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Die Verantwortlichkeit des Stiftungsrats - Bill, Isenegger und ...

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<strong>Die</strong> VerAnTworTlichKeiT DeS STifTungSrATS<br />

r echT / VerSicherungen<br />

besteht, das Vermögen <strong>des</strong> Geschädigten gegenüber Schädigungen<br />

der konkret vorliegenden Art zu schützen [46].<br />

Solche Normen lassen sich zum einen im Strafrecht im<br />

Umfeld der Betrugstatbestände finden <strong>und</strong> zum anderen –<br />

spezifisch für Stiftungen – in Art. 84 Abs. 2 ZGB. <strong>Die</strong>se Gesetzesnorm<br />

stellt gemäss überwiegender Lehre im Umfang<br />

sämtlicher aus ihr abgeleiteten Pflichten auch den Schutz<br />

der Destinatäre sicher <strong>und</strong> hat somit wie im soeben erwähnten<br />

Sinne Vermögensschutzcharakter [47]. <strong>Die</strong>s hat die – eher<br />

ungewöhnliche – Folge, dass die Voraussetzungen der vorliegend<br />

betrachteten Widerrechtlichkeit <strong>und</strong> der früher erörterten<br />

Vertragsverletzung übereinstimmen, m. a. W. decken<br />

sich die Verschuldens­ <strong>und</strong> Deliktshaftung weitgehend.<br />

4.3 Schaden. Der Betroffene muss einen direkten Schaden<br />

erleiden. In der Praxis aber wird der Schaden in aller Regel<br />

bei der Stiftung selbst auftreten – <strong>und</strong> erst als Folge daraus<br />

indirekt beim Destinatär. Letzterer ist also nur in seltenen<br />

Fällen direkt durch die Handlungen <strong>des</strong> <strong>Stiftungsrats</strong> geschädigt<br />

<strong>und</strong> dadurch berechtigt, gegen das Organ vorzugehen<br />

[48]. Zwar gilt nach bun<strong>des</strong>gerichtlicher Rechtsprechung<br />

auch derjenige als direkt geschädigt, der seinen Schaden vom<br />

Schaden eines Erstgeschädigten ableitet, sofern der Schädigende<br />

eine Rechtsnorm verletzt, die auch den Schutz <strong>des</strong> Vermögens<br />

<strong>des</strong> indirekt Geschädigten erfasst [49]. <strong>Die</strong>s kann<br />

aber bei Destinatären nur dann der Fall sein, wenn sie bereits<br />

einen subjektiven Rechtsanspruch auf eine Stiftungsleistung<br />

haben (<strong>und</strong> damit Gläubiger der Stiftung sind). Bloss<br />

potenzielle, zukünftige Destinatäre haben (noch) keinen solchen<br />

Rechtsanspruch.<br />

Im Kontext einer klassischen Stiftung liesse sich als Beispiel<br />

eines direkt geschädigten Destinatärs an einen Wissenschaftler<br />

denken, dem die Forschungsarbeit in einem stiftungseigenen<br />

hochspezialisierten Labor durch ein verantwortliches<br />

Organ verwehrt wird, obschon er aufgr<strong>und</strong> der<br />

Stiftungssatzung explizit Anspruch auf die Benutzung der<br />

dortigen Einrichtungen hätte; als bloss indirekt geschädigt<br />

wäre er hingegen zu betrachten, wenn der Stiftung aufgr<strong>und</strong><br />

einer Veruntreuung durch den Stiftungsrat die Mittel fehlen,<br />

das Labor zu betreiben [50]. Anders wäre es wiederum,<br />

wenn ihm bereits zugesichert wurde, er dürfe das Labor benutzen,<br />

<strong>und</strong> er somit einen subjektiven Rechtsanspruch hat.<br />

<strong>Die</strong>se Problematik – welcher im Aktienrecht mit der <strong>Verantwortlichkeit</strong>sklage<br />

begegnet wird – führt dazu, dass Destinatäre<br />

einer Pflichtverletzung <strong>des</strong> <strong>Stiftungsrats</strong> meist<br />

machtlos gegenüberstehen <strong>und</strong> darauf angewiesen sind,<br />

dass die Stiftung ihre Ansprüche geltend macht. Das grobmaschige<br />

Stiftungsrecht bietet dem Destinatär also ein unzureichen<strong>des</strong><br />

Schutznetz.<br />

5. faZit<br />

<strong>Die</strong> vertragliche <strong>und</strong> die ausservertragliche Haftung bestehen<br />

kumulativ, d. h., der geschädigten Stiftung steht es frei,<br />

das verantwortliche Mitglied <strong>des</strong> <strong>Stiftungsrats</strong> entweder<br />

aus Vertrag oder aus unerlaubter Handlung zu belangen, sofern<br />

die Voraussetzungen dazu gegeben sind. Aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong><br />

Vermögensschutzcharakters von Art. 84 Abs. 2 ZGB decken<br />

sich die Verschuldens­ <strong>und</strong> Deliktshaftung weitgehend. In<br />

der Regel wird sich die Stiftung auf die vertragliche Haftung<br />

berufen, weil diese hinsichtlich Beweislast [51] <strong>und</strong> Verjährung<br />

[52] günstiger ist.<br />

In der Praxis sind solche Prozesse selten, da sich die restlichen<br />

Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Stiftungsrats</strong> oft hüten werden, gerichtlich<br />

gegen ihren fehlbaren Kollegen vorzugehen. Als Alternative<br />

kommt die Aufsichtsbehörde als Klägerin in Betracht.<br />

<strong>Die</strong>se ist aber nur dann zur Klageerhebung legitimiert, wenn<br />

alle anderen Mittel (wie insbesondere Weisungen) wirkungslos<br />

bleiben <strong>und</strong> das Stiftungsvermögen gefährdet ist.<br />

Bei unentgeltlicher Mandatsausübung wird die Möglichkeit<br />

der Haftungsminderung kontrovers diskutiert. Nach<br />

4 | 2013 Der Schweizer TreuhänD er<br />

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