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Universitätsspital Züri<strong>ch</strong> USZ<br />
Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007:<br />
Wie viel Verantwortung ertragen Pflegende?<br />
Referat von Viktor Reut:<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten zur Steuerung von komplexen Behandlungsprozessen<br />
unter Einbezug des Prozessmanagements –<br />
Wie sind die Verantwortli<strong>ch</strong>keiten geregelt?<br />
1. Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en Bezugspflege und Prozessmanagement<br />
Bezugspersonenarbeit, Bezugspflege, Arbeit als Bezugsperson, Reha-Koordinator, Patienten Coa<strong>ch</strong>,<br />
Case Manager sind alles Bezei<strong>ch</strong>nungen, die für unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Funktionen in der Patientenarbeit<br />
verwendet werden.<br />
Ebenso unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> sind die zugeteilten Verantwortli<strong>ch</strong>keiten:<br />
• Anspre<strong>ch</strong>sperson<br />
• Koordination von Aufgaben<br />
• Führen des Prozesses<br />
• punktuelle Begleitung im Rahmen des Prozesses<br />
Die Bezugspflege als Bestandteil der Bezugspersonenarbeit stellt die Pflege beziehungsweise<br />
deren Koordination in den Vordergrund. Damit fokussiert sie si<strong>ch</strong> auf pflegeris<strong>ch</strong>e Aspekte und die<br />
S<strong>ch</strong>nittstellen zu angrenzenden Tätigkeitsfeldern.<br />
Im Gegensatz dazu ist das Prozessmanagement ein ganzheitli<strong>ch</strong>er Führungsansatz. Die Organisation<br />
soll berei<strong>ch</strong>s- und funktionsübergreifend ganzheitli<strong>ch</strong> synergetis<strong>ch</strong> zusammenwirken und<br />
damit einen hohen Kundennutzen erzielen.<br />
Basierend auf diesen Definitionen kann festgehalten werden:<br />
• Bezugspflege ist ein Ansatz, um die pflegeris<strong>ch</strong>en Leistungen kunden- und qualitätsorientiert<br />
zu erbringen.<br />
• Prozessmanagement ist ein Ansatz, bei dem alle Unternehmensleistungen kundenzentriert<br />
abgewickelt werden ("die Struktur folgt dem Prozess").<br />
Die beiden Ansätze unters<strong>ch</strong>eiden si<strong>ch</strong> erhebli<strong>ch</strong> in der unternehmeris<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>tweise. Bei der<br />
Würdigung aller positiven Aspekte der Bezugspflege darf ni<strong>ch</strong>t ausser A<strong>ch</strong>t gelassen werden, dass<br />
sie ihre na<strong>ch</strong>haltige Wirksamkeit nur errei<strong>ch</strong>t, wenn sie in ein Prozesssystem integriert wird.<br />
I<strong>ch</strong> erlaube mir, Ihnen dazu einige Thesen zu unterbreiten.<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 1
These 1:<br />
Die Zufriedenheit der Patienten und Patientinnen wird dur<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedene Aspekte beeinflusst.<br />
Gute Pflege beziehungsweise Bezugspflege ist ein wesentli<strong>ch</strong>er Bestandteil davon. Hö<strong>ch</strong>ste Wirksamkeit<br />
bezügli<strong>ch</strong> Zufriedenheit der Patienten und Patientinnen kann jedo<strong>ch</strong> nur dur<strong>ch</strong> die Vernetzung<br />
der vers<strong>ch</strong>iedenen Einflussfaktoren errei<strong>ch</strong>t werden.<br />
Lösungsansätze dazu: Die Einflussfaktoren bezügli<strong>ch</strong> Zufriedenheit der Patienten und Patientinnen<br />
werden interdisziplinär transparent gema<strong>ch</strong>t. Die Beteiligten su<strong>ch</strong>en funktionsübergreifend na<strong>ch</strong><br />
