Nicola Spirig Im Höhenflug - ZSS - Zürcher Stadtverband für Sport
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4 / lokaltermin<br />
März 2013<br />
Das Quäntchen Glück im <strong>Sport</strong><br />
Beim Heimspiel der ersten Frauenmannschaft des GC Amicitia Zürich gegen den BSV Stans<br />
wurde mit vollem Körpereinsatz um den Sieg gekämpft. Auch mental mussten die jungen Spielerinnen<br />
fit sein – sportlicher Erfolg wird oft im Kopf entschieden.<br />
«Wir kämpfen<br />
um jeden Punkt»<br />
Alice Werner<br />
Saalsporthalle Zürich, Samstagabend:<br />
Heimspiel der ersten Frauenmannschaft<br />
des GC Amicitia Zürich<br />
gegen den BSV Stans. In der<br />
Halle riecht es nach aufgewärmten<br />
Würstchen und PVC-Boden. Eben<br />
hat hier noch die erste Herrenmannschaft<br />
trainiert. Jetzt zieht der<br />
Speaker der bevorstehenden Partie<br />
am Tonpult einen Regler hoch und<br />
es läuft Harry Belafonte mit dem<br />
«Banana Boat Song». Die Handball-<br />
Männer trollen sich vom Spielfeld.<br />
Während auf der Tribüne noch lautstark<br />
geschwatzt wird, laufen die<br />
Mannschaften ein. Unter die Anheizmusik<br />
mischen sich Sprechchöre:<br />
«Go, Ami, go!» und «GCA! GCA!»<br />
Nur noch wenige Minuten bis Spielbeginn.<br />
Speaker Toni Gehrig präsentiert<br />
die wichtigsten Fakten zum<br />
Match: Wo stehen die Teams in der<br />
Tabelle, wie lief die letzte Begegnung?<br />
«Beide Mannschaften», feuert<br />
Gehrig die versammelten Fans an,<br />
«brauchen eure Unterstützung!» In<br />
den vordersten Rängen wird gejohlt.<br />
Schnell winken einige Spielerinnen<br />
ihren Familien zu. Es bleibt noch<br />
eine Minute, um sich auf die Partie<br />
einzuschwören. Am Spielfeldrand<br />
stecken die GC-Amicitia-Frauen eng<br />
umschlungen ihre Köpfe zusammen,<br />
sie bilden eine weiss-orangefarbene<br />
Traube. Letzte Anweisungen<br />
der Trainer. Dann ist es 18:00<br />
Uhr: Anpfiff vor gut hundert Zuschauern.<br />
Training <strong>für</strong> den Kopf<br />
«Es wird ein harter Kampf», hat GC-<br />
Amicitia-Trainer Marcel Keller vor<br />
dem Match prophezeit. Für seine<br />
vierzehn Spielerinnen der Frauen<br />
Spar Premium League ist es das<br />
zweite Spiel in der laufenden Auf-/<br />
Abstiegsrunde 2013. «Eigentlich<br />
sind wir die stärkere Mannschaft, allerdings<br />
haben wir die emotional<br />
schwierigere Ausgangslage.» Denn<br />
der Gegner ist gerade erst in die erste<br />
Liga aufgestiegen, er kann in jeder<br />
Partie nur gewinnen. Keller, der das<br />
Frauen-Team des Clubs seit zwei<br />
Jahren betreut, weiss aus eigener Erfahrung<br />
als Spieler, dass Erfolg oft<br />
im Kopf entschieden wird. Mentales<br />
Coaching nimmt in seinem Trainingsplan<br />
daher einen wichtigen<br />
Stellenwert ein. «Für die jungen<br />
Spielerinnen Anfang zwanzig», gibt<br />
er zu bedenken, «ist vieles im Umbruch.<br />
Ablösung von der Familie,<br />
Ausbildung, die erste eigene Wohnung,<br />
dazu noch der sportliche Ehrgeiz.»<br />
Vier-Augen-Gespräche über<br />
persönliche Ziele, Zeitmanagement<br />
und Erwartungsdruck seien da unabdingbar.<br />
Keller lacht, zuckt die<br />
Schultern und sagt dann rundheraus:<br />
«Manchmal fühle ich mich eher<br />
als Erzieher.» Nur bei einem im<br />
Team wichtigen Gesprächsthema<br />
hält er sich mit Ratschlägen vornehm<br />
zurück: dem Trainingsoutfit.<br />
«Ob nun dieses oder jenes Trikot<br />
besser aussieht, sollen die Spielerinnen<br />
unter sich verhandeln.»<br />
Leidenschaftliche Partie<br />
Auch jetzt, nach der ersten Halbzeit,<br />
auf dem Weg in die Kabine, wird gestenreich<br />
diskutiert. Es steht 11:11,<br />
ein Ergebnis, mit dem sich keine<br />
GC-Amicitia-Spielerin zufrieden geben<br />
will. Bislang war es eine leidenschaftliche<br />
Partie, in der beide<br />
Teams mit halsbrecherischem Vorpreschen<br />
und harten Schüssen versucht<br />
haben, einen erkämpften Vorsprung<br />
auszubauen. Vor allem die<br />
<strong>Zürcher</strong>innen stürzten sich mit viel<br />
