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1. “Traurig das land das<br />
solche helden nötig hat“<br />
Stauffenberg kommt jetzt groß raus: Als „unser Übermensch!“(FAZ) steht er für das gute<br />
Deutschland, auf das wir alle endlich wieder stolz sein sollen. Dabei ist die Weste des Generalstabsoffiziers<br />
keineswegs so unbefleckt, wie die deutsche Einigkeit das gern hätte. Und: Die<br />
„Ehre der Nation“ soll Stauffenberg l ebenso wenig retten, wie irgendein anderer: Wir stricken<br />
nicht mit an deutschen Mythen. Wir wollen keine Helden.<br />
Deutschland ist uns Möhre!<br />
Über den Attentatsversuch des<br />
20. Juli ist eigentlich alles gesagt.<br />
JedeR kann es nachlesen: Ein<br />
Teil der Attentäter trug aktiv zu<br />
verbrecherischen Aktionen wie<br />
den Massenmorden im damaligen<br />
„deutschen Reich“ <strong>und</strong> den<br />
besetzten Gebieten bei. Viele der<br />
Mitglieder des Kreises, inklusive<br />
Stauffenberg, waren überzeugte<br />
AntisemitInnen, Militaristen <strong>und</strong><br />
an den Verbrechen der Wehrmacht<br />
beteiligt.. Sogar die Gestapo konnte<br />
keine gr<strong>und</strong>legenden Differenzen<br />
erkennen, sondern hielt nach<br />
dem misslungenen Attentat fest,<br />
dass die VerschwörerInnen „bei<br />
gr<strong>und</strong>sätzlicher Bejahung des Antisemitismus,<br />
die Methode seiner<br />
Durchführung ablehnten.“<br />
Ist das ein Gr<strong>und</strong> keinen Film<br />
über Graf Schenk von Stauffenberg<br />
oder den 20. Juli 1944 allgemein<br />
zu machen? Nö. Darf es ein<br />
schlechter Film sein, der die historischen<br />
Details ausspart <strong>und</strong> Stauffenberg<br />
als Actionheld inszeniert?<br />
Ja. Darf ein Schauspieler, der einer<br />
etwas sonderbaren Religionsgemeinschaft<br />
angehört, Stauffenberg<br />
spielen? Wegen uns schon – wir<br />
müssen ihn ja nicht anschauen!<br />
Was hat Tom Cruise<br />
mit Fussball zu tun?<br />
Unser Problem ist ein anderes: Mit<br />
der Helden-Figur Stauffenberg<br />
wird „Nation gemacht“, d.h. eine<br />
ruhmvolle Geschichte konstruiert,<br />
mit der sich alle identifizieren<br />
<strong>und</strong> wohl in Deutschland fühlen<br />
sollen: Die FAZ freut sich schon<br />
jetzt:„ [Tom Cruise] wird jetzt sein<br />
Superstar-Licht auf diesen seltenen<br />
glanzvollen Moment im düstersten<br />
Kapitel unserer Geschichte werfen.<br />
Er wird dadurch allein das Ansehen<br />
Deutschlands mehr befördern, als<br />
es zehn Fußball-Weltmeisterschaften<br />
hätten tun können.“<br />
Was aber hat nun Superbunny<br />
Stauffenberg mit zehn Fußballweltmeisterschaften<br />
<strong>und</strong> mit<br />
Nationalismus zu tun? Nationen<br />
sind erstmal nichts Naturgegebenes.<br />
Sie müssen erf<strong>und</strong>en werden.<br />
Das ist gar nicht so einfach, denn<br />
erst einmal scheint es nicht übermäßig<br />
logisch, dass Menschen, die<br />
sich größtenteils nicht kennen <strong>und</strong><br />
unterschiedliche Interessen haben,<br />
sich als Teil einer Gemeinschaft<br />
verstehen. <strong>Der</strong> Eine ist schwul,<br />
die Andere hetero, die Eine muss<br />
arbeiten gehen, der Andere lässt<br />
für sich arbeiten. Um hier eine Gemeinschaft<br />
herzustellen, wird eine<br />
gemeinsame kulturelle Tradition
erf<strong>und</strong>en. Dies ist die Voraussetzung,<br />
damit Menschen glauben,<br />
mit „Wir“ seien „die Deutschen“<br />
gemeint ... <strong>und</strong> nicht der Kaninchenzüchterverein<br />
Nordwest, in<br />
dem sie Mitglied sind. Erst über<br />
die Erfindung einer gemeinsamen<br />
Geschichte wird ein gemeinsames<br />
(nationales) „Wir“ geschaffen.<br />
Problembär Deutschland<br />
In Deutschland gab es nach 1945<br />
ein Problem bei der täglichen<br />
Neuerfindung der Nation. Deutschland<br />
hatte fast alle seine Nachbarn<br />
<strong>und</strong> die Nachbarn seiner Nachbarn<br />
überfallen. Neben der industriellen<br />
Ermordung von Jüdinnen,<br />
Juden, Sinti, Roma <strong>und</strong> als „asozial“<br />
Deklarierten, wurden Millionen<br />
Menschen zur Zwangsarbeit<br />
verschleppt. Insbesondere in Polen<br />
<strong>und</strong> der Sowjetunion wurden Millionen<br />
Menschen ermordet.<br />
Diese Handlungen waren ein nationales<br />
Gemeinschaftsprojekt. Fast<br />
