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MICHAEL FRAUCHIGER* ZUR EXTERNEN ... - Bruno de Finetti

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propositionalen Einstellungen aufgefasst, als die variieren<strong>de</strong> Intensität also, mit <strong>de</strong>r die<br />

betreffen<strong>de</strong>n Propositionen von unterschiedlichen Erkenntnissubjekten (bzw. rationalen<br />

Wissenschaftlern) geglaubt und als wahr angenommen wer<strong>de</strong>n. Es ist <strong>de</strong>mzufolge eine<br />

bayesianische Grundannahme, dass die Glaubensgra<strong>de</strong> rationaler Personen sich nach <strong>de</strong>n<br />

mathematischen Prinzipien <strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeitstheorie richten müssen.<br />

Die älteste, bis heute noch weithin akzeptierte Begründung dieser bayesianischen<br />

Grundannahme geht auf Ramsey zurück, ihre klassische Form erhielt sie aber unabhängig davon<br />

durch <strong>de</strong> <strong>Finetti</strong> (1937). In dieser Begründung wer<strong>de</strong>n die wetttheoretischen Bedingungen<br />

festgesetzt, <strong>de</strong>nen die Glaubensgra<strong>de</strong> eines je<strong>de</strong>n rationalen Subjekts gehorchen müssen. Aus <strong>de</strong>r<br />

Anwendung <strong>de</strong>s Bayes’schen Entscheidungsprinzips (wonach ein vernünftiges Subjekt jeweils<br />

die Handlung mit <strong>de</strong>m maximalem Erwartungswert an subjektivem Nutzen wählt) auf<br />

Wettsituationen ergibt sich, dass <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>s Glaubens einer Person an eine bestimmte<br />

Proposition mit <strong>de</strong>m maximalen Wettquotienten gleichgesetzt wer<strong>de</strong>n kann, zu <strong>de</strong>m die Person<br />

auf diese Proposition zu wetten bereit ist. 2 Als entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Rationalitätskriterium wird<br />

gefor<strong>de</strong>rt, dass keine Systeme von Wetten abgeschlossen wer<strong>de</strong>n dürfen, die unabhängig vom<br />

Ausgang <strong>de</strong>r einzelnen Wetten (in je<strong>de</strong>m Fall also) letztendlich zu einem Verlust für die<br />

betreffen<strong>de</strong> Person führen. Auf diese sog. Kohärenzfor<strong>de</strong>rung lassen sich die drei Grundaxiome<br />

<strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeitsrechnung (die Kolmogoroff-Axiome) zurückführen, so dass für je<strong>de</strong><br />

Person, die in diesem wetttheoretischen Sinn als rational angesehen wer<strong>de</strong>n kann, gelten muss,<br />

dass ihr persönliches System von Glaubensgra<strong>de</strong>n die wahrscheinlichkeitstheoretischen<br />

Prinzipien erfüllt. 3<br />

Gemäß <strong>de</strong>r bayesianischen Grundannahme und ihrer wetttheoretischen Begründung gilt<br />

<strong>de</strong>mnach, dass die Glaubensgra<strong>de</strong> rationaler Personen u. a. das Bayes’sche Theorem erfüllen.<br />

2 An dieser Stelle zeigt sich <strong>de</strong>utlich, dass <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>s objektstuflichen partiellen Glaubens an Propositionen nicht<br />

mit <strong>de</strong>m metastuflichen Begriff <strong>de</strong>r Hypothesenwahrscheinlichkeit zu vereinbaren ist. Nach <strong>de</strong> <strong>Finetti</strong> lassen sich<br />

sämtliche “echten” Wahrscheinlichkeiten als Glaubensgra<strong>de</strong> auffassen, die operational als maximale Wettquotienten<br />

bestimmbar sind. Im Unterschied zu Hintikka bestreitet <strong>de</strong> <strong>Finetti</strong> aber, dass sich Hypothesenwahrscheinlichkeit<br />

wetttheoretisch präzisieren und rechtfertigen lässt. Stegmüller verteidigt <strong>de</strong> <strong>Finetti</strong>s Position mit <strong>de</strong>m Argument, dass<br />

auf Gesetzeshypothesen nicht gewettet wer<strong>de</strong>n könne, da wegen ihrer prinzipiellen Unverifizierbarkeit <strong>de</strong>r Ausgang<br />

einer solchen Wette (mit positivem Einsatz) nicht ein<strong>de</strong>utig feststellbar wäre. Vgl. dazu Stegmüller 1971, 57f.<br />

3 Das Maß <strong>de</strong>s rationalen Glaubensgrads kann also (wie das übliche abstrakte Wahrscheinlichkeitsmaß) als eine<br />

reellwertige Funktion eingeführt wer<strong>de</strong>n, die für bestimmte Teilmengen eines gegebenen Möglichkeitsraums (für die<br />

Elemente eines Ereigniskörpers über <strong>de</strong>m betreffen<strong>de</strong>n Möglichkeitsraum) <strong>de</strong>finiert wird. Der späte Carnap hat En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r 1960er Jahre <strong>de</strong> <strong>Finetti</strong>s Begründung <strong>de</strong>r bayesianischen Grundannahme übernommen und die subjektivistischpersonalistische<br />

Zurückführung <strong>de</strong>r Kolmogoroff-Axiome auf die wetttheoretische Kohärenzfor<strong>de</strong>rung in formaler<br />

Hinsicht ergänzt. Denn er weist nach, dass sich die mathematische Interpretation <strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeitstheorie mit<br />

<strong>de</strong>r tarskischen Semantik und Mo<strong>de</strong>lltheorie verbin<strong>de</strong>n lässt (so dass z. B. <strong>de</strong>r umstrittene Propositionsbegriff<br />

mo<strong>de</strong>lltheoretisch ausge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n kann). Vgl. dazu Stegmüller 1971, 51-53.<br />

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