23.11.2013 Aufrufe

Landtag von Baden-Württemberg Kleine Anfrage Antwort

Landtag von Baden-Württemberg Kleine Anfrage Antwort

Landtag von Baden-Württemberg Kleine Anfrage Antwort

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4474<br />

13. Wahlperiode 06. 07. 2005<br />

<strong>Kleine</strong> <strong>Anfrage</strong><br />

des Abg. Hans-Martin Haller SPD<br />

und<br />

<strong>Antwort</strong><br />

des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst<br />

Ungleichbehandlung <strong>von</strong> Ärzten an den Universitätsklinika in<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> gegenüber Ärzten in kommunalen Krankenhäusern<br />

und Ärzten an Universitätsklinika in Bayern<br />

<strong>Kleine</strong> <strong>Anfrage</strong><br />

Ich frage die Landesregierung:<br />

1. Trifft es zu, dass Assistenzärzte an den baden-württembergischen Universitätsklinika<br />

als Landesbeschäftigte seit den vom Land im Sommer 2004<br />

vorgenommenen Tarifänderungen hinsichtlich der Arbeitszeit und der geringen<br />

Bezahlung <strong>von</strong> Überstunden, der Kürzung <strong>von</strong> Weihnachtsgeld und<br />

der Streichung <strong>von</strong> Urlaubsgeld gegenüber Ärzten an kommunalen Krankenhäusern<br />

benachteiligt werden?<br />

2. Wenn ja: Wie machen sich diese Veränderungen beispielhaft beim Bruttogehalt<br />

für einen 35-jährigen Assistenzarzt, verheiratet, 2 berücksichtigungsfähige<br />

Kinder im fünften Dienstjahr, in Euro pro Jahr bemerkbar?<br />

3. Trifft es zu, dass dieser Assistenzarzt auch gegenüber Kollegen an einer<br />

Universitätsklinik in München oder Regensburg benachteiligt wird?<br />

4. Wenn ja: Warum besteht nur <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> darauf, in Abweichung<br />

<strong>von</strong> der bayerischen Praxis bei Verlängerungen des Dienstverhältnisses im<br />

Rahmen der Weiterbildungszeit den Besitzstand wegfallen zu lassen und<br />

neue Bestimmungen zu Arbeitszeit, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld anzuwenden?<br />

5. Sieht die Landesregierung in dieser Praxis der doppelten Benachteiligung<br />

einen Wettbewerbsnachteil für baden-württembergische Universitätsklinika?<br />

6. Welche Meinung vertreten die Klinikums- und Fakultätsvorstände der baden-württembergischen<br />

Universitätsklinika zu dieser Problematik?<br />

05. 07. 2005<br />

Haller SPD<br />

Eingegangen: 06. 07. 2005 / Ausgegeben: 04. 08. 2005 1<br />

Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet<br />

abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente


<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4474<br />

<strong>Antwort</strong><br />

Mit Schreiben vom 29. Juli 2005 Nr. 33–0341.0/41/1 beantwortet das Ministerium<br />

für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Einvernehmen mit dem Finanzministerium<br />

die <strong>Kleine</strong> <strong>Anfrage</strong> wie folgt:<br />

Ich frage die Landesregierung:<br />

1. Trifft es zu, dass Assistenzärzte an den baden-württembergischen Universitätsklinika<br />

als Landesbeschäftigte seit den vom Land im Sommer 2004 vorgenommenen<br />

Tarifänderungen hinsichtlich der Arbeitszeit und der geringen<br />

Bezahlung <strong>von</strong> Überstunden, der Kürzung <strong>von</strong> Weihnachtsgeld und<br />

der Streichung <strong>von</strong> Urlaubsgeld gegenüber Ärzten an kommunalen Krankenhäusern<br />

benachteiligt werden?<br />

Zum 30. Juni 2003 wurde <strong>von</strong> der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL)<br />

der Tarifvertrag über Zuwendungen (Weihnachtsgeld), zum 31. Juli 2003 der<br />

Tarifvertrag über das Urlaubsgeld mit der Folge einer Kürzung (Weihnachtsgeld)<br />

bzw. eines Wegfalls (Urlaubsgeld) dieser Geldleistungen für nach dem<br />

31. Juli 2003 neu eingestellte Arbeitnehmer gekündigt. Aufgrund der zum<br />

31. März 2004 gekündigten Arbeitszeitvorschriften im BAT gilt für nach dem<br />

30. April 2004 neu eingestellte Arbeitnehmer des Landes statt der bisherigen<br />

38,5 Std./Woche die 41 Std./Woche.<br />

In der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zur Anwendung der gekündigten<br />