alle nichtjüdischen Deutschen haben<br />
sich daran beteiligt: <strong>Der</strong> Bahnmitarbeiter,<br />
der Deportationszüge<br />
abfertigte, der kleine Angestellte,<br />
der nach der Denunziation seiner<br />
jüdischen Nachbarn die Wohnung<br />
günstig übernahm <strong>und</strong> eben auch<br />
der Oberst Claus von Stauffenberg,<br />
der als Kommandeur die Rassen<strong>und</strong><br />
Weltanschauungskriegszügen<br />
mit plante <strong>und</strong> durchführte. Nach<br />
1945 gab es daher in Deutschland<br />
ein erhebliches Bedürfnis nach<br />
Reinwaschung. Ein neues Bild der<br />
„deutschen Nation“ musste her.<br />
Es wurde folgender Mythos erf<strong>und</strong>en:<br />
-Außer einigen wenigen nationalsozialistischen<br />
Führungskräften<br />
habe niemand von den Verbrechen<br />
gewusst.<br />
-Ein großer Teil der direkt an der<br />
Vernichtungspolitik Beteiligten<br />
hätten auf Gr<strong>und</strong> von Befehlen<br />
mitmachen müssen, sonst wären<br />
sie selbst ermordet worden.<br />
-<strong>Der</strong> Nationalsozialismus sei nur<br />
ein „dunkles Kapitel“ einer ansonsten<br />
unproblematischen deutschen<br />
Geschichte: Die Nazis als<br />
Betriebsunfall.<br />
Wo der Hase lang läuft...<br />
Deutschland 2.0<br />
Schönes neues Deutschland also?<br />
Mit der Zeit aber bekamen die<br />
Mythen Brüche <strong>und</strong> büßten ihre<br />
Überzeugungskraft ein. Historikerinnen<br />
<strong>und</strong> Historiker hatten<br />
nachgewiesen, dass die genannten<br />
Behauptungen ziemlicher bullshit<br />
sind. Lang genug hat das gedauert,<br />
denn das wussten die (überlebenden)<br />
Opfer <strong>und</strong> die TäterInnen<br />
ja eigentlich auch schon vorher.<br />
Da es Deutschland nun aber immer<br />
noch gibt <strong>und</strong> das wohl auch noch<br />
eine Weile so bleibt, muss man<br />
irgendwie anders „Heldenrettung“<br />
betreiben. <strong>Der</strong> Antisemitismus, die<br />
Homophobie <strong>und</strong> der Rassismus<br />
von Stauffenberg <strong>und</strong> Konsorten<br />
werden in der FAZ als kleine Fehler<br />
bezeichnet, die die Gesamtleistung<br />
nicht schmälerten.<br />
Wider deutsche Helden!<br />
Wider deutsche Mythen!<br />
Daher ist es uns egal, ob Tom<br />
„Topgun“ Cruise, Veronica „Kartoffel“<br />
Ferres oder Götz George<br />
den Stauffenbunny gibt. Es ist uns<br />
schlicht Möhre, ob er von einem<br />
Scientologen, einem Buddhisten<br />
oder einer promovierten Betriebswirtschaftlerin<br />
gespielt wird. Wir<br />
wollen den Mythos des deutschen<br />
Helden Stauffenberg nicht. Unsere<br />
Solidarität gilt den Opfern des<br />
Nationalsozialismus. Sie gilt vor<br />
allem denen, die schon vor 1944<br />
Widerstand leisteten <strong>und</strong> die auf<br />
Gr<strong>und</strong> ihrer Herkunft, ihres Glaubens,<br />
ihrer sexuellen Orientierung<br />
oder eines anderen tatsächlichen<br />
oder zugeschriebenen Merkmals<br />
verfolgt wurden. Stauffenberg <strong>und</strong><br />
die MitverschwörerInnen waren<br />
TäterInnen, bevor sie zu Opfern<br />
wurden. Sie waren AntisemitInnen,<br />
SchwulenfeindInnen, Beteiligte am<br />
Massenmord.<br />
Es gibt keine „Ehrenrettung“ der<br />
deutschen Nation. Weder durch<br />
Stauffenberg-Cruise, noch durch<br />
Andere. Wir wollen keine Werbung<br />
für Deutschland. Wir wollen<br />
Deutschland nicht.<br />
Um diesen zu demonstrieren ist<br />
heute Pink Rabbit - ein großer<br />
Rosa Hase anstelle von Tom Cruise<br />
über den roten Teppich gehoppelt.<br />
Pink Rabbit: Ist dagegen!<br />
Überall dort, wo nationale Inszenierungen<br />
stattfinden, wird Pink<br />
Rabbit im Jahr 2009 auftauchen<br />
<strong>und</strong> sie lächerlich machen. Auf<br />
der Website: www.pink-rabbit.org<br />
wird es regelmäßig seine neuesten<br />
Coups erläutern.<br />
Auf der Seite findest du ein Video<br />
zu dieser <strong>und</strong> weiteren Aktionen.<br />
Name<br />
Strasse<br />
ORT<br />
Mail<br />
telefon<br />
Du willst mehr Infos oder sogar an<br />
einer der nächsten Pink-Rabbit Aktionen<br />
teilnehmen?<br />
Schick diesen Coupon an:<br />
NATURFREUNDEJUGEND BERLIN<br />
Gryphiusstraße 13<br />
10245 Berlin<br />
oder ruf an:<br />
030-325 327 70<br />
oder eine Mail an:<br />
post@pink-rabbit.org