Nr.9 - 20 WP-Bi-Su - DIE LINKE. Fraktion in der Hamburgischen ...
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<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>.<strong>Fraktion</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hamburgischen</strong> Bürgerschaft <strong>Bi</strong>schoff/<strong>Su</strong>dmann | BürgerInnenbrief 15.8.<strong>20</strong>11 Seite 2<br />
führung dürfte das laufende Jahr »im Lot« se<strong>in</strong>. Problematisch<br />
dürfte das nächste Jahr werden. Falls sich die Konjunkturentwicklung<br />
abschwächt, wird sich die Erwartung für das kommende<br />
Jahr nicht umsetzen lassen.<br />
Das aktuelle Plus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Haushaltskasse ermutigt die CDU<br />
seit Wochen zu <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung, sofort e<strong>in</strong> Schuldenverbot <strong>in</strong><br />
die Hamburger Verfassung e<strong>in</strong>zuführen. Diese Argumentation<br />
ist von wenig Sachkenntnis getrübt. Faktisch gilt auch<br />
schon für Hamburg die Schuldenbremse. Denn die Ergänzung<br />
im Grundgesetz entfaltet längst ihre Wirksamkeit auch für<br />
die Hansestadt.<br />
Um e<strong>in</strong>em weiteren Anstieg <strong>der</strong> Verschuldung <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Haushalte entgegenzuwirken, wurde im Rahmen <strong>der</strong><br />
Fö<strong>der</strong>alismusreform II das »Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des Grundgesetzes<br />
(Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)« verabschiedet,<br />
mit dem unter an<strong>der</strong>em die so genannte Schuldenbremse<br />
<strong>in</strong> die F<strong>in</strong>anzverfassung implementiert worden ist.<br />
Mit <strong>der</strong> Schuldenbremse wird das Ziel verfolgt, die langfristige<br />
Tragfähigkeit <strong>der</strong> Haushalte von Bund und Län<strong>der</strong>n zu sichern,<br />
sowohl im H<strong>in</strong>blick auf die Lastenverteilung zwischen<br />
den Generationen als auch bezüglich <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen des<br />
Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Dabei ist<br />
e<strong>in</strong>e Übergangsphase für den Bund bis zum 31. Dezember<br />
<strong>20</strong>15 und für die Län<strong>der</strong> bis zum 31. Dezember <strong>20</strong>19 vorgesehen,<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> von den neuen Verschuldensregelungen noch abgewichen<br />
werden kann. Der Bundeshaushalt soll also ab dem<br />
Jahr <strong>20</strong>16 und die Haushalte <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> ab dem Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong> die<br />
oben beschriebenen Vorgaben vollständig erfüllen.<br />
Faktisch wird die Schuldenbremse aber bereits mit dem<br />
Haushaltsjahr <strong>20</strong>11 wirksam. Die Haushaltsaufstellung muss<br />
ab <strong>20</strong>11 so erfolgen, dass bis <strong>20</strong><strong>20</strong> e<strong>in</strong> ausgeglichener Haushalt<br />
erreicht ist. Im Klartext läuft das daraus h<strong>in</strong>aus: Es dürfen<br />
ke<strong>in</strong>e neuen Kredite zur Deckung von Ausgaben aufgenommen<br />
werden.<br />
Zur Überwachung dieser Festlegung wurde e<strong>in</strong> Stabilitätsrat<br />
e<strong>in</strong>gerichtet. Dessen Hauptaufgabe ist die Kontrolle <strong>der</strong><br />
Haushalte, um eventuell drohende Haushaltsnotlagen frühzeitig<br />
zu erkennen und durch Sanierungsmaßnahmen entgegenwirken<br />
zu können. Hierzu legt jede Gebietskörperschaft e<strong>in</strong>en<br />
jährlichen Stabilitätsbericht vor, <strong>in</strong> dem Kennziffern zur<br />
aktuellen Haushaltslage und zur F<strong>in</strong>anzplanung dargestellt<br />
werden sowie über die E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> verfassungsmäßigen<br />
Kreditaufnahmegrenzen Auskunft erteilt wird. Die Stadtstaaten<br />
Berl<strong>in</strong> und Bremen stehen bereits jetzt unter dem Regime<br />
<strong>der</strong> Haushaltsnotlage. Sie erhalten e<strong>in</strong>erseits vom Bund<br />
Son<strong>der</strong>zahlungen, müssen an<strong>der</strong>erseits aber harte Kürzungsmaßnahmen<br />
umsetzen.<br />
Diese Instrumente will übrigens die Regierung Merkel/<br />
Schäuble jetzt auch auf die europäische Ebene übertragen.<br />
Wir können zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Blättern nachlesen, dass<br />
dies nicht nur den Verlust an staatlicher Souveränität für die<br />
Krisenlän<strong>der</strong> bedeutet und wie brutal die E<strong>in</strong>schnitte <strong>in</strong> das<br />
soziale Gefüge ausfallen werden.<br />
Das Konzept <strong>der</strong> Schuldenbremse schließt ausdrücklich<br />
die Berücksichtigung konjunkturell bed<strong>in</strong>gter Schwankungen<br />
e<strong>in</strong> und lässt sogar e<strong>in</strong>e Neuverschuldung bei außergewöhnlichen<br />
Notlagen zu, soweit e<strong>in</strong> verb<strong>in</strong>dlicher Tilgungsplan unterlegt<br />
ist. Die augenblickliche konjunkturelle Entwicklung<br />
kann nicht bis <strong>20</strong><strong>20</strong> fortgeschrieben werden. Insofern s<strong>in</strong>d<br />
