krankheit eingeschränkt brauchen<br />
Patienten und deren Angehörige Begleiter,<br />
die in der Lage sind, eine vertrauensvolle<br />
Beziehung herzustellen. In<br />
dieser Situation wird eine Pflegeperson<br />
von Patienten und Angehörigen als<br />
„Helfer“ herangezogen. Die Gesprächsführung<br />
muss die besondere<br />
Situation eines kranken Menschen berücksichtigen.<br />
Dies erfordert eine hohe<br />
Qualifikation der Pflegeperson und<br />
damit ein hohes Maß an Einfühlung,<br />
Flexibilität, Situationseinschätzung und<br />
Belastbarkeit. Eine weitere Schwierigkeit<br />
besteht darin, <strong>das</strong>s <strong>helfende</strong> Gespräche<br />
innerhalb der Pflege oft nicht<br />
planbar und durch äußere Rahmenbedingungen<br />
eingegrenzt sind. Auch ein<br />
spontanes Eingehen auf geäußerte<br />
Bedürfnisse ist ein wichtiges Merkmal<br />
pflegerischen Daseins.<br />
Schon allein durch diese Bedingungen<br />
haben Gespräche in der Pflegebeziehung<br />
einen besonderen Stellenwert.<br />
Unterschätzt wird gerade seitens der<br />
Pflegenden die Bedeutung von Gesprächen<br />
im Pflegealltag. Studien zeigen,<br />
<strong>das</strong>s allein schon der erste Eindruck,<br />
den eine Pflegekraft vermittelt, prägend<br />
für den weiteren Verlauf einer<br />
Pflegebeziehung sein kann (Arets et al.,<br />
1996).<br />
Helfende Gespräche im Gegensatz<br />
zu „normalen“ Gesprächen<br />
Die Gesprächsführung in der Pflege<br />
wird meist neben anderen Pflegetätigkeiten<br />
durchgeführt. Anlass ist in der<br />
Regel die Durchführung einer pflegerischen<br />
Handlung (z.B: Aufnahme<strong>gespräch</strong><br />
führen, Essen reichen, Medikamente<br />
verabreichen usw.). Jegliches Handeln<br />
in der Pflegesituation ist demnach<br />
immer auch Kommunikation und somit<br />
bedeutsam für die Gestaltung der Patient-Pflegenden-Beziehung<br />
(Bischoff-<br />
Wanner, 1997). Die Bedeutung von<br />
Gesprächen in diesem Kontext wird oft<br />
von den Pflegenden selbst nicht richtig<br />
wahrgenommen und daher nicht als<br />
professionelle Leistung verstanden.<br />
„Meine Gespräche helfen eh nichts“ ist<br />
ein Satz, der immer wieder von Pflegenden<br />
selbst ausgesprochen wird.<br />
Darin drückt sich die Unsicherheit über<br />
die Bedeutung von Gesprächen aus.<br />
Im Gegensatz zu einem normalen<br />
Gespräch ist Gesprächsführung in der<br />
Pflege immer auch unter einem <strong>helfende</strong>n<br />
Sinne zu sehen. Während die Pflege<br />
anderer Menschen für Pflegekräfte<br />
zur Alltagsroutine gehört, stellt sie für<br />
den Pflegebedürftigen im stationären<br />
oder ambulanten Setting eine nicht alltägliche<br />
und somit bedeutsame Situation<br />
dar.<br />
Gesprächsführung in der Pflege ist<br />
weit mehr als Smalltalk. Kommunikatives<br />
Handeln ist ein unverzichtbarer Bestandteil<br />
der professionellen Arbeit.<br />
Gesprächsführung stellt dabei eine<br />
zentrale Kompetenz dar. Das <strong>helfende</strong><br />
Gespräch in der Pflege bedeutet:<br />
Information geben im fachlich, <strong>helfende</strong>n<br />
Sinn<br />
klären und erklären einer Situation<br />
emotionale Unterstützung geben
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ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />
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Literatur<br />
