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Hermann Göll | Germanische Mythologie

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SKÖLL und HATI, und wenn sie den Himmlischen nahe kommen, erbleichen dieselben,<br />

und die Sterblichen nennen dies Sonnen- und Mondfinsternis.<br />

Nach Schöpfung der Gestirne waren auch die Vorbedingungen gegeben zur Entstehung<br />

des Menschengeschlechts. Als die Asen ODIN, HÖNIR und LOTHUR einst<br />

am Seegestade wandelten, sahen sie zwei Bäume daliegen, eine Esche und eine<br />

Erle. Aus jener schufen sie den Mann ASK, aus dieser das Weib EMBLA; Odin gab<br />

ihnen Seele und Leben, Hönir Verstand, Lothur Blut und blühende Farbe. Von Ask<br />

und Embla, Esche und Erle, stammen alle Menschengeschlechter ab.<br />

Aus den kleinen Würmern, die in des Urriesen Ymir Fleisch sich tummelten, schufen<br />

die Asen das Völkchen der ZWERGE oder ALFEN. Diese zerfielen wieder in<br />

zwei Klassen, die SCHWARZALFEN, die im Dunkel der Erde nach Erzen wühlten,<br />

Metalle hämmerten und den Menschen durch Spuk und Tücke schreckten und<br />

neckten, und die LICHTALFEN, gute und schöne Wesen, die sich den Sterblichen<br />

hold gesinnt zeigten, verwandt den Elfen der Märchenwelt.<br />

Am nördlichen Ende des Himmels sitzt der ungeheure Riese HRASWELGER (Leichenschwelger)<br />

in Gestalt eines Adlers und rührt seine gewaltigen Fittiche, um<br />

als verheerender Sturmwind über die Erde dahinzufahren. Nicht weniger grimmig<br />

ist der Riese WINDSWALER (Windkühler), der Frost und Schnee in seinem Gebiet<br />

hat und Vater des Winters ist. Doch wechselt seine Herrschaft jährlich mit der<br />

des milden SWASUDER (Sanftsüd), dessen Sproß der blütenreiche Sommer ist.<br />

Über die ganze Welt breitet sich die Esche YGGDRASIL (Schreckensträgerin) aus<br />

und hält sie zusammen. Ihre eine mächtige Wurzel reicht bis NIFELHEIM, und<br />

unter ihr breitet sich das finstere Reich der Schattenkönigin HEL aus, die zweite<br />

bis JÖTUNHEIM, dem Sitz der Riesen (SÖTUNE oder IÖTEN, d. h. Fresser), die<br />

dritte bis MIDGARD, wo die Menschenkinder wohnen. Unter jeder Wurzel der mit<br />

ihrem Wipfel in den Himmel hineinragenden Weltesche sprudelt ein bedeutsamer<br />

Brunnen hervor. Unter Nifelheim ist es der zu Anfang erwähnte HWERGELMIR.<br />

Unter Jötunheim befindet sich der vom Riesen MIMIR bewachte Brunnen, dessen<br />

Wasser Aufklärung über das Werden der Dinge verleiht. In MIDGARD endlich<br />

quillt das heilige Wasser des Brunnens URD, in welchem alle Weisheit verschlossen<br />

ruht, auf dessen stillem Spiegel zwei schneeweiße Schwäne ihre Kreise ziehen.<br />

Am Brunnen aber sitzen in ernstem Schweigen die drei NORNEN:<br />

URD (Gewordene), WERDANDA (Werdende) und SKULD (Sollende = Zukünftige),<br />

die Schicksalsschwestern, welche die unzerreißbaren Fäden des Lebens den Neugeborenen<br />

spinnen, die Todeslose werfen und mit ihren Augen alle Ausdehnungen<br />

der Zeit durchdringen. Wegen der Reinheit und Heiligkeit der Stätte versammeln<br />

sich die Asen daselbst und halten unter dem Schatten der Weltesche<br />

Gericht. Allein der heilige Baum leidet vielen Schaden durch allerlei Getier, das<br />

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