BdB Verbandszeitung Oktober Nr. 36.indd - FB Sozialwesen / FH ...
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Fachteil<br />
Vom Betreuungsmanagement<br />
zum Vertrauensmanagement:<br />
Grundzüge für ein Qualitätskonzept<br />
der beruflichen Betreuung Erwachsener<br />
Prof. Dr. Reiner Adler, Diplom-Verwaltungswissenschaftler lehrt<br />
und forscht an der Fachhochschule Jena zum Sozial- und Pflegemanagement.<br />
Von 1993 bis 2000 war er selbst als Berufsbetreuer in<br />
Erlangen tätig.<br />
1. Absicht und Geltungsbereich<br />
des Qualitätskonzeptes<br />
In Theorie und Praxis hat sich die Erkenntnis<br />
durchgesetzt, dass die Qualität<br />
von Dienstleistungen einen entscheidenden<br />
Einfluss auf den langfristigen<br />
Markterfolg von Dienstleistungsanbietern<br />
hat. 1<br />
Vertrauen in die Fähigkeit eines Berufsbetreuers<br />
zu gewinnen, dass er festgelegte<br />
Mindestanforderungen an sein<br />
Qualitätsmanagementsystem erfüllt, ist<br />
eine Voraussetzung zur konstruktiven<br />
und ökonomischen Zusammenarbeit zwischen<br />
dem Berufsbetreuer und seinen<br />
Betreuten, Vormundschaftsgerichten und<br />
anderen Interessenten.<br />
Alle geplanten, systematischen, vertrauensbildenden<br />
Tätigkeiten können<br />
als Qualitätssicherung oder Qualitätsmanagement<br />
verstanden werden. Vertrauen<br />
kann durch eine schriftliche Darlegung<br />
des Qualitätsmanagementsystems z.B.<br />
gegenüber den Betreuten und Vormundschaftsgerichten<br />
oder einer autorisierten<br />
Stelle gebildet werden. 2<br />
Ziel des Beitrages ist eine konzeptionelle<br />
Grundlage zur Entwicklung eines<br />
Leitfadens zum vergleichbaren Nachweis<br />
der Qualität von Betreuungsleistungen.<br />
Damit könnte auch ein allgemeines<br />
Konzept des Betreuungsmanagements<br />
angedacht werden. Um diese zukünftige<br />
Differenzierung des Konzepts denkbar<br />
zu halten, wird der Begriff ’Qualitätsmanagement’<br />
ähnlich dem allgemeinen<br />
Begriff ’Management’ verwendet.<br />
Hintergrund der Überlegungen ist<br />
die Unterstellung, dass erfolgreiche<br />
Berufsbetreuer verschiedene Elemente<br />
des Qualitätsmanagements bereits verwirklichen.<br />
Dieses Konzept soll deshalb<br />
vor allem eine begriffliche und konzep-<br />
tionelle Systematisierung leisten und<br />
Entwicklungsziele aufzeigen. 3<br />
Qualität lässt sich definieren als die<br />
Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit<br />
bezüglich ihrer Eignung, festgelegte<br />
und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.<br />
4 Unter Management sollen Strukturen<br />
und Prozesse verstanden werden,<br />
die systematische und kontrollierbare<br />
Entscheidungen sowie zielorientiertes<br />
Handeln ermöglichen. Prämissen hierfür<br />
sind Partizipation und Transparenz für<br />
Klienten. Letztlich bedeutet Management<br />
die Klärung, wer macht was, wo, wie,<br />
womit, wie lange und warum. 5<br />
Auf die allfällige Synopse und Diskussion<br />
der Konzepte, Begriffe und Programme<br />
zum Qualitätsmanagement wird verzichtet;<br />
hierzu gibt es bereits eine Fülle<br />
von Ausarbeitungen. 6 Dieser Beitrag<br />
orientiert sich unmittelbar an den Normen<br />
der DIN-ISO 9001 bzw. 9004:2000<br />
und ist damit branchenunabhängig vergleichbar<br />
und anschlussfähig für weitere<br />
Entwicklungen. Außerdem vereinfacht<br />
die stringente Orientierung an der DIN-<br />
ISO 9000ff Norm die Kritikfähigkeit des<br />
Konzepts.<br />
Dass die Wahl des Theorierahmens<br />
für dieses Qualitätsmanagementkonzept<br />
der Berufsbetreuung auf die DIN-ISO<br />
9000ff Norm fällt, resultiert aus der<br />
langjährigen Praxiserfahrung dieser Qualitätsnorm.<br />
Diese Erfahrung erschloss<br />
sich (allerdings nur) dem geduldigen<br />
Leser bereits beim Studium der letzten<br />
Version aus dem Jahre 1994. Die sehr<br />
fertigungstechnisch orientierte Industrielastigkeit<br />
von Fokus und Diktion<br />
der Norm wurde aber nicht nur von den<br />
sozialen Dienstleistungsbranchen immer<br />
wieder kritisiert. 7<br />
Aufgrund einer gravierend thematischen<br />
und sprachlichen Überarbeitung<br />
5<br />
der neuen DIN-ISO 9000ff Normen des<br />
Jahres 2000 reduziert sich die Vielzahl<br />
der Argumente gegen eine Übertragung<br />
auf die Dienstleistungsanbieter des Sozial-<br />
und Gesundheitswesens erheblich.<br />
Es zeichnet sich sogar bereits ein Trend<br />
zur Empfehlung einer Anwendung der<br />
neuen DIN-ISO 9000ff:2000 Normen auf<br />
die Sozialarbeit ab. 8<br />
Das vorgestellte Managementkonzept<br />
konzentriert sich meist auf die wesentlichen<br />
betreuungstypischen Kunden-<br />
Lieferantenbeziehungen, in denen die<br />
Vormundschaftsgerichte als Lieferanten<br />
und die Betreuten als Kunden der Betreuer<br />
fungieren. In der betreuerischen<br />
Praxis steht der Berufsbetreuer jedoch<br />
oft in einer Vielzahl von komplexen<br />
Beziehungen, die hier nicht immer entsprechend<br />
gewürdigt werden können.<br />
Wenn in der männlichen Sprachform<br />
vom Berufsbetreuer und vom Betreuten<br />
die Rede ist, sind freilich immer auch<br />
die Frauen des Berufsstandes oder der<br />
Betroffenen gemeint.<br />
Das zur Diskussion gestellte Qualitätskonzept<br />
ist für die berufliche Betreuungsarbeit<br />
konzipiert, andere Aufgaben<br />
vor allem in Vereinen und Behörden<br />
lassen sich gegebenenfalls durch Anpassungen<br />
subsumieren.<br />
Die Überlegungen zum Qualitätsmanagement<br />
implizieren, dass ein Konzept<br />
des Qualitätsmanagements von Betreuungsdienstleitungen<br />
unabhängig ist von<br />
der Größe, Struktur und Rechtsform<br />
der Betreuungsorganisation. Auch die<br />
Qualifikation oder sonstige soziographische<br />
Merkmale der Betreuer und die<br />
Zusammensetzung der Betreuten sind<br />
ohne Bedeutung für die Realisierbarkeit<br />
dieses Qualitätskonzepts.<br />
Da es unbestreitbar eine Berufsgemeinschaft<br />
der Betreuer in Selbständigkeit,<br />
Verein oder Behörde gibt, denken<br />
sich nicht explizit angesprochene<br />
Betreuer bitte die jeweiligen Ergänzungen<br />
hinzu. Dem Grunde nach können<br />
die Überlegungen auch ehrenamtlichen<br />
Betreuern empfehlenswert sein, einer<br />
genauen Überprüfung hierzu wurden die<br />
Ausführungen aber nicht unterzogen.
Fachteil<br />
2. Anforderungen an ein<br />
Qualitätsmanagementsystem<br />
für Berufsbetreuer<br />
Die Gesamtheit der erforderlichen Merkmale<br />
dieses Qualitätskonzepts lässt sich<br />
in einer umfangreichen Definition ausdrücken:<br />
Ein Qualitätsmanagementsystem<br />
für Berufsbetreuer basiert auf einer umfassenden<br />
Interpretation betreuerischen<br />
Handelns als adressatenorientierte Dienstleistungsprozesse<br />
zur Realisierung der<br />
Erwartungen der Betreuten und der Gesellschaft<br />
unter berufsethischen Prämissen,<br />
was zur Kommunikation und ständigen<br />
Verbesserung in einer Sammlung dokumentiert<br />
und in einer ganzheitlich orientierten<br />
Organisation umgesetzt wird.<br />
2.1 Regelungen zur Vertrauensbildung<br />
Dienstleistungen im allgemeinen sind<br />
davon geprägt, dass sie weder lagerfähig<br />
noch vor Gebrauch auf ihre Eignung zu<br />
überprüfen sind. Dienstleistungen entstehen<br />
und verbrauchen sich gleichzeitig<br />
und sind deshalb unmittelbar von der<br />
Fachlichkeit des Dienstleisters abhängig.<br />
Für Betreuungsdienstleistungen kommt<br />
hinzu, dass die Betreuten Effizienz und<br />
Effektivität, wenn überhaupt, erst ex<br />
post und unter Umständen mit großem<br />
persönlichen und finanziellen Aufwand<br />
beurteilen können.<br />
Durch die Asymmetrie von Experten-<br />
Laien-Information sowie unterschiedliche<br />
Wirtschafts- und Rechtskompetenzen zu<br />
ungunsten der Betreuten ist die Betreuer-<br />
Betreuten-Beziehung anfällig für misstrauensgeladene<br />
Spannungen. Dies wird<br />
durch die Zufälligkeit, mit der Betreuer<br />
den Betreuten zugeteilt werden, vielleicht<br />
noch verstärkt. Misstrauen erschwert<br />
erfahrungsgemäß die Betreuungsarbeit<br />
ungemein, denn Berufsbetreuer sind durch<br />
das Betreuungsgesetz verpflichtet, die<br />
Betreuten in die Dienstleistungserstellung<br />
einzubinden. 9<br />
Deshalb bedeutet Qualität der Betreuungsdienstleistungen<br />
zunächst einmal<br />
Vertrauen des inkompetenten Betreuten<br />
in eine betreuerische Effektivität und<br />
Effizienz, die sich an seinen Bedürfnissen<br />
und Erfordernissen orientiert. Wenn dem<br />
Berufsbetreuer vom Betreuten Vertrauen<br />
entgegen gebracht wird, kann er davon<br />
ausgehen, dass die Richtung der Betreuung<br />
grundsätzlich stimmt und Erfolg absehbar<br />
ist.<br />
Dieser Erfolg stellt sich jedoch nicht<br />
von selbst ein, sondern entsteht erst<br />
durch die Beherrschung von Prozessen, die<br />
auf Vertrauensbildung zielen. Durch die<br />
Sicherheit in der Kenntnis und Realisierung<br />
der Erwartungen der Betreuten und auch<br />
der Vormundschaftsgerichte entwickelt<br />
sich von beiden Seiten Vertrauen zum<br />
Betreuer.<br />
Dieses Vertrauen immer wieder im nachhinein<br />
zu rechtfertigen, wäre für alle<br />
Beteiligten anstrengend und mit Risiken<br />
verbunden. Deshalb macht es Sinn, die vertrauensbildenden<br />
Fähigkeiten und Aspekte<br />
der betreuerischen Leistungen zu ermitteln,<br />
zu dokumentieren und zur Grundlage<br />
der gemeinsamen Arbeit vor allem mit<br />
Betreuten und Vormundschaftsgerichten<br />
zu machen.<br />
Die Fähigkeit, vertrauensbildende Aspekte<br />
der eigenen Betreuungsarbeit nachzuweisen,<br />
kann die Bindung der Betreuten<br />
und der Vormundschaftsgerichte an<br />
den Betreuer deutlich verbessern. 10 Der<br />
Betreuer wird deshalb eher von Betreuten,<br />
Gerichten oder Ärzten weiterempfohlen.<br />
Dadurch sichert sich der Berufsbetreuer<br />
die eigene wirtschaftliche Grundlage und<br />
wird nicht so leicht subsituierbar.<br />
Langfristig kann die Transparenz der<br />
Betreuungsprozesse sogar zur Verbesserung<br />
der Leistungen bei den Vormundschaftsgerichten<br />
beitragen. Auch die Vormundschaftsgerichte<br />
bedürfen nämlich der<br />
Loyalität und des Vertrauens sowohl der<br />
Gesellschaft, die ihnen das Betreuungssystem<br />
anvertraut hat als auch der Betreuten<br />
und Betreuer, die von den vormundschaftsgerichtlichen<br />
Fähigkeiten<br />
als Zulieferer abhängen. Betreuer wie<br />
Vormundschaftsgerichte stehen in der<br />
Pflicht, die Wertschöpfung mit den ihnen<br />
zur Verfügung gestellten Ressourcen nachzuweisen.<br />
Im Vordergrund der vertrauensbildenden<br />
Maßnahmen stehen jedoch nicht<br />
die Vormundschaftsgerichte, sondern die<br />
Betreuten. Die Betreuten sollen sich darauf<br />
verlassen können, dass die Ermittlung und<br />
Erfüllung ihrer Erwartungen an die Betreuung<br />
und ihr individueller Beitrag zentraler<br />
Bestandteil der Betreuungsprozesse sind.<br />
