Geschichte der Stadt Billerbeck - Verlag für Regionalgeschichte
Geschichte der Stadt Billerbeck - Verlag für Regionalgeschichte
Geschichte der Stadt Billerbeck - Verlag für Regionalgeschichte
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
13<br />
Vorwort<br />
„<strong>Billerbeck</strong>. Bischof und Kleinstadt von 809/1302 bis<br />
1960/1970“ – dieser Titel stand im Vorfeld <strong>der</strong> Publikation<br />
des vorliegenden Buches zur Debatte. Doch<br />
gab es einige gewichtige Argumente gegen diesen<br />
Vorschlag: Der Haupttitel <strong>Billerbeck</strong> hätte isoliert<br />
gestanden; die Bezeichnung Kleinstadt wäre vielleicht<br />
in <strong>Billerbeck</strong> nicht gerne gehört worden, und<br />
sowohl die Aneinan<strong>der</strong>reihung von Jahreszahlen<br />
als auch das Schlagwort Bischof hätten möglicherweise<br />
Unverständnis hervorgerufen. So haben wir<br />
uns entschieden, den vielfach bewährten Titel „<strong>Geschichte</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>“ zu nutzen.<br />
Für den ursprünglich angedachten Buchtitel<br />
sprach hingegen die historische Aussagekraft, denn<br />
Bischof und Kleinstadt waren tatsächlich prägende<br />
Faktoren in <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>Billerbeck</strong>s. Sie sind die<br />
Leitmotive dieses Buches, auch wenn sie im Titel<br />
nicht genannt werden. Die genannten Jahreszahlen<br />
stehen ebenfalls in Zusammenhang mit Bischof und<br />
Kleinstadt. Auf ca. 700 Seiten zeigen die Autorinnen<br />
und Autoren die Beziehungen zwischen dem<br />
Bischof von Münster und <strong>Billerbeck</strong> auf und gehen<br />
dem „kleinstädtischen“ Profil <strong>der</strong> Berkelstadt nach.<br />
Dabei werden das Umland, zunächst die Bauerschaften,<br />
später das sogenannte Kirchspiel und die<br />
Beerlage, nicht vergessen.<br />
Einem Bischof begegnen die Besucher <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />
auch im Jahr 2012 auf Schritt und Tritt: Dem hl. Ludgerus.<br />
Da <strong>der</strong> erste Bischof von Münster in <strong>Billerbeck</strong><br />
wirkte und hier 809 starb, ist seine Person im<br />
<strong>Stadt</strong>bild nach wie vor präsent. Der Sterbeort des<br />
heiligen Bischofs ist in Gestalt des mächtigen, 1898<br />
eingeweihten Ludgerusdoms zu besichtigen, und<br />
<strong>der</strong> Ort, an dem Ludgerus <strong>der</strong> Überlieferung nach<br />
taufte, lädt als Brunnenanlage mitten im Grünen<br />
zum Verweilen ein. Auch in den Bauerschaften verweisen<br />
zahlreiche Bildstöcke und Denkmäler, etwa<br />
die pittoreske Ludgerirast, auf den Grün<strong>der</strong>bischof.<br />
All diese Erinnerungsorte machen deutlich, dass<br />
Ludgerus <strong>für</strong> die Zeitgenossen früherer Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
mehr war als nur einer von vielen Bischöfen<br />
des übergeordneten Bistumssitzes Münster. Er war<br />
Patron und Identifikationssymbol <strong>der</strong> <strong>Billerbeck</strong>er<br />
Bevölkerung. Dem Heiligen eine monumentale<br />
Kirche zu errichten, war um 1900 Ausdruck von<br />
kleinstädtischem Selbstbewusstsein. Dieses aber<br />
speiste sich auch und gerade daraus, dass Ludgerus<br />
im Heiligenhimmel des Bistums Münster seit dem<br />
17. Jahrhun<strong>der</strong>t eine wichtige Position einnahm. Er<br />
war ein Heiliger, dessen Vita jedem bekannt war,<br />
dessen Fürbitte viele suchten und den es in Andachten,<br />
Prozessionen und Wallfahrten zu verehren galt.<br />
Die Wallfahrt nach <strong>Billerbeck</strong> zu seinem Sterbeort<br />
begann im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t, um dann in <strong>der</strong> Zeit um<br />
1900 – parallel zur Errichtung des Ludgerusdoms –<br />
ihren Höhepunkt zu erleben.<br />
In <strong>der</strong> <strong>Billerbeck</strong>er Ludgerusverehrung spiegeln<br />
sich somit Abschnitte <strong>der</strong> Frömmigkeitsgeschichte.<br />
Die vorliegende <strong>Stadt</strong>geschichte thematisiert die<br />
Ludgerusverehrung als Teil <strong>der</strong> Tridentinischen<br />
Reformen des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts und als Element von<br />
„katholischer Lebenswelt“ und „katholischem Milieu“<br />
in <strong>der</strong> Neuzeit. Mit diesen beiden Begriffen <strong>der</strong><br />
Forschung wollen wir andeuten, dass Kirche und<br />
Gläubige sich im 19. und im frühen 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
also in <strong>der</strong> Zeit von Industrialisierung, Agrarmo<strong>der</strong>nisierung<br />
und ansatzweise vollzogener Demokratisierung<br />
mit neuen Verhältnissen konfrontiert<br />
sahen. Es kam zu einer Intensivierung des religiösen<br />
Lebens und zu einer Stärkung <strong>der</strong> Kirchenhierarchie.<br />
Die Ludgerusverehrung wurde damit ein<br />
wichtiges kirchenpolitisches Instrument <strong>für</strong> die Bischöfe<br />
des 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Die Gestalt des<br />
heiligen Bischofs <strong>der</strong> Vergangenheit eignete sich