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Grundsätze der Fraktion zur Reform des Polizeirechts - DIE LINKE ...

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4. „Sicherheitstechniken“ und Polizeirecht<br />

Neue „Sicherheitstechniken“ produzieren neue und intensivere Eingriffsbefugnisse <strong>der</strong> Polizei<br />

in die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern. Das „neue“ Polizeirecht vollzieht so einen<br />

Paradigmenwechsel gegenüber links-liberalen Leitideen und hebelt die klassischen<br />

Begrenzungsnormen ersatzlos aus:<br />

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verdachts- und gefahrunabhängige Eingriffe mit Ortsanknüpfung statt<br />

Personenverantwortlichkeit (z.B. Videoüberwachung);<br />

verdachtsunabhängige, zielgruppenspezifische Identitätsfeststellungen, Kontrollen und<br />

Durchsuchungen von Personen und Personengruppen (z.B. in „Gefahrengebieten“ und<br />

„Waffenverbotszonen“) die durch Platzverweise, Aufenthaltsverbote und<br />

Gewahrsamnahmen flankiert werden;<br />

geheime Eingriffe statt offener Inanspruchnahme mit <strong>der</strong> Folge begrenzter<br />

Rechtsschutzmöglichkeiten sowie Leerlaufen <strong>der</strong> „Grundrechtssicherung durch<br />

Verfahrensgarantien“(z.B. Einsatz von Verdeckten Ermittlern und V-Leuten,<br />

Telefonüberwachung, Stille SMS, Online-Durchsuchung von Computern mit<br />

Staatstrojanern);<br />

unkontrollierbare Kombination von erhobenen Daten mit <strong>der</strong> Möglichkeit umfassen<strong>der</strong><br />

Persönlichkeits- und Bewegungsprofile (Stille SMS, automatische Kfz-<br />

Kennzeichenlesesysteme);<br />

Senkung <strong>der</strong> Eingriffsvoraussetzungen für verdachtsunabhängige o<strong>der</strong> heimliche<br />

Eingriffsakte durch Verwendung von Scheindefinitionen, wenn bspw. „Straftaten von<br />

erheblicher Bedeutung“ als Voraussetzung we<strong>der</strong> durch einen abschließenden Katalog<br />

von Straftatbeständen beschrieben werden, noch eine Differenzierung im Hinblick auf<br />

betroffene Rechtsgüter erfolgt (z.B. Observation, Einsatz von Verdeckten Ermittlern,<br />

Ausschreibung <strong>zur</strong> polizeilichen Beobachtung, „Kleiner Lauschangriff“ durch<br />

akustische und optische Überwachung);<br />

Überwachung und Datenerhebung auch im Kernbereich privater Lebensführung (z.B.<br />

„Großer Lauschangriff“ durch akustische und optische Wohnraumüberwachung).<br />

5. Die Rechtsprechung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht zum Polizeirecht<br />

Das Bun<strong>des</strong>verfassungsgerichts hat in den letzten Jahren über eine Vielzahl von<br />

Verfassungsbeschwerden und Normenkontrollverfahren zu Polizei- und Sicherheitsgesetzen<br />

entschieden und dabei die äußersten Grenzen <strong>der</strong> verfassungsrechtlichen Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />

das „neue Sicherheitsrecht“ konkretisiert (vgl. u.a. Großer Lauschangriff, Urteil vom<br />

03.03.2004 - 1 BvR 2138/98 und 1 BvR 1084/99; Rasterfahndung, Beschluss vom<br />

04.04.2006 - 1 BvR 518/02; Nie<strong>der</strong>sächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und<br />

Ordnung, Urteil vom 27.07. 2005 (TKÜ) - 1 BvR 668/04; Videoüberwachung, Beschluss vom<br />

23.02.2007 - 1 BvR 2368/06; akustische Wohnraumüberwachung, Beschluss vom<br />

11.05.2007 -2 BvR 543/06; Automatisierter Kfz-Kennzeichenabgleich in Hessen und<br />

Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.03.2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07).<br />

In den genannten Entscheidungen betont das Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht deutlich und mit<br />

steigen<strong>der</strong> Tendenz folgende fünf Prüfungskriterien für die Verfassungsmäßigkeit<br />

präventivpolizeilicher Eingriffsakte und Ermächtigungsnormen:<br />

Beachtung <strong>der</strong> Gesetzgebungskompetenz, speziell im Grenzbereich<br />

„Straftatenvorsorge“ und „vorbeugen<strong>der</strong> Verbrechensbekämpfung“ 1 ;<br />

Normenklarheit und Bestimmtheitsgebot 2 ;<br />

1 U. 27.07. 2005 - 1 BvR 668/04 - <strong>zur</strong> TKÜ nach NdsSOG

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