Klinische Befunde der FAP und anderer Polyposis-Syndrome
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<strong>Klinische</strong> <strong>Bef<strong>und</strong>e</strong> <strong>der</strong> <strong>FAP</strong> <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er<br />
<strong>Polyposis</strong>-<strong>Syndrome</strong><br />
Unterformen <strong>und</strong> Varianten stützen sich entscheidend auf<br />
1. das klinische Bild <strong>der</strong> Erkrankung <strong>und</strong> das Vorhandensein extrakolischer<br />
<strong>Bef<strong>und</strong>e</strong>,<br />
2. eine Stammbaumerhebung wegen des familiären Charakters des <strong>Syndrome</strong>s <strong>und</strong><br />
um zu spezifizieren, ob eine Spontanmutation vorliegt,<br />
3. die Mutationsanalyse des APC-Gens.<br />
Trotz umfangreicher Diagnostik ist eine Subklassizfizierung <strong>der</strong> hereditären<br />
Polyposen schwierig (6). Die Ursache dieser Problematik liegt zum einen in <strong>der</strong><br />
großen Zahl <strong>der</strong> genetischen Mutationen, welche einer <strong>Polyposis</strong> assoziiert sind, zum<br />
an<strong>der</strong>en in den unterschiedlichen phänotypischen Ausprägungen innerhalb von<br />
Familien mit ein <strong>und</strong> demselben genetischen Defekt (9). Neben klassischen <strong>FAP</strong><br />
existieren Son<strong>der</strong>formen, die in <strong>der</strong> Vergangenheit ausschließlich empirisch<br />
beschrieben wurden.<br />
In den vergangenen Jahren gelang die Differenzierung <strong>der</strong> zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />
Mutationen (10). Klinisch bedeutend sind die autosomal dominant vererbbaren Seite 1<br />
Gardner- <strong>und</strong> Turcot-<strong>Syndrome</strong>, bei denen durch das Auftreten echter Adenome in<br />
<strong>der</strong> zeitlichen Folge ein deutlich erhöhtes Kolonkarzinomrisiko besteht. Der
Polymorphismus dieser <strong>Syndrome</strong> erschwert die Diagnostik erheblich.<br />
Der genetische Defekt dieser Gruppe von <strong>Syndrome</strong>n <strong>und</strong> ihrer Varianten beruht auf<br />
Mutationen des APC-Gens (Adenomatosis <strong>Polyposis</strong> coli) auf dem langen Arm des<br />
Chromosoms 5. Die daraufhin erfolgende weitere Identifizierung des Genlokus im<br />
Bereich von 5q21 <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen genetischem Defekt <strong>und</strong> dem<br />
phänotypischen Erkrankungsbild <strong>der</strong> <strong>FAP</strong> fand in den darauffolgenden Jahren<br />
unabhängig voneinan<strong>der</strong> durch verschiedene Arbeitsgruppen statt (11-13).<br />
Nahezu 90 Prozent aller bekannten Mutationen sind innerhalb <strong>der</strong> ersten Hälfte des<br />
APC-Gens lokalisiert. Insbeson<strong>der</strong>e zwischen den Codon 1000 <strong>und</strong> 1600 bestehen<br />
sogenannte Clusterregionen, in denen Mutationsanhäufungen vorliegen (14).<br />
Insgesamt liegen in diesem relativ kleinen Abschnitt allein 30 Prozent aller bekannten<br />
APC-Mutationen. Dabei sind dort wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong>artige Hot-Spots auf den Codons<br />
1061, 1309 <strong>und</strong> 1465 zu finden (15). Mutationen im Bereich des Codons 1309 sind<br />
klinisch von starker Virulenz <strong>und</strong> führen zu aggressiven Symptomausprägungen <strong>der</strong><br />
intestinalen <strong>Polyposis</strong>, sodass <strong>der</strong>en Diagnostik auch frühzeitig Einfluss auf<br />
