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Boaz Farm - FCGW

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Projekt:<br />

<strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong><br />

Rehabilitation & Wiedereingliederung<br />

in der Landwirtschaft<br />

Târgu Mureş, Rumänien<br />

ICA Rumänien / Schweiz


Kurzbeschrieb<br />

<strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> steht für Rehabilitation und Eingliederung sozial randständiger Menschen in<br />

Târgu Mures Rumänien:<br />

Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Wohnplätzen bieten wir arbeitslosen Roma und<br />

Strafentlassenen eine Hilfe zur Wiedereingliederung in die Arbeitswelt an. Durch<br />

praxisbezogene und im Arbeitsprozess integrierte Ausbildung und durch gemeinsames<br />

Wohnen in einer Hausgemeinschaft sollen sie in ihrer Eigenverantwortung und in ihrer<br />

Verantwortung als Teil der Gesellschaft wachsen und in ihren Fähigkeiten gefördert werden.<br />

Das Ziel ist nicht, eine grosse Institution aufzubauen, vielmehr soll das Projekt eine<br />

Vorbildfunktion einnehmen und durch Multiplikation (Nachahmung) eine weiter reichende<br />

Wirkung erzielen.<br />

Der Betrieb soll wirtschaftlich geführt werden. Eine grösstmögliche Eigenfinanzierung wird<br />

angestrebt.<br />

Der Name <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> bezieht sich auf den biblischen Boas. Er war ein angesehener<br />

Landwirt, der ein grosszügiges und barmherziges Herz hatte für eine arme Frau, die bei<br />

ihm Hilfe suchte.<br />

1


Zusammenarbeit<br />

Das Projekt <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> soll in Zusammenarbeit mit der bestehenden Arbeit von ICA<br />

Rumänien entstehen.<br />

Seit mehreren Jahren arbeitet ICA unter Roma in den Slumvierteln der Stadt Târgu Mureş.<br />

Sie arbeiten punktuell mit humanitärer Hilfe im herkömmlichen Sinne, wie z. B.<br />

Hilfsgütern.<br />

Ihr Schwerpunkt aber ist es, nachhaltig in Menschen zu investieren, indem sie ihnen<br />

Wertschätzung vermitteln, ihnen seelsorgerlich zur Seite stehen und Wege aufzeigen, wie<br />

sie eigenverantwortlich ihre Situation meistern und verbessern können. ICA hilft individuell<br />

und will dabei keine Abhängigkeiten schaffen.<br />

ICA veranstaltet wöchentlich Kinderprogramme, regelmässige Treffen für Obdachlose und<br />

Sommercamps für Kinder und Familien. Es bestehen auch gute Kontakte zu Schulen und zur<br />

Stadtregierung.<br />

2


Die Roma<br />

Die soziale Situation der Roma in Rumänien ist sehr problematisch und wird vom Staat<br />

weitgehend ignoriert und totgeschwiegen. Die rasant wachsende Volksgruppe lebt<br />

buchstäblich am Rande der Gesellschaft. Die Armut ist oft gross, die<br />

Gesundheitsversorgung schlecht, die Arbeitslosigkeit sehr hoch. Diese und andere<br />

Umstände führen auch zu erhöhter Kriminalität unter den Roma.<br />

In der rumänischen Bevölkerung erfahren die Roma nur schlechte Akzeptanz und es<br />

herrschen viele, leider in vielen Fällen berechtigte „Vorurteile“. Diese erschweren ihre<br />

Integration in die Gesellschaft, selbst dann, wenn sie von Seiten der Roma angestrebt<br />

wird. Diese wollen sich oft selber nicht mehr „Zigeuner“ nennen, weil dieses Wort so<br />

negativ belastet ist. Dieses Gefühl minderwertig zu sein, lähmt die Roma enorm.<br />

Vom Staat wird wenig getan um dieser Problematik zu begegnen. Es gibt einzelne<br />

