Nicola Spirig Im Höhenflug - ZSS - Zürcher Stadtverband für Sport
Nicola Spirig Im Höhenflug - ZSS - Zürcher Stadtverband für Sport
Nicola Spirig Im Höhenflug - ZSS - Zürcher Stadtverband für Sport
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10 / porträt<br />
März<br />
2013<br />
Rio als neue Herausforderung<br />
Die <strong>Zürcher</strong>in Martina van Berkel zählt zu den Leistungsträgerinnen von Swiss Swimming –<br />
daneben steht sie unmittelbar vor dem Studienabschluss.<br />
Jörg Greb<br />
Es hätte eine emotionale Einstimmung<br />
sein sollen. <strong>Im</strong> Spätherbst<br />
2011 flogen Martina van Berkel und<br />
ihr Bruder Jan <strong>für</strong> ein verlängertes<br />
Wochenende nach London. Den<br />
Olympischen Spielen des drauffolgenden<br />
Sommers war der Trip gewidmet.<br />
London 2012, so hofften<br />
sie, würden sie zusammen erleben:<br />
sie als Schwimmerin, er als Triathlet.<br />
Sie <strong>für</strong> die Schweiz, er <strong>für</strong> Holland,<br />
das Herkunftsland ihres Vaters.<br />
Nur wenige Monate später standen<br />
die Kommunikations- und Politikwissenschaftsstudentin<br />
an der Uni<br />
Zürich und der Jurist vor einer neuen<br />
Herausforderung. Sie verletzte<br />
sich kurz vor der Olympia-Qualifikation<br />
(Schweizer Meisterschaften)<br />
im Trainingslager beim Übergeschwindigkeitstraining<br />
mit einem<br />
Zugseil zu Fuss. Und er verfehlte die<br />
geforderte Top-15-Klassierung in einem<br />
WM-Serie-Rennen. Beide aber<br />
scheiterten nicht. Sie erfüllte die<br />
Anforderungen bei der letzten, ihr<br />
von Swiss Swimming offerierten<br />
Möglichkeit. Rückblickend sagt sie:<br />
«Es war extrem knapp, aber ich<br />
zweifelte nicht, weil ich die erforderliche<br />
Zeit schon rund 15-mal geschwommen<br />
war.»<br />
Die Olympia-Vorstellung war wenig<br />
erfolgreich (Vorlauf-Out). Der Rückschlag<br />
in der Vorbereitung liess sich<br />
mit Willen und Eifer nicht kompensieren.<br />
Mit etwas zeitlicher Distanz<br />
aber entwickelte sich aus dem<br />
Olympia-Frust eine neue Motivation.<br />
«Rio 2016» heisst das Schlagwort.<br />
Als riesig bezeichnet sie ihren<br />
Antrieb. In ihrer Paradedisziplin<br />
200-m-Delfin strebt sie einen Finalplatz<br />
an. «Die Entscheidung auf der<br />
Tribüne verfolgen» will sie nicht<br />
nochmals erleben, sondern «mitfighten<br />
und sehr schnell schwimmen».<br />
Die 24-Jährige ist zu weiteren<br />
Investitionen bereit, vor allem nach<br />
dem Studienabschluss im Mai.<br />
Foto: Madeleine Schoder<br />
Nach dem Olympia Rückschlag wieder aufgetaucht.<br />
Durch die Schule der<br />
Olympia-Siegerin-Mutter<br />
In frühester Kindheit zeigte sich die<br />
Affinität von Martina van Berkel<br />
zum Wasser. Dazu passt die Geschichte<br />
eines wagemutigen Sprunges<br />
in einen Pool. Noch konnte sie<br />
kaum laufen, aber «Schwimmflügeli»<br />
trug sie keine. Und irgendwie<br />
hielt sie sich über Wasser, bis sie herausgefischt<br />
wurde. «Vor Wasser<br />
