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Steinkreis 226 - Das Volk von Tir Thuatha

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<strong>Steinkreis</strong> <strong>226</strong><br />

Der Klang der Welt<br />

Ich lachte lauthals, doch das Vergnügen<br />

war ein schales, denn der Verkünder blieb<br />

gelassen.<br />

„Wer sagt Euch, daß wir das nicht schon<br />

lange tun?“<br />

Mir blieb das Lachen im Halse stecken.<br />

„Ihr scherzt …“<br />

„Was ist Gottheit, Starkhand?“ fragte<br />

Grimald, ohne eine Antwort zu erwarten.<br />

„Schon die einzelne Seele ist divin, <strong>von</strong><br />

göttlicher Art. Um ein unvorstellbares<br />

Maß aber wird ihre Macht und Würde<br />

wachsen, wenn sich viele Funken der divina<br />

in einem Wesen versammeln! Wohin aber<br />

führt das, wenn diese Wesen, die um so<br />

vieles mächtiger sind als wir, den Vorrang<br />

vor ihresgleichen begehren? <strong>Das</strong> bedeutet<br />

Unfrieden, die Verwundung der Welt in<br />

alle Ewigkeit!“<br />

Er sah mich eindringlich an.<br />

„Die Verkündung der Einheit lehrt, daß<br />

alle Teile der Schöpfung den gleichen Rang<br />

haben …“<br />

Nun wagte er es doch, die Würde meiner<br />

Herrschaft in Frage zu stellen!<br />

„Ich weiß, daß die Bauern begeistert<br />

zuhören, wenn Eure Lehrer solche Reden<br />

schwingen!“<br />

„Bitte, junger Herr!“ versuchte der Alte<br />

mich zu beschwichtigen. „Wir haben nicht<br />

die alltägliche Ordnung im Blick, wenn wir<br />

über den Rang der Dinge reden. Ich möchte<br />

Euch vielmehr darauf hinweisen, daß die<br />

Seelen dieser Welt <strong>von</strong> unterschiedlichem<br />

Rang sind, und sie kämpfen unablässig mit<br />

zauberischer Macht um die Vorherrschaft.“<br />

„Womöglich, auf daß der Sieg des Stärksten<br />

dem Schöpfer zum Wohl gereicht …“<br />

„Diese Lehre ist weit verbreitet“, gab Vater<br />

Grimald zu. „Doch der Streit mindert die<br />

Schöpfung, denn es kann nur ein Teil obsiegen.“<br />

„<strong>Das</strong> wird wohl der Gedanke sein, der in<br />

der Schöpfung steckt“, tat ich seinen Hinweis<br />

ab.<br />

„Ein Gedanke, der in einem Augenblick<br />

des Schöpfers vergangen sein wird wie die<br />

Klumpen in einem Brei, den ich noch rühren<br />

muß, denn die Speise soll <strong>von</strong> ebenmäßiger<br />

Gestalt sein und es sollen mich keine Brocken<br />

im Schlund drücken.“ Ein sanftes<br />

Lächeln begleitete dieses Bild, als er es<br />

aussprach.<br />

„Soll ich Euch noch ernst nehmen, Mann?“<br />

Ich schüttelte den Kopf. „Was glaubt Ihr<br />

wohl, was dem geschieht, der eine Gottheit<br />

anruft, um ihr zu sagen, daß sie dem Klumpen<br />

in einem Brei gleicht?“<br />

„Und nicht nur das“, führte der Alte meinen<br />

Gedanken fort, „sondern stellt euch auch<br />

noch vor, die Gottheit würde aufgefordert,<br />

den Gleichklang der Speise nicht länger zu<br />

stören?“ Grimald breitete die Arme aus.<br />

„Was wäre, wenn wir die Götter bäten, die in<br />

ihr versammelte divina freizugeben?“<br />

„Der Gottheit sagen ,Töte dich selbst!‘ …“<br />

„So ist es.“<br />

„Ihr redet irre!“<br />

Ich war froh, dem Wahn des Hochmeisters<br />

zu entkommen. Ich hatte dringende<br />

Geschäfte vorgetäuscht, ihm einen guten<br />

Appetit beim Mittagsmahl gewünscht und<br />

war aus der Burg geritten.<br />

Wie so oft erkämpfte er sich vorher noch<br />

die Erlaubnis, ein paar Urkunden einzusehen,<br />

und wie jedesmal würde er dabei bewacht<br />

werden – nicht, daß ich befürchtete, er könne<br />

die Schriften stehlen, nein, die Bewachung<br />

diente einzig und allein dem Zweck, ihn zu<br />

demütigen.<br />

Wie immer hatte er auch darum gebeten,<br />

den Kevedal besteigen zu dürfen, doch da<br />

niemand außer dem Hüter des Auges den<br />

Schlüssel besaß, nützte es ihm auch nichts,<br />

daß ihn mein Vater in letzter Verfügung zu<br />

meinem Lehrer und Berater bestimmt hatte<br />

– ich verwehrte es ihm einfach, den Umstand<br />

verfluchend, daß Oheim Eberhard den<br />

Meistern der Verkündung die Macht des<br />

Berges offenbart hatte, als er einer der ihren<br />

geworden war.<br />

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