Betreute sind gerade im Rahmen der sehr<br />
persönlichen Betreuungsdienstleistung<br />
wegen der ungleich verteilten Informationen<br />
und Handlungsmöglichkeiten auf die<br />
Nachvollziehbarkeit, Stabilität und Verbesserbarkeit<br />
von Leistungen der Betreuer<br />
angewiesen.<br />
Betreuer müssen in der Lage sein, vor<br />
allem den Betreuten zu zeigen, dass und<br />
wie sie deren Erwartungen und Bedürfnisse<br />
zur Grundlage der Betreuungsleistungen<br />
machen. Betreuer sollten den Betreuten<br />
zeigen können, wie die erforderlichen<br />
Betreuungsprozesse, auch jene ohne Mitwirkung<br />
des Betreuten, in deren Sinne<br />
6<br />
konstruiert und beherrscht werden. Betreuer<br />
sind verpflichtet, mit den Betreuten<br />
Ziele und darauf gerichtete Vorgehen<br />
zu formulieren bzw. diese transparent<br />
und diskutabel zu machen und deren<br />
Nutzenstiftung zu reflektieren. 11<br />
Wie leicht das Vertrauen der Betreuten<br />
in den Berufsbetreuer enttäuscht werden<br />
kann, ist am Beispiel des Verlustes oder der<br />
Beschädigung von persönlichem Eigentum<br />
der Betreuten, welches sich im Besitz oder<br />
in der Verantwortung des Berufsbetreuers<br />
befindet, ersichtlich.<br />
Wenn der Berufsbetreuer dem Betreuten<br />
demonstrieren kann, wie mit seinen<br />
Unterlagen, seinen Möbeln, seinen Wertsachen<br />
umgegangen wird und wie diese<br />
dokumentiert und gelagert werden, dann<br />
erkennt der Betreute zunächst, dass der<br />
Berufsbetreuer weiß, wie wichtig dieses<br />
Thema für Betreute ist. Ist der Betreuer<br />
nun auch noch in der Lage aufzuzeigen,<br />
dass der Betreute bei Beschädigung oder<br />
Verlust unmittelbar informiert wird und<br />
dazu Aufzeichnungen geführt werden,<br />
kann bereits Vertrauen in das Management<br />
entstehen, bevor überhaupt Eigentum des<br />
Betreuten in den Besitz des Betreuers<br />
kommt.<br />
Nicht nur im Betreuungswesen, sondern<br />
in allen Produktions- und Dienstleistungsbranchen<br />
sind Regelungen zum sorgfältigen<br />
Umgang mit Eigentum der Kunden und<br />
zur unmittelbaren Information der Eigentümer<br />
bei Problemen ein indiskutabler<br />
Bestandteil des Qualitätsmanagements. 12<br />
2.2 Fokussierung auf<br />
Betreute und Stakeholder<br />
An Berufsbetreuer tragen viele Menschen<br />
und Stellen Erwartungen heran.<br />
Erfolgreichen Berufsbetreuern ist aber<br />
klar, dass sie vor allem von Ihren Kunden,<br />
nämlich den Betreuten abhängen. Deren<br />
gegenwärtige und absehbare Erwartungen<br />
und die Erfordernisse ihrer Problemlagen<br />
sind für den Berufsbetreuer handlungsleitend.<br />
Erfolgreichen Berufsbetreuern gelingt<br />
es sogar, gezielt im ökonomischen Rahmen<br />
die Erwartungen der Betreuten zu<br />
übertreffen und die Betreuten zuweilen<br />
für Ergebnisse der Betreuungsarbeit zu<br />
begeistern.<br />
Neben den Betreuten als Kunden sind<br />
aber auch die Vormundschaftsgerichte<br />
als Lieferanten von großer Bedeutung für<br />
den Berufsbetreuer. Die Betreuungsarbeit<br />
wird also unter anderem dann erfolgreich<br />
sein, wenn sie die Bedingungen und<br />
Bedürfnisse der Betreuten sowie die<br />
Vorgaben und Erwartungen der Vormund-
Fachteil<br />
schaftsgerichte kennt und die geforderten<br />
Leistungen immer wieder effektiv und<br />
effizient erfüllt.<br />
Der Erfolg des Betreuers wird freilich<br />
auch vom Verstehen und Beachten der<br />
Erwartungen anderer Parteien beeinflusst,<br />
die ein Interesse an der Betreuungsleistung<br />
haben. Hierzu zählen neben<br />
Angehörigen auch das Personal in Einrichtungen,<br />
Behörden, Kostenträger und<br />
die mediale Öffentlichkeit, um nur einige<br />
zu nennen. Diese Interessenten an der<br />
Leistung der Berufsbetreuer, die außerhalb<br />
einer Kunden-Lieferanten-Beziehung<br />
agieren, können auch als ’Stakeholder’<br />
bezeichnet werden. 13<br />
Erfolgreiche Berufsbetreuer sind sich<br />
ständig bewusst über den Zustand der<br />
Zufriedenheit von allen, mit denen Sie<br />
in Beziehung stehen, um ihre Leistungen<br />
erbringen zu können. Dafür ist es wichtig<br />
zu wissen, welche Aspekte der Betreuungsleistung<br />
von wem in welcher Art und mit<br />
welcher Bedeutung wahrgenommen werden.<br />
Die Bedürfnislagen und Erwartungen<br />
aller Beteiligten müssen bekannt sein,<br />
damit entschieden werden kann, welche<br />
Prioritäten zu setzen sind. 14<br />
2.3 Entwicklung<br />
einer Prozessorientierung<br />
Die Qualität der Betreuungsarbeit hängt<br />
wesentlich davon ab, dass es gelingt, ein<br />
System von Prozessen, deren Wechselwirkungen<br />
bekannt sind, ergebnisorientiert<br />
einzusetzen. Unter Prozess sollen im<br />
weiteren Tätigkeiten verstanden werden,<br />
bei denen Ressourcen wie Sachmittel<br />
und Informationen verwendet und umgewandelt<br />
werden und zu einem Ergebnis<br />
führen.<br />
Betreuer, die ihre Leistungen in Prozessen<br />
denken und planen, haben den Vorteil,<br />
dass sie ihr Handeln weitgehend selbst<br />
lenkbar gestalten und die Komplexität der<br />
Verknüpfungen transparent halten können.<br />
Die Kenntnis der eigenen Prozesse verbessert<br />
auch die flexiblere und schnellere<br />
Reaktion des Betreuers auf sich regelmäßig<br />
verändernde Rahmenbedingungen im<br />
Betreuungswesen.<br />
Damit eine Betreuung für alle Beteiligten,<br />
vor allem für die Betreuten, die<br />
Vormundschaftsgerichte und die Berufsbetreuer<br />
erfolgreich verlaufen kann, müssen<br />
viele miteinander verbundene Aktivitäten<br />
bewusst gemacht und gesteuert werden.<br />
Häufig ist eine Aktivität Voraussetzung<br />
für das Gelingen einer weiteren Aktivität<br />
und ebenso bedingen sich Aktivitäten der<br />
unterschiedlichsten Beteiligten gegenseitig.<br />
Tatsächlich sind die Betreuungsleistungen<br />
oft gekennzeichnet von einer<br />
multilateralen Verknüpfung, Steuerung<br />
und Einspeisung unterschiedlichster Prozesse<br />
durch den Berufsbetreuer in einen<br />
zentralen Prozess, um ein Betreuungsziel<br />
zu erreichen. Berufsbetreuer müssen sich<br />
und ihre Arbeit als Teil eines Systems<br />
der Hilfeleistungen mit unterschiedlichen<br />
Formen des Aufbaus und der Reduzierung<br />
von Komplexitäten begreifen. 15<br />
Nur dann können die für Laien zuweilen<br />
undurchschaubaren Wechselwirkungen der<br />
betreuungsrelevanten Prozesse erkannt,<br />
verstanden, geleitet und gelenkt werden.<br />
Erfolgreiche Betreuungsarbeit setzt<br />
damit das systematische und für alle<br />
Beteiligten wahrnehmbare Leiten und<br />
Lenken von Prozessen voraus, die zum<br />
Nutzen der Betreuten beitragen. Dazu<br />
gehört auch das ständige Bemühen um<br />
die Verbesserung der eigenen Leistungen<br />
auf der Grundlage der Rückmeldungen von<br />
Betreuten, Vormundschaftsgerichten und<br />
anderen Beteiligten.<br />
Um die Betreuungsprozesse systematisch<br />
lenken und leiten zu können, müssen<br />
diese Prozesse inventarisiert sowie steuerund<br />
veränderbar aufgezeichnet werden.<br />
Besondere Beachtung verdienen dabei<br />
jene Prozesse und Informationen, die<br />
die Zufriedenheit der Betreuten mit der<br />
betreuerischen Leistung besonders beeinflussen.<br />
16<br />
Dieser Aspekt ist vor dem Hintergrund<br />
der krankheitsbedingt meist reduzierten<br />
oder zumindest selektiven Wahrnehmung<br />
und der geringen Interpretationssteuerbarkeit<br />
der Betreuten von größter Bedeutung<br />
für erfolgreiche Qualitätswahrnehmung<br />
der Betreuungsleistungen. 17<br />
Prozessorientiertes Betreuungsmanagement<br />
bedeutet also erstens, die Anforderungen<br />
an den Betreuer zu verstehen und<br />
zu erfüllen, zweitens das betreuerische<br />
Handeln als Prozesse entlang einer Wertschöpfungskette<br />
zu begreifen, drittens<br />
die Wirksamkeit und Ergebnisse der Betreuungsprozesse<br />
zu sichern und viertens,<br />
die Leistungsfähigkeit der verwendeten<br />
Prozesse zu messen und darauf gestützt<br />
laufende Verbesserungsmaßnahmen zu<br />
überlegen.<br />
2.4 Aufbau des<br />
Dokumentationssystems<br />
Erfolgreiche Berufsbetreuer verfügen<br />
in der Regel über ein Konzept, mit dem<br />
wesentliche Informationen des Betreuungsmanagements<br />
systematisiert werden.<br />
Hier geht es nicht nur um die eigentliche<br />
Betreuungsdokumentation, sondern auch<br />
7<br />
um jene Vorgaben und Regelungen mit<br />
grundlegender Bedeutung für das allgemeine<br />
Funktionieren der Betreuungsorganisation.<br />
Üblicherweise werden die Berufsbetreuer<br />
ihr Konzept im Kopf behalten und durch<br />
Routine immer wieder sicher anwenden<br />
können. Schwieriger wird es jedoch, das<br />
solchermaßen gespeicherte Dokumentationssystem<br />
zu kommunizieren. Um einer<br />
Vertretung, oder Betreuten, dem Vormundschaftsgericht<br />
und anderen Interessenten<br />
nachzuweisen, wie mit Informationen<br />
und Dokumenten umgegangen wird ist<br />
die schriftliche Fixierung des Dokumentationssystems<br />
unerlässlich.<br />
Die Erfahrungen mit der Einführung von<br />
Qualitätsmanagementsystemen zeigen,<br />
dass gerade die Sammlung und Ordnung<br />
aller Materialien, die für die eigene Arbeit<br />
von Bedeutung sind, sowohl die Effizienz<br />
der Arbeitsprozesse erhöht. Es folgt häufig<br />
eine Art der ’bürokratischen Katharsis’,<br />
wenn erstmals klar wird, welche Materialien<br />
wirklich und welche eigentlich nicht<br />
gebraucht werden. 18<br />
2.4.1 Inhaltliche und<br />
technische Anforderungen<br />
an die Managementdokumentation<br />
Eine Dokumentation des Qualitätsmanagements<br />
muss sich an Zweck- und Funktionalitätsgesichtspunkten<br />
orientieren.<br />
Zweck der Dokumentation ist einerseits<br />
die Kommunikation über Qualität so zu<br />
steuern, dass sich Vertrauen in die Dienstleistung<br />
des Betreuers entwickeln kann.<br />
Andererseits ist die Dokumentation ein<br />
Instrument der Ablauforganisation, um<br />
Prozesse steuer- und verbesserbar gestalten<br />
zu können.<br />
Es ist von keinem Betreuten oder Rechtspfleger<br />
zu erwarten, dass unendliche Prozessbeschreibungen<br />
für spannend gehalten<br />
werden. Hier wären grundlegende Informationen<br />
sinnvoller, die adressatengerecht<br />
aufbereitet, interessant und informativ<br />
sind. Diese Anforderungen könnte ein<br />
Qualitätsprospekt besser erfüllen. 19<br />
Als Instrument der Ablauforganisation<br />
kommt es dagegen vor allem auf organisatorische<br />
Funktionalität an. Hier ist es<br />
wichtig, sich schnell orientieren zu können<br />
und durch detailgetreue Beschreibungen<br />
Analyse- und Verbesserungsverfahren zu<br />
ermöglichen.<br />
Im weiteren Verlauf der Konzeptentwicklung<br />
wird nicht explizit unterschieden,<br />
auf wen die Dokumentation ausgerichtet<br />
wird. Wesentlich sind die inhaltlichen<br />
Anforderungen, die später in eigenen<br />
kommunikationspolitischen Prozessen<br />
umgesetzt werden müssen.
