Katalog als PDF herunterladen - Schott Music
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K. H. RUPPEL,VORWORT<br />
E<br />
rst um die Mitte seines Lebens ist Carl Orff mit der im Sommer<br />
1937 in Frankfurt uraufgeführten szenischen Kantate „Carmina<br />
Burana“ der große Durchbruch gelungen, der Durchbruch eines<br />
Zweiundvierzigjährigen aus einem bereits dam<strong>als</strong> umfangreichen<br />
Œuvre eines sich oft auf den konträrsten Pfaden bewegenden Entwicklungsganges<br />
zur eignen, fortan nur sich selber prägenden Persönlichkeit,<br />
die von keiner sich <strong>als</strong> zeitgenössisch profilierenden<br />
„Richtung“ mehr irritiert wurde. Von da an gab es den Orff-Stil, den<br />
sein Schöpfer bis in sein achtes Lebensjahrzehnt unbeirrbar beibehalten<br />
und weiterentwickelt hat, bruchlos, wandelbar nur in sich<br />
selbst. Das unterscheidet das Schaffen Orffs seit den „Carmina<br />
Burana“ von der Zeit vorher, die gekennzeichnet war durch ein ruheloses<br />
Suchen, Aufgreifen und Verwerfen von „Mustern“, die sich ihm<br />
auf dem weiten Terrain der zeitgenössischen Musik darboten, die ihn<br />
faszinierten <strong>als</strong> Wegweiser zu sich selbst, und in deren Spuren er<br />
ebenso rabiat dahinstürmte, wie er sich brüsk von ihnen abkehrte,<br />
wenn er merkte, daß sie ihn auf Wege führten, die nicht seine eigenen<br />
sein konnten.<br />
Man kann im ersten Band der Dokumentation seines Wirkens und<br />
Schaffens, die aus Anlaß seines 80. Ceburtstages im Verlag Hans<br />
Schneider in Tutzing zu erscheinen begann, in seiner eigenen Darstellung<br />
nachlesen, wie kreuz und quer er durch die europäische Musiklandschaft<br />
etwa der Zeit zwischen 1910 und 1930 hastete. Zuerst war<br />
es die faszinierende Erscheinung Debussys, die den jungen Orff in<br />
ihren Bann zog; dann traf er auf Schönberg, dem nach kurzer intensiver<br />
Hinwendung, so verschieden wie nur denkbar, Strauss und<br />
Pfitzner <strong>als</strong> mögliche Leitfiguren folgten. Man kann sich vorstellen,<br />
welche geistigen und seelischen Stürme bei diesen labyrinthischen<br />
Gängen durch die damalige „Moderne“ über ihn hereinbrachen, welche<br />
Zusammenbrüche, Zweifel und Verzweiflungen er durchzustehen<br />
hatte, bis er einen doppelten festen Boden unter den Füßen fand: den<br />
einen boten ihm seine immer stärker hervortretenden pädagogischen<br />
Neigungen, deren suggestive Kraft er <strong>als</strong> musikalischer Leiter der<br />
1924 von Dorothee Günther in München gegründeten „Schule für<br />
Gymnastik, Musik und Tanz“ ausprobierte, und die er bis 1930 in der<br />
ersten Fassung seines „Schulwerks“ systematisierte; der andere festigte<br />
sich in der intensiven Beschäftigung mit alten Meistern, insbesondere<br />
Claudio Monteverdi. Die deutschen Nachgestaltungen von dessen<br />
„Orfeo“, „Lamento di Ariana“ und „Ballo dell’lngrate“ (später<br />
<strong>als</strong> „Trittico teatrale“ zusammengefaßt) gehören zum wenigen, was<br />
Orff nach den „Carmina Burana“ aus seinem vorherigen Schaffen<br />
noch für die öffentliche Aufführung zuließ – alles andere, meinte er<br />
dam<strong>als</strong>, sei uninteressant, abgetan, vorbei.<br />
Die „Carmina Burana“, das Schlüsselwerk zum Œuvre Carl Orffs,<br />
bedeuten nicht nur den endgültigen Durchbruch seiner Persönlichkeit,<br />
sie wurden auch der Durchbruch zum Welterfolg, der nach 1945<br />
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