Steinkreis 226 - Das Volk von Tir Thuatha
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<strong>Steinkreis</strong> <strong>226</strong><br />
Der Klang der Welt<br />
Der Gast<br />
38 nach der Finsternis<br />
Ich bin ein Gott“, sagte das Ebenbild des<br />
Vaterbruders. <strong>Das</strong> war wider die Natur.<br />
Der Oheim war tot; elf Jahre zuvor<br />
bereits ein Greis <strong>von</strong> über sechzig Lenzen.<br />
Mitten im Winter hatte er all seinen Würden<br />
entsagt und uns verlassen, den Schafsteig<br />
betreten, um nach Nor in die Berge zu<br />
gehen. Er ward nie mehr gesehen, nicht diesseits<br />
und nicht jenseits des Gebirges. <strong>Das</strong><br />
sagte ich.<br />
„Und sein Leichnam?“<br />
„Ruht in den Tiefen der Ferner.“<br />
„Wie kommt es dann, daß ich hier sitze,<br />
und dich wiedererkenne, Brudersohn? Wie<br />
kommt es, daß ich den ganzen Ort erkenne,<br />
jeden Stein dieses Hauses, in dem ich aufgewachsen<br />
bin, jeden Baum in diesem Tal? Wie<br />
kann das alles sein, Starkhand? Sag es mir!“<br />
„Blendwerk! <strong>Das</strong> ist die Art der Götter<br />
mit den Menschen.“ Allmählich wurde ich<br />
seiner überdrüssig. Gleich würde ich ihn, der<br />
wie ein Bettler vor meine Tür gekommen<br />
war, festsetzen lassen – immerhin war er ein<br />
Hochstapler und Betrüger.<br />
„Du fürchtest getäuscht zu werden? Du<br />
möchtest glauben, ich sei ein arglistiger Zauberer?“<br />
<strong>Das</strong> Antlitz des Mannes, den ich so<br />
schmerzlich vermißte, lächelte. „Dann laß<br />
uns den einen Ort aufsuchen, wo du kein<br />
Blendwerk fürchtest, wo kein Zauber Macht<br />
über dich hat.“<br />
Was redete er? Ich wollte nur noch den<br />
Sinn seiner Worte erfahren, dann würde ich<br />
ihn abführen lassen.<br />
„Laß uns zum Kevedal gehen, Starkhand!<br />
Gehen wir unter den Berg und sehen wir, ob<br />
ich die Wahrheit sage – das Auge bricht<br />
jeden Zauber. Laß uns hingehen, damit du<br />
erkennst, daß ich wahrhaftig bin.“<br />
Nur die Hüter des Auges und ihre Getreuen<br />
kannten Kevedals erstes Geheimnis; ich hatte<br />
es bloß einem enthüllt.<br />
<strong>Das</strong> Ebenbild legte seine greisenhaften<br />
Hände an die <strong>von</strong> Lumpen verhüllte Brust.<br />
„Und glaube mir, Brudersohn: der Gott in<br />
mir ist begierig, das Pfand zu sehen! Ich zittere<br />
vor Erwartung!“<br />
So kannte er auch das zweite Geheimnis.<br />
Ich würde ihn töten müssen.<br />
„Ich muß den Preis sehen, den Martell<br />
entrichtete, um den Bund mit dem Land zu<br />
besiegeln! Ich muß des Königs Herz sehen!<br />
So du mir das gestattest, will ich gerne tot<br />
sein.“<br />
Eine Sage nur hatte Hunderte und Aberhunderte<br />
<strong>von</strong> Jahren überdauert. Nun jedoch<br />
saß vor mir ein Bettler mit Eberhards geliebter<br />
Miene und bat darum, das Herz des<br />
Guten Königs zu sehen. Nie mehr als eine<br />
Handvoll Menschen zur Zeit hatte je da<strong>von</strong><br />
gewußt. War das nun Verrat oder wirklich<br />
Eberhard, Landmeister der Verkündung,<br />
zurückgekehrt <strong>von</strong> den Toten?<br />
Sicher war ich nur meiner selbst: Ich<br />
hatte über die Zeiten hinweg getreulich<br />
geschwiegen. Kevedals drittes Geheimnis<br />
war sicher.<br />
Anfang und Ende<br />
einer Geschichte<br />
38 nach der Finsternis<br />
Mein Name ist Starkhand <strong>von</strong> Calan,<br />
Herr <strong>von</strong> Himmelswehr. Ich lebe<br />
im 38. Jahr nach dem Ende der<br />
Finsternis. Ich wurde geboren, zehn Jahre<br />
bevor die Finsternis <strong>von</strong> uns genommen<br />
wurde. Die Gefährtin meiner Jugend gebar<br />
mir einen Sohn, als ich fünfzehn Jahre alt<br />
war. Er hieß Mendel und wurde fern der<br />
Heimat <strong>von</strong> Bauern erschlagen. Mein Weib<br />
Adelheid gebar mir eine Tochter, als ich<br />
achtzehn Jahre alt war. Sie gab ihr den<br />
Namen Adelmut. Als Adelmut sechs Jahre<br />
zählte, starb Adelheid an einem Fieber.<br />
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