Arets, J., Oblex, F., Vaessen, J., & Wagner, F. (1996).<br />
Professionelle Pflege. Huber Verlag.<br />
Bischoff-Wanner, C. (1997). Pflegedidaktik. Stuttgart:<br />
Thieme.<br />
Schachtner, C. (1997). Der Pflege eine Sprache verleihen.<br />
In: Pflege, 10: 67-71.<br />
Schmidl, E. (2003).Lebensqualität nach der Aufnahme<br />
zur geriatrischen Langzeitbetreuung unter besonderer<br />
Berücksichtigung von Copingstrategien. Unveröffentlichte<br />
Dissertation. Universität Wien.<br />
Schmidl, E., Fasching, P. (2004). Lebensqualität bei geriatrischen<br />
LangzeitpatientInnen. In: Klinik Interdis<strong>helfende</strong>s<br />
<strong>gespräch</strong><br />
nik des <strong>helfende</strong>n Gesprächs und sollte<br />
zum Grundrepertoire einer Pflegekraft<br />
zählen. Durch aktives Zuhören enthält<br />
der Sprecher vom Gegenüber Feedback<br />
was von einer Botschaft angekommen<br />
ist. Es bedeutet dem Kommunikationspartner<br />
zurückzumelden, wie man eine<br />
Aussage oder ein Verhalten verstanden<br />
hat. Aktives Zuhören zeigt, <strong>das</strong>s man<br />
bei der Sache ist. Es hilft, durch Rückmeldung<br />
Missverständnisse auszuräumen.<br />
Im <strong>helfende</strong>n Gespräch sind folgende<br />
Fähigkeiten notwendig:<br />
Wertschätzend begegnen<br />
Die Fähigkeit zur Empathie, ohne<br />
dabei in eine Situation des Mitleidens<br />
zu kommen<br />
Kongruenz – Je besser verbale und<br />
nonverbale Komponenten übereinstimmen,<br />
desto überzeugender und<br />
glaubwürdiger wird ein Gespräch<br />
sein<br />
Transparenz, eigene Rolle, Ziele und<br />
Anliegen deklarieren<br />
Die Fähigkeit eine Vertrauensbasis<br />
aufzubauen<br />
Reflexionsfähigkeit hinsichtlich der<br />
eigenen Gefühle und Handlungen<br />
Wissen und Fachkompetenz<br />
In der Gesprächsführung kommt auch<br />
dem Nonverbalen eine wichtige Bedeutung<br />
zu. Sehr zu achten ist auf Körpersignale,<br />
die eine negative Wirkung erzielen<br />
können. Dazu gehören:<br />
fehlender Blickkontakt<br />
zusammengesunkene Haltung<br />
hektische Sprechweise<br />
zu leises Sprechen<br />
ständiges auf die Uhr schauen<br />
unruhiges Sitzen, mit den Füßen<br />
wippen<br />
Blick abwenden<br />
abgewandte Haltung<br />
verschränkte Arme<br />
Wie bereits erwähnt, kann die Zeit für<br />
<strong>helfende</strong> Gespräche nicht immer geplant<br />
werden. Die Zeitbegrenzung ergibt<br />
sich durch andere, fachliche Aufgabenbereiche.<br />
Die räumlichen Bedingungen<br />
müssen unbedingt berücksichtigt<br />
werden. Im Krankenhaus liegen in<br />
einem Zimmer mehrere Patienten, die<br />
Möglichkeit des Mithörens von anderen<br />
Menschen ist in der Gesprächsführung<br />
zu beachten. Gesundheits- und<br />
Krankenpflege ist immer auch Teamarbeit,<br />
insofern sind <strong>helfende</strong> Gespräche<br />
nicht nur durch eine Person zu gewährleisten,<br />
es sind immer auch andere<br />
Teammitglieder beteiligt. Daraus ergibt<br />
sich die Notwendigkeit Gesprächsinhalte<br />
und Gesprächsmethoden im<br />
Team abzustimmen.<br />
Die Wirkung von <strong>helfende</strong>n<br />
Gesprächen<br />
Pflegequalität und Wohlbefinden des<br />
Patienten sind maßgeblich durch die<br />
kommunikativen Fähigkeiten einer<br />
Pflegekraft mitbestimmt. Studien zeigen,<br />
<strong>das</strong>s <strong>helfende</strong> Gespräche nicht nur<br />
zu einer höheren Patienten- und Angehörigenzufriedenheit<br />