Lösungen zur Erhaltung oder Steigerung der Zufriedenheit.<br />
These 2:<br />
Es gibt Pflegetätigkeiten im Rahmen von Behandlungsprozessen, jedo<strong>ch</strong> keine isoliert zu betra<strong>ch</strong>tenden<br />
Pflegeprozesse. In diesem Sinne ist die Pflegequalität immer Bestandteil von Behandlungsprozessen.<br />
Lösungsansätze dazu: Die Bezugspflege hat si<strong>ch</strong> als Teil der Behandlungsprozesse zu etablieren.<br />
Pflegemitarbeitende verfügen oft über hohe organisatoris<strong>ch</strong>e und soziale Kompetenz. Entspre<strong>ch</strong>end<br />
ausgebildete Pflegemitarbeitende sollen die Verantwortung für die organisatoris<strong>ch</strong>e Führung<br />
von Behandlungsprozessen übernehmen.<br />
These 3:<br />
Die Bezugspflege bietet Mögli<strong>ch</strong>keiten, die Behandlung zu optimieren. Ohne entspre<strong>ch</strong>ende Gefässe<br />
ist die interdisziplinäre Vernetzung des Wissens ni<strong>ch</strong>t gewährleistet. Es besteht die Gefahr<br />
einer "Insellösung".<br />
Lösungsansätze dazu: Eine interdisziplinäre Vernetzung ist zu institutionalisieren. Dazu sind entspre<strong>ch</strong>ende<br />
Gefässe notwendig. Dokumentationen sind übergreifend zu vereinheitli<strong>ch</strong>en.<br />
2. Prozessmanagement und Behandlungsprozesse<br />
In meinen weiteren Ausführungen gehe i<strong>ch</strong> insbesondere auf die Aspekte der organisatoris<strong>ch</strong>en<br />
Prozessgestaltung ein.<br />
Als Grundlage dazu mö<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> den Prozessbegriff erläutern. Ein Prozess ist eine Folge von Tätigkeiten,<br />
die begrenzt ist dur<strong>ch</strong> einen Bedarf als Input und das Resultat als Output.<br />
Input<br />
Prozess<br />
Output<br />
Überprüfung<br />
Prozessziele<br />
Prozessindikatoren<br />
Unternehmensziele<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 2
Die Grösse beziehungsweise der Umfang von Prozessen ist eine Frage der Betra<strong>ch</strong>tungsweise.<br />
Wir können den Patientenprozess als Ganzes betra<strong>ch</strong>ten. Er beginnt mit der Überweisung und<br />
endet mit dem Austritt des Patienten beziehungsweise der Patientin.<br />
Prozesse der Leistungserbringung<br />
(Kernprozesse bzw. werts<strong>ch</strong>öpfende Prozesse)<br />
Kunde / Kundin<br />
Aufnahmeverfahren<br />
Diagnostik<br />
Operative<br />
Behandlung<br />
Austritt und<br />
Na<strong>ch</strong>betreuung<br />
Kunde / Kundin<br />
Rettung<br />
Ni<strong>ch</strong>t operative<br />
Behandlung<br />
Ergänzende<br />
Leistungen<br />
Innerhalb dieses sehr grossen Prozesses sind vers<strong>ch</strong>iedene Mitarbeitende beteiligt. Ihre Betra<strong>ch</strong>tungsweise<br />
ist traditionell aufgabenorientiert. Das heisst, die Mitarbeitenden sehen in erster<br />
Linie ihre laufenden Tätigkeiten. Fäls<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>erweise entsteht dann oft die Meinung, die eigenen Tätigkeiten<br />
seien au<strong>ch</strong> eigene Prozesse. I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te dies anhand der folgenden Grafik aufzeigen. Die<br />
rote Linie soll den "Patientenfluss" darstellen.<br />
Ärztli<strong>ch</strong>e Tätigkeiten<br />
Pflegetätigkeiten<br />
Therapeutis<strong>ch</strong>e Tätigkeiten<br />
Unterstützende medizinis<strong>ch</strong>e Tätigkeiten<br />
Administrative Tätigkeiten<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 3
Es lässt si<strong>ch</strong> anhand der Darstellung lei<strong>ch</strong>t ableiten, dass die Tätigkeiten vernetzt in einem sogenannten<br />
