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Côte d'Azur - Galerie Börgmann

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MARCEL HÜPPAUFF


MARCEL HÜPPAUFF


Leibspeise 2011, Öl auf Leinwand, 140 x 160 cm


Leonce mit Leber 2011, Öl auf Leinwand, 24 x 30 cm Frühstück hat Vortritt 2011, Öl auf Leinwand, 30 x 30 cm Großzügig austeilen 2011, Öl auf Leinwand, 30 x 30 cm


Allons-y,Alonzo 2011, Öl auf Leinwand, 200 x 180 cm


no ceiling im Azur 2011, Öl auf Leinwand, 140 x 160 cm<br />

Souflaki-Bourbaki Kassiber 2011, Öl auf Leinwand, 180 x 200 cm


DIE NACHT ALS ABENTEUER<br />

Hendrik Lakeberg Bei den Surrealisten gibt es die Idee des automatischen Schreibens. Die Situationisten<br />

haben das im automatischen Zeichnen aufgenommen. Spielen solche Techniken eine Rolle für dich?<br />

Marcel Hüppauff Zum Teil. Wenn ich male, lasse ich mich vom Eigenleben der Farbe leiten und mitreißen,<br />

ohne vorher geplant zu haben, was auf der Leinwand passiert. Dann trete ich zurück und schaue wieder<br />

bewusst hin, sehe mir an, was mit dem Bild passiert ist und reagiere darauf.<br />

Wenn man sich deine Bilder anschaut, findet man kaum Bezüge auf die Wirklichkeit. Es wirkt, als wenn du<br />

dir eine Art Parallelwelt ermalst. Ganz anders als viele andere Künstler, die wie Du aus der Akademie Isotrop<br />

kamen – zum Beispiel Abel Auer, Jonathan Meese, Markus Selg, Stefan Thater oder Susanne Winterling – und<br />

viel stärker eingebunden sind in eine Art von medienkulturgeschichtlichen Gegenwartskomplex.<br />

Das war aber nicht immer so. Ich habe lange mit Vorlagen gearbeitet und Motive aus der Film- und Kunstgeschichte miteinander<br />

in Beziehung gesetzt. Doch dabei wurde immer klarer, dass es mir im Grunde einzig um die Malerei selbst ging. Seit etwa vier Jahren<br />

verzichte ich komplett auf Vorlagen. Ich gehe beim Malen nun unmittelbar auf die Farbe und die Entwicklung der Formen auf der Leinwand<br />

ein.<br />

Deine Bilder haben etwas Widerspenstiges. Sie stehen im Gegensatz zu vieler zeitgenössischen Malerei,<br />

die entweder sehr sauber und figurativ oder grafisch ist. Wäre rotzig ein Begriff, mit dem du dich identifizieren<br />

könntest?<br />

Ein wenig. Ich bevorzuge da eher einen Begriff wie ‚Lockerheit‘. Kunst hat immer ein Problem – das Contemporary-Ding –, wenn<br />

sie sich einer bestimmten Zeit versklavt. Gute Kunst ist aber gerade immer die, die aus jeder Zeit fällt. Bei guter Kunst kann man die<br />

Referenzen, aus denen sie entstanden ist, nicht direkt anpacken und zuordnen. Ein gutes Bild ist ein gutes Bild, egal, wann es entstanden<br />

ist.<br />

In den letzten Jahren tauchen in deinen Bildern immer wieder kindlich gemalte Sonnen oder Vögel auf. Die<br />

Idee, bei vollem Bewusstsein unbewusst wie ein Kind zu malen, gibt es in der Kunst seit Klee, den Surrealisten,<br />

seit Dubuffet oder eben den Situationisten. Beziehst du dich darauf? Inwiefern setzt du diese vermeintliche<br />

Naivität bewusst ein?<br />

Es ist wahnsinnig spannend zu sehen, wie Kinder malen, bevor sie in die Bildung eintreten. Es geht mir immer darum, sich beim Malen<br />

von allem frei zu machen, was man weiß. Ich meine damit nicht den kitschigen Gedanken, eine Urform herauszuarbeiten, sondern eher<br />

um Naivität an sich. Man mag auf meinen Bildern zwar einen Vogel erblicken, aber es wird auch deutlich, dass die Form dieses Vogels aus<br />

nichts anderem als ein paar Farbfetzen entsteht und sogleich wieder in dieser zerfällt.<br />

Es gibt ein bestimmtes Figuren- oder Formenensemble, das immer wieder in deinen Bildern auftaucht.<br />

Woher rührt das?<br />

we don`t sell tigers 2011, Öl auf Leinwand, 200 x 180 cm<br />

Ich habe vor 4 Jahren häufig einen kleinen Piraten gemalt. Ich hatte mich an Kinderzeichnungen von mir erinnert. Comics, die von


einem Piraten handeln. Ich habe mir die Zeichnungen nicht noch mal angeschaut, wollte aber unbedingt wieder den kleinen Piraten malen.<br />