Programme, um die Situation zu verbessern, beispielsweise die „zweite Chance“ den<br />

Schulabschluss zu machen. In den Dörfern sind Beauftragte dafür angestellt, die Roma<br />

sozial zu betreuen. Das persönliche Engagement dieser Beauftragten ist aber oft sehr klein.<br />

3


Strafentlassene<br />

Strafentlassene haben in Rumänien allgemein wenig Chancen wieder eine Arbeitsstelle zu<br />

finden. Seitens des rumänischen Staates gibt es kaum wiedereingliedernde Massnahmen<br />

und auch kaum Unterstützung für solche Einrichtungen.<br />

Ein Mitarbeiter von ICA besucht regelmässig Strafgefangene im örtlichen Gefängnis und ICA<br />

hält, wenn sie es wünschen, auch nach ihrer Entlassung Kontakt zu ihnen. Dies ermutigt<br />

und bestärkt die Strafentlassenen, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren.<br />

Ohne konkrete wiedereingliedernde Massnahmen ist aber die Wahrscheinlichkeit für den<br />

Rückfall in eine kriminelle Laufbahn sehr gross.<br />

Im folgenden Bericht erzählt ein Strafentlassener von seiner Erfahrung.<br />

4


Erfahrung eines<br />

Strafentlassenen<br />

Im Ganzen war ich neun Jahre lang im Gefängnis. Ich war angeklagt wegen Diebstahl, doch<br />

meine Strafe wurde immer wieder verlängert. Am 25. August 2006 wurde ich dann<br />

entlassen. Damals war ich 43 Jahre alt. Uns hatte niemand auf die Freiheit vorbereitet.<br />

Mein Plan war, Arbeit zu finden und dann später eine Firma zu gründen. Ich besass ca. 2000<br />

RON die ich mir durch verschiedenste Arbeiten während meiner Haft erspart hatte.<br />

Als ich entlassen wurde, bestätigte sich meine Vermutung, dass meine Mutter inzwischen<br />

verstorben war.<br />

Ich ging deshalb auf den Markt, um bei Bekannten die Adresse meiner Schwester ausfindig<br />

zu machen. Meine Schwester war damals aber nicht zu Hause und ich begab mich zum<br />

Bahnhof, wo ich meine alten Freunde traf. Dort verbrachte ich dann auch meine erste<br />

Nacht in der Freiheit. Später fand ich dann meine Schwester und wohnte bei ihr.<br />

Ein Platz, wo ich etwas hätte essen können und wo ich hätte Ruhe finden können, wäre mir<br />

eine sehr grosse Hilfe gewesen. Ich war damals krank und hatte Ruhe nötig. Einen Platz auf<br />

dem Land, weg von der Stadt, wäre dazu ideal gewesen.<br />

5


Die Vision<br />

Der Grundgedanke: Arbeits- und Wohnplätze für Strafentlassene anzubieten, sowie<br />

zusätzlich einige Arbeitsplätze zu schaffen.<br />

Die Vision reicht aber weiter!<br />

Diese Menschen, die vorher am Rand der Gesellschaft standen, sollen zu aktiven<br />

Mitgliedern der rumänischen Gesellschaft werden, eine Existenzgrundlage haben und sich,<br />

und ihre Familien versorgen können.<br />

Sie sollen Verantwortung übernehmen können, nicht nur für sich selber, sondern auch für<br />

ihre Familien und für bedürftige Menschen in ihrem sozialen Umfeld.<br />

6<br />

Ehemalige Strafgefangene und andere Menschen, die für eine bestimmte Zeit auf der <strong>Boaz</strong><br />

<strong>Farm</strong> gelebt und gearbeitet haben, sollen nach ihrem Aufenthalt eine Arbeitsstelle finden<br />

und wieder in ihr altes Umfeld ziehen.<br />

Es besteht auch die Möglichkeit, dass wir bewährte Arbeitskräfte fest anstellen oder sie als<br />

externe Arbeitskraft auf unserem Betrieb beschäftigen.<br />

Im Idealfall werden wir Menschen unterstützen, ihre eigene Existenz aufzubauen. Sie<br />

könnten beispielsweise mit dem bei uns erlernten Know How einen Partnerbetrieb gründen.