Fachteil<br />
In einer Dokumentation zum Qualitätsmanagement<br />
des Berufsbetreuers, die man<br />
auch Qualitätshandbuch nennen könnte,<br />
sollte zunächst geklärt sein, welchen<br />
Zweck diese Sammlung für den Betreuer<br />
erfüllt und wofür sie nicht geeignet ist.<br />
Vor allem für Betreute ist es wichtig zu<br />
erfahren, wieso ein Betreuer eine solche<br />
Dokumentation erstellt und was der Betreute<br />
davon hat.<br />
Wesentliche Bestandteile der Managementdokumentation<br />
sind die Beschreibungen<br />
der betreuungsrelevanten Prozesse und<br />
sämtlicher Informationen, die Auskunft<br />
über Erwartungen und Anforderungen an<br />
die Betreuungsarbeit geben (ein Blick<br />
in die Gesetzesentwürfe zum Betreuungsrecht<br />
lohnt also noch immer). Erste<br />
Hilfestellungen können aus juristischen<br />
Kommentaren und Praxishandreichungen<br />
bezogen werden. Zwar wird dort meist nur<br />
beschrieben, was der Betreuer zu tun und<br />
zu lassen hat; die Fragen, wie und weshalb<br />
etwas zu erledigen ist, muss der Betreuer<br />
im Rahmen seiner eigenen Qualitätsanforderungen<br />
selbst beschreiben.<br />
Diese Dokumentation sollte die betreuungstypischen<br />
Gesetzestexte und andere<br />
relevanten Normen umfassen 20 bzw.<br />
eindeutig darauf verweisen, sowie z.B.<br />
Verträge des Betreuungsbüros, Protokolle<br />
oder für die Betreuungsarbeit bedeutsame<br />
Ausschnitte von Fachzeitschriften.<br />
Der Betreuer muss Auskunft geben können,<br />
welche Informationen für seine Arbeit<br />
von Bedeutung sind und nachweisen, dass<br />
er sich die erforderlichen Informationen<br />
zeitnah beschaffen kann.<br />
Es ist nicht von Bedeutung, wie die<br />
Dokumentation technisch realisiert wird,<br />
ob in einem Ordner auf Papier, im Computer<br />
oder im Intra- bzw. Internet. Wichtig ist<br />
nur, dass es für die Betreuten und andere<br />
Interessenten deutlich und zufriedenstellend<br />
wahrnehmbar ist, dass der Betreuer<br />
zeitnah und effektiv all jene Informationen<br />
zur Hand hat, die für das grundsätzliche<br />
Funktionieren der Betreuungsarbeit von<br />
Bedeutung sind. Technisch ist jedoch<br />
zu bedenken, dass mit Betreuten, Angehörigen<br />
oder zum Beispiel Vermietern<br />
oft rechtliche Rahmenbedingungen zu<br />
klären sind oder Vormundschaftsgerichte<br />
und Behörden verstehen wollen, wie ein<br />
Betreuungsprozess funktioniert.<br />
Im Vordergrund der Konzeption des Dokumentationssystems<br />
sollten Aspekte der<br />
Funktionstüchtigkeit für alle stehen, die<br />
auf die Informationen zugreifen müssen:<br />
Worauf kommt es in der Praxis tatsächlich<br />
an? Wann, wie schnell, wozu, wie und wo<br />
werden Informationen benötigt?<br />
Weiter ist zu überlegen, welche zukünftigen<br />
Formen und Situationen der<br />
Informationsverwendung zum Beispiel<br />
aus Mobilitätssicht erforderlich werden.<br />
Aktuelle Betreuungssoftware zeigt bereits<br />
erste Ansätze zur Unterstützung<br />
eines derartigen Informationssystems.<br />
Die Unterstützung von extrem mobilen<br />
Handcomputern, sogenannter PDA´s wäre<br />
eine sinnvolle Weiterentwicklung im Sinne<br />
dieses Qualitätskonzeptes.<br />
Um das Dokumentationssystem aufgrund<br />
von Vergleichen mit anderen Systemen<br />
verbessern zu können, sind Überlegungen<br />
zur Kompatibilität mit der Dokumentation<br />
anderer Kanzleien bedenkenswert. Das<br />
bedeutet, sich zu erkundigen, wie andere<br />
Berufskollegen ihre Dokumentation erledigen<br />
und idealerweise sich sogar auf eine<br />
Vorgehensweise zu einigen. Erfahrungen<br />
aus anderen Branchen 21 des Sozialsektors<br />
legen nahe, dass die Fähigkeit sich<br />
vergleichbar zu organisieren auch im<br />
Betreuungswesen zukünftig erfolgsrelevant<br />
werden könnte.<br />
2.4.2 Steuerungserfordernisse<br />
der Dokumentation<br />
des Qualitätsmanagements<br />
Für die Dokumentation des Qualitätsmanagements<br />
hat sich eine Systematik<br />
der Schriftlichkeit nach unterschiedlichen<br />
Konkretisierungsgraden und Verwendungszwecken<br />
entwickelt. Es wird<br />
häufig unterschieden nach Dokumenten,<br />
Aufzeichnungen, Verfahrensanweisungen<br />
und Arbeitsanweisungen. Freilich machen<br />
nur jene Unterscheidungen Sinn, die in der<br />
berufsbetreuerischen Praxis von Bedeutung<br />
sind.<br />
2.4.2.1 Bedeutung von Dokumenten<br />
Dokumente sind Schriftstücke der Betreuungsarbeit<br />
wie zum Beispiel Schriftwechsel,<br />
die aber auch Urkunden- und<br />
Beweischarakter mit unterschiedlicher<br />
Rechtsbedeutung haben können. Sie sind<br />
von großer Relevanz für das Vertrauen der<br />
Betreuten aber auch der bürokratischen<br />
Organisationen wie Gerichte und Behörden<br />
in die Prozesskompetenz des Betreuers.<br />
Da viele Dokumente in der Betreuungsarbeit<br />
eigentlich Eigentum der Betreuten<br />
sind, können Verlust, Beschädigung und noch<br />
viel mehr unbedachte Weitergabe zu einem<br />
gravierenden Vertrauensbruch führen. Man<br />
denke nur an die in der Praxis zwischen den<br />
Betreuern und zuweilen sogar bei einem<br />
einzigen Betreuer unterschiedlich gehandhabte<br />
Versendung von Betreuerausweisen.<br />
Manchmal werden sie komplett und zuweilen<br />
sogar gleich mit dem Bestellungsbeschluß<br />
8<br />
verschickt, ein andermal werden sorgfältig je<br />
nach Empfänger Informationen geschwärzt.<br />
Der Berufsbetreuer sollte zumindest<br />
für die Betreuten schriftlich formulieren,<br />
welche Dokumente welche Bedeutung<br />
haben, woher sie kommen, wofür sie<br />
eingesetzt werden und an wen welche<br />
Dokumente unter welchen Bedingungen<br />
herausgegeben werden. Aus Betreutensicht<br />
ist nicht zu unterschätzen, dass erst durch<br />
die Offenlegung des Umgangs mit persönlichen<br />
Dokumenten die Bedürfnisse und<br />
Erwartungen der Betreuten in den weiteren<br />
Prozess eingespeist werden können.<br />
Freilich wird einzuwenden sein, dass<br />
damit wieder ein neues Dokument entsteht<br />
und nur der bürokratische Selbstbezug gestärkt<br />
wird. Erfahrungen der Qualitätspraxis<br />
widerlegen jedoch Befürchtungen einer<br />
weiteren Bürokratisierung durch Qualitätshandbücher.<br />
22 Demgegenüber werden<br />
für die Betreuten einmal Regelungen<br />
geklärt und damit zukünftig ineffiziente<br />
Unstimmigkeiten, Unsicherheiten und<br />
vielleicht sogar Widerstände gegen die<br />
Betreuungsarbeit minimiert.<br />
Ein bekanntes Problem der Praxis ist das<br />
versehentliche Verwenden von obsoleten<br />
Dokumenten oder die zeitaufwendige Suche<br />
nach aktuellen Versionen von Bescheiden<br />
etc. Abgesehen vom Kostenaufwand durch<br />
folgende Korrekturanstrengungen sind<br />
auch haftungsrechtliche Konsequenzen<br />
durch Fristverletzungen bei fehlerhafter<br />
Dokumentenverwendung denkbar.<br />
Deshalb müssen Regelungen formuliert<br />
werden, die Dokumentenechtheit sicherstellen<br />
und dafür sorgen, dass immer<br />
gültige und aktuelle Versionen der Dokumente<br />
zum Einsatz kommen. Manche<br />
Berufsbetreuer arbeiten bereits mit unterschiedlichen<br />
Registraturen z.B. Archiv und<br />
Handakte, was zwar praktikabel ist. Ein<br />
Managementsystem wird aber erst daraus,<br />
wenn Hintergrund und Vorgehensweisen<br />
schriftlich formuliert werden und die<br />
Funktionalität der Dokumentation einer<br />
Überprüfung unterziehbar ist.<br />
Auf den ersten Blick wirkt die sich abzeichnende<br />
Komplexität der Dokumentation<br />
verwirrend. Vielleicht tröstet es aber ein<br />
wenig zu wissen, dass die wahrgenommene<br />
Komplexität einer Dienstleistung durch<br />
Kunden überhaupt erst eine wesentliche<br />
Voraussetzung für Qualitätswahrnehmung<br />
ist. 23<br />
2.4.2.2 Verfahrens-<br />
und Arbeitsanweisungen<br />
zur Prozesssteuerung<br />
Verfahrensanweisungen beschreiben vor<br />
