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Die Verantwortlichkeit des Stiftungsrats - Bill, Isenegger und ...

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echT / VerSicherungen<br />

<strong>Die</strong> VerAnTworTlichKeiT DeS STifTungSrATS<br />

3.4 Haftungsbeschränkungen<br />

3.4.1 Haftungsausschluss. Ein Haftungsausschluss für Absicht<br />

<strong>und</strong> grobe Fahrlässigkeit ist nach Massgabe von Art. 100<br />

Abs. 1 OR unzulässig. Eine Möglichkeit zur Wegbedingung<br />

der Haftung für leichte Fahrlässigkeit – sowohl durch das<br />

«Das grobmaschige Stiftungsrecht<br />

bietet dem Destinatär<br />

ein unzureichen<strong>des</strong> Schutznetz.»<br />

Stiftungsstatut als auch durch individuelle Vereinbarung –<br />

wird von der überwiegenden Lehre in Abrede gestellt. <strong>Die</strong>s<br />

mit der Begründung, dass ein Verzicht auf mögliche künftige<br />

Schadenersatzansprüche stiftungsrechtlich unzulässig<br />

sei, da einer Stiftung Vermögensentäusserungen ausserhalb<br />

der jeweiligen Zwecksetzung gr<strong>und</strong>sätzlich verwehrt<br />

seien [35]. <strong>Die</strong>se Ansicht widerspricht der sehr weitgehenden<br />

Stiftungsfreiheit, welche dem Stifter eingeräumt wird. Es ist<br />

nicht einsichtig, weshalb ihm verwehrt sein soll, diese Freiheit<br />

auch dahingehend zu nutzen, die Haftung der Mitglieder<br />

<strong>des</strong> <strong>Stiftungsrats</strong> für leichte Fahrlässigkeit auszuschlies ­<br />

sen [36].<br />

3.4.2 Freizeichnung. Es steht dem Stifter frei, den Mitgliedern<br />

<strong>des</strong> <strong>Stiftungsrats</strong> vertraglich zu garantieren, sie schadlos zu<br />

halten. Solche Schadloshaltungsklauseln sind bei fiduziarischen<br />

Mitgliedern <strong>des</strong> Verwaltungsrats von Aktiengesellschaften<br />

sehr häufig [37], <strong>und</strong> es ist nicht ersichtlich, weshalb<br />

dies bei Stiftungen nicht auch möglich sein soll. Wie weit<br />

die Schadloshaltung gehen soll, steht im Belieben der Parteien.<br />

Denkbar ist selbst eine Freizeichnung für Grobfahrlässigkeit,<br />

da Art. 100 OR nach richtiger Ansicht nicht Anwendung<br />

auf eine solche Freizeichnung findet [38]. Mitglieder<br />

<strong>des</strong> <strong>Stiftungsrats</strong>, welche ihr Haftungsrisiko minimieren<br />

möchten, sind <strong>des</strong>halb gut beraten, vor Einsitznahme in die<br />

Stiftung eine Schadloshaltungsklausel mit dem Stifter zu<br />

vereinbaren [39].<br />

3.4.3 Haftungsreduktion bei ehrenamtlicher Tätigkeit. Aufgr<strong>und</strong><br />

der vielfach ehrenamtlich wahrgenommenen <strong>Stiftungsrats</strong>mandate<br />

kommt der Bestimmung in Art. 99 Abs. 2 OR, wonach<br />

sich das Mass der Haftung «milder beurteilt, wenn das<br />

Geschäft für den Schuldner keinerlei Vorteil bezweckt», im<br />

vorliegenden Zusammenhang besondere Bedeutung zu.<br />

Nach bun<strong>des</strong>gerichtlicher Rechtsprechung stellt die Unentgeltlichkeit<br />

in der Regel ein Korrelat zu einer stillschweigenden<br />

Haftungsbeschränkung dar [40]. Dabei kann als Milderungsgr<strong>und</strong><br />

bereits genügen, dass der fragliche Vorteil verhältnismässig<br />

gering ist [41].<br />

In der Lehre wird die Möglichkeit einer Haftungsmilderung<br />

bei ehrenamtlicher Tätigkeit von Mitgliedern <strong>des</strong> <strong>Stiftungsrats</strong><br />

kontrovers diskutiert: Nach der einen Ansicht ist<br />

eine Reduktion <strong>des</strong> Haftungsmasses gr<strong>und</strong>sätzlich abzulehnen,<br />

