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NZg_04-2011 - Neue Zeitung

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6 V O R T R A G / A U S S T E L L U N G<br />

NZ 4/<strong>2011</strong><br />

Der Dialekt ist das schönste Deutsch<br />

In der Reihe „Junge Wissenschaft“ konnten die Besucher des<br />

Budapester Hauses der Ungarndeutschen am 18. Jänner einen<br />

sprachwissenschaftlichen Vortrag zum Thema „Dialekt,<br />

Sprachkontakt und Sprachwandel bei den Ungarndeutschen<br />

von West-Ungarn“ von ELTE-Doktorandin Bernadett Unger<br />

hören. Der Vortrag war populärwissenschaftlich zugeschnitten,<br />

damit Laien – und so auch die Mehrheit des Publikums –<br />

keinen Schreck vor der linguistischen Fachsimpelei bekommen.<br />

Interessante Fragestellungen bekam das Publikum zu Gehör,<br />

besonders nachvollziehbar waren die untersuchten<br />

Sprachkontakterscheinungen – die im Grenzgebiet besonders<br />

vermutbar sind: also das Verhältnis der Sprachnutzung der<br />

Dialekte und Hochsprachen (Ungarisch, Österreichisch-<br />

Deutsch, Kroatisch und Slowenisch) und die Lehnwörter des<br />

westdeutschen Dialekts.<br />

Bernadett Unger (geb. 1977 in<br />

Sankt Gotthard) kommt aus dieser<br />

untersuchten Region, aus dem<br />

Raab-Lafnitztal, aufgewachsen ist<br />

sie in einer ungarndeutschen Familie.<br />

In Raabfidisch besuchte sie die<br />

Unterstufe der Grundschule, die<br />

Oberstufe absolvierte sie in Sankt<br />

Gotthard, danach war sie Schülerin<br />

am Gymnasium in Steinamanger,<br />

wo sie eine deutsche Nationalitätenklasse<br />

besuchte. In Wesprim studierte<br />

Bernadett Unger anschließend<br />

Germanistik. Nach dem Studium<br />

blieb sie zwei Jahre mit ihrer<br />

Tochter zu Hause. Im Hianzenverein<br />

(Dialektinstitut in Oberschützen,<br />

wo sie auch im Vorstand mitmacht)<br />

traf sie Dr. Koloman Brenner,<br />

der Sprachwissenschaftler<br />

überredete sie zum phd-Studium an<br />

der Loránd-Eötvös-Universität in<br />

Budapest. „Eigentlich wollte ich<br />

nie nach Budapest kommen“,<br />

lächelt die junge Akademikerin. Sie<br />

ist nun Mitarbeiterin am Forschungs-<br />

und Lehrerbildungszentrum<br />

der Ungarndeutschen an der<br />

ELTE in Budapest im Projekt<br />

„Ungarndeutscher Sprachatlas“, so<br />

ist sie mindestens zwei Tage in der<br />

Woche in der Hauptstadt.<br />

„Bei der Volkszählung werde ich<br />

eintragen lassen, daß ich Ungarndeutsche<br />

bin. Bei einer ungarndeutschen<br />

Veranstaltung bin ich eine<br />

richtige Ungarndeutsche, bei ungarischen<br />

Veranstaltungen bin ich<br />

Schriftstellerinnen<br />

mit ungarischen Wurzeln<br />

Ausstellung in der Ervin-Szabó-Bibliothek<br />

Gegenwärtig befinden sich über 900<br />

Bände von etwa 290 Schriftstellerinnen<br />

und Schriftstellern in der<br />

Ehinger-Bibliothek. Bibliotheksleiterin<br />

Gudrun Brzoska (Buchhändlerin<br />

und Bibliothekarin) betreute 38<br />

Jahre lang die Bibliothek des Kollegiums<br />

St. Josef in Ehingen. Sie<br />

wurde durch ihre Lektüren für die<br />

ungarische Literatur sensibilisiert<br />

und begann eine Bibliothek ungarischer<br />

Literatur in deutscher Sprache<br />

aufzubauen. Besonders beeindrukkend<br />

sind die bibliographischen<br />

Bände, die eine enorme Hilfestellung<br />

für interessierte Leser bedeuten.<br />

Natürlich ist für ungarische<br />

Literaturliebhaber der Bestand der<br />

Werke in deutscher Sprache von<br />

Interesse, und Übersetzungen<br />

bedeuten auch, daß Werke jenseits<br />

des ungarischen Sprachraumes<br />

ankommen.<br />

Zum Kulturhauptstadtjahr wurde<br />

im Herbst 2010 eine Ausstellung im<br />

neuen Wissenszentrum in Fünfkirchen<br />

organisiert, die Exponate –<br />

jeweils Porträtfoto, Lebenslauf,<br />

Buchveröffentlichung(en) der präsentierten<br />

