Düsseldorfer Chemie für Cremes - Zukunft durch Industrie
Düsseldorfer Chemie für Cremes - Zukunft durch Industrie
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Erscheinungsdatum: 19.10.2011 − Zeitung: RP − Ausgabe: DSSD − Ressort: L − Seite: 25<br />
Gefunden in: Textarchiv Lokal<br />
Serie <strong>Industrie</strong>stadt Düsseldorf (12)<br />
<strong>Düsseldorfer</strong> <strong>Chemie</strong> <strong>für</strong> <strong>Cremes</strong> & Co.<br />
Mit Druck und großer Hitze werden in Holthausen wichtige Chemikalien<br />
<strong>für</strong> Produkte der Körperpflege− und Waschmittellindustrie hergestellt.<br />
Mit einer Haar−Kämm−Maschine werden etwa Shampoo−Wirkstoffe<br />
getestet. Die frühere Cognis, einst eine Henkel−Tochter, gehört heute zu<br />
BASF.<br />
Von Thorsten Breitkopf und Andreas Bretz (Fotos)<br />
Im Wohngebiet in Holthausen herrscht friedliche Ruhe. Mauern und Zäune trennen die Vorgärten von<br />
Düsseldorfs größtem <strong>Industrie</strong>areal – dem Henkelwerk. Darauf ist auch BASF zu Hause, die frühere Cognis.<br />
Hinter der Mauer, <strong>für</strong> Nachbarn unsichtbar, blickt der Besucher auf ein schier unüberschaubar wirkendes<br />
Gewirr von Rohren, Leitungen und Tanks. Was von wo nach wo fließt und warum – <strong>für</strong> den Laien bleibt es<br />
ein Rätsel.<br />
Den Überblick haben Dirk Schulte und Marcel Benneckenstein in einer der Leitwarten. An Dutzenden<br />
Monitoren überwachen sie die chemischen Prozesse. Die beiden <strong>Chemie</strong>kanten arbeiten in der Produktion<br />
von Fettalkoholen. Diese Stoffe werden unter Druck und bei hohen Temperaturen hergestellt. Was nach<br />
abstraktem Stoff aus dem <strong>Chemie</strong>unterricht klingt, steckt tatsächlich in diversen Alltagsprodukten. Man kann<br />
zwar keine Produkte von BASF−Düsseldorf im Supermarkt kaufen, doch sind die chemischen Erzeugnisse<br />
näher am alltäglichen Leben, als viele ahnen. Ob Waschmittel, Haarshampoo, Zahnpasta oder Creme – in all<br />
diesen Produkten stecken Fettalkohole oder andere Erzeugnisse des BASF−Werks in Holthausen. Auch der<br />
Perlglanz−Effekt bei Shampoos ist ein Resultat der BASF−<strong>Chemie</strong>. „Wir verwenden zur Herstellung unserer<br />
Produkte fast ausschließlich pflanzliche Öle“, erklärt Werksleiter Gerhard Müller. Ob die Chemikalien die<br />
gewünschte Wirkung erzielen, wird direkt in den Laboren der Anwendungstechnik getestet. Dazu gibt es zum<br />
Beispiel einen Kämm−Roboter, der prüft, wie sich Wirkstoffe in Shampoos auf echten Haaren verhalten.<br />
1500 Mitarbeiter in Düsseldorf<br />
Die Kontrollräume <strong>für</strong> die Chemikalienproduktion sind mehrere hundert Meter von den Reaktoren entfernt.<br />
„Lediglich zum Wechseln von Filtern und <strong>für</strong> Kontrollgänge müssen wir noch raus“, sagt Müller. Alles<br />
andere wird ferngesteuert erledigt. „Den <strong>Industrie</strong>arbeitsplatz von einst, den gibt es heute kaum noch. Wer<br />
hier arbeitet, muss vor allem technisch versiert und gut ausgebildet sein“, so der Werksleiter.<br />
Rheinische Post, DC5 01/05/12 13:48:29 1/2
Hervorgegangen ist der <strong>Düsseldorfer</strong> BASF−Standort aus der Traditionsfirma Henkel. Fritz Henkel kaufte<br />
1899 ein Grundstück von 54 846 Quadratmetern im ländlichen Holthausen südlich von Düsseldorf. Am 22.<br />
Juli wurden hier die Grundsteine <strong>für</strong> eine Bleichsodafabrik, eine Wasserglasfabrik, ein Kesselhaus mit<br />