Einsatz in die Zweikämpfe. Nicht<br />
immer ging die Angriffstaktik auf.<br />
Trainer Marcel Keller hat vor dem<br />
Match die positive Entwicklung der<br />
Mannschaft gelobt, doch Qualität<br />
braucht eben immer auch Zeit. Erst<br />
im letzten Jahr sind seine Spielerinnen<br />
in die erste Liga aufgestiegen,<br />
da kann man noch keine stabile<br />
Topleistung erwarten. Dennoch hat<br />
der Verein bewusst keine Spielerinnen<br />
von aussen dazu geholt: «Wir<br />
versuchen, unseren eigenen Nachwuchs<br />
gezielt zu fördern.» Fördern<br />
heisst zunächst einmal hartes Training:<br />
Viermal pro Woche studiert die<br />
Frauenmannschaft Spielzüge ein,<br />
um <strong>für</strong> den Ernstfall gewappnet zu<br />
sein. Körperlich gehe das an die<br />
Substanz, sagt Keller, der lange als<br />
Coach im Männersport gearbeitet<br />
hat, und schiebt noch ein weiteres<br />
Lob hinterher: «<strong>Sport</strong>lerinnen, das<br />
ist meine Erfahrung, sind in der Regel<br />
viel ausdauernder als ihre männlichen<br />
Kollegen.»<br />
Heute Abend allerdings erzielt Ausdauer<br />
<strong>für</strong> einmal nicht den Sieg. Kellers<br />
Mannschaft fehlt in den letzten<br />
Minuten das berühmte Quäntchen<br />
Glück. Vielleicht sind es auch die<br />
Nerven. «Das ist halt so im <strong>Sport</strong>»,<br />
sagt der Trainer. «Siege kann man<br />
einfach nicht planen.»<br />
Obwohl sich Hanita Hasanaj immer wieder in Abschlussposition brachte, reichte es nur <strong>für</strong> ein Remi.<br />
Foto: GC Amicitia<br />
Die 18-jährige Chantal Wick trainiert seit<br />
sechs Jahren beim GC Amicitia Zürich. Die<br />
talentierte Feldspielerin mit der Rückennummer<br />
zwei verrät im Zürisport-Interview, warum<br />
Frauenhandball attraktiver ist als das<br />
Spiel der Männer.<br />
Handball gilt als die härteste<br />
Ballsportart. Was fasziniert Sie an<br />
einem Spiel, in dem Ellbogenstösse<br />
und Bodychecks Routine sind?<br />
Stimmt, Handball ist recht brutal.<br />
Man geht immer lädiert aus dem<br />
Spiel. Aber an die blauen Flecken<br />
gewöhnt man sich. Und der Reiz<br />
liegt eben im intensiven Körperkontakt<br />
mit dem Gegner. Die<br />
Spielfläche ist ja relativ klein, man<br />
bewegt sich auf engem Raum. Das<br />
macht das Spiel auch so extrem<br />
schnell. Zwischen Angriff und<br />
Verteidigung muss man blitzschnell<br />
umschalten.<br />
Der Männerhandball wird immer<br />
beliebter und kann mittlerweile<br />
auch grosse Hallen füllen. Warum<br />
fristet der Frauenhandball ein<br />
Schattendasein?<br />
Es ist schade, dass Frauensport generell<br />
nicht so angesehen ist. Da<strong>für</strong><br />
gibt es eigentlich keinen<br />
Grund. Gerade im Handball sind<br />
die Unterschiede zwischen dem<br />
Spiel der Männer und dem der<br />
Frauen gering. Klar, wir haben weniger<br />
Kraft, können nicht so hoch<br />
springen. Ansonsten müssen wir<br />
aber den gleichen Körpereinsatz<br />
und die gleiche spielerische Leistung<br />
zeigen. Wir sind genauso ehrgeizig<br />
und kämpfen um jeden<br />
Punkt. Es gibt nichts Lässigeres,<br />
als ein Goal zu schiessen. Ich behaupte<br />
daher, dass der Zuschauer<br />
keinen Qualitätsunterschied zwischen<br />
Männer- und Frauenmannschaft<br />
bemerkt.<br />
Frauenhandball ist also genauso<br />
attraktiv?<br />
Viel attraktiver! Wir sehen<br />
schliesslich besser aus, spielen<br />
eleganter und haben die schöneren<br />
Trikots.<br />
Die Auf-/Abstiegsrunde läuft: Was<br />
sind Ihre sportlichen und<br />
persönlichen Ziele <strong>für</strong> den Rest<br />
der Saison?<br />
Nicht absteigen und jedes Match<br />
gewinnen wollen. <strong>Im</strong> Herbst beginne<br />
ich mit dem Studium, Handball<br />
wird mich aber weiterhin begleiten.<br />
Auch weil ich im Verein<br />
und im Team so viele Kolleginnen<br />
gefunden habe. Wenn man einen<br />
Mannschaftssport macht, gewinnt<br />
man ja gleichzeitig ein soziales<br />
Umfeld – wir sind eine total<br />
eingeschworene Gemeinschaft.