allem allgemeine Prinzipien von Prozessen,
Fachteil<br />
also wozu ein Prozess dient, welche Bedeutung<br />
und Risiken damit verbunden sind<br />
und wer beteiligt ist. Arbeitsanweisungen<br />
dagegen sind Handreichungen für die<br />
konkrete Durchführung von Aktivitäten,<br />
was Ablaufpläne und auch Checklisten<br />
oder Merkzettel sein können.<br />
Der Sinn von Verfahrens- und Arbeitsanweisungen<br />
besteht vor allem in der<br />
Sicherheit, dass der Betreuer einen Prozess<br />
nach einem Standard immer wieder durchführen<br />
und nach Misserfolgen systematisch<br />
verbessern kann. Es ist davon auszugehen,<br />
dass diese Fähigkeit auf Seiten<br />
der Betreuten und weiterer Beteiligter<br />
vertrauensbildend wirkt.<br />
Es gibt eine Vielzahl von Handreichungen,<br />
Tätigkeitskatalogen und Leitfäden 24 ,<br />
die Kernprozesse der Berufsbetreuung<br />
beschreiben. Damit diese Prozesse transparent,<br />
kommunizierbar und steuerbar<br />
werden, können diese Prozessbeschreibungen<br />
in Ablaufdiagrammen abgebildet<br />
und anschließend in Checklisten umgesetzt<br />
werden.<br />
Viele Berufsbetreuer verfügen wohl<br />
bereits über eine Sammlung von mehr oder<br />
minder systematisch erfassten Ablaufbeschreibungen,<br />
mit denen vor allem kritische<br />
Prozesse vorbereitet und gesteuert<br />
werden. Denkbar wäre dies zum Beispiel<br />
für die zuweilen gefährliche Durchführung<br />
von Unterbringungen oder um komplexe<br />
Verwaltungsarbeiten zu steuern, wie die<br />
Sammlung, Erfassung und Verbuchung<br />
der Vermögensbewegungen der Betreuten<br />
und Einspeisung in den Prozess der Rechenschaftslegung<br />
über die Verwaltung<br />
des Betreutenvermögens gegenüber dem<br />
Vormundschaftsgericht.<br />
Genaue Checklisten hierzu werden den<br />
Betreuten zwar weniger interessieren,<br />
wohl aber, wozu seine Kontoauszüge gebraucht<br />
werden, dass der Berufsbetreuer<br />
genau Buch führen muss zu seiner eigenen<br />
Entlastung und was der Betreuer dem<br />
Betreuten zusichert im Umgang mit dessen<br />
Vermögen.<br />
Gleiches gilt beispielsweise für Unterbringungen.<br />
Die Checkliste für die konkrete<br />
Durchführung mag den einen oder anderen<br />
Betreuten vielleicht interessieren. Ganz<br />
bestimmt von Bedeutung ist aber die<br />
schriftliche Beschreibung und Zusicherung<br />
von Aspekten, die dem Betreuten das<br />
Gefühl von Respekt und würdevoller Behandlung<br />
in einer derartigen Krisensituation<br />
vermitteln.<br />
Durch solche Beschreibungen besteht<br />
erst die Möglichkeit, die Überzeugungen<br />
und Werte des Berufsbetreuers ablauforganisatorisch<br />
einzuplanen und nachzuweisen.<br />
Jeder Berufsbetreuer kann dann<br />
hoffentlich die Frage beantworten, woran<br />
ein Betreuter oder das Vormundschaftsgericht<br />
die spezielle Qualitätsüberzeugung in<br />
jedem einzelnen Prozess erkennen kann.<br />
2.4.2.3 Aufzeichnungen<br />
über das Qualitätsmanagement<br />
Damit überprüft werden kann, in welchem<br />
Umfang Übereinstimmungen und Abweichungen<br />
zwischen den Qualitätskriterien<br />
und der Praxis der Betreuung bestehen,<br />
sind dazu eigene Qualitätsaufzeichnungen<br />
notwendig. Für diese sind ein kontinuierlicher<br />
Einsatz sowie Sicherheit im Umgang<br />
und Funktionsfähigkeit sehr wichtig.<br />
Typische Probleme der Praxis sind nämlich<br />
mangelnde Lesbarkeit, wenn im Arbeitsablauf<br />
Notizen angefertigt werden, oder<br />
dass Aufzeichnungen verlegt und nicht<br />
zeitnah gefunden werden. In größeren<br />
Organisationen wie Vereinen und Behörden<br />
kommen auch unklare Zuständigkeiten und<br />
Kompetenzen als Problemfaktoren hinzu.<br />
Deshalb sollte das Dokumentationssystem<br />
Regelungen beinhalten, durch die sicher<br />
gestellt wird, wer für diese Aufzeichnungen<br />
zuständig ist. Es ist sicherzustellen, dass<br />
Aufzeichnungen über Qualitätsprobleme<br />
eindeutig erkennbar sind und sicher aufbewahrt<br />
und geschützt werden. Letztlich ist<br />
auch zu regeln, wie diese Aufzeichnungen<br />
jederzeit gefunden werden können und wie<br />
verhindert wird, dass sie nicht länger als<br />
nötig archiviert bleiben.<br />
2.5 Übernahme von<br />
Qualitätsverantwortung<br />
Erfahrene und erfolgreiche Berufsbetreuer<br />
sind in der Regel Unternehmerpersönlichkeiten,<br />
die Verantwortung für<br />
die Übereinstimmung der Strukturen und<br />
Bedingungen ihres Arbeitens mit den<br />
eigenen Zielen übernehmen. Deshalb ist<br />
es notwendig, dass der Berufbetreuer die<br />
tatsächliche Infrastruktur und Ausstattung<br />
der Betreuungskanzlei in Beziehung zu<br />
Visionen, Zielen und Leistungsanforderungen<br />
setzt. Der Berufsbetreuer sollte<br />
begründen können, welche Ausstattung<br />
und Merkmale seiner Betreuungskanzlei er<br />
für qualitätsrelevant hält. Es geht also um<br />
den Beitrag, den die Infrastruktur der Betreuungskanzlei<br />
nachweislich zum Vorteil<br />
der Betreuten und Vormundschaftsgerichte<br />
liefert.<br />
2.5.1 Qualitätsvisionen<br />
und Qualitätspolitik<br />
Fragt man Berufsbetreuer nach Grundsätzen<br />
ihres Managements, so tauchen<br />
9<br />
häufig ähnliche Konzeptelemente auf,<br />
die in einem bestimmten Verhältnis ausbalanciert<br />
werden. Deren ausgewogene<br />
Beachtung liefert in der täglichen Betreuungspraxis<br />
einen bedeutsamen Beitrag zum<br />
Berufserfolg. 25 Diese Grundsätze bilden<br />
als Rahmen einer ganzheitlich ausgerichteten<br />
Organisation erst die Grundlage zur<br />
Qualitätsorientierung der Berufsbetreuer<br />
und sollten deshalb schriftlich formuliert<br />
werden.<br />
Über eigene Qualitätsbemühungen wird<br />
im <strong>Sozialwesen</strong> nicht immer gerne öffentlich<br />
gesprochen. Zu groß ist die Befürchtung,<br />
dass Fehler als peinliches Versagen<br />
interpretiert werden. Ernstgenommenes<br />
Qualitätsmanagement fordert aber ein<br />
Gemessen werden an den eigenen Ansprüchen<br />
geradezu heraus. Deshalb reflektieren<br />
in einem Handbuch zum Qualitätsmanagement,<br />
in Prospekten oder auf dem Briefkopf<br />
publik gemachte Visionen oder ein Berufsmotto<br />
des Berufsbetreuers die Bereitschaft<br />
zur Übernahme von Qualitätsverantwortung.<br />
Andere öffentlichkeitswirksame<br />
Darstellungen der Qualitätsorientierung<br />
der Betreuungsorganisation unterstützen<br />
dies wirkungsvoll und üben einen selbst<br />
auferlegten Druck aus, sich regelmäßig<br />
der Qualitätsthematik zu stellen.<br />
Zu Beginn sollte jeder Betreuer also<br />
seine Vision oder Gedanken über die<br />
eigenen Qualitätsziele und die Wege zu<br />
deren Erreichung formulieren. Nur in wenigen<br />
Ausnahmefällen oder bei geringer<br />
Berufserfahrung arbeiten Berufsbetreuer<br />
nämlich ohne konkrete Vorstellungen,<br />
weshalb sie Betreuungen führen und<br />
welchen ideellen Beitrag sie für die Gesellschaft<br />
und die betroffenen Menschen<br />
leisten.<br />
Auf Nachfragen kann leicht von Betreuern<br />
erfahren werden, was sie unter guter<br />
Betreuungsarbeit verstehen und was sie<br />
für bemerkenswert an den eigenen Betreuungsleistungen<br />
halten. Meist stehen<br />
die Überzeugungen der Berufsbetreuer<br />
in Einklang mit den Intentionen des<br />
Gesetzgebers zur Abschaffung des Vormundschaftsrechts<br />
und oft reflektieren<br />
Berufsbetreuer noch den Optimismus der<br />
Psychiatriereform. 26<br />
Im Rahmen der Managementdokumentation<br />
geht es also zunächst einfach um das<br />
schriftliche Formulieren dieser Maßstäbe<br />
und Ziele des betreuerischen Handelns.<br />
Zugegeben braucht das Mut, denn der Freiberufler<br />
macht sich dadurch erst diskutabel<br />
und angreifbar. Andererseits kann diese<br />
Offenheit von Betreuten mit Vertrauen<br />
belohnt werden: Wenigstens zu wissen, mit<br />
wem man es zu tun hat und was betreuerische<br />
Werte und Ziele sind.