Autorinnen – wurden dem<br />

Publikum vom 22. November 2010<br />

bis 22. Jänner <strong>2011</strong> auch im Wenck -<br />

heim-Palast, also im Zentralgebäude<br />

der Hauptstädtischen Bibliothek<br />

Ervin Szabó, gezeigt. Im goldenen<br />

und silbernen Prunksaal des stattlichen<br />

Palastes war die Ausstellung<br />

der Ehinger-Bibliothek „Schriftstellerinnen<br />

mit ungarischen Wurzeln“<br />

zu sehen, das thematische Konzept<br />

folgte einem diachronen (zeitlichen)<br />

Faden vom Zweiten Weltkrieg (wo<br />

die Handlung zu der Zeit spielt) bis<br />

zu zeitgenössischen Ausgaben.<br />

Natürlich sind dabei deutsche, ungarische<br />

und ungarndeutsche Autorinnen<br />

(nach der Herkunft) – unter letzteren<br />

Erika Áts („Gefesselt ans<br />

Pfauenrad“) und Valeria Koch<br />

(„Stiefkind der Sprache“) vertreten.<br />

Mária Embers Roman „Schleuderkurve“<br />

sowie Bücher von Terézia<br />

Mora, der Adalbert-von-Chamissound<br />

Erich-Fried-Preisträgerin des<br />

Jahres 2010, waren auch ausgestellt.<br />

(Besprechung des gleichnamigen<br />

Buches NZ 44/2010.)<br />

A. K.<br />

eine richtige Ungarin. Beides ist<br />

richtig“, sagt sie über das Gefühl<br />

der Hingezogenheit zu beiden Kulturen.<br />

Und wenn ihr die Frage<br />

gestellt wird, wie sie die Zukunft<br />

des Dialektes und der Identitätsfragen<br />

bei der jungen Generation<br />

sieht, antwortet sie optimistisch:<br />

Sie hätte von vielen Jugendlichen<br />

aus ihrer Gegend gehört, die noch<br />

den Dialekt beherrschen, was sie<br />

selbst gewundert habe. In Raabfidisch<br />

wäre der österreichische Einfluß<br />

zwar stark, aber in den kleinen<br />

Dörfern wäre der Dialekt noch<br />

erhalten. Doch das größte Lob des<br />

Dialekts ist für sie wahrscheinlich,<br />

wenn ihre Tochter sagt, der Dialekt<br />

wäre das schönste Deutsch!<br />

A. K.<br />

Tier-Mensch-Schreck<br />

Unter diesem Titel hat bis 15. Februar der Grafiker István Tevan Engel<br />

(1936 – 1996) eine Gedenkausstellung in der Galerie Jászi (Budapest V.,<br />

Irányi-Str. 12). Die ausgewählten Werke umfassen Blätter aus den Studentenjahren<br />

bis zur letzten Schaffensperiode. Er arbeitete ein Leben lang meistens<br />

für Verlagsbestellungen als sensibler Buchillustrator, deshalb haben<br />

selbst die freigewählten Themen oft literarische Wurzeln. Seine beliebtesten<br />

Techniken waren der Kupferstich sowie Zeichnungen mit Tusche und Feder,<br />

aber am Ende des Lebens machte er besonders gerne Bleistiftskizzen mit<br />

malerischen Effekten. Er hatte auch eine dichterische Ader und Sinn für<br />

Humor, deshalb konnte er so effektvoll die tierischen Reminiszenzen im<br />

Menschen oder die menschlichen Seiten im Tier entdecken.<br />

Der Titel der aktuellen Ausstellung ist dem polnischen Autor Konwicki<br />

entliehen, dessen Buch „Tier-Mensch-Schreck“ István Tevan Engel im<br />

Jahre 1972 erfolgreich illustriert hat. Dort konnte er seinen Sinn für die Groteske<br />

ebenso voll ausleben<br />

wie bei den Illustrationen<br />

für „Der<br />

eklige Teufel“ des russischen<br />

Schriftstellers<br />

Sologub. Aus der ungarischen<br />

Literatur können<br />

wir diesmal die epische<br />

Dichtung „János<br />

vitéz“ von Sándor Petőfi<br />

mit kindlich-naiven<br />

Szenen bewundern. Die<br />

Besucher können<br />

außerdem verschiedene<br />

Märchen oder lustige<br />

Tierparkszenen entdekken,<br />

wo die Rollen der<br />

Menschen oft von Tieren<br />

übernommen werden.<br />

Selbst die alten<br />

Bekannten des Künstlers<br />

kommen nicht<br />

umsonst hierher, denn<br />

es sind auch einige dem<br />

Publikum bisher noch<br />

nie gezeigte Blätter<br />

ausgestellt.<br />

István Tevan Engel:Tiergarten<br />

István Wagner

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