führen, sondern<br />
auch zu einer besseren Compliance und<br />
damit verbunden zu besseren Heilungserfolgen<br />
(Schachtner, 1997; Segal,<br />
1998; Specht-Tomann & Tropper,<br />
2000). Besonders ein <strong>helfende</strong>s Gespräch<br />
mit begleitenden nonverbalen<br />
Signalen werden von Patienten und Angehörigen<br />
wahrgenommen. Als positiv<br />
empfunden werden eine offene Körperposition,<br />
Verstärken verbaler Äußerungen<br />
durch Kopfnicken, gezielt eingesetzte<br />
Gestik, Blickkontakt und eine<br />
geringe Gesprächsdistanz (Wirsing,<br />
2000; Thür, 2004; Wingchen, 2006).<br />
Auch die psychosoziale Bedeutung, die<br />
<strong>das</strong> Personal in der Langzeitbetreuung<br />
hat, darf nicht unterschätzt werden. In<br />
eigenen Studien (Schmidl, 2003;<br />
Schmidl & Fasching 2004) gaben 73%<br />
der Patienten einer geriatrischen Langzeitinstitution<br />
an, sich bei persönlichen<br />
Problemen, die gar nicht primär ihre<br />
gesundheitliche Situation betreffen,<br />
auch an <strong>das</strong> Betreuungspersonal zu<br />
wenden. 30% gaben an, sich in solchen<br />
Fällen ausschließlich an <strong>das</strong> Personal<br />
und nicht auch an Angehörige oder<br />
Freunde wenden zu können.<br />
Schlussbemerkung<br />
Professionelles Kommunizieren gehört<br />
zu den wesentlichen Aufgaben von<br />
Pflegekräften im beruflichen Alltag.<br />
Sprachliche Handlungen stellen einen<br />
großen Anteil der Pflegearbeit dar,<br />
werden jedoch leicht, selbst wenn sie<br />
für den Patienten bedeutende Inhalte<br />
haben, von Pflegenden in ihrer Wichtigkeit<br />
unterschätzt. Die kommunikative<br />
Kompetenz ist jedoch eine Schlüsselqualifikation<br />
im Pflegeberuf, welche<br />
<strong>das</strong> Wohlbefinden von Patienten und<br />
Angehörigen entscheidend verbessern<br />
kann.
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19 ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />
02/08<br />
F A C H B E I T R A G<br />
ziplinäre Zeitschrift für <strong>das</strong> Krankenhaus, 3: 39-41.<br />
Segal, L. (1998). The importance of patient empowerment<br />
in health system reform. Health policy; 44(1),<br />
31-44.<br />
Specht-Tomann, M. & Tropper, D. (2000). Hilfreiche<br />
Gespräche und Berührungen im Pflegealltag. Springer<br />
Verlag.<br />
Thür, G. (2004). Professionelle Langzeitpflege. Springer<br />
Verlag.<br />
Wingchen, J. (2006). Kommunikation und Gesprächsführung<br />
für Pflegeberufe. Brigitte Kunz Verlag.<br />
Wirsing, K. (2000). Psychologisches Grundwissen für<br />
Altenpflegeberufe. 5. Auflage. Beltz Verlag.<br />
Mag. Dr. Elke Schmidl<br />
Klinische Psychologin und<br />
Gesundheitspsychologin<br />
elke.schmidl@aon.at<br />
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20. Niederösterreichischer<br />
Pflegefrühling 2008<br />
Bildung ist Atmung<br />
Bildung ist Ermutigung<br />
Bildung ist Behausung<br />
Bildung ist Düngung<br />
und Vitalisierung<br />
Bildung ist Umgestaltung<br />
und Eroberung<br />
Bildung ist Erhaltung<br />
und Selbsterhaltung<br />
Der Begriff Lebensqualität ist unbestimmt<br />
und schillernd, auch wenn<br />
jedermann ihn im Munde führt und<br />
damit vermittelt wird, <strong>das</strong>s es sich um<br />
einen eindeutigen Sachverhalt handelt.<br />
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