Gesamtkonzept<br />

Die Arbeit wird nach christlichen Grundwerten und Grundsätzen geführt, da diese die<br />

beste Basis für einen gesunden und stabilen Lebensstil sind.<br />

Die <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> gliedert sich in drei Teilbereiche:<br />

• Landwirtschaftlicher Betrieb<br />

Dieser Teilbereich bietet Arbeitsplätze (feste und temporäre/saisonale) für Arbeitslose.<br />

Strafentlassene werden schrittweise in die Arbeitsprozesse des landwirtschaftlichen<br />

Betriebes integriert, je nach Arbeitsleistung und Fortschritten des Einzelnen.<br />

• Hausgemeinschaft<br />

Mitarbeiter und Klienten leben familienähnlich zusammen. Die Gemeinschaft gibt Halt, soll<br />

aber auch ein Ort sein, wo man sich einbringen und Verantwortung übernehmen kann.<br />

• Ausbildung & Persönlichkeitsentwicklung<br />

Wir wollen eine auf die Klienten ausgerichtete Ausbildung bieten und auch Themen, die<br />

der Integration dienen, behandeln. Dies kann im Arbeitsprozess integriert oder in<br />

Unterrichtsstunden und Gesprächen geschehen.<br />

7


Betriebskonzept<br />

Es soll ein klassischer landwirtschaftlicher Betrieb mit Ackerbau und Tierhaltung<br />

entstehen, der biologisch bewirtschaftet wird.<br />

Der Schwerpunkt soll aber bei Sonderkulturen, wie z. B. Beeren und Gemüse liegen und<br />

deren Verarbeitung zu Säften, Konfitüren, Brotaufstrichen oder Eingelegtem. Mit diesen<br />

Produkten wollen wir den wachsenden rumänischen Biomarkt beliefern.<br />

Um die soziale Arbeit mit Strafentlassenen zu finanzieren werden Teilbereiche des<br />

Betriebes (z.B. Verarbeitung und Vermarktung) ausgegliedert und Gewinn orientiert<br />

geführt. Hier ist hohe Kontinuität und Professionalität erforderlich. Dies kann mit dem<br />

sozialen Faktor nicht immer in Einklang gebracht werden.<br />

Die restlichen Teilbereiche (z. B. landwirtschaftliche Produktion) werden als<br />

Familienbetrieb mit geschützten Arbeitsplätzen geführt, der den wirtschaftlichen Betrieb<br />

beliefert.<br />

8<br />

Die biologische Bewirtschaftung und der Anbau von Sonderkulturen sind arbeitsintensiv.<br />

Dies schafft Arbeitsplätze und ermöglicht viel Teamarbeit. Die Tierhaltung dagegen soll in<br />

einer extensiven Form, wie beispielsweise Mutterkuhhaltung, betrieben werden.


Projektstandort<br />

Das Dorf, in dem wir Land kaufen, ist ein idealer Standort für die <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong>. Es liegt sehr<br />

ruhig - ohne Handyempfang - eingebettet in einer weiten Hügellandschaft. Trotzdem ist es<br />

nur 25 km von der Transsilvanischen Metropole Târgu Mureş entfernt. Die Hauptstrasse, die<br />

nachTârgu Mureş führt, ist auf einfachen, aber gut zu passierenden Strassen zu erreichen.<br />

Der Boden, die topografischen und klimatischen Verhältnisse sind gut und passen zu den<br />

von uns geplanten Betriebszweigen. Viele der landwirtschaftlichen Flächen liegen seit<br />

