05.11.2013 Aufrufe

Ausgabe 5 - Luke & Trooke

Ausgabe 5 - Luke & Trooke

Ausgabe 5 - Luke & Trooke

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der Po pp er<br />

Vom Popper hört<br />

und sieht man nichts<br />

mehr. Ich erinnere mich an die frühen<br />

Achtziger, und daß das damals anders aussah:<br />

Da war der Popper - neben dem<br />

bereits siechen Punk und dem ihn beerben-<br />

den Waver -<br />

eine der Schlüsselfiguren<br />

- innerhalb der jugendkulturellen Typologie.<br />

Obwohl die Achtziger als Jahrzehnt der gei-<br />

stig-moralischen Wende allen<br />

Voraussetzungen nach die Dekade des<br />

Poppers hätten werden können, wenn nicht<br />

müssen, von den Neunzigern ganz zu<br />

schweigen, ist er von der Bildfläche verschwunden.<br />

Anders als beispielsweise beim Punk, der<br />

sich mit abgespeckter Anhängerschaft und<br />

befreit vom ideologischen Ballast in die<br />

Neunziger herübergerettet hat und nun<br />

zyklisch wiederkehrende Revivals erlebt,<br />

steht das »Popperschwein« auf der Liste der<br />

vom Aussterben bedrohten Arten weit oben.<br />

Die Gallionsfiguren von damals haben sich<br />

in Controllingbüros, Viertürlimousinen und<br />

Reiheneigenheime zurückgezogen und<br />

lecken ihre Wunden. Zwar prosperieren<br />

Popmusik und Popkultur, man trägt wieder<br />

Popeline und nach Helge Schneider ist<br />

»poppen« zum geläufigen Synonym für den<br />

Beischlaf geworden; das Poppertum indes<br />

bleibt außen vor. Selbst die sprichwörtliche<br />

Popperfrisur, eine Art gepflegter<br />

Kochropfschnitt, ist dem Vergessen anheimgefallen.<br />

Andere Merkmale, die den Popper<br />

auszeichneten (BWL-Studium, Golf<br />

Cabrio, Junge Union-Mitgliedschaft)<br />

erfreuen sich nach wie vor großer<br />

Beliebtheit, werden aber mit dem originären<br />

Poppersein kaum noch in<br />

Verbindung gebracht. Nicht einmal die<br />

»Barbourjacke«, die als einheitliches<br />

Merkmal durchaus identitätsstiftendes<br />

Potential besäße, hat eine Neuformierung<br />

der versprengt umherschweifenden<br />

Fraktionen und Grüppchen zeitigen kön-<br />

nen. Bestrebungen, unter zeitgemäßeren<br />

Labels wie »Yuppies«, »Jungliberale« oder<br />

»89er« zurück zu einer gemeinsamen<br />

Identität, einem zentralen Image zu<br />

gelangen, dürfen getrost als zum Scheitern<br />

verurteilt betrachtet werden; alle Relaunches<br />

verliefen bisher im Sande. Der Popper, das<br />

können<br />

wir heute mit einiger Sicherheit<br />

konstatieren, ist ein gewester.<br />

Holm Friebe<br />

I<br />

ONE"<br />

N<br />

ý "- -<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

Vier Kurzromane von Mark-Stefan Tietze<br />

IN DER HEIMWERKER-HÖLLE<br />

Milieuroman<br />

UFFI LUFT! L(UF(F! ))T<br />

Schwer verständlicher Roman mit Botschaft<br />

»Was?« Georg erhob sich langsam aus seinem Monoblock-<br />

Sessel und ließ den Einhand-Winkelschleifer aufheulen. Seine<br />

Augen blitzten vor Wut. »Du<br />

hast den FCKW-freien<br />

Montage-Schaum vergasen? « Er trat gegen die Leichtmetall-<br />

Mehrzweckleiter, auf deren oberster Sprosse Gabi mit der<br />

besandeten Bitumen-Dachbahn balancierte. Gabi stürzte hart<br />

auf den Rasenteppich. Georg stieß ihr den Winkelschleifer an<br />

den Hals, aber Gabi konnte die Turbodüse des<br />

Hochdruckreinigers an seine Schläfe drücken. »Klassisches<br />

Tarantino-Patt«, zischte sie, während der Elektro-Vertikurierer<br />

nebenan unheilschwanger tuckerte.<br />

In echt, sagte Hermann, gibt es gar keine Gabelzinken.<br />

Kein Stück. Das ist ein Gerücht, das von interessierter Seite<br />

genährt wird, aber in echt gibt es nichts dergleichen. Was ist<br />

das denn sonst, sagte Torsten herablassend, was da oben auf<br />

meiner Gabel prangt? Etwa keine Gabelzinken? Etwa<br />

Honigmelonen in klein? Nein, sagte Hermann kalt lächelnd,<br />

das sind metallische Durchschüsse der Luft. Du bist ja wahn-<br />

sinnig, sagte Torsten erblassend. Stimmt nicht, sagte<br />

Hermann triumphierend, es ist die Luft selber, die die<br />

Bedingungen der Gabel und des Wahnsinns formt.<br />

22 44k d Zna6r 2/96

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!