Observation <strong>und</strong> Therapie nehmen kann (16).<br />
Ein Teil <strong>der</strong> hereditären Adenomatosen hat zusätzlich Defekte im Bereich <strong>der</strong><br />
Mismatch-Repair-Gene, mit <strong>der</strong> Folge von Replikationsfehlern <strong>der</strong> DNA (z. B. beim<br />
Turcot-Syndrom)<br />
Die Inzidenz <strong>der</strong> klassischen <strong>FAP</strong> reicht von 1:5.000 bis 1:17.000, dabei sind<br />
Spontanmutationen mit bis zu 30 Prozent <strong>der</strong> beschriebenen Krankheitsfällen, häufig<br />
(17, 18). Bei Betroffenen dieser autosomal dominant vererblichen Adenomatosis<br />
beträgt die Penetranz <strong>der</strong> Erkrankung bis zum 40. Lebensjahr nahezu 100 Prozent.<br />
Maligne entartete Adenome finden sich häufig zwischen dem 30. <strong>und</strong> 40. Lebensjahr<br />
(Durchschnittsalter 39 Jahre), das Karzinomrisiko steigt ab dem 30. Lebensjahr steil<br />
an.<br />
Das autosomal dominant vererbliche Gardner-Syndrom ist phänotypisch durch die<br />
Kolonadenomatose <strong>und</strong> durch eine Reihe extraintestinaler Zusatzsymptome<br />
gekennzeichnet. Die Häufigkeit des Gardner-<strong>Syndrome</strong>s beträgt etwa 1:14.000<br />
Geburten (19).<br />
Das klassische Trias des Gardner-Syndroms umfasst drei Hauptsymptome (nach<br />
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Gardner):<br />
1. Familiäre Adenomatosis coli,<br />
2. Osteome <strong>und</strong> Desmoide in charakteristischen Lokalisationen <strong>und</strong><br />
3. multipel auftretende Dermatosen.<br />
Seit 1962 wurden auch ausgeprägte Dentitionsstörungen subsummiert.<br />
Der Adenombefall des Gastrointesinaltraktes erstreckt sich beim Gardner-Syndrom,<br />
neben dem Kolon, insbeson<strong>der</strong>e auf den Duodenalbereich <strong>und</strong> die Ampulla Vaterii<br />
sowie den Magenf<strong>und</strong>us (20). Deswegen besteht beim Gardner-Syndrom ein<br />
erhöhtes Risiko für die Entstehung von Papillen- <strong>und</strong> Pankreaskarzinomen (21).<br />
Diese sind gr<strong>und</strong>sätzlich aber auch bei <strong>der</strong> <strong>FAP</strong> <strong>und</strong> dem Turcot-Syndrom möglich.<br />
Das mittlere Lebensalter bei Diagnosestellung <strong>der</strong> periampullären <strong>und</strong> duodenalen<br />
Karzinome liegt bei 45 Jahren (22). Das Risiko ein periampulläres Karzinom o<strong>der</strong><br />
eine Pankreasneoplasie zu entwickeln wird für <strong>FAP</strong> <strong>und</strong> Gardner-Patienten mit 3–8<br />
Prozent angegeben <strong>und</strong> liegt somit höher als in <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung (Inzidenz<br />
0,1–0,5 Prozent) (23). Die Karzinome <strong>der</strong> Papilla vaterii <strong>und</strong> des Duodenalbereichs<br />
entwickeln sich meist nachdem die <strong>Polyposis</strong> 15 Jahre bestanden hat. Neben den<br />
vorgenannten bösartigen Neubildungen wurden darüber hinaus Karzinome des<br />
Ductus hepaticus <strong>und</strong> choledochus sowie <strong>der</strong> Gallenblase beschrieben (23). Das<br />
Manifestationsalter des Gardner-Syndroms <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>FAP</strong> ist weitgehend identisch.<br />
Das Durchschnittsalter <strong>der</strong> Patienten bei Erstdiagnostik eines Karzinoms liegt beim<br />
Gardner-Syndrom mit 44 Jahren ca.15 Jahre vor Patienten mit sporadischen<br />
Polypen.<br />
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Eine weitere Assoziation von <strong>FAP</strong> <strong>und</strong> Gardner-Syndrom besteht zu semimalignen<br />