Tarifverträge über eine Zuwendung und über ein Urlaubsgeld vom<br />

21. Juli 2003 sowie in der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zur<br />

Anwendung der gekündigten Arbeitszeitvorschriften vom 14. April 2004 ist<br />

festgelegt, dass die neuen arbeitsvertraglichen Konditionen auch für den Abschluss<br />

eines Arbeitsvertrages im Anschluss an einen bestehenden befristeten<br />

Arbeitsvertrag beim selben Arbeitgeber nach dem 31. Juli 2003 (Vergütung)<br />

bzw. 30. April 2004 (Arbeitszeit) gelten.<br />

Die kommunalen Krankenhäuser sind nicht Mitglied der TdL, sondern der<br />

Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Da diese die genannten<br />

tarifrechtlichen Regelungen nicht gekündigt hat, gelten für die Beschäftigten<br />

an kommunalen Krankenhäusern die tarifrechtlichen Konditionen<br />

zum Urlaubsgeld, zur Zuwendung und der Arbeitszeit weiter.<br />

2. Wenn ja: Wie machen sich diese Veränderungen beispielhaft beim Bruttogehalt<br />

für einen 35-jährigen Assistenzarzt, verheiratet, 2 berücksichtigungsfähige<br />

Kinder im fünften Dienstjahr, in Euro pro Jahr bemerkbar?<br />

Bei Anwendung der bisher gültigen tarifrechtlichen Regelungen beträgt das<br />

Jahresbruttogehalt 2005 eines 35-jährigen Arztes in Vergütungsgruppe II a<br />

BAT, verheiratet, 2 Kinder unter Berücksichtigung durchschnittlicher monatlicher<br />

unständiger Bezügebestandteile für Überstunden, Bereitschaftsdienst<br />

u. Ä. <strong>von</strong> 1.000 € rd. 62.300 €. Bei einem Arbeitsvertrag unter Berücksichtigung<br />

der unter Ziffer 1 genannten Verwaltungsvorschriften des Finanzministeriums<br />

(z. B. Vertragsverlängerung am 1. Februar 2004) beträgt das Jahresbruttogehalt<br />

2005 rd. 61.200 €, also 1.000 € weniger. Die finanzielle Einbuße<br />

beträgt danach rd. 1,8 %. Wäre der befristete Arbeitsvertrag erst mit Wirkung<br />

vom 1. Mai 2004 verlängert worden, müsste dem Vertrag auch die 41-Stunden-Woche<br />

zugrunde gelegt werden. Die Arbeitszeitverlängerung würde sich<br />

finanziell nur dann bemerkbar machen, wenn sich dadurch die Dienstpläne<br />

ändern und sich dies auf die Zahl der Überstunden und Bereitschaftsdienste<br />

auswirken würde. Hierzu können keine generalisierenden Aussagen gemacht<br />

werden. Unterstellt man, dass die Hälfte der monatlichen Arbeitszeitverlän-<br />

2


<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4474<br />

gerung um knapp 11 Stunden zu einer Verminderung der nicht ausgeglichenen<br />

Überstunden (5,5 Stunden) führen würde, ergäbe sich eine zusätzliche<br />

Verminderung der Jahresbruttobezüge 2005 um ca. 1.600 €, also insgesamt<br />

eine Verminderung um rd. 4,3 %.<br />

3. Trifft es zu, dass dieser Assistenzarzt auch gegenüber Kollegen an einer<br />

Universitätsklinik in München oder Regensburg benachteiligt wird?<br />

In Bayern gelten Vertragsverlängerungen in unmittelbarem Anschluss an ein<br />

Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber bei allen Landesbediensteten<br />