da der Organträger einerseits eine besondere Vertrauensstellung<br />

unabhängig von einer Entlöhnung einnimmt<br />

<strong>und</strong> dabei wissen muss, dass der ehrenamtlichen Besetzung<br />

einer Organträgerfunktion nicht die Bedeutung einer Zustimmung<br />

seitens der Stiftung zu einem geringeren Haftungsmass<br />

zukommen kann; andererseits kann nicht von<br />

einer stillschweigenden Haftungsbeschränkung ausgegangen<br />

werden, da die Stiftung wesensgemäss nicht frei ist, über<br />

ihr Vermögen anders als zur Zweckverwirklichung zu verfügen<br />

[42]. Dem wird entgegengehalten, dass die angesprochene<br />

gesetzlich vorgesehene Haftungsreduktion ihren<br />

Gr<strong>und</strong> in der besonderen Situation <strong>des</strong> verantwortlichen<br />

Organs <strong>und</strong> nicht der allenfalls geschädigten Stiftung habe,<br />

womit die fehlende Zustimmung der Stiftung nicht als wesentlich<br />

erscheine; darüber hinaus würde es dem allgemeinen<br />

Gerechtigkeitsempfinden widersprechen, wenn eine<br />

Vergütung für eine Organfunktion keinen Einfluss auf den<br />

Umfang der Haftung <strong>des</strong> Betroffenen habe [43].<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich ist der zweiten Ansicht zuzustimmen, da<br />

sie dem klaren Gesetzeswortlaut entspricht. Hingegen übersieht<br />

sie, dass gerade Mandate im Stiftungsrat oft mit dem<br />

Hintergedanken angenommen werden, dadurch an Sozialprestige<br />

<strong>und</strong> natürlich «Netzwerkaktivitäten» zu gewinnen,<br />

welche einen monetären Gegenwert zur Folge haben<br />

können. Das Kriterium der Unentgeltlichkeit eines <strong>Stiftungsrats</strong>mandats<br />

kann infolge<strong>des</strong>sen nicht ausschliesslich als<br />

Richtschnur bei der Beurteilung der vorliegend erörterten<br />

Frage einer allfälligen Haftungsmilderung herangezogen<br />

werden.<br />

4. ausserVertragliche haftung<br />

Des stiftungsrats<br />

4.1 Allgemeines. Als Geschädigte kommen praktisch ausschliesslich<br />

Destinatäre <strong>und</strong> die Stiftung selbst infrage. Dabei<br />

steht es den Destinatären frei, gegen die Stiftung selbst<br />

vorzugehen (Art. 55 Abs. 2 ZGB). Sie können aber gestützt auf<br />

Art. 55 Abs. 3 ZGB auch gegen die einzelnen Mitglieder <strong>des</strong><br />

<strong>Stiftungsrats</strong> direkt vorgehen, wenn diese schuldhaft gehandelt<br />

haben. Das Vorgehen gegen diese wird vor allem dann<br />

infrage kommen, wenn die Stiftung selbst kein Vermögen<br />

mehr aufweist.<br />

<strong>Die</strong> Haftung richtet sich dabei nach Art. 41 OR. Wer einem<br />

anderen widerrechtlich Schaden zufügt – sei es absichtlich oder<br />

fahrlässig – wird ihm zum Ersatz verpflichtet; gleichermassen<br />

gilt es, für eine gegen die guten Sitten verstossende Schädigung<br />

einzustehen. Haftungsvoraussetzungen sind somit:<br />

Eintritt eines Schadens, rechtswidriges Verhalten, adäquat kausale<br />

Verursachung sowie Verschulden [44]. Für die Erörterung <strong>des</strong> adäquaten<br />

Kausalzusammenhangs <strong>und</strong> <strong>des</strong> Verschuldens kann<br />

auf das bereits Gesagte verwiesen werden.<br />

4.2 Widerrechtlichkeit. Nach der nach wie vor vorherrschenden<br />

Lehre <strong>und</strong> Rechtsprechung ist eine Schadenszufügung<br />

dann als widerrechtlich anzusehen, wenn sie gegen<br />

eine allgemeine gesetzliche Pflicht verstösst, indem entweder<br />

ein absolutes Recht <strong>des</strong> Geschädigten beeinträchtigt oder<br />

eine reine Vermögensschädigung durch Verstoss gegen eine<br />

einschlägige Schutznorm bewirkt wird [45]. In aller Regel<br />

wird bei Stiftungsfällen ein blosser Vermögensschaden vorliegen,<br />

welcher nur dann als widerrechtlich gilt, wenn der<br />

Schädiger eine Verhaltensnorm verletzt hat, deren Zweck darin<br />

212 Der Schweizer TreuhänDer 2013 | 4

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