interdisziplinären Prozess stattfinden. Wenn wir die Bezugspflege oder andere Tätigkeiten<br />
genauer betra<strong>ch</strong>ten so stellen wir fest, dass sie an vers<strong>ch</strong>iedenen S<strong>ch</strong>ritten im Prozess beteiligt<br />
ist. Die folgende Grafik zeigt dies auf.<br />
I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te damit verdeutli<strong>ch</strong>en, dass es aus der Si<strong>ch</strong>t des Prozessmanagements keine eigentli<strong>ch</strong>en<br />
Pflegeprozesse gibt, genauso wenig wie es ärztli<strong>ch</strong>e Prozesse gibt. Wenn trotzdem von<br />
Pflegeprozessen beziehungsweise ärztli<strong>ch</strong>en Prozessen die Rede ist, dann handelt es si<strong>ch</strong> um<br />
Tätigkeiten, die jeweils einen sehr begrenzten Zeitraum einnehmen. Klarer wird dies, wenn Sie<br />
si<strong>ch</strong> einen Tagesablauf vorstellen. Während des ganzen Tages finden im Rahmen der Behandlung<br />
viele einzelne Tätigkeiten mit vers<strong>ch</strong>iedenen Beteiligten statt. Ohne eine Vernetzung dieser Tätigkeiten<br />
ergäbe si<strong>ch</strong> kein sinnvoller Prozess.<br />
3. Behandlungsprozesse: Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung<br />
Betra<strong>ch</strong>ten wir nun den Behandlungsprozess. Innerhalb des Prozesses sind die Verantwortli<strong>ch</strong>keiten<br />
tätigkeitsbezogen geregelt. Das heisst, es ist definiert, wer beispielsweise für die ärztli<strong>ch</strong>en<br />
Tätigkeiten oder für die pflegeris<strong>ch</strong>en Tätigkeiten zuständig ist. Trotzdem ergeben si<strong>ch</strong> in der Praxis<br />
immer wieder Unklarheiten oder Meinungsvers<strong>ch</strong>iedenheiten. Meistens liegt der Grund darin,<br />
dass die Beteiligten ihre eigenen Tätigkeiten in den Vordergrund stellen und die Vernetzung, spri<strong>ch</strong><br />
Prozessorientierung, zu wenig berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />
Das Prozessmanagement bietet uns Lösungen an, die Vernetzung von Aufgabenblöcken zu<br />
verbessern. Prozessmanagement heisst übersetzt ni<strong>ch</strong>ts anderes als Prozesse führen. Wenn wir<br />
also die Prozesse führen, so hilft das uns, die Beteiligten optimal zu koordinieren und einzusetzen.<br />
Man spri<strong>ch</strong>t in diesem Zusammenhang von Prozessbeherrs<strong>ch</strong>ung. In der Industrie und in Teilen<br />
der Dienstleistungsbran<strong>ch</strong>e wird oft der Begriff Workflow-Management verwendet. Übersetzt heisst<br />
das: die Arbeit soll fliessen, und dieser Fluss ist zu führen. Au<strong>ch</strong> in einzelnen Berei<strong>ch</strong>en des Gesundheitswesens<br />
hat das Prozessmanagement Einzug gehalten. I<strong>ch</strong> denke dabei an Laborprozesse,<br />
Operationsprozesse, Patienten-Aufnahmeprozesse etc.<br />
Die Führung von Prozessen beinhaltet zwei Hauptaspekte, nämli<strong>ch</strong> die organisatoris<strong>ch</strong>e und die<br />
fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Führung. Um den Behandlungsprozess optimal zu gestalten ist es unumgängli<strong>ch</strong>, die<br />
organisatoris<strong>ch</strong>e und die fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Führung klar zu definieren. Dabei dürfen ni<strong>ch</strong>t Ma<strong>ch</strong>tfaktoren<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 4
und persönli<strong>ch</strong>e Interessen im Vordergrund stehen, sondern einzig und alleine die Ziele des Unternehmens.<br />
