Als PDF herunterladen - Der Rechte Rand
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›Apfel über Deutschland‹<br />
Im Sommer sorgte die NPD mit Kundgebungen allerorts für Wirbel. In 52 Städten fuhr die Partei<br />
mit einem beschrifteten LKW, Lautsprechern und zumeist nur einer Handvoll AktivistInnen<br />
vor, um gegen den Euro zu wettern. Ihr Motto: »Raus aus dem EURO. Unterwegs für deutsche<br />
Interessen.« Fast überall ging die Tour im antifaschistischen Protest unter.<br />
von Jens Breuer und Toni Brandes<br />
Mitten im Sommerloch machte sich die<br />
NPD auf zu ihrer »Deutschlandfahrt«: 52<br />
Städte in gut vier Wochen, publizistisch<br />
permanent begleitet vom Portal »Deutsche<br />
Stimme aktuell« und kommentiert<br />
vom Parteivorsitzenden Holger Apfel auf<br />
seiner Facebook-Seite, die schon über<br />
3.000 Menschen gefällt. Böse Zungen<br />
lästerten, diese Inszenierung erinnere<br />
an die von 1932, als es im Wahlkampf<br />
hieß: »Hitler über Deutschland«. Seinerzeit<br />
flog der »Führer« mit einem Flugzeug<br />
quer durch das Reich und absolvierte<br />
bis zu drei Termine am Tag. Die<br />
NPD benutzte indes einen LKW, das »NPD-Flaggschiff«, und fuhr täglich<br />
zwei Städte an – nur am Sonntag war Ruhetag.<br />
<strong>Der</strong> Auftakt war am 12. Juli in Wolfsburg, kein grandioser Start – 600<br />
GegendemonstrantInnen. Nachmittags folgte ein Stopp in Hannover –<br />
400 Menschen protestierten. Und so ging die Tour weiter. Die Kundgebungstermine<br />
kündigte die Partei in der Regel erst wenige Tage vorher<br />
auf Facebook und Partei-Websites an. Die Zeit reichte allerorts zur Mobilisierung<br />
von antifaschistischen Protesten. Oft gingen die Redebeiträge<br />
von Apfel, Jens Pühse, Jörg Hähnel, Udo Pastörs oder Frank Schwerdt im<br />
Pfeifkonzert unter. Nirgends gelang es der NPD, Tuchfühlung zu BürgerInnen<br />
aufzunehmen. Schnell hieß es in den Medien und auf Webblogs,<br />
die Tour sei ein Flop.<br />
Doch glich die Jungfernfahrt des Gefährts tatsächlich der der »Titanic«?<br />
<strong>Der</strong> Weg führte die NPD von Ostniedersachsen nach Norden, über Lüneburg,<br />
Bremen, Kiel, Rostock, Schwerin nach Hamburg und dann in den<br />
Westen. Es folgten mehrere Termine in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-<br />
Pfalz und im Saarland. Über Baden-Württemberg und Bayern ging es,<br />
Hessen streifend, Richtung Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.<br />
Dann weiter nach Berlin und zum »Deutsche Stimme Pressefest« im vorpommerschen<br />
Pasewalk, wo am 11. August die Fahrt endete. Sicherlich,<br />
direkt ansprechen konnte die NPD wohl niemanden. Dafür schaffte sie<br />
es aber überall in die lokalen und zum Teil auch überregionalen Medien.<br />
Apfel resümiert die Fahrt: »Es ging auch nicht darum, eigene Aktivisten<br />
in den Städten mit unseren Reden zu berieseln, sondern darum, mit geringstmöglichem<br />
Aufwand öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen«. Die<br />
Partei hofft, dass dies nachhaltig ist. BeobachterInnen würden hier skeptisch<br />
die Augenbraue heben – doch Apfel und Konsorten haben eine ausgeprägte<br />
Frustrationstoleranz und eine Mission (»Deutschland retten«),<br />
sonst hätten sie wohl schon am zweiten Tag aufgegeben.<br />