Fachteil<br />
2.5.2 Qualitätsziele<br />
und Qualitätsplanungen<br />
Eine Dokumentation des Qualitätsmanagements<br />
sollte Beobachtungen und Aussagen<br />
dazu enthalten, welche gegenwärtigen<br />
Probleme im Qualitätssystem bestehen<br />
und welche zukünftigen Verbesserungen<br />
der Dienstleistungen angestrebt werden.<br />
Die Dokumentation sollte Auskunft gegen,<br />
welche Beurteilungen zur Zufriedenheit<br />
mit dem Berufsbetreuer vorliegen und<br />
wie sich die Zufriedenheit der Betreuten,<br />
der Vormundschaftsgerichte und anderer<br />
Interessenten entwickeln soll. Letztlich ist<br />
auch zu beschreiben, wie all das gemessen<br />
und bewiesen werden kann.<br />
Aufgrund der Erhebungen zum Ist-Stand<br />
und der Soll-Konzeptionierungen sollten<br />
Planungen nachgewiesen werden, wie der<br />
Berufsbetreuer gedenkt, Diskrepanzen zu<br />
beseitigen und zukünftige Zielstellungen<br />
zu erreichen. Vielleicht findet sich für den<br />
Berufsbetreuer mehr Unterstützung bei<br />
der Erreichung der Qualitätsziele als er<br />
denkt, wenn Vormundschaftsgerichte und<br />
Betreute hierüber informiert werden.<br />
2.5.3 Qualitätsbewertungen<br />
Damit das System des Qualitätsmanagements<br />
der Betreuungskanzlei nicht nur<br />
auf dem Papier steht, sondern tatsächlich<br />
zur Verbesserung der Betreuungspraxis<br />
beiträgt, sollte ein Qualitätskonzept laufende<br />
und stichprobenartige Überprüfungen<br />
der Funktionsfähigkeit, sogenannte<br />
’Audits’, enthalten. Deren Ergebnisse<br />
müssen aufgezeichnet werden. Dabei<br />
kann es sich sowohl um die Aufzeichnung<br />
von Problemen und Fehlermeldungen in<br />
der Praxis handeln als auch um Ergebnisse<br />
von Überprüfungen, die intern oder durch<br />
Externe durchgeführt werden. 27<br />
Moderne Sozialgesetze enthalten bereits<br />
solche Verpflichtungen für Vertragseinrichtungen,<br />
indem Qualitätsmanagementsysteme<br />
einzuführen und Qualitätsprüfungen<br />
zu ermöglichen sind. 28 Im<br />
Rahmen des Qualitätsmanagements im<br />
<strong>Sozialwesen</strong> sind Audits zur Qualitätsbewertung<br />
immer wieder in der Diskussion 29 ,<br />
und deren Einführung ist auch für zukünftige<br />
Gestaltungen des Betreuungsgesetzes<br />
deswegen nicht auszuschließen. Bei aller<br />
Skepsis, die in der Praxis gegenüber<br />
Audits herrschen; es zeigt sich anschließend<br />
immer, welche Produktivität die<br />
Beschäftigung mit der eigenen Qualität<br />
birgt. 30<br />
Das Qualitätskonzept für Berufsbetreuung<br />
muss sich an seinen eigenen Vorgaben<br />
messen lassen. Grundlage hierfür<br />
sind die formulierten Leistungs- und<br />
Prozessbeschreibungen, die Qualitätsziele<br />
und Qualitätsplanungen sowie die Ergebnisse<br />
zum Stand der Zufriedenheit von<br />
Betreuten, Vormundschaftsgerichten und<br />
anderen Interessierten.<br />
Im Rahmen interner Audits kann der<br />
Berufsbetreuer anhand einer Checkliste<br />
sein Qualitätshandbuch durchgehen und<br />
die Realität daraufhin kritisch zu reflektieren.<br />
Es kann durchaus interessante<br />
Einblicke in die Funktionalität der Managementdokumentation<br />
geben, wenn<br />
unter Kollegen ein Wettbewerb durchgeführt<br />
wird, wie lange zum Auffinden einer<br />
Gesetzesnorm gebraucht wird und wie<br />
verständlich diese einer mental gehandicapten<br />
Person erläutert werden kann.<br />
Sofern die Ergebnisse dokumentiert und<br />
verbessert werden, handelt es sich hier<br />
schon um ein internes Audis.<br />
Sehr produktiv sind Audits durch externe<br />
Personen, die dem Berufsbetreuer ohne<br />
Betriebsblindheit helfen können, Stand<br />
und Optimierungspotentiale der eigenen<br />
Qualitätsorganisation zu ermitteln.<br />
Prozessbeschreibungen oder ’Verfahrens-<br />
und Arbeitsanweisungen’ stellen<br />
die effektivste Grundlage für Überprüfungen<br />
eines Qualitätsmanagementsystems<br />
dar: Wird der Prozess wirklich in der<br />
Praxis umgesetzt? Stehen die notwendigen<br />
Ressourcen eigentlich wirklich<br />
zur Verfügung? Welche Probleme gab es<br />
bei der Prozessdurchführung, wo sind<br />
diese dokumentiert, wieso konnten diese<br />
entstehen und wurde der Prozess diesbezüglich<br />
optimiert? Und schließlich die<br />
wichtigste Frage: Was hat der Betreute<br />
von diesem Prozess und welche Beurteilungen<br />
dessen Zufriedenheit gibt es?<br />
Von den Berufsverbänden ist zu erwarten,<br />
dass sie Möglichkeiten eruieren, die<br />
Verbandsmitglieder in der Beurteilung<br />
der eigenen Betreuungsqualität durch<br />
BQA´s, also BetreuungsQualitätsAudits<br />
zu unterstützen. Voraussetzung hierfür<br />
sind freilich entsprechende Fortbildungen<br />
der Berufsbetreuer vor dem Hintergrund<br />
eines einheitlichen Normkonzepts wie<br />
des hier beschriebenen. Im Anschluss an<br />
ein Berufsverbandsaudit kann sich der<br />
Berufsbetreuer die Konformität mit der<br />
Qualitätsnorm zertifizieren lassen, oder<br />
sich selbst als konform erklären.<br />
Es bedarf entgegen weitgestreuter<br />
Auffassung nämlich nicht einer kostspieligen<br />
Zertifizierung durch eine externe<br />
Prüfstelle wie TÜV oder DEKRA. Die DIN-<br />
ISO selbst sieht die Möglichkeit einer<br />
Konformitätserklärung vor, die dem bereitwilligen<br />
Kunden als Nachweis der<br />
10<br />
Übereinstimmung und Vertrauenswürdigkeit<br />
genügen mag.<br />
2.6 Kontinuierliche Verbesserung<br />
Verbesserungspotentiale für die Betreuungsqualität<br />
liegen zunächst im Informationssystem<br />
über Fehler, die dem Berufsbetreuer<br />
während der Leistungserbringung<br />
bekannt werden oder unterlaufen. Außerdem<br />
sind Hinweise und Beschwerden<br />
von Betreuten und anderen Beteiligten<br />
eine Informationsquelle über Verbesserungsmöglichkeiten.<br />
Zur Verbesserung<br />
der Qualität trägt auch der Vergleich mit<br />
besseren Betreuungskanzleien und die<br />
gemeinsame Entwicklung von Optimierungsmöglichkeiten<br />
bei.<br />
2.6.1 Beschwerdemanagement<br />
Verbesserungshinweisen begegnet der<br />
Berufsbetreuer in unterschiedlichen Formen<br />
und selbst nach jahrelanger Etablierung<br />
hat man den Eindruck, mit einem<br />
Schild am Revers herum zu laufen, auf<br />
dem in großen Lettern steht: „Ich bin ein<br />
hilfebedürftiger Betreuer. Egal wer Sie sind<br />
und wovon Sie Ahnung haben. Bitte sagen<br />
Sie mir, was ich wie zu tun habe!“<br />
Trotzdem wird jeder erfolgreiche Berufsbetreuer<br />
rückblickend bestätigen, dass sich<br />
die Qualität der eigenen Betreuungsleistungen<br />
im Hinblick auf Betreutenorientierung<br />
und Sicherheit in den Prozessen auch<br />
aufgrund von kritischen Rückmeldungen<br />
verbessert hat.<br />
Für Berufsbetreuer, die eine berufsethisch<br />
gestützte Freiberuflichkeit praktizieren,<br />
stellen Rückmeldungen über eigene<br />
Fehler eine kostenlose Fortbildung dar. Es<br />
sollte auch bedacht werden, dass Kritiker,<br />
ob das nun Betreute, Rechtspfleger am<br />
Vormundschaftsgericht oder Pflegemitarbeiter<br />
sind, eigentlich nicht Gegner<br />
sondern Partner im Bemühen um eine<br />
kontinuierliche Verbesserung der Betreuungsarbeit<br />
sind.<br />
Im Rahmen eines formulierten Beschwerdemanagements<br />
sollte im Qualitätskonzept<br />
beschrieben werden, wie<br />
Fehlermeldungen stimuliert und bearbeitet<br />
werden und anschließend Rückmeldungen<br />
erfolgen. Die Dokumentation zum<br />
Qualitätsmanagement sollte unbedingt<br />
Maßnahmen enthalten, wie vor allem<br />
Betreute aufgefordert und angeregt werden,<br />
sich kritisch zu äußern und sich zu<br />
beschweren.<br />
Es gibt eine Vielzahl von Beispielen, wie<br />
mit witzigen Slogans das Thema Beschwerde<br />
aufgelockert werden kann, bis hin zur<br />
Möglichkeit, einen Preis für die Abgabe
Fachteil<br />
einer Beschwerdemeldung zu gewinnen. 31<br />
Jedenfalls ist davon auszugehen, dass<br />
sowohl Betreute als auch Vormundschaftsgerichte<br />
und andere Kooperationspartner<br />
nicht nur dankbar sind, für einen offenen<br />
Umgang mit Kritik, sondern diesen Bemühungen<br />
auch Respekt zollen werden.<br />
2.6.2 Leistungsbeobachtung<br />
und Fehlerlenkung<br />
Die Möglichkeit, betreuerische Leistungen<br />
nachvollziehbar zu machen und Entwicklungsprozesse<br />
reflektieren zu können,<br />
ist vor allem für Betreute ein bedeutsamer<br />
Aspekt, der Vertrauen rechtfertigt. Im<br />
Rahmen der EDV-gestützten Leistungserfassung<br />
durch Betreuungsmanagementsoftware<br />
ist dies dem Grund nach auch<br />
kein technisches Problem mehr.<br />
Allenfalls die Strukturierung der Beobachtungen<br />
erfordert ein Konzept. Hierfür<br />
bietet sich die Betreuungsplanung an, weil<br />
vor dem Hintergrund von Ressourcen und<br />
Problemdefinitionen der Betreuten Ziele<br />
und erforderliche Maßnahmen vereinbart<br />
und evaluiert werden. Es ist zu hoffen, dass<br />
die Betreuungssoftware in diese Richtung<br />
weiter entwickelt wird, damit parallel<br />
zur Leistungserfassung eine Verlaufsdokumentation<br />
entstehen kann. Unter diesem<br />
Gesichtspunkt sind die aktuellen Entwicklungen<br />
zu einer umfassenden Einführung<br />
von Fallpauschalen statt Leistungspauschalen<br />
kritisch zu sehen. Es steht zu<br />
befürchten, dass durch Pauschalen die<br />
Motivation zur Leistungserfassung und<br />
–bewertung im Sinne einer Betreuungsplanung<br />
eher abnimmt.<br />
Eine weitere Quelle zur ständigen Verbesserung<br />
der Betreuungsprozesse sind<br />
Fehlermeldungen innerhalb der eigenen<br />
Organisation. Jeder Berufsbetreuer macht<br />
Fehler und das selbst nach jahrelanger<br />