Im Gegensatz zum Gesundheitswesen ist es in weiten Teilen der Wirts<strong>ch</strong>aft selbstverständli<strong>ch</strong>,<br />
dass die organisatoris<strong>ch</strong>e und die fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Führung jeweils personell getrennt wahrgenommen<br />
werden kann. Für ein Spital oder eine Klinik würde das heissen, dass der Behandlungsprozess<br />
dual geführt wird. Sie werden nun denken, das sei s<strong>ch</strong>on an vers<strong>ch</strong>iedenen Orten realisiert. Wenn<br />
Sie die konkreten Führungsaufgaben des Prozesses betra<strong>ch</strong>ten werden Sie feststellen, dass die<br />
Praxis meist ein anderes Bild vermittelt. Tatsa<strong>ch</strong>e ist: Ohne Prozessmanagement kann man die<br />
Prozesse ni<strong>ch</strong>t wirksam führen.<br />
I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te Ihnen aufzeigen, wel<strong>ch</strong>e Aufgaben im Rahmen der Prozessführung auszuführen<br />
sind. Es handelt si<strong>ch</strong> hier bei dieser Aufzählung um einen Auszug von Aufgaben.<br />
Organisatoris<strong>ch</strong>e Führungssaufgaben:<br />
• Prozessziele und Indikatoren festlegen<br />
• Überprüfung der Einhaltung der Prozessziele und Prozessindikatoren<br />
• Erstellen der notwendigen Kennzahlen als Basis für das Reporting / Beri<strong>ch</strong>tswesen<br />
• Einleiten und Umsetzen von Massnahmen bei Abwei<strong>ch</strong>ungen zu den festgelegten Zielen und<br />
Indikatoren bzw. Standards<br />
• Grundlagen und Budgetbedarf für das Budget des Prozesses erstellen<br />
• Umsetzen von Prozessverbesserungen<br />
• Budgetüberwa<strong>ch</strong>ung<br />
• Aktualisieren der Prozessdokumentation<br />
• Organisatoris<strong>ch</strong>e Führung (z.B. Einsatzplanung) der Mitarbeitenden<br />
• Infrastrukturbedarf eruieren<br />
• ....<br />
Fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Führungsaufgaben:<br />
• Direkte Behandlung von Patienten und Patientinnen<br />
• Dur<strong>ch</strong>führung von regelmässigen Visiten im Berei<strong>ch</strong><br />
• Fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Führung der direkt unterstellten Mitarbeitenden<br />
• Operationelle Fa<strong>ch</strong>leitung bzw. Fa<strong>ch</strong>verantwortung<br />
• Si<strong>ch</strong>erstellung der vorgegebenen fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Qualität des Prozesses<br />
• Verantwortung für die Fortbildung des medizinis<strong>ch</strong>en Personals<br />
• Si<strong>ch</strong>erstellen von Behandlungskonstanz und Si<strong>ch</strong>erstellung einer optimalen fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Triage<br />
intern und extern<br />
• Fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Beurteilung und Förderung der direkt unterstellten Mitarbeitenden<br />
• ....<br />
In den Behandlungsprozessen wird es selten der Fall sein, dass die organisatoris<strong>ch</strong>e und fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Führung dur<strong>ch</strong> eine Person wahrgenommen wird. Das hat folgende Gründe:<br />
• die zeitli<strong>ch</strong>e Belastung für die organisatoris<strong>ch</strong>e Prozessführung ist ho<strong>ch</strong>. Sie beträgt das 2 bis 3-<br />
fa<strong>ch</strong>e der fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Prozessführung.<br />
• Es gibt kaum jemanden, der die fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en und die organisatoris<strong>ch</strong>en Anforderungen glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
