"keep in touch", Jubiläumsausgabe - Sonja Rose. Text & Lektorat.
"keep in touch", Jubiläumsausgabe - Sonja Rose. Text & Lektorat.
"keep in touch", Jubiläumsausgabe - Sonja Rose. Text & Lektorat.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
····················<br />
„Ich wollte beides se<strong>in</strong>:<br />
Wissenschaftler<strong>in</strong> und Mutter”<br />
ALUMNI PERSÖNLICH<br />
Platz für e<strong>in</strong>en Laptop f<strong>in</strong>det sich immer:<br />
Wenn ihr dreijähriger Sohn schläft,<br />
vertieft sich Dr. Kerst<strong>in</strong> Konrad <strong>in</strong><br />
wissenschaftliche Studien.<br />
Foto: Sab<strong>in</strong>e Busse<br />
Spagat zwischen Kl<strong>in</strong>ik<br />
und K<strong>in</strong>derzimmer<br />
Dr. Kerst<strong>in</strong> Konrad ist e<strong>in</strong>e Ausnahmeersche<strong>in</strong>ung. Sie ist<br />
gleichzeitig erfolgreiche Wissenschaftler<strong>in</strong> und Mutter<br />
e<strong>in</strong>es drei Jahre alten Sohnes. Während Mats erledigt<br />
von se<strong>in</strong>en ersten Tagen <strong>in</strong> der neuen K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />
auf dem Sofa e<strong>in</strong>genickt ist, erzählt Kerst<strong>in</strong> Konrad, Privatdozent<strong>in</strong><br />
am Lehrstuhl und Institut für Psychologie,<br />
von ihrem Alltag zwischen Kl<strong>in</strong>ik und K<strong>in</strong>derzimmer. Beide<br />
Themen s<strong>in</strong>d für sie Herzensangelegenheiten: das<br />
Engagement im Beruf und das Leben mit ihrem Jungen.<br />
Kerst<strong>in</strong> Konrad hat <strong>in</strong> Köln und Marburg Psychologie<br />
studiert. Während der Promotion absolvierte sie e<strong>in</strong>e zusätzliche<br />
Psychotherapie-Ausbildung. Unterstützt von<br />
e<strong>in</strong>em Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes<br />
(DAAD) bekam sie die Möglichkeit, zu<br />
ihrem Thema „Neuropsychologische Methoden bei K<strong>in</strong>dern”<br />
auch <strong>in</strong> Toronto, Kanada, zu arbeiten. Nach der<br />
Promotion wechselte die junge Wissenschaftler<strong>in</strong> nach<br />
Aachen und arbeitete e<strong>in</strong> Jahr <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik für K<strong>in</strong>derund<br />
Jugendpsychiatrie. Und vermisste die Forschung.<br />
Ermutigt von ihrer Vorgesetzten, Professor Beate Herpertz-Dahlmann,<br />
bewarb sich Konrad um e<strong>in</strong> „Rotations-Stipendium”<br />
der RWTH Aachen, das Nachwuchswissenschaftlern<br />
ermöglicht, im Ausland spezielle Methodenkenntnisse<br />
zu vertiefen. Dazu reiste Kerst<strong>in</strong> Konrad<br />
nach Amerika und lernte, wie Spezialisten <strong>in</strong> New<br />
York funktionelle Bildgebung e<strong>in</strong>setzen, um die Ursachen<br />
von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung)<br />
und Autismus bei K<strong>in</strong>dern zu ergründen.<br />
Bei diesem Verfahren werden von gesunden Jungen und<br />
Mädchen sowie kle<strong>in</strong>en Patienten im Magnetresonanztomographen<br />
Bilder des Gehirns angefertigt, während<br />
die Probanden bestimmte Aufgaben lösen. Die Aufnahmen<br />
geben dann Aufschluss darüber, welche Regionen<br />
im Gehirn aktiv waren und wo Unterschiede erkennbar<br />
s<strong>in</strong>d. Diese grundlegenden Erkenntnisse helfen, die Entstehung<br />
der Symptome und die Funktionsmuster der<br />
Krankheiten besser zu verstehen und damit neue Behandlungsmethoden<br />
und Forschungsansätze zu entwikkeln.<br />
Mittlerweile f<strong>in</strong>den diese Untersuchungen auch <strong>in</strong><br />
Deutschland statt.<br />
Dr. Konrad half, e<strong>in</strong> neuropsychologisches Labor für<br />
K<strong>in</strong>der an der RWTH Aachen aufzubauen, <strong>in</strong> dem sie<br />
