Untersuchungshaft - und Notariatsbüro Padrutt, Felder & Schwaller ...
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Fürsprecher Roland <strong>Padrutt</strong><br />
Rechtsanwalt<br />
Bachstrasse 2<br />
Postfach<br />
CH-5600 Lenzburg<br />
Telefon + 41 (0)62 886 97 70<br />
Telefax + 41 (0)62 886 97 71<br />
E-Mail padrutt@roland-padrutt.ch<br />
Website www.roland-padrutt.ch<br />
Eingetragen im Anwaltsregister des Kantons Aargau<br />
P S F<br />
PADRUTT SCHWALLER FLURY<br />
A DVOKATUR UND NOTARIAT<br />
<strong>Untersuchungshaft</strong><br />
Auf Veranlassung des Bezirksamtes Bremgarten wurde die Angeklagte am 21.10.2000, 17.20<br />
Uhr bis 23.10.2002, 18.45 Uhr, mithin drei Tage inhaftiert.<br />
Der Haftbeschluss wird lediglich lakonisch begründet mit Kollusionsgefahr <strong>und</strong> mit dem Tatverdacht<br />
der Begünstigung (vgl. p 46). Worin die Kollusionsgefahr besteht, wird der Angeklagten<br />
nicht einmal bei der Hafteröffnung dargelegt. Auch bei der Hafteröffnung – erst einen Tag nach<br />
der Verhaftung - wurden der Angeklagten die umfassenden Rechte nach Art. 32 II BV nicht miteröffnet.<br />
Auch auf schriftliche Anfrage ihres Verteidigers hin – mehrmals gemahnt mit Fristansetzung<br />
– wurde die Haft bzw. der Haftgr<strong>und</strong> der Kollusion bis heute nie näher begründet.<br />
Die Inhaftierung einer verdächtigen Person bedarf nicht nur einer gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage, sondern<br />
auch, dass diese gesetzlichen Voraussetzungen durch den Beamten, der die Haft anordnet,<br />
vorgängig geprüft wird <strong>und</strong> bei der Eröffnung begründet wird. Der einfache Hinweis auf Kollusionsgefahr<br />
oder Fluchtgefahr genügt einer rechtsstaatlichen Begründung nicht.<br />
Ob <strong>und</strong> inwieweit der dringende Tatverdacht gegeben ist, werden sich Haftrichter <strong>und</strong> Strafverteidiger<br />
immer streiten. Nach Lehre <strong>und</strong> Rechtssprechung klar ist jedoch (Verweis dazu auf<br />
Kommentar Schmid, Seite 200, Kommentar Hauser/Schweri, Seite 302, BGE 117 Ia 260; BGE<br />
90 IV 69), dass die Kollusionsgefahr nicht einfach vorweg bei jedem Delikt unterstellt werden<br />
darf, sondern es müssen konkrete Anzeichen gegeben sein, die solche Handlungen<br />
vermuten lassen: Lehre <strong>und</strong> Rechtssprechung führen zudem übereinstimmend aus, dass das<br />
Leugnen der Tat, das Verweigern der Auskunft (es ist sogar ein verfassungsmässiges Recht<br />
des Beschuldigten zu schweigen) oder wahrheitswidriges Abstreiten von Indizien keine Verdunklungsgefahr<br />
darstellen <strong>und</strong> mithin auch keinen Haftgr<strong>und</strong>.<br />
Aus den gesamten Verfahrensakten der Angeklagten R. <strong>und</strong> G. ist nirgends ersichtlich, dass<br />
das Bezirksamt Bremgarten das Vorliegen von Verdunkelungsgründen geprüft hat, geschweige<br />
denn Anhaltspunkte gef<strong>und</strong>en hat, welche eine Kollusionsgefahr erahnen lassen.<br />
Der Erlass des Haftbefehls war deshalb – wegen fehlender Prüfung – vorweg nicht nur rechtswidrig,<br />
sondern auch krass pflichtwidrig.<br />
lic. iur. Martin <strong>Schwaller</strong><br />
Rechtsanwalt <strong>und</strong> Notar<br />
Laurenzenvorstadt 11<br />
CH-5001 Aarau<br />
Telefon + 41 (0) 62 822 77 72<br />
Telefax + 41 (0) 62 822 77 71<br />
lic. iur. Nadia Flury<br />
Rechtsanwältin<br />
Unterer Haldenweg 1<br />
CH-5600 Lenzburg<br />
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Fürsprecher Roland <strong>Padrutt</strong><br />
Rechtsanwalt<br />
Argentinierstrasse 21<br />
A-1040 Wien<br />
Telefon +43 1 504 73 22<br />
Telefax +43 1 504 73 22
2<br />
Aus den Akten (2. B<strong>und</strong>esordner) ist ersichtlich, dass die Angeklagte G. auch eine Telefonkontrolle<br />
über sich ergehen lassen musste. Wenn – wie das Bezirksamt der Angeklagten unterstellt<br />
