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PAX-Download - Stift Admont

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Johann Tomaschek<br />

Bibliothekstourismus im <strong>Stift</strong> <strong>Admont</strong><br />

Eine Klosterbibliothek als Fremdenverkehrsattraktion<br />

Es gehört zweifellos nicht zu den alltäglichen Erscheinungen<br />

in der Welt des Tourismus, dass die Bibliothek eines Ordenshauses<br />

eine Fremdenverkehrsattraktion von überregionalem<br />

Rang darstellt. Klosterbibliotheken wurden natürlich<br />

schon immer, sowohl wegen ihrer reichen Bücherschätze<br />

als auch wegen der meist prächtig ausgestatteten Räume,<br />

von Gelehrten und Kunstfreunden aus geistlichem und<br />

weltlichem Stand gerne aufgesucht; in <strong>Admont</strong> hat sich<br />

aber ein regelrechter Bibliothekstourismus entwickelt,<br />

der von jeher einen sehr viel größeren Personenkreis umfasste.<br />

Dieses Phänomen, das nicht so sehr auf die Bücher<br />

als auf den großartigen Büchersaal bezogen ist, gibt es in<br />

vergleichbarer Dimension allenfalls noch in St. Gallen in<br />

der Schweiz und in der Abtei Strahov in Prag.<br />

Denn so überraschend auch der Eintritt in diesen Tempel ist,<br />

so macht das Angenehme und Fröhliche der ganzen Bauart<br />

und Verzierung einen freundlichen Eindruck auf jeden, der<br />

sie besucht. Hier wird bereits ganz unbefangen von dem<br />

„Fremden“ gesprochen, der die Bibliothek „besucht“, und<br />

wir können daraus schließen, dass sie schon damals von<br />

den Bildungsreisenden – also von den „Kulturtouristen“<br />

– in größerer Zahl aufgesucht wurde.<br />

Dass sich der im Jahre 1776 fertig gestellte Bibliothekssaal<br />

des <strong>Stift</strong>es <strong>Admont</strong> schon bei den Zeitgenossen eines hervorragenden<br />

Rufes erfreut hat, zeigt das überschwängliche<br />

Lob, das drei Jahre später beim Begräbnis des Bauherren,<br />

des Abtes Matthäus Offner, in den Leichenpredigten zum<br />

Ausdruck kam. Einer der beiden Kanzelredner führte seine<br />

Zuhörer im Geiste in den prächtigen Saal, wo dieser Ptolomäus<br />

unserer Zeiten alles eingebracht hat, was Kunst,<br />

Geschmack und Glanz geben können, wo Marmor den<br />

Marmor unterstützet und noch feinerer Marmor mit Füßen<br />

getreten wird. Der andere Prediger rief aus: Ich erstaune,<br />

wenn ich den neuen Büchersaal betrachte, in welchem die<br />

Schönheit des Marmors und der Glanz des Goldes mit den<br />

künstlichsten Gemälden um die Wette streiten: Ein wegen<br />

Kunst und Pracht aller Augen sehenswürdiger Palast!<br />

Ab dem frühen 19. Jahrhundert, als der Bibliothekar P.<br />

Benedikt Stadelhofer in einem lateinischen Gedicht seine<br />

Wirkensstätte zum „Achten Weltwunder“ erklärt hatte,<br />

zieht sich der Ruhm des <strong>Admont</strong>er Bibliothekssaales bereits<br />

wie ein roter Faden durch die Reiseliteratur: Wer immer in<br />

<strong>Admont</strong> gewesen war und darüber etwas geschrieben hatte,<br />

ließ es an Lob für diesen einzigartigen Raum nicht fehlen. Der<br />

Arzt und Naturwissenschaftler Franz Sartori fasste seine im<br />

Jahre 1807 gewonnenen Eindrücke sogar in einer durchaus<br />

touristisch anmutenden Betrachtungsweise zusammen,<br />

wenn er über die Bibliothek notiert, dass das prachtvolle<br />

Äußere dem Fremden imponiert, der sie das erste Mal betritt.<br />

Abt Matthäus Offner, als Bauherr der Bibliothek<br />

von den Zeitgenossen mit Ptolomäus<br />

(Begründer der berühmten Bibliothek von<br />

Alexandria) verglichen.<br />

Ölgemälde eines ungenannten Künstlers,<br />

um 1755<br />

<strong>PAX</strong> | 15

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