Das Abstrakte mit dem Naiven kurzschließen! Für einige Zeit habe ich Vogelscheuchen gemalt. Ich fand die Idee der Vogelscheuche lustig,<br />

die mehr Angst vor den Vögeln hat als die Vögel vor ihr. Das war für mich ein Sinnbild für die Malerei, die heute auch kaum noch Relevanz<br />

besitzt und eher etwas sinnlos in der Gegend rumhängt. Von der Vogelscheuche sind in meinen aktuellen Bildern die Vögel geblieben.<br />

Du hast eine besondere Vorliebe für blau und grün Töne.<br />

Ich mag diese Anmutung von Nacht, die das Grün und Blau erzeugen. Zusammen ergeben die Farben eine bestimmte Art von Dunkelheit,<br />

die aus sich selbst heraus leuchtet. Ich will, dass meine Bilder kein Licht brauchen. Eine leuchtende Dunkelheit, die nicht beängstigend<br />

ist. Es geht mir nicht um die Dunkelheit als Ursprung des Bösen, sondern um die Abgrenzung von der rationalen Erwachsenenwelt, in der<br />

alles hell ausgeleuchtet und vermeintlich aufgeklärt ist. Dieser Helligkeit stelle ich eine schemenhafte und kindlich naive Welt gegenüber,<br />

in der eigenartige Monstergestalten auftauchen, die auf den erwachsenen, gebildeten Betrachter verstörend und abschreckend wirken<br />

mögen, nicht aber auf Kinder und solche Erwachsene, die sich in sie hineindenken können. Ich verfolge dabei keine subversive Strategie,<br />

obwohl der Gedanken, dass die Bilder im Betrachter etwas auslösen, ihn verändern oder ihn sogar dazu bringen, aufzuhören zu arbeiten<br />

oder solche Sachen, natürlich ein Ziel von meiner Kunst wären.<br />

Wie hat sich dein Stil entwickelt? Gab es Momente, die du im Rückblick als eine Art Durchbruch oder<br />

entscheidenden Sprung in deinem Schaffen sehen würdest?<br />

Das ist ein Prozess, weil jedes Bild im Prinzip von Neuem anfängt. Und bei jedem neuen Bild gibt es auch Momente, in denen ich<br />

denke: Was mache ich da eigentlich? Aber mir wird dann immer wieder klar: Genau darum geht’s. Das man sich selbst ständig in Frage<br />

stellt. Das ist das Spannende, deshalb geht es weiter, deshalb verändert sich meine Malerei. Ich denke oft, dass das in gewisser Weise<br />

ganz schöner Blödsinn ist, was ich da mache. Man bespannt eine Leinwand und schmiert mit Farben darauf herum, während andere Ärzte<br />

werden. Aber das Sinnlose, der Quatsch, das ist doch das Schöne. Und dass ich dann auch noch so kleine Vögel male und es mich selbst<br />

dermaßen freut, was mit den Bildern passiert, ist eine schöne Form von Unverschämtheit.<br />

Deine Bilder lassen sich per se nicht politisch lesen. Dennoch war ein Gedanke, der bei Asger Jorn und den<br />

Situationisten sehr präsent war die Verbindung von politischer Aktion und Kunst. Du hast erwähnt, dass die<br />

Gründung der Akademie Isotrop auch aus politischen Motiven geschehen ist. Gibt es einen Teil deiner Kunst,<br />

der politisch ist?<br />

Unsere Gesellschaft funktioniert, in dem man einer entfremdeten Arbeit nachgeht. Wir haben bei Isotrop immer gesagt, dass<br />

Kunstmachen keine Arbeit ist. Ein Kunstwerk als Arbeit zu bezeichnen, halte ich für falsch, weil der Begriff Arbeit in den meisten Fällen in<br />

Zusammenhang mit entfremdeter Lohnarbeit verwendet wird. Wir wollten Kunst machen, um nicht arbeiten zu müssen. Insofern ist meine<br />

Kunst politisch. Ich halte Kunst an sich für politisch. Man muss dafür aber kein politisches Thema aus der Zeitung nachmalen. Allein, dass<br />

man Kunst macht und sich nicht in den normalen Arbeitsprozess eingliedert, ist eine widerständige Haltung der Gesellschaft gegenüber.<br />

Selbst wenn Kunst dann wieder von der Gesellschaft vereinnahmt und verwertet wird, will ich mir die naive Idee vom Künstler, der nicht<br />

Teil der normalen Gesellschaft ist, bewahren. Ein Künstler ‚arbeitet‘ immer gegen die Gesellschaft. Man kann sagen, er bringt eine andere<br />