im notwendigen Umfang erfüllt.<br />
• die Übernahme der organisatoris<strong>ch</strong>en Führung ist für einzelne Fa<strong>ch</strong>kräfte (z.B. Ärzte und Ärztinnen)<br />
finanziell ni<strong>ch</strong>t attraktiv.<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 5
Das na<strong>ch</strong>folgende (auszugsweise dargestellte) Profil zeigt auf, wel<strong>ch</strong>e Anforderungen an die<br />
Verantwortli<strong>ch</strong>e der organisatoris<strong>ch</strong>en Führung eines Prozesses gestellt werden.<br />
Führungsbezogene und<br />
methodis<strong>ch</strong>e Kompetenz<br />
Anforderungen<br />
sehr hohe<br />
hohe<br />
mittlere<br />
geringe<br />
keine<br />
Soziale Kompetenz<br />
Strategis<strong>ch</strong>es Management X Kundenorientierung X<br />
Prozessmanagement X Kommunikationsfähigkeit X<br />
Qualitätsmanagement X Analytis<strong>ch</strong>es Denken X<br />
Gesetzeskenntnisse im<br />
Rahmen des eigenen Prozesses<br />
X Strukturiertes Denken X<br />
Betriebswirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Zusammenhänge<br />
X Teamfähigkeit X<br />
Ben<strong>ch</strong>marking / Kennzahlensysteme<br />
(Zielsystem)<br />
X Begeisterungsfähigkeit X<br />
Finanz- und Betriebsbu<strong>ch</strong>haltung<br />
X Dur<strong>ch</strong>setzungsfähigkeit X<br />
Wissensmanagement X Belastbarkeit X<br />
Arbeitssi<strong>ch</strong>erheit X Kritikfähigkeit X<br />
Projektmanagement X Einsatzbereits<strong>ch</strong>aft X<br />
Moderation X ...<br />
Vernetztes Denken X ...<br />
... ...<br />
... ...<br />
Anforderungen<br />
sehr hohe<br />
hohe<br />
mittlere<br />
geringe<br />
keine<br />
Wie kann eine Person bezei<strong>ch</strong>net werden, wel<strong>ch</strong>e Prozesse fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> oder organisatoris<strong>ch</strong> führt?<br />
Es gibt in der Praxis vers<strong>ch</strong>iedene Bezei<strong>ch</strong>nungen. Gebräu<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> sind Begriffe wie Prozessmanager/-in,<br />
Prozesseigner/-in, Prozessleitung. I<strong>ch</strong> verwende in den weiteren Ausführungen die Bezei<strong>ch</strong>nung<br />
Prozessleitung.<br />
4. Behandlungsprozesse: Steuerungsaufgaben<br />
Um die Behandlungsprozesse steuern zu können, müssen wir wissen, wel<strong>ch</strong>e Indikatoren erfolgswirksam<br />
sind. I<strong>ch</strong> gehe dabei von folgenden übergeordneten Faktoren aus: Kunden, Finanzen,<br />
Prozesse, Potenziale.<br />
Kunden:<br />
Der Erfolg von Leistungen die wir an Kunden erbringen misst si<strong>ch</strong> anhand ihrer Zufriedenheit. Da<br />
beim Behandlungsprozess ganz unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Leistungserbringer tätig sind, beinhaltet die<br />
Kundenzufriedenheit eine Vielzahl von Messgrössen wie beispielsweise<br />
• Verständli<strong>ch</strong>keit der Informationen<br />
• Informationsfluss<br />
• Bezugspflege<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 6
• Präsenz<br />
• Wartezeiten<br />
• Auftreten von Bezugspersonen<br />
• Zusammenarbeit zwis<strong>ch</strong>en den Beteiligten<br />
Aufgabe der Prozessleitung ist es, die Zufriedenheit zu ermitteln, mit den Beteiligten Lösungen zur<br />
Verbesserung zu erarbeiten und ans<strong>ch</strong>liessend in die tägli<strong>ch</strong>e Praxis umzusetzen.<br />
Finanzen:<br />
Die finanzielle Steuerung erfolgt zunehmend über die Prozesse. Es geht um das Planen und Erfassen<br />