Werkstätten und ein Bürohaus gelegt.<br />
Der Jahresumsatz mit Wasserglas, Henkel’s Bleichsoda, Henkel’s Thee und Martellin Düngemittel überstieg<br />
zur Jahrhundertwende erstmals eine Million Mark. Hauptabnehmer von Wasserglas war damals die Firma<br />
Degussa. Bis heute ist die Produktion von Wasserglas eine der Säulen des BASF−Standortes in Düsseldorf.<br />
Anders als bei der Produktion der ölbasierten Produkte sieht man bei der Wasserglas−Produktion offen die<br />
einzelnen Arbeitsschritte. Wasserglas sieht aus wie herkömmliches Glas. „Anders als Glas ist es aber bei<br />
einem Druck von 20 bar wasserlöslich“, erklärt Müller. Das in einem Schmelzprozess hergestellte<br />
Wasserglas läuft rotglühend über Förderbänder bis es erstarrt. Die Produktion wird nur alle vier Jahre<br />
gestoppt, um die Schmelzöfen zu warten. Weil das bald wieder ansteht, wird zurzeit Wasserglas auf Vorrat<br />
produziert. Eine riesige Halde mit dem Material türmt sich deshalb zwischen den Fabrikhallen in Holthausen.<br />
Wasserglas dient diversen Verwendungen in der <strong>Industrie</strong>, etwa zum Bleichen, Kleben oder zum Versiegeln<br />
von Natursteinen.<br />
1500 Mitarbeiter sind bei BASF in Düsseldorf beschäftigt, davon 850 in der Produktion. 700 000 Tonnen<br />
<strong>Chemie</strong>produkte verlassen jährlich das Werk. Hinzu kommen mehrere hunderttausend Tonnen Silikate.<br />
„Rund 150 Sattelzüge verlassen pro Tag das Gelände“, sagt Werksleiter Müller. Große Mengen Kokos− und<br />
Palmkernöle werden <strong>für</strong> BASF pro Jahr mit Schiffen in den Rheinhafen geliefert und dann via Pipeline nach<br />
Holthausen gepumpt.<br />
Kaum noch Öl−Geruch<br />
Mit seiner Lage mitten im Wohngebiet liegt das <strong>Chemie</strong>werk im Spannungsfeld von Anwohnern und den<br />
Interessen der <strong>Industrie</strong>. Trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen kam es in diesem Jahr zu einem Unfall. Im<br />
Februar gab es eine Explosion in einer Hydrieranlage. Kürzlich wurde Holthausen <strong>durch</strong> die nächtliche<br />
Inbetriebnahme einer Sicherheitsfackel geweckt, die auch außerhalb des Werkes gut hör− und sichtbar war.<br />
Das sind jedoch Ausnahmen, sonst bekommen die Nachbarn vom <strong>Chemie</strong>werk wenig mit.<br />
„Wir nehmen die Sorgen der Anwohner sehr ernst und sind uns bewusst, dass wir uns hier in einem<br />
Spannungsfeld befinden“, sagt Müller. Um die Belästigungen <strong>für</strong> die Anwohner zu minimieren, wurde in den<br />
vergangenen Jahrzehnten viel Geld in Filteranlagen investiert. „Früher war der Öl−Geruch im ganzen Viertel<br />
wahrnehmbar“, erinnert sich der Werksleiter. Heute merkt man davon nicht mehr viel.<br />
Um die Akzeptanz <strong>für</strong> die <strong>Chemie</strong>produktion am Standort Düsseldorf zu erhöhen, öffnet BASF in Abständen<br />
seine Werkstore. So nimmt die Firma auch an der Langen Nacht der <strong>Industrie</strong> teil. Die Nachfrage ist groß.<br />
Die Touren zur Besichtigung der Fabrik sind bereits seit Wochen ausgebucht. Eine Wiederholung der Aktion<br />
<strong>für</strong> das nächste Jahr ist aber schon geplant.<br />
Erscheinungsdatum: 19.10.2011 | PartPageData id: 16040302 | Signatur: brei | Dokumentennummer: nse0000011377071 | Eingangsdatum:<br />
20111019 | Eingangszeit: 051435 | Zeitung: RP | Seite: 25 | Nummer: 243 | DCID: 10631004584 | Ausgabe: DSSD | Ressort: L |<br />
Rheinische Post, DC5 01/05/12 13:48:29 2/2