Ich muss erzählen - Fuxx
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«Geistige Kraft<br />
kann physische Gewalt überwinden»<br />
Vorwort von Marianna Butenschön<br />
Wilna/Vilnius am 10. April 1997. Um 19 Uhr beginnt im Puppentheater<br />
in der Arkli3u gatvė 5 in der Altstadt eine Gedenkveranstaltung<br />
des Jüdischen Kulturclubs zum 55. Jahrestag der ersten Premiere<br />
im Ghettotheater, das sich während der deutschen Besatzung<br />
Litauens im Zweiten Weltkrieg in diesem Gebäude befand. Am<br />
26. April 1942 stand unter anderem Schlomo Molcho, ein Stück über<br />
einen falschen Messias aus dem 16. Jahrhundert, auf dem Programm.<br />
55 Jahre später treten prominente Ehrengäste dieser «Tage der Kunst»<br />
auf die Bühne, unter ihnen der französische Dokumentarfilmer<br />
Claude Lanzmann (Shoa) und der israelische Erfolgsautor Joshua<br />
Sobol, der die Geschichte des Wilnaer Ghettos in seinem dokumentarischen<br />
Theaterstück Ghetto festgehalten hat.<br />
Sobol, 1939 in Palästina geboren, hat Ghetto geschrieben, ohne in<br />
Wilna gewesen zu sein. Nun steht er, tief bewegt, auf der historischen<br />
Bühne und berichtet, wie er seinerzeit bei Recherchen über die Jugendbewegungen<br />
in den Ghettos auf das Theater in Wilna stieß. Es<br />
war eine Fußnote, die seine Aufmerksamkeit erregte: «Auf dem<br />
Friedhof spielt man kein Theater.» Damit war das Interesse des Autors<br />
geweckt. Sobol las das berühmte Tagebuch des Bibliothekars<br />
Hermann Kruk, von dem der zitierte Satz stammt, sprach mit Überlebenden<br />
und ließ sich von Israel Segal, der Künstlerischer Leiter des<br />
Ghettotheaters war und überlebte, <strong>erzählen</strong>, wie es zur Gründung<br />
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