Berufserfahrung. Wenn derselbe Fehler<br />
gehäuft vorkommt oder im Rahmen eines<br />
Prozesses verschiedene Fehler auftreten,<br />
wird sich der Berufsbetreuer Fragen nach<br />
Ursachen und Verbesserungsmöglichkeiten<br />
stellen müssen. Häufig zeigen Analysen<br />
des Prozesses, wo Fehler entstanden sind.<br />
Manchmal wurden diese zwar kurzzeitig<br />
wahrgenommen aber ignoriert oder vielleicht<br />
unterschätzt.<br />
Da sich das Qualitätsmanagement der<br />
Berufsbetreuung zum Ziel setzt, durch<br />
Prozesskompetenz bei den Betreuten oder<br />
Gerichten erst gar keine Fehler ankommen<br />
zu lassen und damit Vertrauen zu riskieren,<br />
ist ein Verfahren notwendig, um<br />
Fehler auszusteuern. Die einfachste und<br />
zweckmäßigste Form ist das Abarbeiten<br />
von Checklisten. In Checklisten wird die<br />
Erledigung von bestimmten Prozesselementen<br />
verifiziert. Dabei können aber<br />
auch Eintragungen zu Unregelmäßigkeiten<br />
vorgenommen werden. Wenn also die<br />
Checkliste für eine zu beantragende Unterbringung<br />
die Position „Einholen eines<br />
ärztlichen Attestes“ beinhaltet und der<br />
betreffende Arzt nicht erreichbar ist, kann<br />
das eingetragen und auf Konsequenzen<br />
hin überlegt werden.<br />
So wie man als Patient erwartet, dass<br />
über Komplikationen Buch geführt wird,<br />
deren Auswirkungen reflektiert und rechtzeitig<br />
entsprechende Maßnahmen getroffen<br />
werden, darf auch der Betreute darauf<br />
vertrauen, dass der Berufsbetreuer ein<br />
Verfahren vorweisen kann, damit sich<br />
Prozessfehler nicht unbedingt bis zum<br />
Betreuten als Fehlleistung fortsetzen.<br />
2.6.3 Benchmarking<br />
im Betreuungswesen<br />
Erhebliche, zum Teil sogar sprungartige<br />
Verbesserungen der Betreuungsqualität<br />
sind von der Teilnahme an Benchmarking-<br />
Projekten zu erwarten, die von den Berufsverbänden<br />
initiiert werden sollten.<br />
Teilnehmer in Benchmarking-Projekten<br />
bestimmen zunächst eigene defizitäre<br />
Prozessleistungen, z.B. den als zu hoch<br />
empfundenen Aufwand zur Beantragung<br />
einer Sozialleistung oder Steuerungsprobleme<br />
bei Unterbringungen. Im nächsten<br />
Schritt wird nach einem Berufsbetreuer<br />
als Benchmarking-Partner gesucht, der im<br />
betreffenden Prozess eine deutlich bessere<br />
oder gar die beste Leistung erbringt.<br />
Daran schließt sich ein Vergleich der<br />
Prozesse und die gemeinsame Suche nach<br />
Verbesserungsmöglichkeiten an. 32<br />
Dem Grunde nach ist im Betreuungswesen<br />
der Einstieg in Benchmarking-<br />
Projekte mit einigem Kooperationswillen<br />
relativ leicht und sogar spielerisch zu<br />
bewerkstelligen. Die Zahl der potentiellen<br />
Teilnehmer ist relativ überschaubar<br />
und nur selten dürfte wirklich ruinöse<br />
Konkurrenz unter den Berufsbetreuern<br />
vorkommen.<br />
Denkbar wäre ein regionaler Wettbewerb,<br />
bei dem die Berufsbetreuer zu Kernprozessen<br />
wie Unterbringungsverfahren, Genehmigungsprozessen<br />
oder Vermögensabrechnungen<br />
durch Rechtspfleger und Richter<br />
skaliert bewertet werden. Freilich müsste<br />
umgekehrt eine komplementäre Beurteilung<br />
der Richter und Rechtspfleger von den<br />
Berufsbetreuern durchgeführt werden.<br />
Damit wären die Grundlagen für die Suche<br />
nach Benchmarking-Partnern gegeben.<br />
Dabei kann sich zeigen, dass ein Berufsbetreuer<br />
hervorragende Beurteilungen<br />
11<br />
in Unterbringungssachen und schlechtere<br />
Bewertungen in Abrechnungsangelegenheiten<br />
erhält. Umgekehrt kann ein Rechtspfleger<br />
das ’Gelbe Betreuungstrikot’ für<br />
die zügige Bearbeitung von Anträgen zur<br />
Vermögenssorge erhalten, während in<br />
Vergütungssachen nur die rote Laterne<br />
vergeben wird.<br />
2.7 Empirische<br />
Fundierung des Managements<br />
Wirkungsvolle Planungen und Entscheidungen<br />
entstehen bei erfahrenen Berufsbetreuern<br />
nicht ’aus dem Bauch’ sondern<br />
aufgrund von Zahlen und Werten, die einer<br />
Beobachtung der betreuerischen Praxis<br />
entstammen. Empirische Orientierung wird<br />
zwar schon durch das wissenschaftlich<br />
geprägte Umfeld der Berufsbetreuer mit<br />
Ärzten, Richtern und Gutachtern gefördert.<br />
Aber auch gegenüber Betreuten vermag<br />
ein empirischer Bezug von Entscheidungen<br />
häufig die Akzeptanz betreuerischer<br />
Entscheidungen erhöhen.<br />
Das moderne softwaregestützte Betreuungsmanagement<br />
ermöglicht mittlerweile<br />
erste Datenerhebungen zur Einführung<br />
eines Betreuungscontrollings. Hierunter ist<br />
zu verstehen, dass Berufsbetreuer Kennzahlen<br />
formulieren und deren Einhaltung<br />
überwachen. Häufig werden Berufsbetreuer<br />
bereits zu Umsatzzielen und Auslastungsgraden<br />
mehr oder minder klar definierte<br />
Leistungsvorgaben einhalten. Kennzahlen<br />
können aber beispielsweise zur Verteilung<br />
der Indikationen der Betreuungsbestellung<br />
gebildet werden, um vielleicht die Zahl<br />
von Betreuten mit Borderline-Störungen in<br />
einem akzeptablen Rahmen zu halten.<br />
Zum empirisch orientierten Management<br />
gehört freilich auch, dass das meist<br />
einfache Rechnungswesen der Betreuungskanzleien<br />
zu einem kaufmännischen Rechnungswesen<br />
entwickelt wird. Nur so können<br />
zeitnah Informationen über wesentliche<br />
betriebswirtschaftliche Fragen gegeben<br />
werden, wie Liquidität, Forderungsstand<br />
und Forderungsumschlag. 33<br />
Das wirtschaftliche Überleben der Berufsbetreuer<br />
in Zeiten kaum kostendeckender<br />
Vergütungen hängt zunehmend<br />
von der Kontrolle betriebswirtschaftlicher<br />
Kennzahlen ab. Betriebswirtschaftliche<br />
Transparenz und Steuerungsfähigkeit und<br />
damit die Sicherung jener Ressourcen,<br />
auf deren Einsatzfähigkeit die Betreuten<br />
vertrauen sollen, ist Teil des Qualitätsmanagements<br />
der Betreuungskanzlei!<br />
Den Berufsverbänden ist dringend anzuraten,<br />
Forschung zur Kosten- und Leistungsrechnung<br />
sowie zum Controlling der<br />
Betreuungskanzleien zu unterstützen. Als
Fachteil<br />
betreuungsökonomischer Zweig einer zu<br />
gründenden Wissenschaft des Betreuungsmanagemens<br />
hängt davon vielleicht bald<br />
das Überleben der ganzen Branche ab.<br />
Die bisherigen Erkenntnisse zum Betreuungswesen<br />
lassen genügend Komplexität<br />
annehmen, um einen eigenständigen Studiengang<br />
’Betreuungsmanagement’ zu<br />
legitimieren.<br />
2.8 Entwicklung und<br />
Bewertung von Kooperationen<br />
Berufsbetreuer sind manchmal von Richtern<br />
und Rechtspflegern abhängig, um Betreuungsbestellungen<br />
oder Genehmigungen<br />
zu erhalten. Umgekehrt sind Richter und<br />
Rechtspfleger auch von Berufsbetreuern<br />
abhängig, wenn Maßnahmen und Entscheidungen<br />
auf betreuerische Informationen<br />
angewiesen sind. Betreute sind wiederum<br />
von Berufsbetreuern abhängig und umgekehrt<br />
braucht der Betreuer genauso die<br />
Unterstützung des Betreuten. 34<br />
Die Berufsbetreuung ist gekennzeichnet<br />
von pendelnden Kunden-Lieferanten-<br />
Ketten, bei denen die Prozesse des Einen<br />
ohne Eingaben und Zuarbeit des Anderen<br />
nicht fehlerfrei funktionieren können.<br />
Einmal ist der Berufsbetreuer Kunde des<br />
Vormundschaftsgerichtes und umgekehrt<br />
wieder dessen Lieferant.<br />
Viele Probleme in Betreuungen resultieren<br />
aus sich fortsetzenden Defiziten,<br />
die irgendwann in diesen Wirkungsketten<br />
entstehen. Diese Prozessprobleme werden<br />
entweder nicht beachtet oder absichtlich<br />
belassen und können sich, als Fehler beim<br />
Betreuten ankommend, dramatisch potenziert<br />
haben. So kann sich beispielsweise<br />
eine gutachterliche Fehleinschätzung<br />
immer stärker manifestieren und in Anschlussprozessen<br />
bis zur Ausgestaltung der<br />
Aufgabenkreise durch den Berufsbetreuer<br />
fortsetzen.<br />
Problematisch ist dabei, dass diese<br />
Prozessketten und die jeweilige Relevanz<br />
der Beteiligten wegen unseliger Traditionen<br />
im Vormundschaftswesen und pseudoprofessioneller<br />
Borniertheiten nicht<br />
beachtet werden. Kurzum: Es geht in Anbetracht<br />
der tatsächlichen Beziehungen und<br />
Kommunikationen im Betreuungswesen<br />
häufig eben nicht um Qualitätsleistungen<br />
für die Betreuten.<br />
Hinzu kommt eine bislang ungeklärte<br />
Beziehung zwischen Berufsbetreuern und<br />
den Vormundschaftsgerichten mit einer<br />
ambivalenten Mischung aus Kooperation<br />
und Kontrolle. Hier wirkt wohl die Geschichte<br />
der Berufsbetreuung mit ihren<br />
Wurzeln in der Vormundschaft der Reichspolizeyordnungen<br />
und im Preußischen<br />
Landrecht zwischen dem 16. und 18.<br />
Jahrhundert nach. 35 Die Idee der Kontrolle<br />
des Vormundes aufgrund von zeitweise<br />
mehr als eintausend Paragraphen vor<br />
über zweihundert Jahren mag noch in<br />
der Berufsethik mancher Rechtspfleger<br />
kursieren und sich durch nicht bekannte<br />
Formen der Berufssozialisation selbst unter<br />
neuen Berufsbetreuern weiter tradieren.<br />
Konstruktive Strukturen des Betreuungswesens<br />
zum Vorteil der Betreuten ergeben<br />
sich nur aus einem kooperativen Klima<br />
vor allem zwischen den Berufsbetreuern<br />
und den Vormundschaftsgerichten. Werden<br />
die als Kontrollinstrumente falschverstandenen<br />
Elemente des Betreuungsrechts<br />
als redundante Sicherheitselemente im<br />
ansonsten äußerst autonomen und kaum<br />
kontrollierbaren Handlungsfeld der Berufsbetreuer<br />
interpretiert, können sich Freiräume<br />
für Kooperationen ergeben. Dann<br />
lässt sich auch die scheinbare Kontrolle der<br />