Art von Gesellschaft hervor.<br />

Das Gespräch wurde am 21. Februar 2010 geführt.<br />

Opa Vogelscheuch 2011, Öl auf Leinwand, 40 x 50 cm


uddlers like us, 1 2011, Öl auf Leinwand, 24 x 30 cm bruddlers like us, 2 2011, Öl auf Leinwand, 30 x 40 cm junior senators and goblins 2011, Öl auf Leinwand, 95 x 80 cm


Maase Sele-Hojo 2010, Öl auf Leinwand, 105 x 150 cm Beipflichtende Willkür 2010, Öl auf Leinwand, 60 x 50 cm Eine schauspielerische Herausvorderung 2011, Öl auf Leinwand, 60 x 50 cm


Virulenter Bonzai 2011, Öl auf Leinwand, 57 x 40 cm<br />

Feldsalat und Veilchenblut 2011, Öl auf Leinwand, 65 x 50 cm


Vom Feuerwehrauto verfolgt 2010, Öl auf Holz, 120 x 100 cm


MARCEL HÜPPAUFF<br />

1972<br />

born in Stuttgart<br />

1996 – 2000<br />

Akademie Isotrop, Hamburg<br />

SOLO EXHIBITIONS<br />

2010<br />

departement de scheibenkleister, <strong>Galerie</strong> Seiler, Munich<br />

in der Konditorei, Polad-Hardouin, Paris<br />

2008<br />

Patricia Low Contemporary, Gstaad<br />

2007<br />

Die Inseln des Realen, Galeron, Hamburg<br />

2006<br />

L, Raum für Kunst und Musik, Cologne<br />

2005<br />

Die Reise nach Sunnydale, <strong>Galerie</strong> Ad-Astra, Kurim<br />

2004<br />

Gemälde 1999-2004, Theaterhaus Stuttgart<br />

2002<br />

Gsicht, Nomadenoase, Hamburg<br />

1999<br />

fuck society suckers, Nomadenoase, Hamburg<br />

1997<br />

Nomadenoase, Hamburg<br />

GROUP EXHIBITIONS (SELECTED)<br />

2010<br />

Bolf, Hüppauff, Petrbok, Skrepl, Wannieck Gallery, Brno<br />

riders, Polad-Hardouin, Paris<br />

The Bushwick Schlacht, Fortress to Solitude, New York<br />

Transzendenz Inc., Autocenter, Berlin<br />

2009<br />

Alle Vöglein sind schon da, alle Vöglein, alle!, Callicoon Fine Arts<br />

Crisscross, Wannieck Gallery, Brno<br />

George says, No Martini, no Party!, Appartement, Berlin<br />

Holy Destruction, Polad-Hardouin, Paris<br />

2008<br />

Kommando Giotto di Bondone, Gio Marconi, Mailand<br />

Moraltarantula 2, Elektrohaus, Hamburg<br />

Pop-Augen und die ewigen Quatschkommoden – Deutsche und<br />

Amerikanische Kunst seit 1999, Patrick Painter, L.A.<br />

Karotten und Schweinehälse – Deutsche Kunst seit 1995, Oldenburger<br />

Kunstverein<br />

2007<br />

Die goldene Stadt, Jiri Svestka <strong>Galerie</strong>, Prague<br />

Kommando Calvin Cohn, Salon 94, New York<br />

Moraltarantula, Elektrohaus, Hamburg<br />

Neue Bilder – Deutsche und Österreicher schämt euch!, Gabriele Senn<br />

<strong>Galerie</strong>, Vienna<br />

Niveaualarm, Kunstraum Innsbruck<br />

2006<br />

Ketzer & Co. – Brünn-Berlin, Haus der Kunst, Brno<br />

2004<br />

Kommando Pfannekuchen, Daniel Hug, L.A.<br />

2002<br />

Cruisen-Diskurs Alpha-Omega, Königsbau, Stuttgart<br />

2001<br />

Sibirien-Forellen-Express, Guido W. Baudach, Berlin<br />

2000<br />

Berlin-Binnendifferenz, <strong>Galerie</strong> Krinzinger, Vienna<br />

1999<br />

Akademie Isotrop, <strong>Galerie</strong> Daniel Buchholz, Cologne<br />

Evolution, Revolution, Exekution, Gesellschaft für aktuelle Kunst, Bremen<br />

1998<br />

Verschiedene Gebiete, Contemporary Fine Arts, Berlin<br />

1997<br />

Welcome to Akademie Isotrop, Künstlerhaus Stuttgart


Katalog anlässlich der Ausstellung<br />

MARCEL HÜPPAUFF<br />

<br />

26.03. – 30.04.2011<br />

herausgegeben von Carolin & Jochen <strong>Börgmann</strong><br />

Südwall 55 . 47798 Krefeld . Tel.: +49 (0) 2151 - 78 10 9 90 . www.galerie-boergmann.com<br />

© 2011 Marcel Hüppauff, <strong>Galerie</strong> <strong>Börgmann</strong>

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