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Ich muss erzählen - Fuxx

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um <strong>muss</strong> alles, was hier geschieht, im Tagebuch festgehalten werden.<br />

Wenn ich am Leben bleibe, werde ich es selbst <strong>erzählen</strong>, wenn<br />

nicht, werden andere es lesen. Aber erfahren sollen sie es! Unbedingt!»<br />

Die Brotzuteilungen reichen nicht, und die Freude ist groß,<br />

wenn Henrikas Jonaitis, einer von Maschas Lehrern, der die Familie<br />

nicht im Stich lassen wird, etwas zu essen bringt. Am 21. Juli 1941<br />

wird sie vierzehn Jahre alt. «Als Mama mir gratuliert, ist sie in Tränen<br />

ausgebrochen.»<br />

Bis Ende August 1941 sind den «Aktionen» der Einsatzkommandos<br />

und ihrer litauischen Helfer bereits 30 000 Menschen zum Opfer<br />

gefallen, fast die Hälfte der Wilnaer Juden. Am 31. August fingieren<br />

die Deutschen ein Attentat auf zwei Soldaten, die so genannte<br />

große Provokation. Zur Vergeltung werden mehr als 6000 Menschen<br />

aus dem alten Judenviertel entlang der Deutschen Straße erschossen,<br />

weil dort Platz für das Ghetto gebraucht wird. «Was bedeutet Ghetto?<br />

Wie lebt man in einem Ghetto?» Am 6. September 1941 richten<br />

die Deutschen zunächst zwei Ghettos ein, das Große und das Kleine<br />

Ghetto. Dadurch sollen «Arbeitsfähige» von «Nichtarbeitsfähigen»<br />

getrennt werden. Binnen fünf Minuten müssen die Wilnaer Juden<br />

ihre Wohnungen verlassen. Maschas Mutter kann nur das Nötigste<br />

in ein paar Bündeln zusammenpacken. Aber die Familie kann von<br />

Glück sagen, dass sie zusammenbleibt und ins Große Ghetto gerät,<br />

dem eine Lebensdauer von zwei Jahren beschieden sein sollte. Die<br />

Beschreibung dieses 6. September 1941 gehört zu den eindringlichsten<br />

Schilderungen des Tagebuchs.<br />

Die Menschen beruhigen sich nun in der Annahme, in den Ghettos<br />

seien sie sicher. Ein Irrtum. Eine «Aktion» folgt der anderen. Am<br />

24. Oktober 1941 wird das Kleine Ghetto aufgelöst. Wieder gehen<br />

Tausende nach Paneriai. Gleichzeitig werden am Tor des Großen<br />

Ghettos «gelbe Scheine» ausgegeben, die ihrem Inhaber und drei Familienmitgliedern<br />

vorläufig Immunität sichern. Ende 1941 leben in<br />

den sieben kleinen Gassen des Großen Ghettos offiziell noch 12 000<br />

Menschen. Die Zahl der «Illegalen», die sich in Kellern, Schränken<br />

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