PARADIES AN PARADIES - Ursel Nendzig
PARADIES AN PARADIES - Ursel Nendzig
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NATUR | Kleingarten<br />
<strong>PARADIES</strong><br />
<strong>AN</strong> <strong>PARADIES</strong><br />
EIN RUNDG<strong>AN</strong>G VON URSEL NENDZIG MIT FOTOS VON STEF<strong>AN</strong> KNITTEL<br />
KLEIN, FEIN<br />
UND MEIN<br />
Für viele steckt im<br />
Kleingarten die<br />
ideale Lebensweise.<br />
Ein eigener Garten,<br />
in dem man zwar<br />
allein, aber nicht<br />
einsam ist.<br />
Die Bewohner von Kleingärten haben mit Vorurteilen zu kämpfen.<br />
Spießig seien sie, und kleinlich, genau wie ihre Grundstücke.<br />
Sie würden sich Schwimmbäder bauen, am liebsten größer<br />
als der Garten selbst, und Nachbarn mobben,<br />
wenn die Büsche über den Zaun wachsen.<br />
Zeit, dieses Bild gerade zu rücken.<br />
UNIVERSUM 70 <br />
Juni 2009
Weg 1, Parzelle 26<br />
Wenn Obmann Karl Haberl eine Runde<br />
durch seinen Kleingartenverein dreht, kann<br />
das schon mal ein paar Stunden dauern.<br />
Nicht nur weil die Anlage so groß ist, sondern<br />
vor allem deswegen, weil er überall auf<br />
einen Sprung einkehren muss. Er kennt zwar<br />
nicht alle Bewohner der Anlage, aber mit<br />
sehr vielen ist er befreundet. Auch mit den<br />
Halickis. Die wohnen am „Einser-Weg“.<br />
Hinter der Gartentüre, die all den anderen<br />
gleicht, ersetzt Hündin Maggie – klein,<br />
schwarz, Schlappohren – die Klingel und<br />
ruft mit ihrem Bellen Herrchen und Frauchen<br />
auf den Plan. Karoline und Andreas<br />
Halicki haben die Hündin aus einem Tierheim<br />
geholt, das erzählen sie auf der Holzterrasse,<br />
die mit einem Glasdach vor den<br />
sachte prasselnden Regentropfen schützt.<br />
Schon stehen Kaffeehäferln auf dem Tisch,<br />
Maggie sucht sich einen Schoß aus, um sich<br />
eine ausgiebige Streicheleinheit verpassen zu<br />
lassen. Gemütlich. Von der Terrasse, die<br />
hinter dem Haus liegt, ist der ganze Garten<br />
einzusehen und offenbart erst nach ein paar<br />
genaueren Blicken seine Besonderheiten.<br />
Ein Nützlingshäuschen etwa, das die Halickis<br />
aus Holz, Ästen und Metalldosen selbst<br />
gebaut haben und das jetzt für Bienen und<br />
Wespen offen steht. Oder die handbeschrifteten<br />
Steine, die Rosmarin, Thymian und<br />
Basilikum ankündigen.<br />
Wie 500 andere leben die Halickis dauerhaft<br />
hier im Kleingartenverein. „Wir haben<br />
in einer Wohnung gewohnt, ohne Balkon“,<br />
sagt Karoline Halicki. „Seit 2006 leben wir<br />
hier und sind glücklich.“ Unter der Woche,<br />
Juli | August 2009<br />
UNIVERSUM<br />
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UNIVERSUM <br />
4 AKTUELL | Story<br />
Juni 2009
NATUR | Kleingarten<br />
sagt sie, wenn nur die Dauerbewohner hier<br />
sind, sei es ganz leise und es mache dann fast<br />
den Eindruck, als gehöre ihnen die Anlage<br />
ganz alleine. Alleine, aber nicht einsam. Am<br />
Wochenende, wenn mehr Leute da sind, sei<br />
es erst recht lustig. „Wir haben ja viele<br />
Freunde hier unter den Nachbarn.“ Auf nur<br />
35 Quadratmeter Grundfläche wohnen die<br />
vier Halickis, Karoline, Andreas und die beiden<br />
Töchter. Das zweistöckige Haus, das sie<br />
in Eigenregie und mit viel Liebe auf- und<br />
umgebaut haben, und der Garten muten so<br />
gar nicht an wie das, was man sich unter<br />
