Abb. 14: Nico & Betty. Abb. 15: VIP-Raum mit Bar. Auf dem Tisch stehen drei leere Flaschen Bittermelonenbier und eine Flasche „normales“ Hans Bier.
Er servierte mich glatt mit 3:0 ab, sodass ich gleich richtig „geeicht“ wurde. Ab dem 3. Tage startete das normale Systemtraining, und nach ein paar Geschenken für die Trainer konnten wir dann in der Gruppe der älteren Spieler mittrainieren. Diese Spieler waren allesamt stärker als ich mit einer geschätzten Spielstärke von A17-A20 gemäss schweizerischem Klassierungssystem. Allerdings sind diese Spieler für chinesische Verhältnisse alle zu schwach, um jemals in der Superleague spielen zu können. Die stärksten unter ihnen konnten gerade mal als Sparringspartner für die drei Topspieler fungieren. Der erste Kommentar des Haupttrainers war, als er uns das erste mal sah, dass wir alle viel zu dick seien und abnehmen müssten. Des weiteren war es für ihn völlig unverständlich, wie so ein alter Hobbyspieler wie ich, sich so quälen könne und das auch noch im Urlaub. Beim morgendlichen Systemtraining spielten Theresa und ich meistens gemeinsam mit einem chinesischen Spieler, wobei wir uns nach jedem Ballwechsel immer abwechselten. Die Übungen, die wir spielten, sind für europäische Verhältnisse ungewohnt monoton und beinhalten kaum eine Abwechslung, wobei jede Übung pro Spieler ca. 20 min dauert. Es wird sehr viel Wert auf die Vorhand gelegt, und es gibt kaum spezielle Übungen für die Rückhand. Nach dem Einspielen ist es z. B. eine typische Übung, nur mit der Vorhand zu ziehen, wobei der Gegenüber die Bälle über 60-70% der Vorhandseite des Tisches frei verteilt. Bei einer anderen Übung muss man einfach abwechselnd eine Vorhand und eine Rückhand spielen (1:1), um danach das ganze im Rhythmus mit 2:1 oder 2:2 fortzusetzen. Die Nachmittagsschicht begann immer mit einem halbstündigen Aufschlagtraining gefolgt von einem 90-minütigen Balleimertraining. Das Balleimertraining war für einen Konditionsbolzen wie mich natürlich ziemlich brutal, obwohl die Balleinwerfer (Trainer & Spieler) bei uns das Tempo drastisch reduzierten und kürzere Serien spielten. Insbesondere beim Balleimertraining fällt einem die extrem gute Athletik der chinesischen Spieler auf. Die Besten spielten teilweise ellenlange Serien unter höchstem Tempo wie ich es noch nie bei einem Balleimertraining gesehen habe. Das ist wirklich unglaublich! Die Abende haben wir meistens im VIP-Raum im oberen Teil der Halle verbracht, der normalerweise den Sponsoren, Topspielern und Funktionären vorbehalten bleibt (siehe Abb. 15). Wir tranken Bier, Cola Light und Wein, wobei sich mein Konsum vorwiegend auf das sehr alkoholarme Melonenbier oder Ananasbier beschränkte. Das harte Training, die gesunde chinesische Küche sowie der Verzicht auf manche Kalorienbombe haben dazu geführt, dass ich während der drei Trainingswochen immerhin 4 ½ kg abgenommen habe. Eigentlich hätte ich mir noch etwas mehr erhofft. Auf alle Fälle habe ich gemerkt, dass ich am Ende des Lehrgangs etwas schneller auf den Beinen war als zu Beginn. Gar nicht so selten gab es im Fernsehen (meistens auf CCTV5) ein Tischtennisspiel aus der Superleague zu sehen. In Europa wird man ja diesbzgl. nicht besonders verwöhnt. Allerdings nutzten wir natürlich auch die Gelegenheit, ein Heimspiel der Topmannschaft vom Yinhe Tischtennisclub live anzuschauen (siehe Abb. 16). Das Match lief im Prinzip recht ähnlich wie ein Bundesligaspiel in Ochsenhausen ab. Es hatte ca. 1000 Zuschauer, die - wie es in China so üblich ist - einen Höllenlärm verursachten. Es wurde nach dem neuen Olympiamodus mit Dreiermannschaften auf einem Tisch gespielt. Von der gegnerischen Mannschaft kannte ich keinen Spieler. Aber jeder von ihnen wäre ein hochklassiger Weltranglistenspieler, wenn er denn international spielen dürfte. Das ist schon ziemlich beeindruckend. Schlussendlich gab es einen 3:1 Sieg für die Yinhe Heimmannschaft, und alle gingen glücklich nach Hause!