Landtag von Baden-Württemberg Antrag Stellungnahme
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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 1076<br />
13. Wahlperiode 12. 06. 2002<br />
<strong>Antrag</strong><br />
der Abg. Dr. Bernhard Lasotta u. a. CDU<br />
und<br />
<strong>Stellungnahme</strong><br />
des Ministeriums für Umwelt und Verkehr<br />
Drogen im Straßenverkehr<br />
– Mischkonsum, Grenzwerte und strafrechtliche<br />
Konsequenzen<br />
<strong>Antrag</strong><br />
Der <strong>Landtag</strong> wolle beschließen,<br />
die Landesregierung zu ersuchen<br />
zu berichten,<br />
1. ob beabsichtigt ist, bei Drogenkontrollen im Straßenverkehr zukünftig verstärkt<br />
Mischkonsumenten zu entlarven,<br />
2. ob beabsichtigt ist, den § 24 a Abs. 2 StVG in der Anlage bezüglich bestimmter<br />
Stoffe wie Methamphetamine oder LSD zu erweitern und ob<br />
hierzu eine Bundesratsinitiative gestartet wird,<br />
3. ob die Landesregierung die Schaffung <strong>von</strong> Grenzwerten zur absoluten<br />
Fahruntüchtigkeit bei Drogenkonsum am Steuer für erforderlich hält und<br />
wie und in welchem Zeitraum diese gegebenenfalls eingeführt werden sollen,<br />
4. ob sie es für sinnvoll hält, das Fahren unter Drogeneinfluss und den<br />
Mischkonsum zukünftig auch strafrechtlich schärfer zu ahnden.<br />
11. 06. 2002<br />
Dr. Lasotta Döpper, Hoffmann,<br />
Rüeck, Dr. Brenner CDU<br />
Eingegangen: 12. 06. 2002 / Ausgegeben: 23. 07. 2002 1
<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 1076<br />
Begründung<br />
Bei ca. 30 % der Fahrer unter Drogeneinfluss ist Mischkonsum zu vermuten.<br />
Aus Kostengründen wird dieser oft nicht nachgewiesen. Zur stärkeren abschreckenden<br />
Wirkung <strong>von</strong> Fahren unter Drogeneinfluss sollte das künftige<br />
staatliche Handeln durch die o.g. Maßnahmen vereinfacht werden und noch<br />
konsequenter als bisher auch strafrechtlich verfolgt werden.<br />
<strong>Stellungnahme</strong>*)<br />
Mit Schreiben vom 12. Juli 2002 Nr. 3–3856.3–4/184 nimmt das Ministerium<br />
für Umwelt und Verkehr – zu Ziffer 1 im Einvernehmen mit dem Innenministerium<br />
und zu Ziffer 4 mit dem Justizministerium – zu dem <strong>Antrag</strong> wie folgt<br />
Stellung:<br />
1. Ist es beabsichtigt, bei Drogenkontrollen im Straßenverkehr zukünftig verstärkt<br />
Mischkonsumenten zu entlarven?<br />
Zu 1.:<br />
Bei den <strong>von</strong> der Polizei durchgeführten Straßenverkehrskontrollen wird die<br />
Erkenntnis berücksichtigt, dass Drogenkonsumenten nicht nur einen Stoff,<br />
sondern verschiedene Stoffe konsumieren. Bei Kontrollen verwendet die Polizei<br />
u.a. auch Vortests, die auf eine oder mehrere Substanzen der in der Anlage<br />
zu § 24 a Abs. 2 StVG aufgeführten Substanzgruppen reagieren. Bei<br />
einem positiven Befund wird das entnommene Blut auf die den Substanzen<br />
zugeordneten verschiedenen berauschenden Mittel untersucht. Gleichwohl<br />
wird der Tatbestand des § 24 a StVG bereits erfüllt, wenn eine Substanz<br />
nachgewiesen wird.<br />
2. Ist es beabsichtigt, den § 24 a Abs. 2 StVG in der Anlage bezüglich bestimmter<br />
Stoffe wie Methamphetamine oder LSD zu erweitern und wird<br />
hierzu eine Bundesratsinitiative gestartet?<br />
Zu 2.:<br />
Die Anlage zu § 24 a Abs. 2 StVG führt als berauschende Mittel neben Cannabis,<br />
Heroin, Morphin, Kokain, Amphetamin auch zwei Designer-Amphetamine<br />
auf. Als Substanzen sind diesen Methylendioxyethylamphetamin<br />
(MDE) und Methylendioxymethamphetamin (MDMA) zugeordnet. Damit<br />
sind die Methamphetamine bereits in der Anlage enthalten. Die Aufnahme<br />
<strong>von</strong> LSD ist bei der Erarbeitung der Vorschrift diskutiert worden. Von der<br />
Aufnahme in die Anlage 1 ist aber abgesehen worden, weil die Nachweisbarkeit<br />
nur sehr schwer möglich ist.<br />
3. Hält die Landesregierung die Schaffung <strong>von</strong> Grenzwerten zur absoluten<br />
Fahruntüchtigkeit bei Drogenkonsum am Steuer für erforderlich und wie<br />
und in welchem Zeitraum sollen diese gegebenenfalls eingeführt werden?<br />
Zu 3.:<br />