einem Kleingartenanwesen vorstellt: heimelige<br />
Holzfassade, großzügige Terrasse, die<br />
blaue Bank, die sich hinter einer mächtigen<br />
Weide versteckt, die Hängematte, zwischen<br />
zwei massiven Holzstämmen aufgehängt.<br />
Auch der Obmann fühlt sich hier im<br />
Garten wohl, sagt: „Das<br />
ist nicht nur Haus und<br />
Wiese, sondern ein richtiger<br />
Garten.“ Und Gärten<br />
gibt es viele in seiner Anlage.<br />
„281 Parzellen haben<br />
wir hier im Kleingartenverein<br />
Rosenhügel.“<br />
Weg 8, Parzelle 280<br />
Eine davon gehört Familie<br />
Meidl, deren Garten<br />
ein kleiner Park ist. Sanft<br />
schlängelt sich der obligatorische<br />
Weg, mit Natursteinen<br />
gemacht, von der Gartentüre in<br />
Richtung Terrasse. Dort hat Margit Meidl<br />
auf dem Tisch Fotoalben ausgebreitet.<br />
„Zuerst war da nur ein kleines Häuschen“,<br />
sagt sie und zeigt ein Bild von einem verwunschenen,<br />
verwachsenen Garten, einer<br />
Hütte aus dunklem Holz. „Das war 1983,<br />
da haben wir den Garten übernommen.“<br />
Seitdem ist viel passiert. Inzwischen ist der<br />
Garten nicht mehr nur Wochenenddomizil,<br />
sondern fester Wohnsitz der dreiköpfigen<br />
Familie. Margit, Walter und Tochter<br />
Bettina. Und dann wären da noch Timmy,<br />
die Katze, die eigentlich ein „Maincoon“<br />
ist, ein wuscheliger Riese in Grau-Weiß,<br />
VIELE GESICHTER, EIN PRINZIP<br />
Die meisten der Häuser des Kleingartenvereins Rosenhügel liegen von der Gartentüre aus<br />
gesehen am gegenüberliegenden Grundstücksende. Meist teilt ein Weg den Garten. Auch wenn<br />
das Prinzip stets dasselbe ist, steckt die Individualität der Bewohner doch im Detail.<br />
und Herr Lehner, die Schildkröte.<br />
Die Tiere haben die Meidls erst, seit sie<br />
den Garten haben. „Davor haben wir in einer<br />
Wohnung im zwölften Bezirk gewohnt“,<br />
sagt Margit Meidl – kein Vergleich:<br />
„Es ist eine Idylle hier!“ Nicht nur<br />
der Garten, sondern auch die Nachbarn.<br />
„Hier leben wir in einer Gemeinschaft, wir<br />
helfen einander. In der Wohnung nicht.“<br />
Auch der Obmann hilft, wenn er kann.<br />
Zum Beispiel passt Karl Haberl auf Timmy,<br />
die Katze, die so groß wie ein Hund ist,<br />
wenn Familie Meidl im Urlaub ist. Auch<br />
wenn er hier nicht seinen festen Wohnsitz<br />
hat – er lebt ganz in der Nähe in einer Wohnung<br />
und kommt, wann immer er Zeit findet,<br />
hierher in den Kleingartenverein –, ist<br />
er fest in die Gemeinschaft eingebunden.<br />
Mehr noch, „es entstehen richtige Freundschaften“,<br />
sagt er und krault Timmy hinter<br />
den mächtigen Ohren.<br />
Karl Haberl ist natürlich nicht nur zum<br />
Besuchemachen da. Als Obmann des Kleingartenvereins<br />
Rosenhügel hält er einmal im<br />
Monat Sprechstunde in der Vereinskanzlei.<br />
Das ist ein Raum in einem flachen Gebäude,<br />
gleich neben dem Wirten, der hier auch<br />
Unterpächter ist. Hierher kann jeder Bewohner<br />
kommen, mit Problemen, mit Anliegen,<br />
mit allem, was es rund ums Bauen zu klären<br />
gibt. „Wir kümmern uns außerdem um die<br />
Vergabe der Kleingärten“, sagt Karl Haberl.<br />
„Wir haben zweihundert Anfragen, aber nur<br />
fünf Gärten pro Jahr zu vergeben.“ Die Bewerber<br />
kommen zu ihm, stellen sich vor,<br />
schauen sich um. „Wenn ein Garten frei<br />