hatte ich nie Angst», erinnert sie<br />
sich. Richtig schwimmen gelernt<br />
hat sie früh – bei Ursula <strong>Spirig</strong>, der<br />
Foto: Patrick B. Krämer<br />
Mutter von Triathlon-Olympiasiegerin<br />
<strong>Nicola</strong> <strong>Spirig</strong> in Winkel. Zuerst<br />
tat es ihr das Wasserspringen<br />
an, bald aber das Poolschwimmen.<br />
Daneben war sie immer sehr polysportiv<br />
aktiv.<br />
Mit etwa acht Jahren trat sie dem<br />
SC Bülach bei. Unter Tibor Kiss<br />
profitierte sie von der ungarischen<br />
Schule mit vielen Schwimmkilometern.<br />
Mit dem Übertritt ans Gymnasium<br />
wechselte sie zum SC Winterthur<br />
und dem russischen Trainer<br />
Andrei Ichoutov. Weil sie keine<br />
<strong>Sport</strong>klasse besuchte, beschränkte<br />
sich ihr Training auf eine Einheit<br />
täglich. «Das wäre heute kaum<br />
mehr möglich, erlaubte mir aber,<br />
dass ich später den Trainingsumfang<br />
steigern konnte und die Leistungskurve<br />
weiter aufwärts zeigte.»<br />
Mit dem Beginn des Studiums<br />
wechselte sie zum SV Limmat und<br />
Dirk Reinicke. «Die Wechsel schätzte<br />
ich immer, sie sorgten <strong>für</strong> neue<br />
<strong>Im</strong>pulse», sagt sie.<br />
Die Familienbande<br />
Und da waren zwischendurch auch<br />
noch die Versuche als Triathletin,<br />
jener Sparte, in der sich ihr drei Jahre<br />
älterer Bruder Jan profiliert hat.<br />
Auch sie etablierte sich rasch. Zweimal<br />
gehörte sie dem Schweizer<br />
Team an der Jugend-Europameisterschaft<br />
an und gewann zweimal<br />
Mannschaftssilber. Doch die Doppelgleisigkeit<br />
war von kurzer Dauer.<br />
Knieprobleme stoppten sie. <strong>Im</strong><br />
Nachhinein ist sie überzeugt, dass<br />
sie «zu schnell zu viel gelaufen» ist.<br />
Und weil die Leistungskurve im<br />
Schwimmen gleichzeitig sprunghaft<br />
nach oben zeigte, kehrte sie<br />
dem Triathlon wieder den Rücken<br />
zu.<br />
Profitiert vom Triathlon und ihrem<br />
Bruder hat sie auch nach ihrem Abschied.<br />
«Die Triathleten sind<br />
schneller unabhängig von ihrem<br />
Umfeld als wir Schwimmer», hat sie<br />
festgestellt. Deshalb übergab sie Jan<br />
bis 18 die Planung ihres Trainings<br />
an Land. Dankbarkeit empfindet sie<br />
aber auch gegenüber ihren Eltern.<br />
Vor allem die Mutter karrte einst<br />
ihre beiden Kinder nach der Schule<br />
in die Trainings, holte sie abends<br />
dort wieder ab und begleitete sie zu<br />
den oft ganz verschiedenenorts<br />
ausgetragenen Wettkämpfen. «Ihr<br />
war nie etwas zu viel», sagt Martina<br />
van Berkel heute anerkennend.<br />
Noch heute fiebert die Mutter oft<br />
vor Ort mit, und der Vater interessiert<br />
sich von zu Hause aus.<br />
Foto: Magda van Berkel<br />
Neues Hallenbad City in alter Pracht<br />
Das Hallenbad City wurde seit Mai 2010 umfassend erneuert. Am 19. Januar<br />
eröffnete das Bad – Heimat vieler Wassersportvereine – seine Tore. Bei der<br />
Gesamterneuerung orientierten sich die Architekten am Originalzustand<br />
