BERLIN - Veranstaltungskalender für Körper Geist und Seele
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Traum Kolumne<br />
Yoga <strong>und</strong> Achtsamkeit<br />
von Klausbernd Vollmar<br />
Träume setzen ins Bild, was wir im Alltagsleben (aus<br />
uns unbewussten Gründen) übersehen. Von daher<br />
erklärt es sich, dass wir häufig nach dem Erwachen<br />
etwas erinnern, was zuvor vergessen worden war.<br />
Sigm<strong>und</strong> Freud hat <strong>für</strong> dieses Vergessen den Begriff<br />
der Verdrängung geprägt. Er sah die Aufgabe der Psychoanalyse<br />
darin, das Verdrängte wieder bewusst zu<br />
machen, was er mit seinem vielzitierten Ausspruch<br />
„Wo Es war, soll Ich werden“ ausgedrückt hat. In<br />
diesem Sinn stärkt jegliche analytische Betrachtung<br />
eines Traums die Achtsamkeit des Träumers.<br />
Betrachten wir nun die häufig auftretenden chaotischen<br />
Träume, in denen sich die Personen <strong>und</strong><br />
Situationen, die Zeit oder der Ort ständig wandeln.<br />
Solche Träume sind in einer „Gesellschaft der Beschleunigung“<br />
(Jacques Derrida) üblich. Sie spiegeln<br />
wider, wie unsere Aufmerksamkeit ständig von etwas<br />
Neuem angezogen wird. Der chaotische Traum macht<br />
uns klar, dass wir ohne das Verweilen keine Fokussierung<br />
erreichen können, dass wir also ohne Entschleunigung<br />
unachtsam werden. Und mehr noch, wenn wir<br />
unachtsam werden, erscheint uns unsere Wirklichkeit<br />
chaotisch. Freilich drücken solche Träume diese<br />
sprunghafte Unaufmerksamkeit überspitzt aus, so<br />
dass der Träumer sich nach dem Aufwachen gedrängt<br />
fühlt zu überlegen, warum seine nächtlichen Filme so<br />
sinnlos, ja geradezu dadaistisch erscheinen.<br />
Eine hohe Stufe der Achtsamkeit stellt das bewusste<br />
oder luzide Träumen dar. Hierbei lernt der<br />
Träumer in seinem Traum bewusst zu bleiben. Eine<br />
der wichtigsten Übungen bei dieser Praxis besteht<br />
darin, seine Aufmerksamkeit auf einem Traumbild zu<br />
halten, also den Traumablauf zu stoppen, um das Bild<br />
mit all seiner Konzentration erfassen zu können. Im<br />
tibetischen Traum-Yoga wendet man diese <strong>und</strong> eine<br />
leicht abgewandelte Übung an, bei der man sich auf<br />
einen farbigen Kreis (meist rot) vom Einschlafen über<br />
das Träumen bis hin zum Aufwachen konzentriert.<br />
Solche Übungen, die nicht leicht zu erlernen sind,<br />
stärken die Achtsamkeit im Alltagsleben enorm. Sie<br />
zeigen zugleich, dass Achtsamkeit<br />
kein Selbstzweck ist, denn<br />
auffallend viele luzide Träumer<br />
sind ihrem Alltagsleben erstaunlich<br />
erfolgreich.<br />
Klausbernd Vollmar führt einen<br />
vielbeachteten Blog http://kbvollmarblog.wordpress.com.<br />
Auf seiner<br />
Website www.kbvollmar.de nden<br />
Sie seine Buchveröffentlichungen<br />
<strong>und</strong> Veranstaltungstermine.<br />
heitsmäßige Über- oder Unterreaktion auf Herausforderungen<br />
in die Fähigkeit wandeln, das eigene Potential<br />
angemessen zu nutzen, ohne immer noch von Gefühlen<br />
der Wut oder Angst überwältigt zu werden.<br />
Der Austritt aus dem Geburtskanal <strong>und</strong> die ersten<br />
Erfahrungen in dieser Welt<br />
Aus vielfältigen Erfahrungsberichten wissen wir, dass<br />
Menschen, die diese Phase der Geburt mithilfe verschiedener<br />
ganzheitlicher therapeutischer Techniken<br />
wieder erlebt haben, den Moment des erfolgreichen<br />
Heraustretens aus dem Geburtskanal in zwei verschiedenen<br />
Qualitäten erleben. Einerseits gehen sie durch<br />
einen Sterbeprozess der bisherigen Existenz als Fötus<br />
im Mutterleib, andererseits erleben sie den Eintritt in<br />
ein vollkommen neues Dasein als ein unabhängiges<br />
atmendes Wesen - auch wenn dieses sich noch in der<br />
Abhängigkeit von Nahrungszufuhr <strong>und</strong> dem schützenden<br />
<strong>und</strong> versorgenden Kontakt von außen befindet. Im<br />
besten Fall entwickelt sich dieser elementare Übergang<br />
nur mit einigen wenigen Schwierigkeiten <strong>und</strong> ohne großes<br />
Trauma. Dieser Mensch wird trotz etwaiger großer<br />
oder bedrohlicher Herausforderungen in der Lage sein,<br />
mit einer Art Ur-Vertrauen von einer Lebensphase in<br />
die nächste zu gehen.<br />
Die gr<strong>und</strong>legende erste Erfahrung als autonomes<br />
Wesen in dieser Welt hat einen Einuss auf<br />
all das, was diesen Menschen später im Leben<br />
erwarten wird <strong>und</strong> welches Lebenskonzept er<br />
entwickelt.<br />
War er ein mit Freude empfangener Säugling, der Aufmerksamkeit,<br />
Fürsorge, Kontakt <strong>und</strong> Nahrung erhalten<br />
hat oder im Gegenteil nicht willkommen, verlassen oder<br />
unterversorgt. Letzteres hätte wahrscheinlich eine tiefe<br />
unbewusste Überzeugung zur Folge, dass all dies <strong>für</strong> ihn<br />
nicht zur Verfügung steht, nicht zugänglich ist. Dieser<br />
Mensch wäre möglicherweise sein Leben lang damit<br />
beschäftigt, die nährende befriedigende Erfahrung zu<br />
suchen <strong>und</strong> nachzuholen, die er als Mangel nach der<br />
Geburt erfahren hat. Die Chance, dies zu finden erweist<br />
sich als gering, da keine Erfahrung als Erwachsener im<br />
Alltagsbewusstsein so intensiv sein könnte, wie diese<br />
erste verpasste positive Begegnung mit der Welt.<br />
Ein therapeutischer Zugang zu dieser Geburtsphase<br />
<strong>und</strong> ein Auflösen dieses Traumas kann eine radikale<br />
Veränderung der gesamten Lebensperspektive zur Folge<br />
haben. Es gäbe diesem Menschen möglicherweise das<br />
Vertrauen zurück, durch schwierige Abschnitte des<br />
Lebens zu gehen <strong>und</strong> daran zu wachsen, neue Herausforderungen<br />
anzunehmen <strong>und</strong> eine Persönlichkeit<br />
zu entwickeln, die mehr Freude <strong>und</strong> Befriedigung im<br />
Leben erfährt sowie sich von anderen wahrgenommen<br />
<strong>und</strong> angenommen fühlt.<br />
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KGSBerlin 04/2013