Vormundschaftsgerichte zu einem Beitrag<br />
zur Verbesserung der Betreuungsleistungen<br />
uminterpretieren.<br />
Auch im Betreuungswesen sind es zunächst<br />
Menschen, die zusammenwirken<br />
und auf unterschiedliche Weise sachlich<br />
und symbolisch kommunizieren. Menschen<br />
mit ihren Fähigkeiten in die Betreuungsarbeit<br />
zu integrieren, ist eine der wesentlichen<br />
Grundlagen für erfolgreiche<br />
Betreuungsarbeit. Voraussetzung hierfür<br />
ist freilich eine situationsgerechte und<br />
adressatenorientierte Kommunikationskompetenz.<br />
Dazu gehört auch, dass ein<br />
Angestellter, oder wer auch immer Teil<br />
der Organisation des Betreuungsbüros<br />
wird, sich mit den Qualitätszielen des<br />
Berufsbetreuers identifizieren und dafür<br />
einsetzen kann. 36<br />
Vor diesem Hintergrund sollten Berufsbetreuer<br />
Möglichkeiten suchen und nutzen,<br />
um vor allem mit Gerichten Kooperationen<br />
zur Verbesserung der Betreuungsleistungen<br />
einzugehen. Idealerweise beteiligen sich<br />
Berufsbetreuer, Richter und Rechtspfleger<br />
an sogenannten Qualitätszirkeln. 37 Ein<br />
Qualitätszirkel ist ein Forum, in dem<br />
interdisziplinär und gemeinsam Verbesserungspotentiale<br />
der Prozesse gesucht und<br />
Maßnahmen zur erfolgreichen Umsetzung<br />
in der Betreuungspraxis ergriffen werden.<br />
Professionelle Beziehungen in der Betreuungsarbeit<br />
müssen genau beobachtet<br />
werden, ob sie das Qualitätsmanagement<br />
eher wirkungsvoll unterstützen oder erschweren<br />
und belasten. Der Berufsbetreuer<br />
sollte immer versuchen, Partnerschaften<br />
hinsichtlich der Qualitätsverbesserung zu<br />
entwickeln. Gegebenenfalls muss er sich<br />
aber von Beziehungen trennen, wenn es<br />
nicht möglich ist, die Zulieferungen oder<br />
12<br />
Zuarbeiten den eigenen Qualitätsansprüchen<br />
anzupassen.<br />
Die Qualitätsdokumentation des Berufsbetreuers<br />
sollte also unbedingt Analysen<br />
zu jenen Beteiligten enthalten, von deren<br />
Zuarbeit oder Belieferung er abhängig ist.<br />
Das bedeutet, dass zum Beispiel die Zahl<br />
der bestellenden Vormundschaftsgerichte<br />
und zuständigen Rechtspfleger regelmäßig<br />
ermittelt und bewertet werden sollte.<br />
Häufig kann eine Reduzierung der Kooperationspartner<br />
nämlich Verbesserungen der<br />
Kommunikation und Prozesse erleichtern.<br />
Weiter ist unbedingt zu empfehlen, dass<br />
Berufsbetreuer die Vormundschaftsrichter<br />
und Rechtspfleger aber auch Mitarbeiter<br />
in Behörden namentlich auflisten und<br />
diese jeweils vor dem Hintergrund qualitätsrelevanter<br />
Erfahrungen hinsichtlich<br />
Kooperationsbereitschaft oder –probleme<br />
bewerten. Vielleicht können sich hier<br />
Optimierungspotentiale ergeben, in dem<br />
Kooperationen auf jene Mitarbeiter in<br />
Vormundschaftsgerichten oder Betreuungsbehörden<br />
reduziert werden, mit denen<br />
sich die geringsten Qualitätsprobleme<br />
ergeben.<br />
Es ist übrigens nur eine Frage der<br />
Zeit, bis alle nach der neuen DIN-ISO<br />
9000ff:2000 zertifizierten sozialtherapeutischen<br />
Einrichtungen und Kliniken<br />
gezwungen sein werden, auch die Berufsbetreuer<br />
nach deren Unterstützung des<br />
Qualitätsmanagements zu klassifizieren.<br />
Betreuer mit denen problematische Erfahrungen<br />
gemacht wurden, sind dann<br />
zu sanktionieren, entweder durch Aussortierung<br />
oder Erschwerungen in der<br />
Aufnahmepraxis der Betreuten.<br />
Dabei ist auch zu erwarten, dass diese<br />
Einrichtungen zukünftig verstärkt Berufsbetreuer<br />
deren Bereitschaft zur Konformität<br />
mit dem Qualitätsmanagement der<br />
Einrichtung abfragen und dazu ermutigen.<br />
Aus diesen Überlegungen erschließt sich<br />
leicht die tatsächliche Bedeutung des<br />
’Total’-Qualitymanagements.<br />
3 Empfehlungen an die<br />
Berufsverbände im Betreuungswesen<br />
zum Aufbau eines<br />
Qualitätsmanagements<br />
Die neue DIN-ISO 9000ff:2000 bietet<br />
durch ausreichende Konvergenzen zu Modellen<br />
des Total-Quality-Managements<br />
einen passenden Orientierungsrahmen<br />
für ein Qualitätsmanagementkonzept der<br />
beruflichen Betreuung.<br />
Zur Entwicklung einer notwendigen<br />
Prozessorientierung und Prozesskompetenz<br />
sind die wesentlichen Kernprozesse der
Fachteil<br />
Berufsbetreuung zu inventarisieren, ablauforganisatorisch<br />
abzubilden und in einen<br />
berufsethischen Rahmen zu stellen.<br />
Berufsbetreuern sind Fortbildungen<br />
anzubieten, die Prozesskompetenz und die<br />
Fähigkeit zur Selbstbewertung fördern.<br />
Die Berufsverbände schulen Multiplikatoren,<br />
die als Auditoren für Betreuungsqualitätsmanagement<br />
mit den Berufsbetreuern<br />
freiwillige Evaluationen der Qualitätsmanagementsysteme<br />
durchführen.<br />
Die Berufsverbände loben Qualitätspreise<br />
aus für hervorragende Beispiele von implementierten<br />
Qualitätsmanagementsystemen<br />
in Betreuungskanzleien, Betreuungsvereinen<br />
und –behörden.<br />
Die Berufsverbände initiieren Forschung<br />
zu qualitätsrelevanten Themen<br />
der Betreuungsarbeit. Zur Koordination<br />
von Betreuungsforschung wird eine zentrale<br />
Forschungs- und Dokumentationsstelle<br />
für Betreuungsmanagement<br />
eingerichtet.<br />
Die Berufsverbände unterstützen Pilotprojekte<br />
zur Bildung von Kooperationen<br />
zwischen Vormundschaftsgerichten, Betreuungsbehörden<br />
und Berufsbetreuern<br />
auf der Grundlage von Qualitätszirkeln.<br />
Die Berufsverbände entwickeln eine<br />
’Qualitätsoffensive’ und kommunizieren<br />
diese öffentlichkeitswirksam.<br />
Die Berufsverbände unterstützen Benchmarking-Projekte<br />
durch Sammlung von<br />
relevanten Daten und Herstellung von Kontakten<br />
zwischen potentiellen Benchmarking-Partnern.<br />
Die Berufsverbände wirken auf die Entwicklung<br />
von Software hin, die ein Qualitätsmanagement<br />
nach DIN-ISO 9000ff<br />
unterstützt.<br />
Anmerkungen und<br />
Nachweise<br />
1<br />
Vgl. Bruhn, M. (1997): Qualitätsmanagement<br />
für Dienstleistungen: Grundlagen, Konzepte,<br />
Methoden, 2.Aflg. Wiesbaden<br />
2<br />
In Abwandlung der Formulierung aus DIN EN<br />
ISO 9001 der Version 1994 S.1<br />
3<br />
Es ist nicht untypisch, dass bei der Einführung<br />
eines Qualitätsmanagements nach DIN-ISO 9000ff<br />
offensichtlich wird, dass Organisationen bereits<br />
über weitreichende aber unsystematische Qualitätsaktivitäten<br />
verfügten. Die Kreisverwaltung<br />
Soest stellt in ihrem Abschlußbericht fest, dass<br />
viele Elemente des Qualitätsmanagements bereits<br />
vorhanden waren und nun durch das Qualitätsmanagementsystem<br />
in Zusammenhang gebracht,<br />
regelmäßig geprüft und weiterentwickelt werden<br />
können, vgl. die Dokumentation des Deutschen<br />
Beamtenbundes unter www.dbb.de/positionen/<br />
qualitätsmanagement: „Qualitätsmanagement in<br />
der öffentlichen Verwaltung“:<br />
4<br />
Vgl. DIN EN ISO 8402<br />
13<br />
5<br />
Vgl. Müller-Schöll, A./Priepke, M. (1991):<br />
Sozialmanagement: Zur Förderung systematischen<br />
Entscheidens, Planens, Organisierens, Führens und<br />
Kontrollierens in Gruppen, 3.Aflg., Berlin<br />
6<br />
Z.B. Schubert, H.J. (2001 Hg.): Qualitätsmanagement<br />
im Gesundheits- und <strong>Sozialwesen</strong>,<br />
Neuwied; Knorr, F./Halfar, B. (2000): Qualitätsmanagement<br />
in der Sozialarbeit. Für Sozialarbeiter,<br />
Sozialpädagogen, Sozialverwaltungen, freie<br />
Wohlfahrtsverbände, Regensburg<br />
7<br />
„Mit der ISO 9000 allein kommt man deshalb<br />
nicht weiter“ wurde über die alte ISO aus 1994<br />
geklagt, weil der Kunde dort kein wirkliches<br />
Thema darstellte, Meister, U./Meister, H. (1998):<br />
Kundenzufriedenheit im Dienstleistungsbereich,<br />
2.Aflg. München<br />
8<br />
„Aus produktionstheoretischer Sicht sind<br />
für die Qualitätssicherung Sozialer Arbeit unterschiedliche<br />
Meß- und Bewertungsverfahren zu<br />
entwickeln, wobei die Normen der DIN ISO 9000ff.<br />
zur Erleichterung des Qualitätsmanagements<br />
genutzt werden können“, Siegler, F. (1997):<br />
Ökonomik sozialer Arbeit, Freiburg/B., S.139;<br />
zur Praktikabilität der konkreten Umsetzung in<br />
einer Sozialeinrichtung vgl. Büse, F. (1996):<br />
DIN ISO für Heime: Qualitätsmanagement für<br />
Altenhilfeeinrichtungen, Hannover<br />
9<br />
Ein bemerkenswerter ökonomischer Aspekt für<br />
die Erstellung von Betreuungsdienstleistungen in<br />
Kooperation mit Betreuten ist die aufgewendete<br />
Zeit des Berufsbetreuers. Empirische Befunde<br />
legen nahe, dass die Beurteilung der Qualität<br />
der Dienstleistungen auch von der positiven<br />
Beurteilung des Zeitaufwandes der Kunden,<br />
hier also der Betreuten abhängt und „die Angebote<br />
von Unternehmen den Zeiterwartungen<br />
ihrer Kunden entsprechen bzw. die zeitlichen<br />
Vorstellungen von Anbieter und Nachfrager<br />
aufeinander abgestimmt sein müssen, damit<br />
Kundenzufriedenheit entstehen kann.“ Schäffer,<br />
S. (2000): Das subjektive Zeitverhalten der<br />
Kunden – eine Betrachtung für den Dienstleistungsbereich,<br />
S.213, in: Woratschek, H. (2000<br />
Hg.): Neue Aspekte des Dienstleistungsmarketing.<br />
Konzepte für Forschung und Praxis, S.201-219<br />
10<br />
Den Zusammenhang zwischen Dienstleistungsqualität<br />
und Kundenbindung haben Boulding,<br />
W. et al (1993) nachgewiesen: A Dynamic Process<br />
Modell of Service Quality: From Expectations to<br />
Behavioral Intentions, in: Journal of Marketing<br />
Research Vol.30 February S.7-27<br />
11<br />
Die Wahrnehmung konkreter nutzenstiftender<br />
