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Interview für die FAIRCONOMY-Zeitschrift - Inwo

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Schuldenbremse & Wachstum?!<br />

Weg vom Gas wäre besser!<br />

Mit dem Ziel einer Abbremsung der Staatsverschuldung und gleichzeitigem Wirtschaftswachstum<br />

hat sich <strong>die</strong> Politik wieder einmal von den Realitäten entfernt! Denn schon jeder Autofahrer weiß,<br />

dass man nicht gleichzeitig bremsen kann, wenn man Gas geben will oder muss. Und mit dem<br />

Bremsen kann man nur Erfolg haben, wenn man den Fuß vom Gaspedal nimmt.<br />

D<br />

as gilt auch <strong>für</strong> jene Schuldenbremse,<br />

<strong>die</strong> in Deutschland bereits<br />

verbindlich ist und <strong>die</strong> man<br />

auch anderen Euro-Ländern<br />

noch verpassen möchte. Doch<br />

auch in <strong>die</strong>sem Falle gilt, dass man zuerst<br />

»das Gas wegnehmen« muss, wenn <strong>die</strong><br />

Bremsung wirken soll. Das heißt konkret: Man<br />

müsste vorweg jene Mechanismen reduzieren<br />

bzw. überwinden, <strong>die</strong> in unseren heutigen<br />

Volkswirtschaften nicht nur <strong>die</strong> Aufnahme<br />

immer höherer Schulden ermöglichen,<br />

sondern sie geradezu erzwingen:<br />

Die Geldvermögen und ihr<br />

Überwachstum!<br />

Dass man Schulden nur bei jemandem machen<br />

kann, der Geld übrig hat und zum Verleih<br />

bereit ist, kann als bekannt vorausgesetzt<br />

werden. Weniger bekannt ist dagegen,<br />

dass <strong>die</strong>ses leihweise Aufnehmen überschüssiger<br />

Geldmittel nicht nur möglich, sondern<br />

in jeder Volkswirtschaft zwingend notwendig<br />

ist! Denn ohne deren Rückführung<br />

über Kredite würde <strong>die</strong> in den Ersparnissen<br />

angesammelte Kaufkraft in der Wirtschaft<br />

»Nach den Gesetzmäßig -<br />

keiten unseres heutigen<br />

Geldsystems sind alle<br />

Staaten zu Schuldenaus -<br />

weitungen gezwungen.<br />

Und sie können <strong>die</strong>se<br />

Schuldenaufnahmen nur<br />

dann abbremsen oder<br />

gar abbauen, wenn<br />

Unternehmen oder<br />

Privathaushalte ihre<br />

Kreditaufnahmen<br />

ausweiten.«<br />

fehlen! Als Folge käme es nicht nur zu Unterbrechungen<br />

des Geldumlaufs, sondern in<br />

gleicher Höhe auch zu Nachfrageausfällen.<br />

Und das könnte letztlich sogar jene Leistung<br />

betreffen, <strong>die</strong> der Sparer selbst in den Markt<br />

eingebracht, aber nicht durch eigene Nachfrage<br />

ausgeglichen hat.<br />

Normalerweise werden solche Ersparnisbildungen<br />

also durch <strong>die</strong> Kreditaufnahmen<br />

anderer Wirtschaftsteilnehmer wieder zu<br />

nachfragewirksamer Kaufkraft, vor allem über<br />

Investitionen der Unternehmen. Gehen jedoch<br />

<strong>die</strong> Ersparnisbildungen über deren Bedarf<br />

hinaus, dann versucht man, nicht zuletzt<br />

durch exzessive Ausweitungen der Werbung,<br />

<strong>die</strong> Privathaushalte zum Kauf auf Pump<br />

anzuregen, wie das seit den 1960er Jahren<br />

– mit Hilfe der aus den USA importierten ersten<br />

»Kundenkreditbank« – zunehmend üblich<br />

wurde. Da aber auch <strong>die</strong>ser Ausweg seine<br />

Grenzen hatte und <strong>die</strong> Geldvermögen immer<br />

weiter und rascher zunahmen, blieben<br />

schließlich nur noch <strong>die</strong> Staaten zur<br />

Gas und Bremsen gleichzeitig? – Vorsicht Schleudergefahr!<br />

Schließung der Kreislauf-Lücken übrig. Denn<br />

<strong>die</strong> Politik ist an einer funktionierenden und<br />

möglichst ständig wachsenden Wirtschaft<br />

nicht nur im Hinblick auf <strong>die</strong> Steuereinnahmen<br />

interessiert, sondern ebenfalls mit Blick<br />

auf <strong>die</strong> nächsten Wahlen, und das lässt sie<br />

gerne großzügig Schulden machen.<br />

Diese Zusammenhänge zwischen Ersparnisbildungen<br />

und Staatsverschuldungen hat<br />

der Wirtschaftswissenschaftler Rüdiger Pohl,<br />

viele Jahre Mitglied des Sachverständigenrates,<br />

bereits am 11. Dezember 1987 in der Wochenzeitung<br />

Die Zeit beschrieben:<br />

»Wohlgemerkt: Staatliche Kreditaufnahme<br />

ist kein Selbstzweck. Aber wenn – wie heute<br />

in der Bundesrepublik – das Kapitalangebot<br />

aus privaten Ersparnissen steigt, gleichzeitig<br />

<strong>die</strong> Kapitalnachfrage … der Unternehmen wegen<br />

der schwachen Investitionsneigung gering<br />

bleibt, dann muss der Staat das am Markt<br />

entstehende Kapitalüberangebot aufnehmen,<br />

weil anderenfalls eine deflationäre Wirtschaftsentwicklung<br />

einsetzen würde.«<br />

6 Juni 2/2012 · INWO

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