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Mitteilungen - Bardehle Pagenberg

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Mitt. Heft 4/2013<br />

Teschemacher, Das Einheitspatent – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Anwalt<br />

Im Einzelfall hängen die Einsparungsmöglichkeiten<br />

von zwei Faktoren ab: dem territorialen Schutzbedarf des<br />

Patentinhabers und dem Ratifizierungsstand des EPGÜ. 30<br />

Naturgemäß ergibt sich hieraus eine große Spannbreite der<br />

möglichen Kosten/Nutzenanalyse. Nach Angaben der<br />

Kommission werden 50 % der erteilten Patente nur in<br />

drei Ländern validiert. 31 Dies werden ganz überwiegend<br />

die Länder mit dem höchsten Bestand erteilter Patente,<br />

also Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich<br />

sein. Für diese Staaten ist nach dem Londoner Übereinkommen<br />

keine Übersetzung erforderlich, während für<br />

das Einheitspatent in der Übergangszeit eine Übersetzung<br />

einzureichen ist.Fürdie Hälfte dererteilten Patente bedeutet<br />

also das Einheitspatent unter dem Gesichtspunkt der<br />

Übersetzungskosten eine Verschlechterung gegenüber<br />

dem Bündelpatent. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken,<br />

dass bei einem Patent mit der Verfahrenssprache<br />

Englisch nach Art. 65(1) EPÜ keine Übersetzung für Malta<br />

erforderlich ist, bei einem Patent mit derVerfahrenssprache<br />

Französisch gilt dasselbe für Belgien und bei einem Patent<br />

mit der VerfahrensspracheDeutsch für Österreich und<br />

Belgien.<br />

Das andere Extrem sind von der Kommission geschätzte<br />

1000 Patente, die in allen 27 EU Staaten validiert werden.<br />

Die Kommission setzt die hierfür anfallenden Validierungskosten<br />

mit über 32.000 c an. 32 Es liegt auf der<br />

Hand, dass ein Anmelder, der umfassenden territorialen<br />

Schutz benötigt, mit dem Einheitspatent bei den Übersetzungen<br />

hohe Kostenvorteile erzielen wird, auch wenn das<br />

Patentreformpaket erst in 13 Mitgliedstaaten anwendbar<br />

ist. Während also für gut die Hälfte der erteilten Patente<br />

die Abwägung ziemlich eindeutig ausfällt, sind für den<br />

überwiegenden Rest die Umstände des Einzelfalls zu prüfen,<br />

d.h. das individuelle Schutzinteresse, die gegenwärtigen<br />

Übersetzungserfordernisse unter Berücksichtigung<br />

des Londoner Übereinkommens und der Ratifizierungsstand<br />

des EGPÜ.<br />

4.2 Jahresgebühren<br />

Bei den Jahresgebühren ist die mit dem Einheitspatent<br />

erzielte Verfahrensvereinfachung augenfällig. Alle Vertragsstaaten<br />

des EPÜ verlangen Jahresgebühren. Bei der<br />

Zahlung sind eine Vielzahl von von Land zu Land verschiedener<br />

Erfordernisse zu beachten, die sich ändern<br />

können oder auch regelmäßig ändern, wie Zahlungsformen,<br />

Konten oder Gebührensätze. Zum Teil gelten auch<br />

hier Vertretungserfordernisse. Damit kann gerade die<br />

Zahlung geringer Gebührensätze mit einem unverhältnismäßig<br />

hohen Maß an administrativem Aufwand verbunden<br />

sein. Demgegenüber ist für das Einheitspatent eine<br />

einheitliche Jahresgebühr an das EPA zu zahlen. Die Modalitäten<br />

hierfür sind jedem zugelassenen Vertreter vertraut.<br />

Die Benutzung eines laufenden Kontos bietet ein<br />

hohes Maß an Flexibilität und Rechtssicherheit.<br />

Was die Sätze der für jedes Jahr nach Patenterteilung<br />

gemäß Art. 11 EPV an das EPA zu zahlenden Jahresgebühren<br />

angeht, sind die Aussichten weniger positiv. Bedenkt<br />

man, dass bei den nationalen Ämtern administrativer<br />