Desmoiden <strong>und</strong> zu Fibrosarkomen, erstmals 1923 beschrieben als lokalinfiltrierende<br />
fibroblastische Desmoide (24). Haupttodesursachen <strong>der</strong> <strong>Polyposis</strong>-Patienten, bei<br />
denen ein kolorektales Karzinom durch prophylaktische Kolektomie verhin<strong>der</strong>t wurde,<br />
sind periampulläre Karzinome <strong>und</strong> Desmoide. Die Desmoide sind semimaligne<br />
fibroblastische Tumore (25), am häufigsten finden sich Desmoide im<br />
Mesenterialbereich, wobei durch lokalinfiltrierendes Wachstum eine Destruktion <strong>und</strong><br />
Kompression <strong>der</strong> mesenterialen Blutgefäße möglich ist.<br />
Als weitere typische Lokalisation finden sich Desmoide bei <strong>FAP</strong> im Bereich <strong>der</strong><br />
Bauchdecke, aber auch eine extraabdominelle Lage von Desmoiden mit meist<br />
mildem Verlauf ist möglich. Synonym werden die mesenterial wachsenden Desmoide<br />
auch als aggressive Fibromatose bezeichnet, die einereseits infiltratives <strong>und</strong><br />
destruierendes Wachstum haben, jedoch Metastasenbildungen sehr selten<br />
beschrieben sind <strong>und</strong> dann eher Hinweis für echte Fibrosarkome sind (26). Die<br />
Inzidenz dieses Tumorleidens beim Gardner-Syndrom beträgt zwischen 3 <strong>und</strong> 17<br />
Prozent (27-29). Das Durchschnittsalter <strong>der</strong> Desmoid-Patienten beträgt im<br />
Durchschnitt 34,5 Jahre, mit 65 Prozent <strong>der</strong> Patienten sind Frauen häufiger betroffen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser Geschlechtsverteilung besteht sehr wahrscheinlich ein<br />
wachstumsför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> hormoneller Einfluss auf die Desmoidentstehung. Desmoide<br />
treten häufig bei jüngeren <strong>und</strong> schwangeren Frauen auf <strong>und</strong> bilden sich mit dem<br />
Einsetzen <strong>der</strong> Menopause gelegentlich zurück. In vitro konnte ein<br />
proliferationsför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Effekt von Östrogenen an Desmoidzellen nachgewiesen<br />
werden (30).<br />
Neben den hormonellen Einflüssen auf Entstehung <strong>und</strong> Wachstumsverhalten <strong>der</strong><br />
Desmoide besteht oft ein Zusammenhang mit einem zuvor erfolgten chirugischen<br />
o<strong>der</strong> akzidentellen Trauma (z. B. die notwendige prophylaktische Kolektomie) (31).<br />
Da Desmoide rezidivfreudige Tumore sind <strong>und</strong> bei unvollständiger (R2)-Resektion<br />
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agressiver <strong>und</strong> schneller wachsen, ist die Indikation zur chirugischen Intervention<br />
bevorzugt bei <strong>der</strong> kurativen Resektion (R0-Resektion) o<strong>der</strong> vitaler Indikation zu<br />
stellen.<br />
Medikamentös können Regressionen/Remissionen durch Sulindactherapie erzielt<br />
werden (31). Ebenfalls wurde über den erfolgreichen Einsatz von Antiöstrogenen wie<br />
Tamoxifen, Torimefene <strong>und</strong> Testolacton berichtet (32). Die Kombination von Sulindac<br />
(ein nicht steroidales Antiphlogistikum) mit Östrogenantagonisten stellt <strong>der</strong>zeit das<br />
Standardtherapieregime zur Behandlung langsam wachsen<strong>der</strong> Desmoide dar (33).<br />
Der Einsatz klassischer Zytostatika ist bisher schnell wachsenden Tumoren<br />
vorbehalten (z. B. Doxorubicin, Vincristin, Cyclophosphamid, Azathioprin) (34). Eine<br />