wird, geben wir Bescheid.“ Die Freude ist<br />
dann natürlich groß, denn Kleingärten sind<br />
beliebt wie nie. „Es ist finanzierbares Bauland“,<br />
sagt Karl Haberl. Der Grund und<br />
Boden der Kleingartenanlage gehört dem<br />
Land, in diesem Fall der Stadt Wien, Pächter<br />
ist der Zentralverband der Kleingärtner.<br />
Die einzelnen Parteien sind Unterpächter.<br />
Gebaut werden darf je nach Parzellengröße<br />
(im Schnitt 400 Quadratmeter) auf einer<br />
Fläche von bis zu 50 Quadratmetern. Da ist<br />
Fantasie gefragt.<br />
Weg 8, Parzelle 38<br />
VERBINDENDER WEG<br />
Insgesamt acht Wege ziehen<br />
sich durch die Kleingartenanlage.<br />
Sie verbinden die<br />
einzelnen Grundstücke und<br />
bestimmen auch die genaue<br />
Lage: vom „Einser-Weg“ bis<br />
zum „Achter-Weg“.<br />
Auch Vencours haben gebaut, vier Jahre ist<br />
das jetzt her. Ihr gelb-freundliches Haus hat<br />
Keller, Erdgeschoß und Stock samt Holzbalkon.<br />
„Ossi & Hanni“ steht auf dem<br />
Schild über der Eingangstür und Oscar und<br />
Johanna strahlen um die Wette, als sie in<br />
den Garten bitten. Ein Garten, den Obmann<br />
Haberl als einzigartig und außergewöhnlich<br />
angekündigt hat. Er hat recht. Ein<br />
Teich, bestimmt zwanzig Quadratmeter<br />
groß, ist umringt von Zierahornbäumen<br />
und niedrigem Gebüsch. Überm Wasser ein<br />
hölzerner Steg, drinnen tummeln sich Pennant<br />
und Goldorfen, Oscar Vencour lächelt<br />
stolz und zufrieden, er liebt die Fische. „Ich<br />
bin ein Aquarianer“, sagt er. Und erzählt,<br />
wie ihn diese Leidenschaft zu seiner Arbeit<br />
im Tiergarten Schönbrunn geführt hat.<br />
„Eigentlich wollte ich zu den Fischen, dort<br />
war kein Platz.“ Gelandet ist er bei den<br />
Raubtieren.<br />
Bei einer Tasse Kaffee zeigt er ein Fotoalbum,<br />
das ihn mit seinen Raubkatzen zeigt.<br />
Ein Gepard lässt sich von ihm hinter den<br />
Ohren kraulen. Ein Tiger legt ihm die Pratze<br />
Juli | August 2009<br />
UNIVERSUM<br />
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AKTUELL | Story<br />
über die Schulter. „Der hatte Epilepsie und<br />
war ziemlich anhänglich“, sagt Oscar<br />
Vencour. Seine Tierliebe spiegelt sich nicht<br />
nur in den Teichbewohnern wider. Mitten im<br />
Garten hat er eine Voliere aufgebaut, darin<br />
flattern knallbunte Großsittiche, am Boden<br />
trippelt eine Chinesische Zwergwachtel,<br />
zwei Kanarienvögel gibt es. Außerdem einen<br />
Hasenstall mit einem Hasenpärchen und<br />
sechs kleinen Hasenknäueln. Zu jedem Tier<br />
hat der Pfleger viel zu erzählen. „Schauen<br />
Sie, ein Nachtfalter“, ruft er und klaubt ein<br />
zusammengefaltetes braunes Insekt von der<br />
Mauer. „Schön, gell?“ Auch eine Gottesanbeterin<br />
habe er vor kurzem beobachtet, sie<br />
sei sitzen geblieben, bis er den Fotoapparat<br />
geholt hatte. Seit einiger Zeit ist er in<br />
Pension, seit vier Jahren leben sie jetzt hier.<br />
„Die Lebensqualität ist einfach groß“, sagt<br />
Johanna Vencour. „Man hört in der Früh die<br />
Vögel zwitschern. Es ist ein Wahnsinn – mitten<br />
in der Stadt.“<br />
PAARWEISE GARTENIDYLLE<br />
Hier lebt ein grüner Daumen. Davon zeugt<br />
nicht nur der Tiroler Garten von Adele und<br />
Helmut Letz (li. o.). Mario und Sandra Markl<br />
(li. u.) haben ihr Wochenendparadies erst<br />
seit kurzem und sind noch fleißig dabei,<br />