Bei der alkoholbedingten Fahruntauglichkeit sind durch die Rechtsprechung<br />
Grenzwerte festgelegt, die gefestigt und mit den medizinischen Vorstellungen<br />
kongruent sind. Dies ist bei Drogen nicht der Fall. Der Grund hierfür liegt<br />
darin, dass bei den einzelnen Drogen noch keine Quantifizierbarkeit der Dosis<br />
– wie bei Alkohol – vorliegt. Auch fehlen in diesem Bereich objektivier-<br />
*) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt.<br />
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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 1076<br />
bare statistische Daten. Eine empirische statistische Definition des Grades<br />
der Gefährdung bei Drogeneinnahme – wie dies bei Alkohol für die verschiedenen<br />
Konzentrationen vorhersehbar ist – ist nicht möglich. Die wichtigste<br />
Erkenntnisquelle bei Alkohol waren Experimente mit Personen. Derartige<br />
Versuche stoßen jedoch bei illegalen Drogen aus ethischen und rechtlichen<br />
Gründen auf Bedenken. Die Einführung <strong>von</strong> Grenzwerten bei Drogenkonsum<br />
kann daher allenfalls als Fernziel angesehen werden. Dazu sind zunächst<br />
noch erhebliche Forschungsanstrengungen erforderlich, bevor überhaupt an<br />
die Festlegung <strong>von</strong> Grenzwerten gedacht werden kann.<br />
4. Hält die Landesregierung es für sinnvoll, das Fahren unter Drogeneinfluss<br />
und den Mischkonsum zukünftig auch strafrechtlich schärfer zu ahnden?<br />
Zu 4.:<br />
Mit dem Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vom 28. April<br />
1998 (BGBl. I, S. 810) hat der Gesetzgeber das Führen <strong>von</strong> Kraftfahrzeugen<br />
unter dem Einfluss <strong>von</strong> im Einzelnen im Gesetz aufgeführten berauschenden<br />
Mitteln verboten und Zuwiderhandlungen als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße<br />
und Fahrverbot bewehrt. Ziel dieser Regelung war es, eine Sanktionsvorschrift<br />
zur Bekämpfung der durch Drogen für die Verkehrssicherheit entstehenden<br />
Gefahren zu schaffen. Mit dem Gesetz sollte eine bestehende<br />
Sanktionslücke geschlossen werden. Diese bestand darin, dass zwar nach den<br />
strafrechtlichen Bestimmungen in den §§ 315 c, 316 StGB bestraft wird, wer<br />
ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke<br />
oder anderer „berauschender Mittel“ nicht in der Lage ist, das Fahrzeug<br />
sicher zu führen. Eine Verurteilung nach dieser Vorschrift ist aber auch bei<br />
Drogeneinfluss nur möglich, wenn die Fahruntüchtigkeit festgestellt und bewiesen<br />
werden kann. Da es Grenzwerte für die Annahme der absoluten Fahruntüchtigkeit<br />
bei Drogen nicht gibt und diese auch in absehbarer Zeit nicht<br />
zu erwarten sind (vgl. Antwort zu Ziffer 3.), sind Feststellungen der relativen<br />
Fahruntüchtigkeit schwierig. Vielfach hängt der Nachweis <strong>von</strong> Zufällen ab.<br />
Oft kommt es daher erst zur Verurteilung, wenn tatsächlich Fahrfehler festgestellt<br />
werden, durch die Dritte gefährdet wurden. Hinzu kam, dass es auf der<br />
Ebene des Ordnungswidrigkeitsrechts keine Sanktionsmöglichkeit gab, die<br />
unabhängig <strong>von</strong> der Feststellung der Fahruntüchtigkeit eingriff. Folgenlose<br />
Drogenfahrten blieben daher häufig ohne Ahndung.<br />
Um diese bestehende Sanktionslücke im Ordnungswidrigkeitenrecht zu<br />
schließen, hat der Gesetzgeber den § 24 a Abs. 2 StVG beschlossen. Die Ausgestaltung<br />
als Ordnungswidrigkeiten-Tatbestand ist vom Gesetzgeber damals<br />
als ausreichendes und verhältnismäßiges Mittel angesehen worden. Die Einführung<br />
eines Straftatbestandes wurde allgemein als nicht erforderlich angesehen.<br />
Das Ministerium für Umwelt und Verkehr ist der Auffassung, dass das<br />
Gesetz ausreichend ist und die <strong>von</strong> ihm erwarteten Wirkungen im Bezug auf<br />
die Verkehrssicherheit eingetreten sind, und hält es derzeit nicht für sinnvoll,<br />
die bislang bestehenden Möglichkeiten der strafrechtlichen Ahndung des<br />
Fahrens unter Drogeneinfluss und des Mischkonsums zu verschärfen.<br />
Müller<br />
Minister für Umwelt und Verkehr<br />
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