Aufwand für die Verwaltung der erteilten europäischen<br />

Patente wegfällt, sollte man erwarten können, dass<br />

sich auch die Rechtfertigung für die Vereinnahmung von<br />

Gebühren zumindest verringert. Jahresgebühren dienen<br />

zum einen dem Zweck, den Aufwand für das Erteilungsverfahren<br />

mit zu tragen. Dadurch können die für die Anmeldung<br />

zu zahlenden Verfahrensgebühren niedrig gehalten<br />

und die Kostenbarriere für die Einreichung von Anmeldungen<br />

gesenkt werden. 33 Jahresgebühren für erteilte<br />

Patente dienen darüber hinaus dem Zweck, die Kosten der<br />

Verwaltung des erteilten Patents zu decken. Der Gesetzgeber<br />

des EPÜ hat in Art. 39(1) vorgesehen, dass die Jahresgebühren<br />

für erteilte Patente zwischen den Vertragsstaaten<br />

und der Europäischen Patentorganisation aufgeteilt<br />

werden, wobei der Anteil der EPO 75 % nicht übersteigen<br />

darf. Damit war den Staaten ein Anteil zugebilligt,<br />

der auf lange Sicht als großzügig bemessen angesehen werden<br />

konnte, um den nationalen administrativen Aufwand<br />

zu decken. 34 Die Staaten haben sich freilich mit diesem<br />

Anteil nicht zufrieden gegeben. Der Anteil der EPO, der<br />

vom Verwaltungsrat bis 1984 auf 60 % festgesetzt war, ist<br />

seit 1985 auf 50 % gesenkt, 35 was das EPA – zu Lasten der<br />

Anmelder – in eine größere Abhängigkeit von den Verfahrensgebühren<br />

gebracht hat. 36 Dieser Satz wird in Art. 13<br />

EPV für das Einheitspatent beibehalten.<br />

Dies kann nicht ohne Auswirkungen auf das zukünftige<br />

Jahresgebührenaufkommen aus Einheitspatenten bleiben.<br />

Will man die Belastung des Anmelders mit Jahresgebühren<br />

abschätzen, muss man das zukünftige Aufkommen<br />

mit dem bisherigen Aufkommen vergleichen.<br />

Für das zukünftige Aufkommen ist maßgebend, was<br />

mit diesem Aufkommen abgedeckt werden soll. Das sind<br />

nach Art. 9, 12 und 13 EPV folgende Posten:<br />

– Sämtliche Kosten des EPA für die Erteilung und Verwaltung<br />

des einheitlichen Patentschutzes; 37<br />

– Sicherstellung eines ausgeglichenen Haushalts der<br />

EPO zusammen mit den Verfahrensgebühren für das<br />

Erteilungsverfahren;<br />

– Ausgleichsleistung für Mitgliedstaaten mit einer anderen<br />

Amtssprache als das EPA;<br />

– Ausgleichsleistungen an Mitgliedstaaten mit geringer<br />

Patentaktivität;<br />

– Ausgleichsleistungen an neue Vertragsstaaten der<br />

EPO;<br />

– Ein Kompensationssystem zur Erstattung von Übersetzungskosten<br />

für die Einreichung in einer von den<br />

Amtssprachen des EPA abweichenden EU-Sprache<br />

zugunsten von KMUs und weiteren privilegierten Anmeldern.<br />

Mit dem zukünftigen Jahresgebührenaufkommen<br />

muss also ein ganz erheblicher zusätzlicher Aufwand abgedeckt<br />

werden. Um dies aufkommensneutral zu bewerk-<br />

30 Der aktuelle Stand der Unterzeichnungen und Ratifizierungen<br />

kann auf der Website der Kommission verfolgt werden.<br />

URL: Europäische Kommission > Der EU-Binnenmarkt ><br />

Gewerbliches Eigentum > Patente > Europäisches Patent-<br />

Ratifikationsprozess.<br />

31 Dok. SEC(2011) 482 final vom 13.4.2011, Impact Assessment,<br />

p. 17.<br />

32 A.a.O., p. 16.<br />

33 Gall, Münchner Gemeinschaftskommentar zum EPÜ, 7. Lfg.<br />

1985, Art. 86, Rdn. 1.<br />

34 Dornow, Münchner Gemeinschaftskommentar zum EPÜ,<br />

10. Lfg. 1986, Art. 39, Rdn. 6.<br />

35 ABl. EPA 1984, 296.<br />

36 Edfjäll, Die Finanzierung des EPA, Mitt. 1993, 162.<br />

37 Vgl. im Einzelnen die dem EPA nach Art. 9(1) EPV übertragenen<br />

Aufgaben.<br />

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