Büsche zu befestigen und einzurichten.<br />
Ein Stück Biskuitroulade und eine Einheit<br />
Häschenstreicheln später ist Karl Haberl<br />
wieder auf dem Weg, der die Häuser miteinander<br />
verbindet. Acht solche sauber betonierten<br />
und ordentlichen Wege gibt es in der<br />
Anlage, die Parzellen sind durchnummeriert.<br />
Auch die meisten Grundstücke sind<br />
mehr als gepflegt und ordentlich. „Alle Gärten<br />
sind schön“, sagt Karl Haberl. Und wenn<br />
einer verwildert und die Löwenzahnsamen<br />
auf die Nachbargrundstücke fliegen, kommt<br />
es schon mal vor, dass er ein deutliches Wort<br />
finden muss. „Man ist eben doch nicht allein,<br />
sondern muss Rücksicht aufeinander<br />
nehmen.“<br />
Weg 5, Parzelle 134<br />
Adele und Helmut Letz haben einen Vorzeigegarten.<br />
Die beiden sind schon in Pension,<br />
haben den Garten aber trotzdem nur<br />
über den Sommer, weil es keine Heizung<br />
im Häuschen gibt. Seit dreißig Jahren haben<br />
sie das Grundstück schon gepachtet.
NATUR | Kleingarten<br />
„Zuerst wegen der Kinder“, erzählt Adele<br />
Letz, „damit sie in die Natur kommen.“<br />
Adele Letz hat einen grünen Daumen. Das<br />
beweist nicht zuletzt ihr Kiwibaum. Er wuchert<br />
förmlich über die Laube, die sich die<br />
Letzens gebaut haben, um auch bei Regen<br />
draußen sitzen zu können. Sie erklärt, dass<br />
„man immer ein Kiwimännchen und ein<br />
Weibchen pflanzen“ muss. „Schauen Sie,<br />
das Weibchen hat runde Blätter, das Männchen<br />
ist spitz.“ Sie kichert. „Wie bei den<br />
Menschen.“ Wenn wenige Insekten fliegen,<br />
bestäubt sie auch mal selber mit einer Blüte,<br />
damit es Früchte gibt. „200 Kiwis hatten<br />
wir letztes Jahr.“ Dann zeigt sie noch<br />
ihren Pfirsichbaum, den sie aus einem<br />
Kern selbst gezogen hat. Und überhaupt,<br />
das Gemüsebeet! Kürbisse, Salat,Tomaten<br />
(auch aus Kernen selbst gezogene Pflänzchen)<br />
– ein Paradies. „Es ist einfach eine<br />
Freude, wenn man etwas wachsen sieht“,<br />
sagt Adele Letz. Ihre Hauswurzen gedeihen<br />
wie alles andere ebenfalls prächtig.<br />
„Die schenk ich manchmal an Nachbarn<br />
her“, sagt sie und lacht: „Aber erst ab einem<br />
Kilo!“<br />
Weg 1, Parzelle 7<br />
Die Markls haben ihr Grundstück erst seit<br />
kurzem, sie sind noch dabei, es herzurichten.<br />
Er haut gerade einen Pfahl in die Wiese, mit<br />
einem Vorschlaghammer drischt er, auf einer<br />
Leiter stehend, darauf ein. Die Rosen sollen<br />
daran angebunden werden, damit sie nicht<br />
mehr in den Weg hängen. Mario Markl und<br />
seine Frau Sandra haben erst kürzlich die<br />
kleine Parzelle gleich neben dem Wirten<br />
übernommen und sind dabei, sich ein Wochenendparadies<br />
zu schaffen. Sitzgarnitur,<br />
Griller, das kleine Häuschen. „Ein Garten<br />
mitten in der Stadt, das ist einfach das Paradies“,<br />
sagen die beiden. Ein Paradies neben<br />
vielen anderen kleinen Paradiesen – jedes<br />
auf seine Art.<br />
<br />
TIERPARK UND GEMÜTLICHKEIT<br />
Die Vencours (li. o.) haben aus ihrem Garten<br />
ein wildes Paradies geschaffen, inklusive<br />
Teich und Voliere. Der Garten der<br />
Meidls (li. Mi.) ist fast ein Park, besonders<br />
gemütlich ist es bei Familie Halicki (li. u.).<br />
Kleingarten im Internet:<br />
Zentralverband: www.kleingaertner.at<br />
Alle Links zum Anklicken: www.universum.co.at<br />