Jahren brach, was der biologischen Bewirtschaftung entgegen kommt. Es gibt genügend<br />

Wasser, und Strom ist in ausreichender Spannung vorhanden.<br />

Die Einwohner sind meist schon im fortgeschrittenen Alter, nur einige wenige junge<br />

Familien leben hier. Die älteren Leute haben oft keine Kraft mehr, ihr Land zu bearbeiten<br />

und möchten deshalb gerne verkaufen. So wird die Betriebsfläche vermutlich auch in<br />

Zukunft erweitert werden können.<br />

9


Bauplanung<br />

Die Planungen für die Gebäude sind bereits am Laufen und erste Entwürfe liegen vor.<br />

Für die soziale Arbeit ist ein Gebäude vorgesehen, in dem sich Wohnräume, Küche,<br />

Wäscheraum, Büros und Gemeinschaftsräume befinden.<br />

Je nach Bedarf wird später der Wohnraum durch den Bau einfacher Gebäude erweitert.<br />

Wir streben eine ökologische und energieeffiziente, aber dennoch einfache und<br />

kostengünstige Bauweise an.<br />

Für die Landwirtschaft werden wir eine Halle bauen, die zur Lagerung und Aufbereitung<br />

von Erntegütern und als Maschinenunterstand dient. In der Aufbauphase kann sie aber auch<br />

anderweitig vielfältig genutzt werden.<br />

In der Tierhaltung soll auf jeden Fall auf teure Stallgebäude verzichtet werden indem wir<br />

versuchen, eine ganzjährige Freilandhaltung zu realisieren.<br />

10


Projektteam<br />

Bernd Roller, Projektleiter:<br />

Landwirtschaftsmeister und Betriebsleiter, Erfahrung in Arbeit mit Behinderten in der<br />

Landwirtschaft und in Obdachlosenarbeit, 2 Jahre Erfahrung in rumänischer Landwirtschaft<br />

als Mitarbeiter und Betriebsleiter<br />

Franziska Roller:<br />

Haus- und landwirtschaftliche Ausbildung und Erfahrung auf diesem Gebiet (davon 9<br />

Monate in Rumänien), Praxiserfahrung in einer Drogenrehabilitation (Arbeitsbereich<br />

Hauswirtschaft) und in Obdachlosenarbeit<br />

Andreas Lüscher, Administration und Allrounder:<br />

Praxiserfahrung in einer Drogenrehabilitation (Arbeitsbereich Gartenbau), Erfahrung in<br />

Kinder- und Jugendarbeit in Rumänien auch unter Roma<br />

11


Ausblick<br />

Bernd Roller, Projektleiter:<br />

"Ich träume davon, dass dieses sterbende Dorf neu belebt wird und zwar durch die Leute,<br />

die bei uns ein neues Leben angefangen und neue Perspektive bekommen haben. Könnte es<br />

nicht gelingen, dass das Dorfleben eine echte Alternative zum Stadtleben wird?<br />

Lassen Sie mich ein wenig weiter träumen: viele Häuser werden in den nächsten Jahren<br />

frei werden. Zu fast jedem Haus gehört ein grosser Garten, in dem eine Familie<br />

Lebensmittel für sich selber anbauen kann. Dies wäre eine finanzielle Entlastung, denn<br />

Lebensmittel sind sehr teuer in Rumänien. Aber sie könnten auch im kleinen Stil für unsere<br />

Lebensmittelverarbeitung produzieren und so einen Nebenverdienst erwirtschaften.<br />

12<br />

Ein Traum von mir wäre, die <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> mit einem handwerklichen Betriebszweig zu<br />

ergänzen. Dies würde ermöglichen, dass wir noch mehr Leute bei uns beschäftigen<br />

könnten.<br />

Vielleicht könnte einer von unseren Leuten im Dorf ein Gewerbe anfangen, das ihm ein<br />

Einkommen ermöglicht und auch anderen einen Arbeitsplatz bietet."

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