später auch für ihre Habilitation forschte. Dabei hielten<br />
sie mehr die Themen und die Projektarbeit <strong>in</strong> der kl<strong>in</strong>ischen<br />
Gruppe bei der Stange, als ihr persönlicher Ehrgeiz.<br />
Schließlich gibt es auch Risiken beim Erklimmen<br />
der wissenschaftlichen Karriereleiter. „Vor der Schwangerschaft<br />
habe ich noch überlegt, ob ich diesen Weg<br />
weiter gehen soll, weil man auch immer wieder Frustrationen<br />
aushalten muss. Aber als Mats unterwegs war,<br />
wurde mir bewusst, dass ich me<strong>in</strong>e Arbeit nicht aufgeben<br />
will. Ich möchte eben beides se<strong>in</strong>, Wissenschaftler<strong>in</strong><br />
und Mutter”, sagt Kerst<strong>in</strong> Konrad.<br />
Diesen Mut br<strong>in</strong>gen nicht viele Frauen <strong>in</strong> vergleichbarer<br />
Situation auf. Über 40 Prozent der Akademiker<strong>in</strong>nen<br />
haben <strong>in</strong> Deutschland ke<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der. In der Riege der<br />
Professor<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d Mütter noch seltener. Konrad: „Ich<br />
habe immer das Glück gehabt, auf weibliche Mentor<strong>in</strong>nen<br />
zu treffen. Dabei hatten die Mentor<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Kanada<br />
und <strong>in</strong> den USA K<strong>in</strong>der, die deutschen nicht.” Was nicht<br />
bedeuten soll, dass es hier an Unterstützung mangelte.<br />
Professor Herpertz-Dahlmann bot der jungen Mutter<br />
auf dem Weg zur Habilitation an, ihre Arbeitszeiten den<br />
Bedürfnissen des K<strong>in</strong>des anzupassen. Also anfangs Stillpausen<br />
e<strong>in</strong>zulegen oder nachmittags Zeit mit Mats zu<br />
verbr<strong>in</strong>gen und dafür abends und am Wochenende zu<br />
arbeiten. Der Vater ist aus beruflichen Gründen fast die<br />
ganze Woche <strong>in</strong> Essen. Aber auch das wirft die sympathische<br />
Frau nicht aus der Bahn.<br />
Die K<strong>in</strong>derbetreuung ist gut organisiert: Mats besucht<br />
e<strong>in</strong>e private Tagesstätte, die zwar mehr kostet,<br />
aber flexiblere Zeiten anbietet als öffentliche E<strong>in</strong>richtungen.<br />
Abends helfen schon e<strong>in</strong>mal Babysitter aus und bis<br />
vor kurzem kam regelmäßig e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>derfrau. E<strong>in</strong>e Putzhilfe<br />
sorgt für Sauberkeit und der Schwiegervater ist e<strong>in</strong><br />
Ass im Bügeln. Am Wochenende ist Vater-Sohn-Zeit.<br />
Dann arbeitet Kerst<strong>in</strong> Konrad <strong>in</strong> Jülich, wo im Forschungszentrum<br />
e<strong>in</strong>e Untersuchungsreihe mit dem<br />
Magnetresonanztomographen läuft.<br />
„Es ist nicht immer so locker, wie es vielleicht aussieht.<br />
Man muss schon große Abstriche machen”, fasst<br />
die Wissenschaftler<strong>in</strong> ihren Spagat zwischen Karriere,<br />
K<strong>in</strong>d und Haushalt zusammen. Bis zu 1.000 Euro Betreuungskosten<br />
im Monat und so gut wie ke<strong>in</strong>e Freizeit<br />
machen ihr dabei weniger zu schaffen, als die noch etwas<br />
ungewissen Zukunftsaussichten. Mit ihren 34 Jahren<br />
hat sie zwar noch e<strong>in</strong> paar Jahre Zeit für e<strong>in</strong>en Ruf,<br />
aber es wäre ihr lieb, wenn die Ortsfrage geklärt wäre,<br />
bis Mats <strong>in</strong> die Schule kommt. Im Moment sieht es ganz<br />
so aus, als würde sie den Professorentitel aber schon<br />
früher tragen, denn kompetente und engagierte Frauen<br />
stehen bei Universitäten hoch im Kurs.<br />
Sab<strong>in</strong>e Busse<br />
··················<br />
14<br />
<strong>keep</strong> <strong>in</strong> touch