von personellen sowie infrastrukturellen Ressourcen. Mögli<strong>ch</strong>e finanzielle Messgrössen:<br />
• Budgetabwei<strong>ch</strong>ung<br />
• Personalkosten<br />
• Fallkosten<br />
• Rendite des eingesetzten Kapitals (Return on Investment)<br />
Die Prozessleitung muss in der Lage sein, zeitgere<strong>ch</strong>t finanzielle Entwicklungen im Behandlungsprozess<br />
zu steuern. Die Prozessleitung übernimmt damit au<strong>ch</strong> finanzielle Verantwortung.<br />
Prozesse:<br />
I<strong>ch</strong> bin der Auffassung, dass im Gesundheitswesen vor allem in der Prozessgestaltung Optimierungspotenzial<br />
vorhanden ist. Die Messgrössen der Prozessqualität sind viels<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tig. Ein paar<br />
Beispiele:<br />
• Aufenthaltsdauer von Patienten und Patientinnen<br />
• Komplikationsrate<br />
• Dauer einzelner medizinis<strong>ch</strong>er Tätigkeiten<br />
• Wartezeiten<br />
• Materialverbrau<strong>ch</strong><br />
Aufgrund von internen und externen Verglei<strong>ch</strong>en ist es Aufgabe der Prozessleitung, Prozessoptimierungen<br />
mit den Beteiligten zu erarbeiten und umzusetzen.<br />
Potenziale:<br />
Unter Steuerung der Potenziale ist vor allem die Nutzung und Weiterentwicklung von personellen<br />
und infrastrukturellen Ressourcen zu verstehen. Messgrössen sind beispielsweise:<br />
• Zufriedenheit der Mitarbeitenden<br />
• Erfolgsna<strong>ch</strong>weis von Aus- und Weiterbildungen<br />
• Innovationsgrad<br />
• Nutzungsgrad von Infrastrukturen<br />
• Wissensvernetzung<br />
Die Prozessleitung ist mitverantwortli<strong>ch</strong> für die Entwicklung der Prozesse. Sie übernimmt hier eine<br />
wi<strong>ch</strong>tige Rolle, indem sie mithilft, das Potenzial zu vernetzen und wirksam zu nutzen.<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 7
5. Umsetzung des Prozessmanagements<br />
Sie werden si<strong>ch</strong> fragen, ob si<strong>ch</strong> das aufgezeigte Modell verwirkli<strong>ch</strong>en lässt. Kann ein Spital oder<br />
eine Klinik direkt über die Prozesse geführt werden?<br />
I<strong>ch</strong> höre immer wieder Aussagen wie<br />
• das geht bei uns ni<strong>ch</strong>t<br />
• ein Spital ist halt etwas Spezielles<br />
• wir arbeiten mit Mens<strong>ch</strong>en, ni<strong>ch</strong>t mit Mas<strong>ch</strong>inen<br />
Es ist klar, jede Organisation hat ihre Eigenheiten. Ebenso klar ist aber au<strong>ch</strong>, dass es zwis<strong>ch</strong>en<br />
Organisationen viele Parallelen gibt.<br />
Prozessmanagement ist keine Frage der Bran<strong>ch</strong>e. Es ist eine Frage der Bereits<strong>ch</strong>aft zur Veränderung<br />
in Ri<strong>ch</strong>tung Kundenorientierung und eine Frage der Führungsphilosophie.<br />
Es gibt einige Spitäler beziehungsweise Kliniken in der S<strong>ch</strong>weiz, die si<strong>ch</strong> auf dem Weg in Ri<strong>ch</strong>tung<br />
Prozessmanagement befinden. Diesen Weg zu bes<strong>ch</strong>reiten ist ni<strong>ch</strong>t ganz einfa<strong>ch</strong>, wird er do<strong>ch</strong> oft<br />
dur<strong>ch</strong> die re<strong>ch</strong>t starren Strukturen im Gesundheitswesen behindert.<br />
Das (modellhafte) Organigramm der Prozessorganisation:<br />
Gesamtleitung<br />
Stabsfunktionen<br />
Prozess Prozess Prozess Prozess<br />
Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong><br />
Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong><br />
Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong><br />
Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong><br />
Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong><br />
Wel<strong>ch</strong>e Voraussetzungen müssen gegeben sein, um das dargestellte Modell erfolgrei<strong>ch</strong> umzusetzen?<br />
Es setzt voraus....<br />
• die Bereits<strong>ch</strong>aft zu einer ganzheitli<strong>ch</strong>en Führung<br />
• ein langfristiges und vernetztes Denken<br />
• das "grössere Ganze" im Vordergrund zu sehen<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 8
• eine gegenseitige hohe Werts<strong>ch</strong>ätzung und entspre<strong>ch</strong>endes Vertrauen<br />
• eine hohe Potenzialorientierung<br />
• das Offenlegen von Interessen versus Positionen<br />
• lösungsorientiertes Denken und Handeln<br />
Dass eine Realisierung einer Prozessorganisation im Gesundheitswesen gut mögli<strong>ch</strong> ist, zeigen<br />
beispielsweise die Psy<strong>ch</strong>iatris<strong>ch</strong>en Dienste Graubünden. Sie setzen eine Organisation um, die<br />
dem Prozessmanagement in hohem Grade entspri<strong>ch</strong>t:<br />
Ges<strong>ch</strong>äftsleitung<br />
CEO<br />
Stabsfunktionen<br />
Prozess<br />
Management<br />
Prozess Leistungserbringung<br />
KVG<br />
(duale Führung)<br />
Prozess<br />
Leistungserbingung<br />
IVG<br />
Prozesse<br />
Ressourcen<br />
und Support<br />
Subprozess Subprozess Subprozess Subprozess<br />
Subprozess<br />
Subprozess Subprozess Subprozess<br />
Subprozess Subprozess Subprozess Subprozess<br />
Subprozess Subprozess Subprozess Subprozess<br />
Subprozess Subprozess Subprozess Subprozess<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 9
6. S<strong>ch</strong>lussfolgerungen<br />
Das Prozessmanagement bietet Mögli<strong>ch</strong>keiten zur Steuerung von komplexen Behandlungsprozessen.<br />
Es unterstützt das Festlegen von klaren Verantwortli<strong>ch</strong>keiten. Es bietet gute Lösungen<br />
für die drei eingangs erwähnten Thesen.<br />
Zu These 1:<br />
Die Zufriedenheit der Patienten und Patientinnen wird umfassend betra<strong>ch</strong>tet. Alle wesentli<strong>ch</strong>en<br />
Einflussfaktoren können einbezogen werden. Lösungen werden ni<strong>ch</strong>t berufsgruppenspezifis<strong>ch</strong><br />
oder tätigkeitsbezogen, sondern interdisziplinär und patientenzentriert gesu<strong>ch</strong>t.<br />
Zu These 2:<br />
Die Bezugspflege erhält im Rahmen von Behandlungsprozesses einen höheren Stellenwert. Die<br />
Pflege kann übergreifend an Prozessveränderungen mitarbeiten. Pflegefa<strong>ch</strong>kräften mit hoher organisatoris<strong>ch</strong>er<br />
und sozialer Kompetenz bieten si<strong>ch</strong> neue beziehungsweise erweiterte Arbeitsfelder<br />
als Prozessleitende.<br />
Zu These 3:<br />
Es bietet si<strong>ch</strong> die Chance, prozess- und ni<strong>ch</strong>t hierar<strong>ch</strong>iebezogen Wissen zu vernetzen und zu nutzen.<br />
Entspre<strong>ch</strong>ende Gefässe können dazu beitragen, Informationsflüsse zu vereinfa<strong>ch</strong>en und administrative<br />
Tätigkeiten zu "ents<strong>ch</strong>lacken".<br />
Autor:<br />
Viktor Reut ist Management-Berater im Beratungsunternehmen Reut Innovation, St.Gallen. Er begleitet<br />
und s<strong>ch</strong>ult Unternehmungen im Rahmen von Organisations- und Teamentwicklungen. Sie<br />
errei<strong>ch</strong>en ihn unter viktor.reut@<strong>reutinnovation</strong>.<strong>ch</strong>.<br />
USZ: Fa<strong>ch</strong>tagung Bezugspflegesystem vom 16. März 2007 Seite 10