des Bades. So hat die Halle ihren alten Glanz zurückerhalten. Vor allem das<br />
wieder geöffnete Glasdach ist eindrücklich. Eine neue Saunaanlage und ein<br />
Sonnendeck sind weitere Neuheiten. Das Bad hat täglich von 6 bis 22 Uhr<br />
geöffnet. Tickets, Abos und Infos finden Sie unter www.sportamt.ch<br />
«Ich weiss genau,<br />
wie meine<br />
Schwester tickt»<br />
Zu ihrem Bruder Jan pflegt Martina van Berkel<br />
einen engen Kontakt. <strong>Im</strong> Interview äussert er<br />
sich zu ihr und schätzt sie gleichzeitig ein.<br />
Jan van Berkel, Sie werden von Ihrer<br />
Schwester Martina als wichtigste<br />
Bezugsperson im <strong>Sport</strong> bezeichnet.<br />
Was bedeutet das <strong>für</strong> Sie?<br />
Das ist sehr schön zu hören und ich<br />
bin sehr stolz, dass mit meiner<br />
Schwester, nach meinem eigenen<br />
Scheitern an der Qualifikation,<br />
doch ein Teil von mir an den Olympischen<br />
Spielen in London war.<br />
Sie üben eine Art Berater-,<br />
Coach-Funktion aus. Wie hat sich<br />
das ergeben?<br />
Als kleine Schwester schaut man<br />
nur schon physisch immer etwas<br />
zum grossen Bruder hoch. Dass<br />
sich daraus mit wachsendem Alter<br />
ein Austausch entwickelt, hat sicher<br />
grösstenteils mit gegenseitiger,<br />
persönlicher und fachlicher<br />
Wertschätzung zu tun.<br />
Fällt es als Bruder einfacher, sich<br />
einzufühlen?<br />
Klar, ich weiss genau wie die<br />
Schwester tickt, und wir können<br />
uns wohl nonverbal sehr gut verstehen.<br />
Da hat ein Aussenstehender<br />
nun mal ein paar Jahre Rückstand.<br />
Wie sehen Sie das Bruder-<br />
Schwester-Verhältnis? Wie hat es<br />
sich verändert?<br />
Verändert hat sich, dass die<br />
kleine Schwester jetzt schneller<br />
schwimmt als der grosse Bruder.<br />
Sonst hat sich wohl die traditionelle<br />
Rollenverteilung des Alters wegen<br />
verloren, und wir sind gleichwertige<br />
Persönlichkeiten. Unser<br />
Verhältnis sehe ich dahingehend,<br />
dass es mit Martina eine Person<br />
gibt, welcher ich immer und zu<br />
hundert Prozent vertrauen kann.<br />
Welche Stärken (und Schwächen)<br />
machen Sie bei Martina aus?<br />
Martina ist im Bereich Fitness ausserhalb<br />
des Wassers absolute Weltklasse<br />
und sie betreibt den <strong>Sport</strong><br />
mit Feuer im Herz. Letzteres ist<br />
nicht lernbar und absolut essenziell<br />
<strong>für</strong> Topleistungen. Was ihr<br />
manchmal im Wege steht – und da<br />
hat sie sich vom Bruder anstecken<br />
lassen – ist, dass sie sich manchmal<br />
zu viele Gedanken um Kleinigkeiten<br />
macht.<br />
Wie hat sie sich in den Jahren<br />
entwickelt?<br />
Ich erachte ihre Leistungsentwicklung<br />
als sehr gerade nach oben, vor<br />
allem weil sie aus den kurzfristigen<br />
Rückschlägen ihre Schlüsse gezogen<br />
hat.<br />
Welche Perspektiven geben Sie ihr?<br />
Martinas Ziel ist der Final an den<br />
Olympischen Spielen in Rio 2016.<br />
Physisch wie psychisch hat sie diese<br />
Leistung drauf.<br />
Triathlet Jan van Berkel<br />
Foto: Notenstein