Ausgabe Nr. 15 - Gymnasium Eppendorf
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wäre, hierher zu kommen, weil ja eben<br />
ein Strafverfahren läuft. Und wenn die<br />
Jugendlichen hier her kommen, ist das<br />
schon mal ein positiver Punkt dafür,<br />
dass das Verfahren mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
eingestellt wird. Außer er<br />
hat größere Mengen bei sich oder wurde<br />
schon öfter erwischt oder hat noch andere<br />
Anzeigen bei der Polizei laufen.<br />
MAX Oder wenn öffentliches Interesse<br />
besteht. Also man sollte nicht vor Kindergärten<br />
kiffen oder so.<br />
Ich möchte irgendwie mehr zum Kernproblem<br />
kommen: Warum rutschen Jugendliche<br />
so häufig ab?<br />
SABINE Ja, also dass Jugendliche abrutschen,<br />
haben wir gar nicht so häufig.<br />
Weil wir hier ja mit sehr jungen Menschen<br />
arbeiten, sind die meisten hier<br />
noch gar nicht süchtig. Deswegen geht<br />
es hier erstmal darum, präventiv zu arbeiten.<br />
Und der Anlass ist eben, dass<br />
sich der Klient verändert hat, zum Beispiel<br />
schlechter in der Schule geworden<br />
ist oder dass er einfach riskanten Konsum<br />
zeigt. Das fängt dann meistens bei<br />
den Freunden an: Klar, es wird gefeiert<br />
und der Klient merkt dann irgendwann,<br />
wie angenehm das ist und steigert sich<br />
dann immer weiter rein. Vielleicht kommen<br />
dann noch Stressfaktoren dazu wie<br />
zum Beispiel Probleme in der Familie<br />
oder Leistungsdruck, oder oft auch traumatische<br />
Erfahrungen. Das sind nicht<br />
immer unbedingt sexuelle Übergriffe,<br />
Gewalt kann auch in Form von Liebesentzug<br />
stattfinden. Wenn mehr und<br />
mehr von diesen negativen Faktoren auf<br />
einen Jugendlichen einprasseln, ist das<br />
Risiko, eine Sucht zu entwickeln, deutlich<br />
höher.<br />
MAX Auffällig ist auch, dass Jungs<br />
deutlich mehr Cannabis als Mädchen<br />
konsumieren, bei Alkohol ist es eigentlich<br />
halb und halb.<br />
Ist Drogenmissbrauch bei Jugendlichen ein<br />
gesellschaftliches Problem?<br />
MAX Naja, Cannabis ist eigentlich seit<br />
Jahren schon Alltagsdroge, also nichts<br />
Ungewöhnliches. Als ich Schülerin war,<br />
MÄRZ 2013<br />
ist jeder ‘mal damit in Berührung gekommen<br />
und da hat sich, glaub‘ ich,<br />
nicht wirklich viel verändert. Dennoch<br />
ist Kiffen einfach immer wieder ein Gesellschaftsthema.<br />
Und es gibt ja eigentlich<br />
gar nicht viel mehr Jugendliche, die<br />
kiffen; die Zahlen sind ja sogar minimal<br />
zurückgegangen. Dramatisch ist vor<br />
allem, dass Jugendliche immer früher<br />
damit anfangen.<br />
Vielleicht eine heikle Frage, aber ist die Altersbegrenzung<br />
bei Alkohol denn sinnvoll?<br />
SABINE Definitiv! Alkohol ist ein Nervengift.<br />
Früher Konsum hat ja wirklich<br />
gesundheitliche Risiken wie zum Beispiel<br />
Hirnschäden. Vor drei Wochen<br />
hatten wir hier zum Beispiel einen Jugendlichen,<br />
<strong>15</strong> Jahre, der wurde mit 3,8<br />
Promille eingeliefert – mit 3,8 Promille<br />
ist man normalerweise klinisch tot! Der<br />