Bundeslän<strong>der</strong> und Kommunen ausdrücklich aufgefor<strong>der</strong>t,<br />
e<strong>in</strong>e antizyklische Wirtschaftspolitik zu verfolgen, um e<strong>in</strong><br />
kont<strong>in</strong>uierliches Wirtschaftswachstum zu Stande zu br<strong>in</strong>gen.<br />
Wenn über fast e<strong>in</strong> Jahrzehnt Abstriche bei Investitionen zum<br />
Erhalt <strong>der</strong> öffentlichen Infrastruktur und beim Personal e<strong>in</strong>geplant<br />
werden, wird dies <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konsequenz zu e<strong>in</strong>er Gefährdung<br />
<strong>der</strong> konjunkturellen Entwicklung führen.<br />
Neben e<strong>in</strong>er Ausgabenpolitik, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e antizyklische<br />
Wirtschafts- und Konjunkturpolitik e<strong>in</strong>bauen muss, kann die<br />
Sanierung <strong>der</strong> öffentlichen F<strong>in</strong>anzen nur dann erfolgreich<br />
se<strong>in</strong>, wenn auch die E<strong>in</strong>nahmenseite e<strong>in</strong>bezogen wird. Hamburg<br />
hat – wie im Übrigen auch alle an<strong>der</strong>en Kommunen und<br />
Stadtstaaten – e<strong>in</strong> massives E<strong>in</strong>nahmeproblem und gleicht<br />
dieses aus durch die strukturelle Unterf<strong>in</strong>anzierung bei Infrastruktur,<br />
Wissenschaft und <strong>Bi</strong>ldung sowie dem Personal. Wegen<br />
<strong>der</strong> stark e<strong>in</strong>geschränkten Handlungsmöglichkeiten e<strong>in</strong>es<br />
Bundeslandes bei <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Landes- und Kommunalsteuern<br />
s<strong>in</strong>d die wesentlichen län<strong>der</strong>spezifischen Handlungsparameter<br />
erstens e<strong>in</strong>e effektive Ausgestaltung des Steuervollzugs<br />
und zweitens Initiativen zu e<strong>in</strong>er umfassen<strong>der</strong>en<br />
Reformpolitik bei den Steuern auf Bundesebene.<br />
Auch Hamburg hat e<strong>in</strong>e schwere Krise durchlaufen. Die<br />
zur Abwehr <strong>der</strong> schlimmsten Krisenfolgen erfor<strong>der</strong>liche Nettokreditaufnahme<br />
fand über e<strong>in</strong> Son<strong>der</strong>vermögen statt, was<br />
auch den S<strong>in</strong>n hatte, die Kredittilgung wie<strong>der</strong>um volkswirtschaftlich<br />
s<strong>in</strong>nvoll gestalten zu können. Hamburg hat jetzt<br />
deutliche Steuermehre<strong>in</strong>nahmen. Die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
unterstützt ausdrücklich den Übergang zu e<strong>in</strong>er Konsolidierungspolitik.<br />
Aber we<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Schuldenbremse, den Regelungen<br />
des Stabilisierungsrates noch dem Gesetz über das<br />
Son<strong>der</strong>vermögen Konjunkturstabilisierungsfonds kann herausgelesen<br />
werden, dass e<strong>in</strong> Teil des Steuerplus nicht für e<strong>in</strong>e<br />
antizyklische Wirtschaftspolitik e<strong>in</strong>gesetzt werden kann.<br />
Deshalb sollte aus Sicht <strong>der</strong> <strong>LINKE</strong>N m<strong>in</strong>destens die Hälfte<br />
des Steuerplus für Investitionen <strong>in</strong> die Zukunft <strong>der</strong> Stadt, also<br />
z.B. für Sofortmaßnahmen im Bereich des Arbeitsmarkts, für<br />
e<strong>in</strong>e bessere universitäre <strong>Bi</strong>ldung und zur Ankurbelung des<br />
Wohnungsbaus verwendet werden. Diese Investitionen stabilisieren<br />
die wirtschaftliche Entwicklung und generieren zusätzliche<br />
Steuere<strong>in</strong>nahmen. Firmen erhalten Aufträge und<br />
die Beschäftigung steigt. Diese Stärkung <strong>der</strong> regionalen Wirtschaftskreisläufe<br />
ist auch deshalb klug, weil die konjunkturelle<br />
Erholung – darauf weist auch <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzsenator immer<br />
wie<strong>der</strong> h<strong>in</strong> – nach wie vor fragil und e<strong>in</strong>e deutliche E<strong>in</strong>trübung,<br />
ausgelöst etwa durch die weitere Zuspitzung <strong>der</strong> europäischen<br />
Schuldenkrise, ke<strong>in</strong>eswegs ausgeschlossen ist.<br />
Die L<strong>in</strong>ksfraktion verweist darauf, dass sich die Mehre<strong>in</strong>nahmen<br />
im prognostizierten Rahmen bewegen, und erneuert<br />
die For<strong>der</strong>ung, e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Gel<strong>der</strong> für unterf<strong>in</strong>anzierte Bereiche<br />
e<strong>in</strong>zusetzen. Zudem warnt sie vor den Folgen e<strong>in</strong>es sofortigen<br />
Schuldenverbots und des damit verbundenen radikalen<br />
Sparkurses. Im Investitionsbereich darf nicht <strong>der</strong>art<br />
gekürzt werden, da<br />
Joachim <strong>Bi</strong>schoff (Tel. 0174 / 336 43 34 | joachim.bischoff@l<strong>in</strong>ksfraktion-hamburg.de) | Heike <strong>Su</strong>dmann (Tel. 040 / 42831 2250 |<br />
heike.sudmann@l<strong>in</strong>ksfraktion-hamburg.de) | Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Hamburgischen</strong> Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | <strong>20</strong>095 Hamburg