Bestrahlung wird üblicherweise postoperativ, nach R2-Resektion, gestellt (35).<br />
Benigne Knochentumoren <strong>und</strong> Weichteiltumoren treten, im Zusammenhang mit dem<br />
Gardner-Syndrom, häufig während <strong>der</strong> Wachstumsphase <strong>der</strong> Patienten auf (36).<br />
Osteome finden sich häufig im Bereich <strong>der</strong> Mandibula, <strong>der</strong> Maxilla <strong>und</strong> <strong>der</strong> langen<br />
Röhrenknochen bei <strong>FAP</strong> (37). Epi<strong>der</strong>miszysten <strong>und</strong> Fibrome werden gehäuft bei<br />
<strong>Polyposis</strong>patienten diagnostiziert. Sie werden bereits im Säuglings- <strong>und</strong><br />
Kleinkin<strong>der</strong>alter bei 50 Prozent <strong>der</strong> Patienten beobachtet (38). Papilläre<br />
Schilddrüsenkarzinome, gutartige Adnex-Tumore aber auch Ovarialkarzinome<br />
wurden bei <strong>FAP</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> ihr nahestehenden Polyposen beschrieben (39).<br />
Ein weiteres extraintestinales Symptom ist die typische Hypertrophie des<br />
Retinapigments (congenital hypertrophy of the retinal pigment epihelium, CHRPE).<br />
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Ähnlich <strong>der</strong> übrigen extrakolischen Manifestationen ist diese Pigmenthypertrophie<br />
nicht obligat mit einer <strong>Polyposis</strong> vergesellschaftet, son<strong>der</strong>n ist an einen<br />
Mutationsdefekt in einem definierten Bereich des APC-Gens geb<strong>und</strong>en (40).<br />
Das Turcot-Syndrom ist eine seltene Variante <strong>der</strong> klassischen <strong>FAP</strong> <strong>und</strong> wurde 1959<br />
erstmals beschrieben (41). Es besteht beim Turcot-Syndrom typischerweise eine<br />
erhöhte Inzidenz von malignen <strong>und</strong> benignen Hirntumoren wie Glioblastoma<br />
multiforme des Cerebrums <strong>und</strong> Medulloblastome des Kleinhirns, seltener auch als<br />
Spongioblastome Grad II–III <strong>und</strong> Astrozytome beschrieben (42, 43). Diese<br />
Hirnturmoren manifestieren sich meist in <strong>der</strong> zweiten Lebensdekade <strong>der</strong> Patienten<br />
(Durchschnittsalter: 15 Jahre) <strong>und</strong> sind mit einer hohen Mortalität behaftet (44).<br />
Daher versterben diese Hirntumorpatienten bevor an<strong>der</strong>e Symptome des<br />
Turcot-Syndroms wie die Ausbildung einer Kolonpolyposis klinisch relevant werden<br />
können (45). Es finden sich auch gelegentlich auftretende Café-au-lait-Flecken des<br />
Körperstamms <strong>und</strong> <strong>der</strong> Extremitäten. Es finden sich auch Duodenal- <strong>und</strong><br />
Papillenadenome. Daher wurden für das Turcot-Syndrom, ähnlich wie beim<br />
Gardner-Syndrom <strong>und</strong> <strong>der</strong> klassichen <strong>FAP</strong>, Papillenkarzinome beschrieben (46).<br />
Die genetischen Ursachen des Turcot-Syndroms gehen auf eine Mutation des<br />
APC-Gens zurück, zusätzliche o<strong>der</strong> isolierte Defekte in einem Mismatch-Repair-Gen<br />
mit <strong>der</strong> Folge existieren teilweise, mit <strong>der</strong> Folge von somatischen Mutationen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
phänotypischen Erkrankung.<br />
In naher Verwandschaft zur <strong>FAP</strong> <strong>und</strong> dem HNCCP steht das<br />
Hereditary-Flat-Adenom-Syndrom (47). In <strong>der</strong> Literatur ist für dieses Syndrom auch<br />
die Bezeichnung attenuated APC (AAPC) gebräuchlich (48). Diese Form <strong>der</strong><br />