Ergebnisse beeinflusst die Gesamtwahrnehmung<br />
der Dienstleistung ganz besonders, vgl. Homburg,<br />
C./Kebbel, P. (8/2001): Komplexität als<br />
Determinante der Qualitätswahrnehmung von<br />
Dienstleistungen, in: zfbf S.496<br />
12<br />
Vgl. für Altenheime z.B. Büse, F. (1996):<br />
DIN ISO für Heime: Qualitätsmanagement für<br />
Altenhilfeeinrichtungen, Hannover S.63 sowie<br />
S.97<br />
13<br />
Vgl. Horak, C. (1996): Stakeholder-Management<br />
für Nonprofit-Organisationen, in: Strunk, A.<br />
(1996 Hg.): Dienstleistungscontrolling. Strategien<br />
zur Innovationssteuerung im Sozial- und Gesundheitssystem,<br />
Baden-Baden, S.87-103<br />
14<br />
Homburg/Kebbel bestätigen aufgrund ihrer<br />
aktuellen empirischen Forschung, dass Anbieter<br />
von Dienstleistungen die Qualitätswahrnehmung<br />
ihrer Kunden steigern können, in dem sie die<br />
Komplexitätswahrnehmung beeinflussen. Es kommt<br />
demnach zunächst darauf an, den Eindruck einer<br />
Vielzahl von Dienstleistungselementen zu vermitteln,<br />
vgl. Homburg, C./Kebbel, P. (8/2001):<br />
Komplexität als Determinante der Qualitätswahrnehmung<br />
von Dienstleistungen, in: zfbf<br />
S.478-499<br />
15<br />
Vgl. Luhmann N. (1994): Soziale Systeme:<br />
Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt/M.<br />
16<br />
Im sogenannten „Service Blueprinting“ wird<br />
versucht, Prozesse grafisch so abzubilden, dass<br />
deutlich wird, welche Elemente der Prozesse weitgehend<br />
unsichtbar für Außenstehende ablaufen<br />
(Backstage“), bzw. wann und wo im Prozessverlauf<br />
direkte Kundenkontakte zustande kommen („Line<br />
of Service Evidence Visibility“). Wo also für den<br />
Betreuten oder die Vormundschaftsgerichte die<br />
Dienstleistung konkret sichtbar wird. Spätestens<br />
hier sind die Schnittpunkte für ein notwendiges<br />
Marketingkonzept für Berufsbetreuer gegeben, an<br />
deren Ende unter anderem ein „Dienstleistungsatlas“<br />
berufsbetreuerischer Leistungen stehen<br />
könnte, vgl. Kleinaltenkamp, M. (2000): Blueprinting<br />
– Grundlage des Managements von Dienstleistungsunternehmen,<br />
in: Woratschek, H. (2000<br />
Hg.): Neue Aspekte des Dienstleistungsmarketing.<br />
Konzepte für Forschung und Praxis, S.3-28; dazu<br />
auch die Übersicht der Blueprinting-Konzepte bei<br />
Stauss, B./Seidel, W. (1995): Prozessuale Zufriedenheitsermittlung<br />
und Zufriedenheitsdynamik<br />
bei Dienstleistungen, in: Simon, H./Homburg,<br />
C. (1995 Hg.): Kundenzufriedenheit. Konzepte-<br />
Methoden-Erfahrungen, Wiesbaden, S.179-203<br />
17<br />
Komplexe Dienstleistungen stellen bei deren<br />
Bewertung durch Betreute hohe Anforderungen an<br />
die Informationsverarbeitung, bei abnehmender<br />
Bereitschaft sich eigentlich damit beschäftigen<br />
zu wollen. Deshalb tendieren Kunden generell<br />
dazu, die Anzahl beurteilungsrelevanter Faktoren<br />
überschaubar zu reduzieren, vgl. Bleicker, U.<br />
(1983): Produktbeurteilung der Konsumenten:<br />
Eine psychologische Theorie der Informationsverarbeitung,<br />
Heidelberg<br />
18<br />
So berichtet die Stadt Offenbach über Erfahrungen<br />
mit der DIN-ISO Norm, nach denen<br />
nicht eine weitere Verbürokratisierung durch<br />
Qualitätsdokumentationen sondern „das praktische<br />
Handlungswissen des Amtes“ in Form<br />
„schlanker, sehr instruktiver Organisationshandbücher“<br />
das Ergebnis der Normanwendung sei, vgl.<br />
www.dbb.de/positionen/qualitätsmanagement:<br />
„Qualitätsmanagement in der öffentlichen Verwaltung“.<br />
19<br />
Eine wunderbar kurzweilige, attraktive und<br />
doch informative Qualitätsdokumentation ist<br />
derzeit in den Filialen von McDonalds zu erhalten.<br />
Dieser Prospekt macht Spaß zu lesen und enthält<br />
trotzdem wie in einem Lehrbuch zum Qualitätsmanagement<br />
alles, was Kunden über das Qualitätsmanagement<br />
wissen sollten. Bemerkenswert<br />
der Slogan „Qualität schafft Vertrauen“ auf S.18:<br />
McDonald´s Deutschland: „McDonalds&Qualität“<br />
20<br />
Mittlerweile kann über das Internet nahezu<br />
gratis auf sämtliche betreuungsrelevanten Gesetzestexte,<br />
Verordnungen und Gerichtsentscheidungen<br />
zugegriffen werden. Hervorzuheben ist<br />
das beispiellose Engagement Deinerts und der<br />
Ruhruniversität mit dem Online-Lexikon zum<br />
Betreuungsrecht. Die Etablierung, Pflege und<br />
Weiterentwicklung eines einheitlichen Berufswissens<br />
ist eine der Grundbedingungen erfolgreicher<br />
Professionalisierung in den Freien Berufen!<br />
21<br />
Vgl. Knorr, F./Halfar, B. (2000): Qualitätsmanagement<br />
in der Sozialarbeit. Für Sozialarbeiter,<br />
Sozialpädagogen, Sozialverwaltungen, freie Wohlfahrtsverbände,<br />
Regensburg, S.129-140<br />
22<br />
Hierzu sind die über das Internet beziehbaren<br />
Positionen des Deutschen Beamtenbundes<br />
lesenswert, der übrigens explizit ein<br />
Qualitätsmanagement nach DIN-ISO 9000ff für
Fachteil<br />
die öffentliche Verwaltung favorisiert, vgl.<br />
www.dbb.de/positionen/qualitätsmanagement:<br />
„Qualitätsmanagement in der öffentlichen Verwaltung“<br />
23<br />
Vgl. Güthoff, J. (1995): Qualität komplexer<br />
Dienstleistungen. Konzeption und empirische<br />
Analyse der Wahrnehmungsdimensionen, Wiesbaden<br />
24<br />
Vgl. z.B. <strong>Verbandszeitung</strong> des # e.V. Heft 4,<br />
März 1998 mit Leitfäden zur Heimunterbringung<br />
und zur Wohnungsauflösung oder Heft <strong>Nr</strong>.17 zum<br />
Vermögensverzeichnis<br />
25<br />
Interessanterweise entsprechen die untersuchten<br />
Aussagen von Berufsbetreuern (Adler, R. 1998)<br />
zu ihren Vorstellungen von guter Betreuungsarbeit<br />
weitgehend den empirisch ermittelten SERVQUAL-<br />
Kriterien zur Bewertung von Dienstleistungen durch<br />
Kunden: Ausstattung, Verlässlichkeit, Einsatzbereitschaft,<br />
Kompetenz und Einfühlungsvermögen,<br />
vgl. Parasuraman, A./Berry, L. (1988): SERVQUAL:<br />
A Multiple-Item Scale for Measuring Consumer<br />
Persceptions of Service Quality, Journal of Retailing<br />
64, S.12-40<br />
26<br />
Die Ergebnisse der Befragungen von Berufsbetreuern<br />
Mitte der 90er Jahre zeigen deutlich<br />
das Vorhandensein einer recht homogenen Berufsethik,<br />
die eine ausgeprägte, zuweilen sogar<br />
kämpferische, Betreutenorientierung aufweist, vgl.<br />
Adler, R.(1998): Berufsbetreuer als Freier Beruf,<br />
Institut für Freie Berufe, Nürnberg<br />
27<br />
Praxisbeispiele für den Auditbericht einer gemeinnützigen<br />
Familieneinrichtung sind im Internet zu<br />
finden unter: www.dialog-badessen.de/qualitnav.htm<br />
28<br />
Vgl. §93 BSHG „Die Träger der Sozialhilfe vereinbaren<br />
mit dem Träger der Einrichtung Grundsätze<br />
und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und die<br />
Qualitätssicherung der Leistungen sowie für das<br />
Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsund<br />
Qualitätsprüfungen.“, auch §78 KJHG enthält<br />
„Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte<br />
und Qualitätsentwicklung“<br />
29<br />
Vgl. Ergebnisse der 88. Arbeitstagung der Bundesgemeinschaft<br />
der Landesjugendämter in Halle vom<br />
3.5.-5.5.2000: „Qualität in Kindertageseinrichtungen“<br />
30<br />
Vgl. die spannenden und positiven Erfahrungen<br />
der Caritas mit Qualitätssystem-Audits,<br />
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />
und Jugend (1998): Qualitätsmanagement in der<br />
Caritas-Jugendhilfe GmbH Köln. Materialien zur<br />
Qualitätssicherung, Heft 18, Bonn<br />
31<br />
Vgl. Stauss, B./Seidel, W. (1998): Beschwerdemanagement.<br />
Fehler vermeiden – Leistung verbessern<br />
– Kunden binden, 2.Aflg. München<br />
32<br />
Vgl. Mertins, K. et al (1995 Hg.): Benchmarking:<br />
Praxis in deutschen Unternehmen, Berlin<br />
33<br />
Erste Anfänge hierzu machte bereits der #<br />
e.V. in Heft 16, August 1999 mit Kalkulationen zum<br />
Gemeinkostenstundensatz für Berufbetreuer<br />
34<br />
Geringe ’Beziehungskosten’ bilden die wirtschaftlichen<br />
Vorteile einer guten Dienstleistung<br />
im Rahmen der Beziehungen zwischen dem<br />
Betreuer und den Kommunikationspartnern, vgl.<br />
Wahren, H.-K./Bälder, K.-H.(1994): Kundenorientierte<br />
Dienstleistungsqualität. Ein Analyse<br />
und Handlungsleitfaden, Eschborn, S.17.<br />
35<br />
Vgl. Riedl, G.(1988): Die Vormundschaft<br />
zwischen Privatrecht und öffentlicher Fürsorge<br />
unter besonderer Berücksichtigung der Berufsvormundschaften,<br />
Diss. München, S.82<br />
36<br />
Dann können sogar Mitarbeiter in Vereinen,<br />
Behörden und Gerichten als interne Unternehmerpersönlichkeiten<br />
jene Verantwortung<br />
übernehmen, die in produktive Selbstorganisation<br />
mündet., vgl. Ludwig, W. (1995):<br />
Mehr Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit<br />
durch internes Unternehmertum, in: Simon,<br />
H./Homburg, C. (1995 Hg.): Kundenzufriedenheit.<br />
Konzepte-Methoden-Erfahrungen,<br />
Wiesbaden, S.121-135<br />
37<br />
Vgl. Knorr, F./Halfar, B. (2000): Qualitätsmanagement<br />
in der Sozialarbeit. Für<br />
Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Sozialverwaltungen,<br />
freie Wohlfahrtsverbände, Regensburg;<br />
hierzu auch Puch H.J./Westermeyer K., (1999),<br />
Managementkonzepte. Eine Einführung für<br />
soziale Berufe, Freiburg<br />
Adler<br />
!Bitte vormerken<br />
Die #-Jahrestagung 2002 findet vom 07. - 09. März 2002<br />
im Gustav-Stresemann-Insitut<br />
in Bonn statt.<br />
Schwerpunktmäßig wird sich die<br />
Tagung mit dem Thema<br />
„Qualität in der Betreuungsarbeit“<br />
befassen; ein detailliertes Programm werden wir in Kürze<br />
veröffentlichen.<br />
14