muss also gut trainiert gewesen sein.<br />
Und das Suchtpotential ist viel höher.<br />
MAX Allerdings gibt es auch eine Studie,<br />
die das Ganze umkehrt. Man kann<br />
beobachten, dass Menschen, die im jugendlichen<br />
Alter sehr angstbehaftet mit<br />
Konsumstoffen umgehen, später mit<br />
Mitte 30 sehr häufig dazu neigen, sich<br />
auszuprobieren. Sie wollen was kennenlernen,<br />
was sie so vorher nicht kannten.<br />
Und eine Legalisierung von Cannabis? Ist<br />
die vielleicht sinnvoll?<br />
MAX Nein, definitiv nicht. Es wird seit<br />
Jahrzehnten diskutiert, aber Cannabis<br />
ist noch keine Gesellschaftsdroge, obwohl<br />
es für viele schon eine Alltagsdroge<br />
ist. Aber Alkohol ist eben eine Gesellschaftsdroge<br />
– und nicht umsonst. Ich<br />
bin mir sicher, könnte man Marihuana<br />
bei Edeka kaufen, wäre die Anzahl der<br />
Jugendlichen, die konsumieren, noch<br />
größer.<br />
Sie haben ja schon erklärt, wie die Polizei<br />
versucht, durch Sie nachhaltige Lösungen<br />
zu finden. Wie kann man das Problem<br />
von Drogenmissbrauch am besten angehen?<br />
SABINE Schwierige Frage (lacht). Es<br />
gibt ja leider keine Pille gegen Drogen.<br />
I Jugendliche und Alkohol I<br />
Ich persönlich finde, jeder Jugendliche<br />
entscheidet sich eigentlich bewusst, ob<br />
er kifft oder nicht. Ihr seid ja in dem<br />
Alter, wo man „Nein“ sagen kann. Das<br />
ist unser Ansatz. Wir zeigen den Jugendlichen<br />
Optionen auf und machen ihnen<br />
bewusst, dass sie die Konsequenzen tragen<br />
müssen. Denn am Ende sitzt du<br />
dann ja vielleicht sogar im Jugendarrest.<br />
MAX Wir wollen halt erreichen, dass<br />
der Konsument reflektierter mit seinem<br />
Konsum umgeht. Das heißt, sich selbst<br />
klar macht: Warum konsumier ich eigentlich?<br />
Irgendwann muss er dann<br />
einen Entschluss treffen. Wobei (lacht)<br />
ich muss zugeben, dass ich selbst Raucher<br />
bin und nicht an dem Punkt bin,<br />
wo ich aufhören möchte.<br />
Erfolge?<br />
MAX Ja, Denkprozesse auslösen ist ein<br />
großer Erfolg. Wenn wir die Jugendlichen<br />
dazu bringen darüber nachzudenken,<br />
ob sie das Kiffen glücklich macht<br />
und was passiert, wenn sie nicht mehr<br />
oder weniger konsumieren.<br />
Wofür nutzen Jugendliche Drogen denn<br />
heutzutage?<br />
SABINE Das könnt ihr am besten<br />
selbst beantworten, oder? (lacht) Oft hat<br />
es einfach mit dem Freundeskreis und<br />
mit dem Dazugehören zu tun. Also viel<br />
Gruppenzwang. Aber Kiffen hilft oft ja<br />
auch, Probleme wegzukiffen und negative<br />
Gefühle wegzudrücken. Problematisch<br />
wird es, wenn Drogen bewusst<br />
dafür eingesetzt werden – dann sprechen<br />
wir von missbräuchlichem Konsum.<br />
Kann man da vielleicht einen Bezug zu<br />
Schulstress oder zu Stress in der Familie<br />
herstellen?<br />
MAX Kann ich so jetzt nicht sagen.<br />
Jeder geht anders damit um. Da geht es<br />
dann um verschiedene Abwehrstrategien.<br />
Vielen Dank, dass<br />
Sie sich Zeit für uns genommen haben.<br />
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