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Geschichte der Stadt Billerbeck - Verlag für Regionalgeschichte

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Vorwort<br />

„<strong>Billerbeck</strong>. Bischof und Kleinstadt von 809/1302 bis<br />

1960/1970“ – dieser Titel stand im Vorfeld <strong>der</strong> Publikation<br />

des vorliegenden Buches zur Debatte. Doch<br />

gab es einige gewichtige Argumente gegen diesen<br />

Vorschlag: Der Haupttitel <strong>Billerbeck</strong> hätte isoliert<br />

gestanden; die Bezeichnung Kleinstadt wäre vielleicht<br />

in <strong>Billerbeck</strong> nicht gerne gehört worden, und<br />

sowohl die Aneinan<strong>der</strong>reihung von Jahreszahlen<br />

als auch das Schlagwort Bischof hätten möglicherweise<br />

Unverständnis hervorgerufen. So haben wir<br />

uns entschieden, den vielfach bewährten Titel „<strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>“ zu nutzen.<br />

Für den ursprünglich angedachten Buchtitel<br />

sprach hingegen die historische Aussagekraft, denn<br />

Bischof und Kleinstadt waren tatsächlich prägende<br />

Faktoren in <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>Billerbeck</strong>s. Sie sind die<br />

Leitmotive dieses Buches, auch wenn sie im Titel<br />

nicht genannt werden. Die genannten Jahreszahlen<br />

stehen ebenfalls in Zusammenhang mit Bischof und<br />

Kleinstadt. Auf ca. 700 Seiten zeigen die Autorinnen<br />

und Autoren die Beziehungen zwischen dem<br />

Bischof von Münster und <strong>Billerbeck</strong> auf und gehen<br />

dem „kleinstädtischen“ Profil <strong>der</strong> Berkelstadt nach.<br />

Dabei werden das Umland, zunächst die Bauerschaften,<br />

später das sogenannte Kirchspiel und die<br />

Beerlage, nicht vergessen.<br />

Einem Bischof begegnen die Besucher <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />

auch im Jahr 2012 auf Schritt und Tritt: Dem hl. Ludgerus.<br />

Da <strong>der</strong> erste Bischof von Münster in <strong>Billerbeck</strong><br />

wirkte und hier 809 starb, ist seine Person im<br />

<strong>Stadt</strong>bild nach wie vor präsent. Der Sterbeort des<br />

heiligen Bischofs ist in Gestalt des mächtigen, 1898<br />

eingeweihten Ludgerusdoms zu besichtigen, und<br />

<strong>der</strong> Ort, an dem Ludgerus <strong>der</strong> Überlieferung nach<br />

taufte, lädt als Brunnenanlage mitten im Grünen<br />

zum Verweilen ein. Auch in den Bauerschaften verweisen<br />

zahlreiche Bildstöcke und Denkmäler, etwa<br />

die pittoreske Ludgerirast, auf den Grün<strong>der</strong>bischof.<br />

All diese Erinnerungsorte machen deutlich, dass<br />

Ludgerus <strong>für</strong> die Zeitgenossen früherer Jahrhun<strong>der</strong>te<br />

mehr war als nur einer von vielen Bischöfen<br />

des übergeordneten Bistumssitzes Münster. Er war<br />

Patron und Identifikationssymbol <strong>der</strong> <strong>Billerbeck</strong>er<br />

Bevölkerung. Dem Heiligen eine monumentale<br />

Kirche zu errichten, war um 1900 Ausdruck von<br />

kleinstädtischem Selbstbewusstsein. Dieses aber<br />

speiste sich auch und gerade daraus, dass Ludgerus<br />

im Heiligenhimmel des Bistums Münster seit dem<br />

17. Jahrhun<strong>der</strong>t eine wichtige Position einnahm. Er<br />

war ein Heiliger, dessen Vita jedem bekannt war,<br />

dessen Fürbitte viele suchten und den es in Andachten,<br />

Prozessionen und Wallfahrten zu verehren galt.<br />

Die Wallfahrt nach <strong>Billerbeck</strong> zu seinem Sterbeort<br />

begann im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t, um dann in <strong>der</strong> Zeit um<br />

1900 – parallel zur Errichtung des Ludgerusdoms –<br />

ihren Höhepunkt zu erleben.<br />

In <strong>der</strong> <strong>Billerbeck</strong>er Ludgerusverehrung spiegeln<br />

sich somit Abschnitte <strong>der</strong> Frömmigkeitsgeschichte.<br />

Die vorliegende <strong>Stadt</strong>geschichte thematisiert die<br />

Ludgerusverehrung als Teil <strong>der</strong> Tridentinischen<br />

Reformen des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts und als Element von<br />

„katholischer Lebenswelt“ und „katholischem Milieu“<br />

in <strong>der</strong> Neuzeit. Mit diesen beiden Begriffen <strong>der</strong><br />

Forschung wollen wir andeuten, dass Kirche und<br />

Gläubige sich im 19. und im frühen 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

also in <strong>der</strong> Zeit von Industrialisierung, Agrarmo<strong>der</strong>nisierung<br />

und ansatzweise vollzogener Demokratisierung<br />

mit neuen Verhältnissen konfrontiert<br />

sahen. Es kam zu einer Intensivierung des religiösen<br />

Lebens und zu einer Stärkung <strong>der</strong> Kirchenhierarchie.<br />

Die Ludgerusverehrung wurde damit ein<br />

wichtiges kirchenpolitisches Instrument <strong>für</strong> die Bischöfe<br />

des 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Die Gestalt des<br />

heiligen Bischofs <strong>der</strong> Vergangenheit eignete sich

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