VEREINS-FÜHRUNG<br />
Obmann Karl Haberl, hier vor der<br />
Vereinskanzlei, führt seinen Kleingartenverein<br />
mit Leidenschaft und Humor.<br />
Unsere Autorin <strong>Ursel</strong> <strong>Nendzig</strong> führte er<br />
durch viele, viele wunderschöne Gärten.<br />
KLEINGÄRTEN: EIN PAAR FAKTEN<br />
„Der älteste Kleingartenverein ist der Verein<br />
Rosenthal im 14. Bezirk“, sagt Wilhelm Wohatschek.<br />
Er ist Präsident des Zentralverbandes<br />
der Kleingärtner und Siedler Österreichs. Seit<br />
über hundert Jahren existiert das Modell des<br />
Kleingartens und hat sich seither den Bedingungen<br />
immer wieder angepasst. „Immer wenn es<br />
den Leuten schlechter gegangen ist, wie nach<br />
den Kriegen, sind die Gärten zu Nutzgärten<br />
geworden“, sagt Wilhelm Wohatschek. „In den<br />
1970ern und 80ern waren es dann meistens nur<br />
Rasen und Thujenhecken, also Erholung pur.<br />
Heute wird wieder viel Gemüse angebaut, aber<br />
nicht, weil es den Leuten schlecht geht – sondern<br />
aus ökologischen Überlegungen.“<br />
„Seit 1992 gibt es die Möglichkeit, einen<br />
Hauptwohnsitz im Kleingartenverein anzumelden.“<br />
Seit damals gibt es neben der Widmungskategorie<br />
„EKL“ – Kleingartenfläche – auch<br />
„EKL-W“. Das „W“ bedeutet, dass Hauptwohn-<br />
sitze möglich sind und bis zu 50 Quadratmeter<br />
des Grundstücks verbaut werden dürfen.<br />
Wie die Flächen gewidmet werden, ist übrigens<br />
Angelegenheit der Länder. Im Unterschied zu<br />
„normalem“ Bauland gilt für die Flächen der<br />
Kleingartenvereine, dass sie „kleingärtnerisch<br />
bewirtschaftet“ werden müssen.<br />
„Kleingartenvereine gibt es in allen Bundesländern<br />
Österreichs außer in Vorarlberg“, erzählt<br />
Wilhelm Wohatschek; die meisten gibt es in Wien.<br />
8,5 Millionen Quadratmeter hat der Zentralverband<br />
in ganz Österreich in Pacht. Allein in<br />
Wien gibt es insgesamt 14 Millionen Quadratmeter<br />
Kleingarten – fast die Hälfte gehört also nicht<br />
zum Zentralverband. „Es gibt viele private Kleingartenanlagen,<br />
aber auch die ÖBB hat eine.“<br />
Wer selbst einen Kleingarten möchte,<br />
braucht einen langen Atem, denn die Wartelisten<br />
sind übervoll. „Kleingärten sind die Form,<br />
die viele junge Leute anspricht“, sagt Wilhelm<br />
Wohatschek. „In den letzten Jahren haben wir<br />
viele Bewerber, die ein Reihenhaus hatten, aber<br />
doch lieber einen ruhigeren, größeren Garten<br />
wollen.“ Außer der Warteliste gibt es nur die<br />
Möglichkeit der Erbschaft. „Beim Tod eines<br />
Pächters – der ja eigentlich Unterpächter des<br />
Zentralverbandes ist – kann der Kleingarten an<br />
Nachkommen in gerader Linie vererbt werden.“<br />
Kinder bzw. Eltern also. Wenn diese möchten,<br />
können sie in den Pachtvertrag einsteigen.<br />
Wenn nicht, wird das Grundstück neu vergeben,<br />
das Haus muss von den neuen Unterpächtern<br />
abgelöst werden. Bisher ist noch kein Garten<br />
lange ungenutzt geblieben, es scheint, als seien<br />
die Kleingärten überall beliebt. „Die Unterpächter<br />
kommen aus jeder Altersklasse, jeder Bildungsschicht,<br />
jeder Gesellschaftsschicht“, sagt<br />
Wilhelm Wohatschek. „Bis zum Generaldirektor.“<br />
Und der Präsident selber? Der hat natürlich<br />
auch einen Kleingarten.<br />
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