-, begründete Kollusionsgefahr vorgelegen hätte, müsste dies doch nach Gang der menschlichen<br />
Logik aus der lückenlosen Telefonkontrolle irgendwie hervorgehen. Denn die erste Handlung,<br />
welche zwei Personen, wenn sie ihre ihre Aussagen abgesprochen haben oder nach ihrer<br />
Haftentlassung dies tun wollen, ist, sie telefonieren <strong>und</strong> tauschen ihre Befragungserlebnisse<br />
aus <strong>und</strong> treffen Vorkehrungen für die weiteren Einvernahmen. Bei der langen <strong>und</strong> lückenlosen<br />
Telefonkontrolle konnte kein einziges solches Telefongespräch mitgehört <strong>und</strong> mitgeschnitten<br />
werden. Die beiden heute Angeklagten haben mehrmals miteinander gesprochen. Es ergaben<br />
nicht einmal der Hauch eines Anhaltspunktes, dass die beiden Personen miteinander kolludiert<br />
hätten. Es lag eben nie eine konkrete Kollusiongefahr vor.<br />
Nochmals, der Erlass des Haftbefehls war nicht nur rechtwidrig (weil keine Kollusion gegeben<br />
war), sondern auch krass pflichtwidrig, weil nicht einmal ansatzweise, das Vorliegen von Kollusionsgründen<br />
durch das Bezirksamt Bremgarten geprüft worden ist.<br />
Diese Pflichtwidrigkeit des Bezirksamtes Bremgarten bei den wahllosen Verhaftungen verschiedenster<br />
Personen war denn neben der schrecklichen Haupttat auch das grosse Thema in<br />
der Berichterstattung der Presse.<br />
Aus den Zeitungsberichten geht klar hervor, dass die angeblich widersprüchlichen Aussagen<br />
der Angeklagten G. <strong>und</strong> R. in Verbindung mit den Aussagen I. einziger Gr<strong>und</strong> für die Verhaftung<br />
war. I. wurde im 18. bis 23.10.2000 in Haft genommen, obwohl er für die Tötungszeit ein hieb<strong>und</strong><br />
stichfestes Alibi hatte. Gerade eine solche Haftpraxis, wie in diesem Tötungsdelikt praktisch<br />
wahllos <strong>und</strong> konzeptlos vorgenommen, ist als verbotene Beugehaft verpönt, verboten <strong>und</strong> nicht<br />
zulässig. Die Verhaftung erfolgte ausschliesslich um auf diese 3 Personen einen Aussagedruck<br />
zu erzeugen. Unter den Aargauer Rechtsanwälten wird nicht ohne Gr<strong>und</strong> von dem im Aargau<br />
am meisten angewandten, vierten unzulässigen Haftgr<strong>und</strong>, nämlich des „Weichklopfens“ gesprochen.<br />
Es ist an der Zeit, dieser unzulässigen Praxis Einhalt zu gebieten. Allfällige Haftbeschwerden<br />
werden von den Untersuchungsorganen jedoch dadurch unterlaufen, indem sie solche<br />
Verhaftungen in der Regel kurz <strong>und</strong> in der Regel immer über ein Wochenende anordnen.<br />
G. <strong>und</strong> R. wurden am Samstag, 21.10.2000 verhaftet, die Hafteröffnung erfolgte am Sonntag,<br />
22.10.2000, <strong>und</strong> nachdem die Angeklagte G. am Sonntag einen Anwalt auftreiben konnte, dieser<br />
sich am gleichen Tag beim Piketoffizier legitimiert hat, wurde am Montag, 23.10.2000 die<br />
Haftentlassung verfügt. Auch die Haft des verdächtigten I.S. war, wie bereits erwähnt wurde,<br />
krass rechtswidrig. Er wurde denn auch, nachdem er einen Anwalt mit der Interessenwahrung<br />
beauftragt hat, ebenso rasch aus der Haft entlassen. Aus dieser chronologischen Darstellung ist<br />
ersichtlich, dass die Unterstellung der Staatsanwältin, dass die Angeklagte G. für eine unnötige<br />
Haftlänge I.s verantwortlich sei, schlichtweg unwahr ist.<br />
Unabhängig des Ausgangs dieses Strafverfahrens ist die Angeklagte für die ausgestandene<br />
<strong>Untersuchungshaft</strong> zu entschädigen, weil die Anordnung derselben vorweg pflicht<strong>und</strong> rechtswidrig<br />
war. Zudem ist ihr eine Genugtuung auszusprechen, letzteres für die erlittene Unbill, welche<br />
durch das ins Recht gelegte Arztzeugnis klar belegt ist. Die Angeklagte litt <strong>und</strong> leidet noch<br />
heute unter traumatischen Angstzuständen.