(also nicht nur bei den Assistenzärzten) nur bei der Zuwendung und dem Urlaubsgeld<br />

nicht als Neueinstellung, mit der Folge, dass die bisherigen tarifrechtlichen<br />

Regelungen weiter anzuwenden sind. Dies gilt jedoch nicht für<br />

die Arbeitszeit, die in Bayern derzeit 42 Stunden pro Woche beträgt.<br />

4. Wenn ja: Warum besteht nur <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> darauf, in Abweichung<br />

<strong>von</strong> der bayerischen Praxis bei Verlängerungen des Dienstverhältnisses im<br />

Rahmen der Weiterbildungszeit den Besitzstand wegfallen zu lassen und<br />

neue Bestimmungen zu Arbeitszeit, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld anzuwenden?<br />

Das Finanzministerium stützt die Rechtsauslegung zur Verlängerung <strong>von</strong> Arbeitsverträgen<br />

auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Anwendung<br />

<strong>von</strong> Beihilfetarifverträgen, wonach jede Befristungsverlängerung oder<br />

die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis im Anschluss an ein befristetes<br />

Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht mehr unter den Schutz der tarifrechtlichen<br />

Nachwirkung fällt (§ 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz), d. h. als Begründung<br />

eines neuen Arbeitsverhältnisses gilt.<br />

5. Sieht die Landesregierung in dieser Praxis der doppelten Benachteiligung<br />

einen Wettbewerbsnachteil für baden-württembergische Universitätsklinika?<br />

Die Länder verfahren unterschiedlich bei Befristungsverlängerungen. So<br />

z. B. Bayern; es gewährt zwar bei Befristungsverlängerungen weiterhin, ohne<br />

dazu gezwungen zu sein, generell das tarifliche Weihnachtsgeld und das tarifliche<br />

Urlaubsgeld, andererseits wird aber die Arbeitszeit statt wie in <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong> auf 41 auf 42 Stunden verlängert. Die um eine Stunde längere<br />

Wochenarbeitszeit kann bei einem an einem Uniklinikum in Bayern beschäftigten<br />

Arzt rechnerisch finanziell höhere Verluste auslösen (z. B. weniger<br />

Überstunden, weniger Bereitschaftsdienst) als die Weiterzahlung des ungeminderten<br />

tariflichen Weihnachtsgelds bzw. des tariflichen Urlaubsgelds.<br />

Letztlich geht es bei den Protest- und Streikaktionen den Ärzten darum, bei<br />

den anstehenden Tarifverhandlungen eine Verbesserung der Arbeits- und Gehaltssituation<br />

insgesamt zu erreichen. Dies zeigt sich auch darin, dass die<br />

Protest- und Streikaktionen der Ärzte nicht auf <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> begrenzt<br />

sind; so streiken die Ärzte in Hessen und Bayern, obwohl dort bei Befristungsverlängerungen<br />

das tarifliche Weihnachts- und Urlaubsgeld gewährt<br />

wird.<br />

6. Welche Meinung vertreten die Klinikums- und Fakultätsvorstände der baden-württembergischen<br />

Universitätsklinika zu dieser Problematik?<br />

3


<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4474<br />

Die Vorstände der baden-württembergischen Universitätsklinika haben Verständnis<br />

für die Anliegen der Ärzte. Sie haben daher zur Verbesserung der Situation<br />

der Assistenzärzte zugesagt, künftig auf eine angemessene Laufzeit<br />

der befristeten Arbeitsverträge mit den Assistenzärzten zu achten (erster Vertrag<br />

i. d. R. nicht unter 2 Jahren; zweiter Vertrag 3 bis 4 Jahre) und sie rechtzeitig<br />

vor Ablauf eines Vertrages über die Verlängerung zu informieren. In<br />

Übereinstimmung mit dem Ministerium fordern die Vorstände auch die Berücksichtigung<br />

der besonderen Belange der Hochschulmedizin (insbesondere<br />

des ärztlichen Personal an Universitätsklinika) in einem neuen Tarifrecht für<br />

den öffentlichen Dienst.<br />

Dr. Frankenberg<br />

Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!