Das »Flaggschiff«<br />
Die NPD ist eine Partei der Superlative, nicht nur, wenn es um die vermeintliche<br />
Bedrohung Deutschlands geht. Die Bezeichnung »Flaggschiff«<br />
für einen kleinen LKW ist vielleicht etwas großspurig. Das neue »Flaggschiff«<br />
löste im Sommer ein altes Wohnmobil ab, das nach 30 Jahren<br />
nun ausgemustert wurde. Die nötige Neuanschaffung nutzte der NPD-<br />
Bundesschatzmeister Andreas<br />
Storr, um die AbonnentInnen<br />
der »Deutschen<br />
Stimme« im Juni 2012 mit<br />
einem Spendenaufruf zu<br />
überfallen: »Unterstützen<br />
Sie uns finanziell bei der<br />
Anschaffung unseres neuen<br />
NPD-Flaggschiffes«,<br />
heißt es in einer Beilage.<br />
Die notorisch finanzschwache<br />
Partei ringt um jeden<br />
^ Holger Apfel und Anhang in Bochum<br />
Euro: »Auch viele kleine<br />
Spenden helfen uns.«.<br />
Finanziert werden sollte die »Deutschlandfahrt« im Übrigen auch mit einem<br />
Soli-T-Shirt, auf dem neben dem Parteilogo ein Wikingerschiff (!)<br />
sowie der Spruch »Unterwegs für Deutschland« gedruckt sind.<br />
NPD-Fahrdienst<br />
Immer dabei auf der Tour waren die beiden Fahrer des »Flaggschiffs«,<br />
Detlef Appel und Gustav Haenschke. Auch den Vorgänger lenkten sie<br />
schon, beispielsweise über Wochen im Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Sachsen-Anhalt und durchs Saarland. Zumindest Haenschke<br />
ist solche Arbeit gewohnt. Er war bis 2005 Fahrer der Staatskanzlei in<br />
Magdeburg und hatte auch den SPD-Ministerpräsidenten Reinhard Hoeppner<br />
kutschiert. <strong>Als</strong> er dann der NPD beitrat, war der Job futsch – dafür<br />
tröstet ihn wohl jetzt das »Goldene Parteiabzeichen«, das Udo Pastörs und<br />
Holger Apfel auf Beschluss des NPD-Parteipräsidiums ihm und Appel auf<br />
dem »Deutsche Stimme Pressefest« am 11. August 2012 bei Pasewalk<br />
verliehen. Eigentlich gibt es das erst nach 30 Jahren NPD-Mitgliedschaft,<br />
doch ihr Einsatz rechtfertige offenbar die vorzeitige Verleihung: »Ganz<br />
offen gesagt: Ein vergleichbarer Einsatz ehrenamtlicher Aktivisten ist mir<br />
in 23 Jahren Mitgliedschaft nicht erinnerlich!«, kommentiert Apfel.<br />
Dortmund<br />
Kaum war die »Deutschlandfahrt« beendet, tourte das Prunkstück der<br />
NPD-Flottille durch Dortmund. In der Woche vor dem 26. August 2012,<br />
an dem die als ungültig erklärte Kommunalwahl von 2009 wiederholt werden<br />
musste, rollte das Gefährt durch die Stadt und ihre Bezirke. An Bord<br />
waren neben Apfel und Stefan Köster, der gebürtig aus Dortmund kommt,<br />
auch Matthias Wächter und Axel Thieme, der NPD-Landesvorsitzende<br />
Claus Cremer sowie sein Vize Timo Pradel, aber auch Jens Baur, Mitglied<br />
des Dresdener Stadtrats für die NPD und Matthias Faust. Zwischendurch,<br />
am 23. August, machte die Partei nach Erfüllung ihrer Pflicht in<br />
Dortmund auch noch einen Abstecher nach Bochum. Dort wurde zwar<br />
nicht gewählt, doch die NPD wollte ein Zeichen gegen »Islamisierung«<br />
setzen: »Die NPD sagt klar und deutlich: Wir wollen keine Moscheen, wir<br />
wollen keine Minarette, wir wollen keine Burka und keine Scharia – Über<br />
Deutschland dürfen weder Halbmond noch Davidstern wehen!«, schrieb<br />
Apfel bei Facebook.<br />
10 der rechte rand 138/2012