<strong>Polyposis</strong> wurde erstmals 1992 von Spirio et al. beschrieben (49). Phäntoypisch ist<br />
die Ausbildung multipler flacher, plaqueartiger Adenome im Kolon, bevorzugt<br />
proximal des Cannon-Böhmschen Punktes <strong>und</strong> damit in ähnlicher Lage wie die<br />
Kolonepithelverän<strong>der</strong>ungen des HNPCC (50). Die Gesamtzahl <strong>der</strong> hierbei<br />
auftretenden Adenome übersteigt selten die Zahl von 100 (51). Mit zunehmen<strong>der</strong><br />
Dysplasie kommt es zum Auftreten von Kolon-Karzinomen zwischen dem vierzigsten<br />
<strong>und</strong> sechzigsten Lebensjahr. Der Altersgipfel bei <strong>der</strong> Diagnose eines kolorektalen<br />
Karzinomes liegt bei dem Hereditary-Flat-Adenoma-Syndrom 15 Jahre hinter dem<br />
<strong>der</strong> klassischen <strong>FAP</strong> (52). Darüber hinaus sind beim AAPC ebenfalls Duodenal- <strong>und</strong><br />
Magenf<strong>und</strong>uspolypen <strong>und</strong> daraus resultierende Karzinome möglich. Im Gegensatz<br />
zur <strong>FAP</strong> wurde bei dieser <strong>Polyposis</strong> bis heute kein Vorkommen von Desmoiden<br />
beschrieben. Genetisch steht das autosomal dominant vererbliche<br />
Hereditary-Flat-Adenoma-Syndrom <strong>der</strong> <strong>FAP</strong> nahe. Bei beiden Syndromkomplexen<br />
beruht das Krankheitsbild auf Mutationen im 5q21 Gen, da jedoch die beim AAPC<br />
entstehenden Adenome mit ihrer häufig plaqueartigen Struktur histologische<br />
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Beson<strong>der</strong>heiten aufweisen, wird dieses Leiden als eigenständiges Krankheitsbild aus<br />
<strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> hereditären Polyposen berücksichtigt.<br />
Erstgradig blutsverwandte Angehörige von Patienten mit <strong>FAP</strong> <strong>und</strong> HNPCC haben ein<br />
drei- bis achtfach höhreres Risiko, an einem Karzinom im kolorektalen Bereich zu<br />
erkranken als vergleichbare Nicht-<strong>Polyposis</strong> betroffene Bevölkerungsgruppen. Burt et<br />
al. beschrieben diese erhöhte Inzidenz bei Blutsverwandten als ein<br />
APC-Gen-abhängiges Geschehen <strong>und</strong> prägten im Jahre 1993 für dieses Phänomen<br />
erstmalig den Begriff des Discrete-Colon-Cancer-Syndroms (53).<br />
Eine Variante <strong>der</strong> <strong>FAP</strong> mit vollkommen fehlenden o<strong>der</strong> nur sehr diskreten<br />
vereinzelten Kolonadenomen wurde erstmals 1996 beschrieben (54), wobei ebenfalls<br />
eine Mutation des APC-Gens besteht <strong>und</strong> eine häufig massive Desmoidausbildung<br />
sowie <strong>der</strong> Befall durch kolorektale Karzinome ohne ausgeprägte <strong>Polyposis</strong> auffallend<br />
ist (55). Diese <strong>FAP</strong>-ähnliche Konstellation wird seit 1996 als Hereditary Desmoid<br />
Disease o<strong>der</strong> Familial Infiltrative Fibromatosis bezeichnet <strong>und</strong> als eine<br />
AAPC-Variante betrachtet.<br />
AAPC-Patienten tragen die APC-Gen-Mutation am proximalen Ende des APC-Gens<br />
(48, 56). Ursächlich für die schwache Syndromausprägung könnte die mögliche<br />
partielle Funktionsfähigkeit des APC-Proteinproduktes sein, entwe<strong>der</strong> aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Proteinlänge o<strong>der</strong> durch Co-Aggregation <strong>der</strong> APC-Proteine im Sinne eines dominant<br />
negativen Prozesses.<br />
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